Autor Thema: [Mann ohne Zähnes Manifest] Immersives Rollenspiel, wie wir es spielen  (Gelesen 12555 mal)

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Mann ohne Zähne

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Hey, es ist noch nicht so lange her, dass Manifeste im Rollenspielbereich aus dem Boden schossen wie frische Pilze. Und erst vor kurzem ist auch hier wieder mal eines aufgetaucht: Fredis Manifest zum Thema thematisches Rollenspiel (zu finden hier: http://tanelorn.net/index.php?topic=26150.0)

Ich selbst habe noch nie eines verfasst; dies ist also mein Erstling. Eventuelle stilistische Unsicherheiten bitte ich zu entschuldigen.

Noch eines, bevor der eigentliche Text beginnt: Ich bin kein großer Freund der Forge-Theorie (unter anderem deswegen, weil die Termini, die verwendet werden, deutlich abwertend gegenüber nicht-narrativistischem Spiel sind). Ich werde also versuchen, in alltäglichen Worten unseren Ansatz des Spiels zu beschreiben.

Diskussion zum Thema erwünscht.

________________


Warum spiele ich?

Meine Gründe für das Rollenspiel sind so unterschiedlich wie meine Stimmungen. Rollenspiel ist vor allem eines: Befürfnisbefriedigung. Lasst mich das wiederholen, denn das ist der Kern:

Rollenspiel ist Bedürfnisbefriedigung.

Wenn ich also herginge und versuchte, den einen, einzigen Grund herauszufiltern, warum ich rollenspiele -- ich würde scheitern. Weil es keinen einzelnen, losgelösten Grund gibt. Ich spiele, um gewisse Bedürfnisse zu befriedigen. Das gilt sowohl für mich als Spielleiter als auch für meine Spieler.

Wir alle kommen mit einem Bündel an Bedürfnissen zum Tisch. Diese Bedürfnisse sind vielfältig; einmal gelüstet es mir nach Macht, ein anderes Mal dürste ich nach Blut, das dritte Mal möchte ich am Königshofe gepflegte Konversation führen. Alles das sind Bedürfnisse, und ich spiele, um diese Bedürfnisse zu befriedigen.


Die Bedeutung des in-character-Spiels

Ich habe gerade erwähnt, dass für mich Rollenspiel einem einzigen Zweck dient: der Bedürfnisbefriedigung. Gehen wir einen Schritt weiter: Bedürfnisse sind immer eine Herzensangelegenheit. Sie existieren nicht als intellektuelle, rein mentale Konstrukte, sondern Bedürfnisse sind immer untrennbar mit Gefühlen verbunden. Ich verwende hier bewusst den Begriff Gefühle als pure, seine Herzensangelegenheiten, im Gegensatz zu Emotionen, die Gefühle durchaus mit Gedanken vermengen. Mir geht es im Rollenspiel zuallererst um Gefühl. Bedürfnisse hängen also mit Gefühlen zusammen.

Das heißt, wenn ich meine Bedürfnisse befriedige, stelle ich einen angestrebten Gefühlszustand her: Es tut mir gut.

Nächster Schritt. Das Rollenspiel bietet mir mit seiner theoretischen Unendlichkeit Möglichkeiten der Bedürfnisbefriedigung, die ich im "realen" Leben nicht habe. Im Gegenzug dazu gibt es natürlich eine Dinge, die mir das Rollenspiel nicht bieten kann (Essen, Fortpflanzung), aber darum geht es in diesem Text nicht. Im Spiel geht es mir darum, Bedürfnisse zu stillen. Dies mache ich, indem ich in eine Rolle schlüpfe und mit dieser Rolle verschiedene Dinge unternehme, die ich realiter nicht unternehmen kann, darf oder will.

Wir sind immer noch bei den Bedürfnissen. Sie hängen untrennbar mit Gefühlen zusammen. Wie kann ich  am schnellsten echte Gefühle erzeugen? Indem ich mich mit meinem Spielcharakter identifiziere. Diese Identifikation ist das in-character-Rollenspiel. Das möglichst tiefe in-character-Spiel, die möglichst tiefe Identifikation mit dem Charakter nenne ich Immersion. Dabei bedeutet Immersion nicht die völlige Aufgabe des eigenen Egos -- eine Steuerbarkeit in Richtung der angestrebten Erlebnisse bleibt vorhanden. Wenn ich nun echte Trauer erleben möchte , begebe ich mich als immersierter Charakter also nicht in Situationen, in denen ich lachen muss.

Rollenspiel und Theater

Rollenspiel weist, ob wir es wollen oder nicht, Ähnlichkeiten zum Theater auf. Während die meisten Forge-Spiele narrativistischer Prägung eher dem Brechtschen Theater ähneln, gehen Spiele, die Immersion fördern, den Weg des aristotelischen (dramatischen) Theaters.

