Einer meiner bevorzugten und kreativsten Rollenspielentwickler ist zur Zeit Dan Bayn (Erfinder von Wushu). Er hat neben seiner Kolumne "Action Scenes" in rpg.net dort vor einiger Zeit seine "Bag o´Nifties" veröffentlicht. Das sind IMHO eine Reihe interessanter Artikel zu Aspekten in Rollenspielsystemen. Einer seiner Artikel hat mir so gut gefallen, dass ich ihn übersetzt (vielleicht etwas holperig) hier hinein poste. Es geht um einfache, aber wirksame Tricks für Zielwert-Systeme (Target Numbers). Vielleicht findet ja der eine oder andere ein paar Anregungen...
Fun with Target Numbers (Zielwerte) - Tricks & Gimmicks for Target Number Systems
Von Dan Bayn (
www.bayn.org)
Originalartikel
http://www.rpg.net/news+reviews/columns/nifties05mar03.htmlDas Problem
Die Mehrzahl der RPGs verwendet in einer Form oder einer anderen Zielwerte. Bei Prozentsysteme muß man normalerweise unter einem Zielwert bleiben. Attribut + Fertigkeitssysteme funktionieren ebenfalls so: der Wurf muß unter einem Wert bleiben oder man addiert einen weiteren Würfelwurf hinzu um den Zielwert des SL zu schlagen. Würfelpoolsysteme erfüllen oft zwei Aufgaben, jedem Würfel einen Zielwert zuzuordnen um dann eine gewisse Anzahl von Erfolgen zu würfeln. Egal, ob man über einem oder unter einem Wert würfeln muß, man verwendet ein Zielwertsystem. (Für den Rest des Artikels arbeite ich mit einem zu unterwürfelnden Zielwert.).
Diese Mechanismen haben das Potential wirklich schnell zu funktionieren, da Menschen eine größer-als und kleiner-als Beziehung fast sofort erkennen können. Das Problem der meisten RPGs ist, dass sich das Spiel beim Zusammenrechnen verlangsamt, besonders dann wenn Situationsmodifikatoren im Spiel sind. Mathematik ist im allgemeinen nicht mein Freund, und ich habe viele Stunden darauf verwand, das Rechnen zu vermeiden. Das Ergebnis der Früchte dieser Arbeit sind Tips und Tricks zur Manipulation von Zielwerten ohne ermüdenden Berechnungen.
Die Lösung: Zielwert Gimmicks
Ich streifte dieses Gebiet bereits kurz in meiner Kolumne über den „Double Check“ (
http://www.rpg.net/news+reviews/columns/nifties07mar02.html), ein Meta-System für gefährliche und unberechenbare Magie. Es verwendet ein Aktionspaar für das Wirken von Magie: Einen Check auf „Macht“ und einen Check auf „Kontrolle“. Der Spruch schlägt fehl, wirkt oder gerät außer Kontrolle, je nachdem, welcher Check gelingt. Wie auch immer, die Philosophie hinter diesem Mechanismus kann auch auf eine vielzahl von anderen Situationen angewandt werden.
Multiple Aktionen – Der Spieler würfelt für seine erste Aktion ganz normal. Schlägt sie fehl, trifft dies auch für alle weiteren Aktionen zu. (Deshalb ist es klug, die wichtigste Aktion zuerst zu versuchen, auch wenn sie nicht den höchsten Zielwert hat). Gelingt diese jedoch, würfelt der Spieler weiter seine nächste Aktion. In diesem Fall ist der Zielwert allerdings nicht höher, als das Ergebnis des ersten Wurfs. Ein Beispiel: der erste Wurf ist eine 4. Der Zielwert für die nächste Aktion wäre normalerweise eine 6; er ist jetzt auf 4 reduziert. Jede weitere Aktion funktioniert nach dem selben Mechanismus, mit einer kontinuierlich abnehmenden Chance auf Erfolg. Alles ohne einen einzigen Modifikator oder Rechnen.
Gegenangriffe – eine kleine Veränderung dieses Gimmicks gibt einem eine schnelle und einfache Methode für Kombinationen von Angriffstechniken und Jedi-Stil artige Lichtsäbel (Konter)Parade. Versiebt der Angreifer seinen Angriff und der Versteidiger ist mit seinem Verteidigungswurf (sofern er einen hat) erfolgreich, kann der Verteidiger sofort erneut würfeln in dem er das Ergebnis der Verteidigung als neuen Zielwert für den zweiten Angriff nimmt. Ist der zweite Wurf erfolgreich, zählt er als erfolgreicher Schlag gegen den Angreifer (eine Gegen-Verteidigung ist nicht erlaubt).
