Oh Man, so viele tolle Erlebnisse, so wenig Zeit...
Spontan fällt mir da ein Erlebnis aus dem LARP ein. Ich war Bruder Eugen, der Novize eines harmlosen, friedliebenden
Kultes, der gerade seinen Tempel in der bespielten Gegend aufbaute. Dieser Kult war einem Zirkel von Schwarzmagiern, die dort bis dato einen schwunghaften Handel mit Drogen und "praktischen kleinen Zaubern gegen den Nachbarn" betrieben hatten, ein Dorn im Auge.
So trat denn ein vermeintlicher SC und Schwertkämpfer namens Fynn an mich heran, befragte mich nach meinem Glauben ("Woran glaubt ihr denn so?"), zeigte sich beeindruckt von meinen Kenntnissen meiner Religion ("Mir scheint, beim Kult des Norn wissen die Novizen besser Bescheid als bei manch anderem Kult die Hohepriester!" - ja, ich hatte die SL-Infos gründlich gepaukt...) und freundete sich recht schnell mit mir an.
Was ich nicht wußte: Fynn war einer der besagten Schwarzmagier, und er hatte die Aufgabe, sich ins Vertrauen eines Novizen einzuschleichen, um einen Anschlag auf unseren Hohepriester durchzuführen.
Was er nicht geahnt hatte: ich war ihm so sympathisch, daß er sich
tatsächlich mit mir anfreundete. Als sein Zirkel insgeheim den Plan besprach, an der Spitze eines wütenden Mobs gegen den Tempel zu ziehen (unser Hohepriester hatte sich mit einer Aktion
extrem bei den SCs unbeliebt gemacht), brachte er immer wieder aufs Tapet: "Die Priester müssen wir beseitigen, aber die Novizen sollten wir am Leben lassen! Sie sind leicht beeinflußbar, wir können sie uns zunutze machen und den Kult nach unserem Gusto neu wiederaufbauen usw. usf."
In der Zwischenzeit hatte ich mich mit dem Hohepriester überworfen und war aus dem Kult ausgetreten, der Gottheit aber weiterhin treu geblieben und lungerte noch als Bettelmönch in der Gegend herum. Tatsächlich hatte ich nach den Aktionen unseres Hohepriesters alle Sympathien auf meiner Seite und fand jede Menge Leute, die mir eine Münze spendierten oder was zu essen ausgaben. Trotzdem war ich doch sehr überrascht (immer noch ahnungslos), als Fynn plötzlich mit gehetztem Blick an mich herantrat und sagte: "Hört zu, wenn Euch jemand ans Leder will, ruft nach mir! Ich werde da sein!" Ich war gerührt, wußte ich doch nicht, daß er sehr konkreten Anlaß hatte, damit zu rechnen, daß mir jemand ans Leder wollte...
... denn noch in derselben Stunde rückte der wütende Mob gegen den Tempel vor und brüllte "Tod den Priestern! Tod den Norniten!" Trotz aller Differenzen fanden sich sofort auch einige SCs, die eine Schlachtreihe vor dem Tempel bildeten, um die Priester zu schützen. Einer der SCs, ein schwer gepanzerter Kämpfer, fragte mich sogar noch um meine Meinung: "Ihr habt mit dem Hohepriester gebrochen. Meint Ihr, er ist es wert, dennoch verteidigt zu werden?" Auf meine Antwort hin: "Ich habe meine Differenzen mit ihm, aber gelyncht zu werden, hat er nicht verdient!" trat besagter Kämpfer ohne ein weiteres Wort zu der Schlachtreihe und schloß sich den Verteidigern an.
Dann erblickte ich mitten in dem wütenden, schreienden Mob Fynn, der die Stimmung lautstark anheizte. In meiner Novizenrobe trat ich daraufhin mitten in den Mob, der das Blut der Priester forderte(!), wühlte mich zu ihm durch und stellte ihn zur Rede. "So wart Ihr von Anfang an ein Feind des Ordens? So habt Ihr mich nur benutzt? Ein feiner Freund seid Ihr!" Fynn wandte nur beschämt den Blick ab und wühlte sich von mir weg, um weiter den Sprechchor anzuheizen.
Ich selbst wühlte mich nach vorn, zwischen den Mob und die Schlachtreihe, hinter der mittlerweile auch unser Hohepriester erschienen war, um zur Menge zu sprechen. Solange ich dort stand, ist der Mob nicht weiter vorgerückt. Tatsächlich wurden sogar wieder Rufe laut: "Tod den Priestern! Die Novizen an die Macht!" Ich für meinen Teil habe auf die Menge eingeredet, sich zu zerstreuen. Als sie mich zur Seite schieben wollten, um auf den Tempel loszugehen, schrie ich noch: "Wenn ihr unseren Hohepriester von hier entfernen wollt, dann verbannt ihn, aber bringt ihn nicht einfach um!" Das brachte den Mob tatsächlich ins Stocken, und einen Moment lang sah es so aus, als würde die Sache dem schwarzen Zirkel entgleiten.
Just in dem Moment beschloß unser Hohepriester, durch die Schlachtreihe nach vorn zu treten, um sich schutzlos vor der Menge aufzubauen und seine Rede zu halten.
Er kam kaum zum Luftholen. Die Schwarzmagier sind auf ihn losgegangen, haben den Mob mitgerissen, die (von unserem Hohepriester beim Vortreten geteilte) Schlachtreihe konnte niemanden mehr aufhalten, und der Zirkel und die aufgepeitschte Menge haben den Tempel gestürmt. Alle Priester wurden hingemetzelt.
Unser Hohepriester lebte danach noch, doch er lag im Sterben - und er ließ nach mir rufen. "Du hast stets treu zu Norn und seinen Idealen gestanden", röchelte er, "selbst, nachdem du mit mir gebrochen hast. Führe den Orden weiter. Hiermit weihe ich dich zum neuen Hohepriester des Norn."
Und das war das. Die Tränen mußte ich nicht spielen. Dieses Con hatte - soweit es mich betraf - alles: Freundschaft und Verrat, Loyalität und Drama, Gewalt und Gefühl. Es war ein unglaubliches Erlebnis.