Zum Vergleich: Brechts episches Theater fordert von den Schauspielern eine kritische Distanz zum Charakter; der Charakter muss immer als solcher erkennbar bleiben, denn nur so ist eine Analyse seiner Handlungsweise möglich. Das aristotelische Theater fordert Immersion; die Schauspieler sollen im Idealfall zum Charakter werden; denn nur so kann echtes Gefühl entstehen, nur so kann der Schauspieler mit seinen Gefühlen begreifen, was der Charakter tut.

Das epische Theater und narrativistische Spiele fördern ein Verstehen mit dem Intellekt.
Das dramatische Theater und immersive Spiele fördern ein Verstehen mit dem Herz.

Kritik am narrativistischen Spiel (epischen Theater)

Ein echtes, tiefgehendes Verstehen ist meiner Meinung nach nur mit dem Herzen möglich. Wie die Liebe nur mit dem Herzen möglich ist, ebenso der Hass, ebenso Zuneigung und Ablehnung -- überall brauche ich Gefühle. Wenn ich grundsätzlich menschliche Themen und Konflikte wirklich verstehen will, hilft es mir am besten, Gefühle zu investieren, mich ganz auf ein Thema einzulassen.

Das narrativistische Spiel fördert aber die out-of-character-Gespräche, das Handeln außerhalb der Spielwelt. Wenn man nun im narrativistischen Spiel menschliche Konflikte nachspielt, wird die Immersion naturgemäß hintanstehen; es wird auf der Metaebene diskutiert, verhandelt, gesprochen -- und dann ausgespielt. Immersion kann vor diesem Hintergrund nicht stattfinden, höchstens ein Sich-Hineindenken in den Charakter. Somit besitzen diese Konflikte und die Aktionen der Spielcharaktere keine Substanz, sie bleiben, weil sie die Gefühlsebene mangels Immersion größtenteils ausklammern, an der Oberfläche. Die analytische Distanz des narrativistischen Spiels produziert wiederum nur spielerische Ergebnisse. Anstatt Gefühle im Spieler zu wecken, ruft es allerhöchstens Sentimentalitäten hervor.

Lobpreisung des immersiven Spiels

Wir spielen immersiv. Das heißt, wir versuchen, zu unserem Charakter zu werden. Wir wollen für die Dauer des Spiels nicht wir sein, sondern unsere Charaktere. Die Aufgabe des Spielleiters ist es, unsere Aktionen zu koordinieren. Durch unsere Handlungen als unsere Alter Egos liefern wir ihm hunderte von Ideen, die er kanalisieren muss.

Uns geht es darum, Gefühle zu erleben, in neue, andere, ungewohnte Gefühlswelten einzudringen. Das funktioniert nur, das kann nur funktioneren, wenn wir uns einlassen auf Situationen, die durchaus unangenehme Gefühle in uns wachrufen, aber natürlich auch angenehme, schöne. In diesem Sinne sind wir dem dramatischen, aristotelischen Theater verhaftet: Rollenspiel als Mittel, Gefühlswelten zu erleben.

Die Immersion ist für uns das einzige Mittel, mit dem wir die analytische Gefühlsarmut des narrativistischen Spiels zu einem echten Erlebnis umwandeln können. Nur, wenn ich zwischenmenschliche Konflikte als wirkliche, echte Konflikte erlebe -- und das geht nur durch Immersion, durch möglichst tiefe Identifikation mit meinem Charakter --, verwandle ich das Rollenspiel in ein Gefühlserlebnis. Aus einem künstlichen Konflikt wird plötzlich ein real für mich erfahrbarer, der mich auf der Gefühlsebene anspricht.

Das heißt nicht, dass analytisches Spiel weniger wert ist; es ist nur in seiner Ausrichtung auf Metaebene, OOC-Planung und Diskursivität etwas, das mir kein Erlebnis verschafft, das sich, verglichen mit immersivem Spiel, sonderlich einprägt.

Was machen die Charaktere? oder: Thematisches Spiel

Ein Punkt, der zweifelsohne zum Brechtschen Theater, also auch zum narrativistischen Rollenspiel, gehört, ist der der Thematizität. Ein NAR-Spiel muss ein Thema haben, worum sich das Spiel, die Handlung und die Aktionen der Charaktere drehen. Ron Edwards, den ich persönlich seit seiner Feststellung nicht mehr ernst nehmen kann, traditionelle Rollenspieler seien irgendwie in ihrer Fertigkeit, eine anständige Story zu erzählen, gestört, hat oft genug die fehlende Fixierung auf die Geschichte bemängelt. Es stimmt, narrativistisches Spiel fördert durch seine Regeln eine klare, geschichten-orientierte Struktur. Dafür verzichtet es auf Immersion, oder, besser gesagt: Immersion ist kein Thema im narrativistischen Spiel. Für mich unvorstellbar und in keinstem Maße erstrebenswert.

Das immersive Spiel verzichtet auf klare Regeln zur Strukturierung des Plots; der Plot ergibt sich aus den Aktionen und Reaktionen der Spieler, die für die Dauer des Spiels jedoch nicht sie selbst sind, sondern ihre Charaktere. Durch das Annehmen einer anderen Persönlichkeit entstehen immer neue Wendungen und Geschichten.