Invertierte (verkehrte) Attribute/Fertigkeiten – machmal kann die beste Fähigkeit eines Charakters gegen ihn arbeiten. Ein Beispiel: ein großer, brutaler Schläger versucht in einer Gruppe von friedliebenden Vegetariern unterzutauchen. Zwinge den Spieler des Schlägers, gegen irgendein Attribut oder Fertigkeit zu würfeln, dass seine unglaubliche Größe und Stärke repräsentiert. Wenn der Wurf mißlingt, kann er sich erfolgreich verbergen, wenn der Wurf gelingt, fällt er auf wie ein wunder Daumen. Ich verwende diesen Gimmick bevorzugt für verrückte Magier: Ich gebe ihnen ein Wahnsinn-Attribut, das sie für Zaubersprüche verwenden, aber ich zwinge sie, einen invertierten wurf zu machen, um ihre paranoiden Gedanken zu kontrollieren, rationale Entscheidungen zu treffen und mit gesunden Leuten zu interagieren. Hähähä!!!
Bleibende Erfolge – Man kannst das Ergebnis der Aktion eines Charakters auch als Zielwert für die anschließenden Aktionen eines anderen Charakters verwenden. Dies ist besonders nützlich für Dinge wie Haltgriffe, Würgegriffe und andere Arten von Haltetechniken oder Behinderungen. Je höher der Erfolg des Angreifers, desto schwerer ist es, daß der Gegner sich befreit. Schreibe das erfolgreiche Würfelergebnis des Angreifers auf oder lasse den Würfel einfach auf dem Tisch liegen. Jedes Mal, wenn das Opfer versucht, etwas zu tun, das die Einschränkung aufheben würde, muß er unterhalb des eigenen Zielwerts und dem des Angreifers bleiben.
Helfende Hände - ein ähnlicher Trick kann auf Charaktere angewandt werden, die einander bei einer Aufgabe helfen wollen. Ein Beispiel: ein Pilot hilft dabei, jemanden bei der Landung eines Flugzeugs herunter zu sprechen. Der Pilot macht seinen Wurf zuerst. Wenn er Erfolg hat, kann der Nicht-Pilot entweder gegen seinen eigenen (ungelernten) Zielwert oder das Würfelergebnis des Piloten würfeln. Dies gibt ihnen gemeinsam bessere Chancen als wenn er allein wäre, aber eine nicht so gute als wenn sie genau wüßte was zu tun wäre. Und alles ohne eine einzige Addition oder Subtraktion.
Bonus-/Maluswürfel - Eine andere einfache Art, mathematische Modifikatoren zu ersetzen, ist eine Art Wiederholungswurf-Mechanismus. Er ist zwar sehr grob, erfüllt aber seine Aufgabe. Wenn sich Dinge zu Gunsten eines Charakters entwickeln, lasse ihn 1-3 zusätzliche Würfel werfen und behalte das beste Ergebnis. Wenn Dinge nicht so gut stehen, lasse den Spielern, 1-3 zusätzliche Würfel werfen und nimm das schlechteste Ergebnis. Davon profitieren besonders Charaktere mit mäßigen Zielwerten; schwache Charaktere zucken schon vor einem einzelnen Maluswürfel zurück, während starke Charaktere nicht einmal von zwei Maluswürfeln aus der Ruhe zu bringen sind.
Für mich persönlich sollte das alles sein. Wenn ein Zielwertsystem einen Pool von Würfel verlangt, übernimmt man den subtileren Ansatz von „Over The Edge“. Bonuswürfel werden dem Pool hinzugefügt, und Spieler können vor dem Zusammenzählen das niedrigste Ergebnis der Würfel wegfallen lassen. Maluswürfel funktionieren auf dieselbe Weise, allerdings müssen Spieler vor dem Zusammenzählen ihren höchsten Würfel wegfallen lassen. In dieser Version bedeutet jeder Würfel einen geringeren Nach/Vorteil.
Bag o´Nifties: Tricks for the GMs
http://www.rpg.net/news+reviews/collists/nifties.html