Somit ist die Frage: Was machen die Charaktere in diesem Spiel? nicht zu beantworten, ebenso wenig wie die Frage: Was machen Menschen? in vernünftigem Umfang zu beantworten ist. Sie ist vom immersiven Standpunkt her auch gar nicht wichtig; wichtig ist einzig und allein das Erleben anderer Gefühlszustände.

Und eben jenes Erleben macht auch einen banalen Plot zu einem Erlebnis. Vergleiche es mit Deinem realen Leben: Eine Fahrt mit dem Kanu durch Wildwasser ist ein echtes Erlebnis. Von der analytischen Warte des Plots aus betrachtet, ist es eher langweilig: Dort zählt viel eher der Grund, warum ich die Kanufahrt unternehme. Das aber ist mir im wirklichen Leben wurscht: Die Kanufahrt zählt.

Die Rolle des Spielleiters
Der Spielleiter hat einen Spielcharakter, und dieser Charakter ist alles außer den Charakteren der Spieler. Ich kann die Einwürfe der Forgeler schon hören: Das ist Illusionismus! Das entmündigt die Spieler!

Quatsch.

Immersives Spiel ermöglicht es dem Spieler, Gefühlswelten zu betreten, die er selten oder gar nicht erleben kann -- oder Gefühle in sich wachzurufen, die er gerne erleben möchte (Bedürfnisbefriedigung). Das Leben des Lebens eines Charakters -- und zwar die Aspekte, die mich interessieren, die also meine Bedürfnisse befriedigen können, die anderen sind mir ja egal -- ermöglicht es mir, auf alle denkbaren Arten und Weisen mit meiner Spiel-Umgebung zu interagieren.

Ich habe die Macht über meinen Charakter, die ich auch über mich selbst als reale Person habe. Im Gegenteil: Ich kann mich sogar in Situationen begeben, die gefährlich oder grenzwertig sind, ohne körperlichen Schaden zu nehmen. Ich habe also sogar noch mehr Macht über mich als Charakter als über mich als reale Person. Das ist eventuell auch ein Grund, warum viele Rollenspieler ihr Hobby betreiben.

Es ist schwer, den folgenden Vorgang in Worte zu fassen, aber ich versuche es: Wenn ich tief genug immersiert bin, sehe ich mit den Augen meines Charakters, denke wie er, fühle wie er, rede wie er. Und genau in diesem Zustand, wo sich das eigene Ego verwischt und das Ego des Charakters mit ins Spiel kommt, nehme ich auch Personen und Dinge wahr, sehe und rieche, spüre und höre sie, die im realen Leben, am Spieltisch, eben nicht vorhanden sind. Bei tiefgehender Immersion betrete ich tatsächlich die Spielwelt. Dies mag sich für Hardcore-Brecht-Spieler unglaublich anhören, aber ist tatsächlich so. Das ist ein Punkt, an dem mir viele Schauspieler zustimmen (und ja, ich kenne einige).

System does NOT matter
Ich glaube, es war 1of3, der gesagt hat: Es gibt Spiele und Spielzeuge. Immersives Spiel ist ein Spielzeug, eher eine Technik als ein System, eine Methode, mit der ich mein Spiel zu einem intensiven, berührenden Erlebnis mache, das ich in vielen Fällen nicht mehr vergessen kann. Forge-Spiele sind genau das: Spiele. Sie haben ein festes Regelkorsett, um bestimmte Themen ansprechen zu können. Ohne diese Regeln könnten sie sich nicht so gut drauf fokussieren.

Fokussierte Spiele interessieren mich nicht, denn ich will verschiedenste Themen als ein Charakter erleben. Ich will nicht nur Dates spielen, einem bösen Meister dienen, eine Fernsehserie drehen, als Wachhund Gottes Sünder auf den rechten Weg bringen. Ich will je nach meinen Bedürfnissen Dinge erleben. Ich will im Spiel das Leben meines Charakters leben. Deshalb nimmt bei mir das Regelsystem eine untergeordnete Position ein. Was ich brauche, ist der Gruppenvertrag, die Regeln, die die Kompetenzen unter uns Spielern festlegen. Mehr brauche ich nicht. Weil ich eben kein fokussiertes Spiel spiele, brauche ich auch kein System, das mich in eine bestimmte Richtung lenkt.
_______

Das ist vorerst das Ende meines Beitrages. Ich bitte Euch: Kommentiert. Danke!
:)
Norbert

*** edit: Tippfehler
« Letzte Änderung: 7.05.2006 | 13:22 von Mann ohne Zähne »

Cycronos

  • Gast
Jucheissa, da spricht mir jemand aus der Seele! Folglicherweise kann ich da wenig kommentieren ausser "so seh ichs auch". Werde die Tage nochmal genauer nachsehen, ob ich irgendwas kontroverses finde, habs jetzt aus Zeitgründen nur schnell gelesen.

Allerdings hätte ich da eine Frage: Jedes System hat seine Foki. Klar sind diese beim konventionellen Rollenspiel lange nciht so stark wie bei den Forge-Systemen, aber es gibt sie dennoch. Jedes konventionelle System übt auf subtile Weise einen ganz gewissen Einfluss auf das Spielgefühl und den thematischen Fokus aus.
Wie geht ihr damit um? Versucht ihr sie auszumerzen, oder sind sie für euch gering genug, um nicht bemerkt zu werden/zu stören?

Eulenspiegel

  • Gast
Noch eines, bevor der eigentliche Text beginnt: Ich bin kein großer Freund der Forge-Theorie (unter anderem deswegen, weil die Termini, die verwendet werden, deutlich abwertend gegenüber nicht-narrativistischem Spiel sind).
Ich bin auch Immersionist, hatte aber bisher nicht das Gefühl, dass Forge diese Spielrichtung diskriminiert.

Zitat
Meine Gründe für das Rollenspiel sind so unterschiedlich wie meine Stimmungen. Rollenspiel ist vor allem eines: Befürfnisbefriedigung. Lasst mich das wiederholen, denn das ist der Kern:
Ich glaube, das ist bei jeder Freizeitbeschäftigung so. Selbst Hardcore-NARren haben ja das Bedürfnis, über Themen von Bedeutung zu philosophieren.
Der Schach-Spieler hat das Bedürfnis auf eine intelektuelle Herausforderung.
Und der Tennis-Spieler hat das Bedürfnis nach körperlicher Aktivität.

Wer ein Hobby betreibt, ohne ein Bedürfnis zu befriedigen, hat sich das falsche Hobby ausgewählt.

Zitat
Wenn ich nun echte Trauer erleben möchte , begebe ich mich als immersierter Charakter also nicht in Situationen, in denen ich lachen muss.
Aber durchbrichst du damit nicht die Immersion? Denn dein SC möchte sich ja nicht in Trauer-Situationen bringen. Dein SC möchte sich in Situationen begeben, in denen er lachen kann.

Zitat
Ein echtes, tiefgehendes Verstehen ist meiner Meinung nach nur mit dem Herzen möglich.
Ein tiefgehendes Verständnis setzt Objektivität voraus. Und Objektivität erreicht man nunmal nur mit dem Intellekt. Wer emotional berührt ist, handelt nicht objektiv und kann somit nie vollständig begreifen.

Zitat
Das narrativistische Spiel fördert aber die out-of-character-Gespräche, das Handeln außerhalb der Spielwelt. Wenn man nun im narrativistischen Spiel menschliche Konflikte nachspielt, wir die Immersion naturgemäßt hintanstehen;
Narrativismus ist eine Creative Agenda und Immersion ist angeblich eine Technik. Theoretisch kann man also beides kombinieren.

Zitat
Ich will nicht nur Dates spielen, einem bösen Meister dienen, eine Fernsehserie drehen, als Wachhund Gottes Sünder auf den rechten Weg bringen. Ich will je nach meinen Bedürfnissen Dinge erleben. Ich will im Spiel das Leben meines Charakters leben. Deshalb nimmt bei mir das Regelsystem eine untergeordnete Position ein.
Aber ist es nicht gerade für dich wichtig, ein universelles Regelsystem zu benutzen?
Ein Regelsystem, dass nur Regeln für Dates hat, ist doch für dich recht unpraktisch.
Oder Regelsysteme, in denen nur Regeln zur Fernsehproduktion stehen, sind doch ebenfalls uneffektiv.

Und da du Immersion anstrebst, wäre es doch ein hilfreich, ein System zu nehmen, das schnell und intuitiv geht. Regelsysteme, bei denen man regelmäßig aus der Immersion gerissen wird, weil man bei den Proben outgame taktieren muss oder zu viel rechnen muss, sind doch für die Immersion eher hinderlich.

Und schlussendlich möchtest du doch an einem Spielabend lieber eine realistische (grittige) Immersion. Und an einem anderen Spielabend möchtest du lieber eine cineastische Immersion. Und auch hier gibt es Regelsysteme, die eher grittiges und andere, die eher cineastisches Spiel unterstützen.

Also ich denke auch für Immersionisten gilt: System matters. (Und falls du das nicht glaubst, spiele deinen nächsten Spielabend am Besten mit 'Breaking the Ice' Regeln.)

Zitat
Weil ich eben kein fokussiertes Spiel spiele, brauche ich auch kein System, das mich in eine bestimmte Richtung lenkt.
Nein, du brauchst ein System, dass dir alle Möglichkeiten offen lässt.
Und du brauchst ein System, dass dich auf immersives RPG lenkt.

Das sind imho 2 wichtige Anforderungen an ein System.

Mann ohne Zähne

  • Gast
Hi Cy (kling gut :D)!

Der (wenn auch schwache) Fokus auch konventioneller Systeme war letztlich der Grund, warum wir seit Ewigkeiten interessante Settings verwenden, die Regeln aber völlig außen vor lassen. Wir spielen als Freeform vor bestimmten Hintergründen, die uns interessieren.

Beispiel Shadowrun: Die Regeln der v3 muteten uns allesamt recht Manga-artig an; das war nichts, was mit der Original-Edition noch was gemeinsam hatte. Wir pickten uns also die DInge vom Setting raus, die uns gefielen und spielen unser eigenes, sehr psychodramatisches, SR.

Offline Minne

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Schöner Beitrag! Stimme ihm zum großen Teil zu und ist sehr Hilfreich im Zusammenhang mit einem Rollenspielregelwerk an dem ich zur Zeit arbeite, bei dem ich am Anfang eine Art Gruppenvertrag formuliere :)

Cycronos

  • Gast

Ein tiefgehendes Verständnis setzt Objektivität voraus.
Das ist eine Prämisse, über die man sich streiten kann. Wäre mal was für einen Thread in der Community oder eine philosophische Abhandlung. 


Zitat
Und Objektivität erreicht man nunmal nur mit dem Intellekt. Wer emotional berührt ist, handelt nicht objektiv und kann somit nie vollständig begreifen.

Emotional berührt bist du immer. Vollständige Objektivität ist unmöglich. Klar kann der Intellekt gut beschreiben, dividieren, einordnen und klare Grenzen ziehen, was die Emotion nicht kann. Aber ist es damit getan?

Ich denke, was Norbert hier meint ist Folgendes: Um etwas wirklich zu verstehen, muss man es SEIN. Und dazu gehört eben nicht nur der Intellekt, sondern auch die emotionale Seite der Sache (hier symbolisch als "das Herz" bezeichnet), de man zu "verstehen" trachtet.


Hi Cy (kling gut :D)!

Deswegen behalte ich den Username auch.  ;)

Zitat
Der (wenn auch schwache) Fokus auch konventioneller Systeme war letztlich der Grund, warum wir seit Ewigkeiten interessante Settings verwenden, die Regeln aber völlig außen vor lassen. Wir spielen als Freeform vor bestimmten Hintergründen, die uns interessieren.

Beispiel Shadowrun: Die Regeln der v3 muteten uns allesamt recht Manga-artig an; das war nichts, was mit der Original-Edition noch was gemeinsam hatte. Wir pickten uns also die DInge vom Setting raus, die uns gefielen und spielen unser eigenes, sehr psychodramatisches, SR.

Ah, verstehe. Dich nach Tipps für das auslöschen von System-Foki zu fragen, wenn man nciht gerade der Freeform-Fan ist, hat sich dann wohl erledigt?
« Letzte Änderung: 7.05.2006 | 13:45 von Cy McCronos »

Mann ohne Zähne

  • Gast
Ich bin auch Immersionist, hatte aber bisher nicht das Gefühl, dass Forge diese Spielrichtung diskriminiert.

Begriffe wie "vanilla (something)" oder "Illusionism" sind nun mal im Englischen negativ konnotiert, da beißt die Maus keinen Faden ab.

Zitat
Wer ein Hobby betreibt, ohne ein Bedürfnis zu befriedigen, hat sich das falsche Hobby ausgewählt.
Aber durchbrichst du damit nicht die Immersion? Denn dein SC möchte sich ja nicht in Trauer-Situationen bringen. Dein SC möchte sich in Situationen begeben, in denen er lachen kann.

Wie gesagt, ich definiere Immersion so, wie ich es geschrieben habe: möglichst vollständiges Aufgehen im Charakter, aber mit einem Rest an Steuerungsfähigkeit. NICHT 100 Prozent.

Zitat
Ein tiefgehendes Verständnis setzt Objektivität voraus. Und Objektivität erreicht man nunmal nur mit dem Intellekt. Wer emotional berührt ist, handelt nicht objektiv und kann somit nie vollständig begreifen.

Das stimmt einfach nicht. Empathie ist für mich die Grundlage echten Verstehens. Wir reden hier nicht von irgendwelchen technischen Geräten, die man mal eben zerlegen und genauestens intellektuell anaylsieren kann. Wir reden von Menschen und zwischenmenschlichen Konflikten, und die kann man nur mit dem Herzen verstehen. Hier halte ich es mit  Antoine de Saint-Exupéry:"Man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar." Mir geht es um das Erleben am eigenen Leib, da hat "Objektivität" nichts zu suchen. Außerdem: "Objektivität" ist nicht existent; jeder Betrachter sieht die Welt durch seinen Filter; seit der Quantenmechanik steht ja sogar die "Objektivität" mancher physikalischen "Gesetze" in Frage. Und weil mein Rollenspiel sich um Menschen und deren Konflikte dreht, ist mir "Objektivität" wurscht.

Zitat
Narrativismus ist eine Creative Agenda und Immersion ist angeblich eine Technik. Theoretisch kann man also beides kombinieren.

Ja, aber praktisch klappt es, zumindest bei mir, überhaupt nicht. Jedes Wechseln auf die Metaebene reißt mich aus der Immersion. Und beim NAR-Spiel ist ein Gutteil Metaebene.

Zitat
Aber ist es nicht gerade für dich wichtig, ein universelles Regelsystem zu benutzen?
Ein Regelsystem, dass nur Regeln für Dates hat, ist doch für dich recht unpraktisch.
Oder Regelsysteme, in denen nur Regeln zur Fernsehproduktion stehen, sind doch ebenfalls uneffektiv.

Und da du Immersion anstrebst, wäre es doch ein hilfreich, ein System zu nehmen, das schnell und intuitiv geht. Regelsysteme, bei denen man regelmäßig aus der Immersion gerissen wird, weil man bei den Proben outgame taktieren muss oder zu viel rechnen muss, sind doch für die Immersion eher hinderlich.

Genau. Deshalb verwenden wir ebenTeile von Everway und Theatrix.

Zitat
Und schlussendlich möchtest du doch an einem Spielabend lieber eine realistische (grittige) Immersion. Und an einem anderen Spielabend möchtest du lieber eine cineastische Immersion. Und auch hier gibt es Regelsysteme, die eher grittiges und andere, die eher cineastisches Spiel unterstützen.

Das stimmt. Aber wenn ich immersiv spiele, mich also  auf den Charakter und die Welt einlasse, möchte ich möglichst keine bemerkbaren Regeln. Das soll der Spielleiter machen. Ich möchte IC sein, so tief und lange wie möglich, und der Spielleiter spielt seinen Charakter: die Welt außenrum. Da brauche ich keine unterschiedlichen Systeme.

Zitat
Also ich denke auch für Immersionisten gilt: System matters. (Und falls du das nicht glaubst, spiele deinen nächsten Spielabend am Besten mit 'Breaking the Ice' Regeln.)
Nein, du brauchst ein System, dass dir alle Möglichkeiten offen lässt.
Und du brauchst ein System, dass dich auf immersives RPG lenkt.

Okay, jetzt verstehe ich, was Du meinst :)
Ich meinte die Aussage "System dos not matter" so, dass wir als System nur einen funktionierenden Gruppenvertrag brauchen, kein System, das irgendwelche in-Game-Angelegenheiten regelt.
« Letzte Änderung: 7.05.2006 | 13:51 von Mann ohne Zähne »

Offline Funktionalist

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Aloha,
Also so langsam frage ich mich, worüber wir so lang gezankt haben??
warst du nicht bis vor Kurzem einer dieser NARren ~;D ?
hmmm, wahrscheinlich war es nur deine Position in jener Diskussion.

Ich halte die Aufhebung der Distanz für fast schon gefährlich, da so Konflikte im Spiel auch sofort Konflikte zwischen Spielern werden.


sonnige Grüße,
Alex

Mann ohne Zähne

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Aloha,
Also so langsam frage ich mich, worüber wir so lang gezankt haben??
warst du nicht bis vor Kurzem einer dieser NARren ~;D ?
hmmm, wahrscheinlich war es nur deine Position in jener Diskussion.

Ich halte die Aufhebung der Distanz für fast schon gefährlich, da so Konflikte im Spiel auch sofort Konflikte zwischen Spielern werden.

sonnige Grüße,
Alex

Hey Alex!
 ;D
Ja, ich habe vor kurzem ordentlich NARrativistisch argumentiert, weil ich mich intensiv damit beschäftigt habe. Ich war gewissermaßen voll immersiert  >;D

Das mit den Konfilkten zwischen Spielern ist in der Tat so ungefährlich nicht. Deshalb ist da auch der Spielleiter als Moderator gefragt. Wichtiger Punkt.

Ebenfalls sonnige Grüße aus dem winterschlaf-erwachten Bayern,
Norbert

Offline Enkidi Li Halan (N.A.)

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Kompliment für das Manifest, Norbert. Kann ich so unterschreiben; der Spielstil unserer Gruppe geht in eine ähnliche Richtung, wie du es beschreiben hast.
Nichts desto trotz gibt es bei den Forge-Spielen einige sehr interessante Erzähl-Techniken, die losgelöst von ihrem ursprünglichen Kontext auch das von dir beschriebene immersive Spiel sehr bereichern können.

Ich finde deinen Vergleich mit dem Brecht'schen und dem aristotelischen Theater übrigens sehr gelungen; in Zukunft werde ich meinen Spielstil also 'aristotelisch' nennen, mit leichten Brecht-Tendenzen  ;) :d

Offline Dom

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Hey, Norbert, ich verstehe jetzt, wie du spielst, denke aber, dass deine NAR-Kritik im wesentlichen aus einer gewissen Begriffsverwirrung herrührt. Daher kann ich nicht sagen, cooler Artikel. Sondern nur: Leider nicht so völlig cooler Artikel, er bringt aber trotzdem genau das rüber, wie du spielst und was du magst (bzw. nicht magst). ;)

Zur Begriffsverwirrung: NAR beschäftigt sich laut Definition mit den irgendwelchen Themen, die ins Spiel übertragen werden. Wie das passiert, ob es bei einem Spiel fokussiert mit vielen Points of Contact geschieht oder völlig "regelfrei", ist eine andere Sache, das hat Eulenspiegel schon richtig gesagt. Klar, die ganzen existierenden Forge-NAR-Spiele sind fokussiert, haben starken Bezug zur Meta-Ebene usw. Aber: Das hat nur was mit den Leuten zu tun, die diese Spiele schreiben. Vor Forge gab es kaum (keine?) NAR-Spiele, es gab auch kaum (keine?) stark auf bestimmte Themen fokussierte Spiele. Daher ist es eine natürliche Entwicklung, dass erstmal solche Spiele gemacht werden, die möglichst anders sind. Außerdem hängt das mit einer anderen Forge-Prämisse zusammen: Die Spiele sollten so geschrieben werden, dass die Spiele möglichst so gespielt werden, wie sich der Autor das vorstellt. Und das ist mit einem klaren Fokus und vielen PoCs deutlich besser zu erreichen, als mit wenigen PoCs.

Wenn ihr also in eurem freien System menschliche Dilemmata im Spiel behandelt und das die Leute cool finden und sich gegenseitig darin bestärken, so ist das NAR mit wenigen PoCs. Aber es ist eben schwierig mit einem System wie LA freeformers zu sagen, für welche Art von Spiel (im Sinne einer kreativen Agenda) das gedacht ist.

Auch "System does NOT matter" widerlegst du mit deiner eigenen Aussage: "Was ich brauche, ist der Gruppenvertrag, die Regeln, die die Kompetenzen unter uns Spielern festlegen.". Das gehört alles mit zum System! Und wenn du Dogs mit vielen Würfeln spielst, ist das offenbar ein System, das dir nicht so zusagt. Also: "System does matter"  ;D

Dom

Offline Dirk

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Das stimmt einfach nicht. Empathie ist für mich die Grundlage echten Verstehens. Wir reden hier nicht von irgendwelchen technischen Geräten, die man mal eben zerlegen und genauestens intellektuell anaylsieren kann. Wir reden von Menschen und zwischenmenschlichen Konflikten, und die kann man nur mit dem Herzen verstehen. Hier halte ich es mit  Antoine de Saint-Exupéry:"Man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar." Mir geht es um das Erleben am eigenen Leib, da hat "Objektivität" nichts zu suchen. Außerdem: "Objektivität" ist nicht existent; jeder Betrachter sieht die Welt durch seinen Filter; seit der Quantenmechanik steht ja sogar die "Objektivität" mancher physikalischen "Gesetze" in Frage. Und weil mein Rollenspiel sich um Menschen und deren Konflikte dreht, ist mir "Objektivität" wurscht.


Hi Mann ohne Zähne,

danke für Dein erstaunliches Manifest.

Für mich ist es sehr schwer hier zu argumentieren, da wir uns im Bereich des Ästhetischen befinden. Gewürzt mit einer Prise Mystizismus.

Ich muss Eulenspiegel in allen Punkten zustimmen.

Ich lasse das Zitat von oben natürlich nicht unbemerkt stehen. Verstehen ist nur mit dem Verstand möglich! (siehe dazu Kant und, noch mal explizieter, Wittgenstein) Erfahren/Wahrnehmen kann man mit dem "Herz". Das meintest Du doch damit, oder? Vollständiges Erfahren, im Sinne von Verstehen/Begreifen mit dem "Herz" ist für den, der das nicht so erfährt nicht nachvollziehbar! In diesem Sinne zu argumentieren ist purer Mystizismus (ich werte M. nicht, er hat viele wichtige Funktionen...)  und damit nicht entscheidbar oder, für andere nur schwer zu verstehen, es sei denn sie möchten das so erfahren.
Das "Herz" kann ebenso behindernd, wie es dabei hilfreich, sein kann, etwas zu verstehen.

Ich kann Dein Anliegen nachvollziehen, nur ist das schwer in ein System umzusetzen, da es eigentlich egal und anders aber sehr wichtig ist!

Probiere mal The Riddle of Steel oder Burning Wheel. Das müssten gute Kompromisse sein. Aber bei beiden Spielen gibt es in bestimmten Situationen schon viele PoCs. Probiere es trotzdem!

Zitat
Okay, jetzt verstehe ich, was Du meinst :)
Ich meinte die Aussage "System dos not matter" so, dass wir als System nur einen funktionierenden Gruppenvertrag brauchen, kein System, das irgendwelche in-Game-Angelegenheiten regelt.

Den Satz verstehe ich absolut nicht. und wenn ich ihn richtig ahne, dann probiere doch mal Universalis!!!! Das müsste eigentlich DEIN Spiel sein. Obwohl es keinen SL gibt und manchmal einiges zu notieren ist.

Vielen Dank noch einmal für Deinen Mut.

MfG

Dirk
Erdmännchen finde ich schon echt putzig!

Aber Koks ist einfach nicht meine Droge.

Offline Dirk

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@ Dom

Das kann ich so unterschreiben!

MfG

Dirk
Erdmännchen finde ich schon echt putzig!

Aber Koks ist einfach nicht meine Droge.

Mann ohne Zähne

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@Dom:

Daher ist es eine natürliche Entwicklung, dass erstmal solche Spiele gemacht werden, die möglichst anders sind. Außerdem hängt das mit einer anderen Forge-Prämisse zusammen: Die Spiele sollten so geschrieben werden, dass die Spiele möglichst so gespielt werden, wie sich der Autor das vorstellt. Und das ist mit einem klaren Fokus und vielen PoCs deutlich besser zu erreichen, als mit wenigen PoCs.

Das meinte ich doch damit. Ich kann NAR-Spiele nur anhand der konkret existierenden Beispiele beurteilen, und ich habe Dogs, PTA, Capes und noch ein paar andere gespielt. Diese Spiele -- und auch der Großvater aller NARren, Ron, bestehen auf relativ vielen (für meinen Geschmack viel zu vielen) Points of Contact. Das ist für mich absolut anti-immersiv. Je mehr PoC, desto weniger Immersion, das sehe ich wie im Theater: Je öfter der Regisseur reinplärrt, desto schwerer ist es, wieder in die Rolle zu finden.

Zitat
Wenn ihr also in eurem freien System menschliche Dilemmata im Spiel behandelt und das die Leute cool finden und sich gegenseitig darin bestärken, so ist das NAR mit wenigen PoCs. Aber es ist eben schwierig mit einem System wie LA freeformers zu sagen, für welche Art von Spiel (im Sinne einer kreativen Agenda) das gedacht ist.

Sehe ich anders. Wir behandeln in unseren Spielen alles, worauf die Spieler Lust haben. Bedürfnisbefriedigung, wie gesagt. Wir haben aber nicht nur Lust auf menschliche Dilemmata, sondern auch auf Explorationen aller Art, auf wilde Verfolgungsjagden zu Pferde und im Auto, auf Ränkespielereien um den Thron, etc. Unser Spiel ist unfokussiert, also un-thematisch, und deswegen auch kein NAR.

Zitat
Auch "System does NOT matter" widerlegst du mit deiner eigenen Aussage: "Was ich brauche, ist der Gruppenvertrag, die Regeln, die die Kompetenzen unter uns Spielern festlegen.". Das gehört alles mit zum System! Und wenn du Dogs mit vielen Würfeln spielst, ist das offenbar ein System, das dir nicht so zusagt. Also: "System does matter"  ;D

Das ist es, was ich im Vorspann zu meinem Manifest geschrieben habe: Ich versuche, keinen Forge-Slang zu verwenden. Wenn ich also sage: "System does NOT matter", dann meine ich, wie ich auch im zweiten oder dritten Posting erwähnt habe, jedes System, das über die Kompetenz-Verteilung der Spieler (Gruppenvertrag) hinaus geht.

@DarAng:
Sorry, Deine Philosophen sind nicht die meinen. Ich argumentiere aus der Sicht des russisch-orthodoxen Mystizismus und der Gnostiker. Stimmt wohl, dass dieses Argument für Menschen, die das so nicht erfahren können oder wollen, nicht nachvollziehbar ist. Aber das ist meine Meinung, und viel wichtiger, auch meine ureigenste Erfahrung: Nur mit dem Herzen kann man umfassend und wirklich verstehen.

Und Du hast auch Recht, wenn Du sagst, so was sei schwierig in ein System zu übersetzen. Wir haben das große Glück, weil wir mit unserem Haussystem und der Dreieinigkeit von Theatrix, Everway und Amber Systeme haben, die uns in dieser Hinsicht unterstützen.

Danke für den Tip Universalis. Aber dieses Spiel funktioniert so viel auf der Metabene, dass mir schon fast schlecht wird. Wir brauchen genau das Gegenteil davon. Mich würde interessieren, wie Du ausgerechnet auf Uni kommst -- erzähl doch mal!

Liebe Grüße
Norbert
« Letzte Änderung: 7.05.2006 | 16:36 von Mann ohne Zähne »

Offline Purzel

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Ich schliesse mich Dom und DarAng an: ein erhellender Aufsatz.

@ MoZ:
Leider kritisierst du etwas, was du für NAR hältst aber nicht NAR ist. Die Mystifizierung, die in dem Aufsatz durchklingt, finde ich persönlich unnötig und eher verwirrend, da sehr subjektiv. Was mir spontan mehr Einsicht in deine Spielweise gegeben hätte, wäre eine Liste oder Beschreibung der Systeme gewesen, die du gerne spielst -- die habe ich dann trotzdem auf deinem Blog gefunden.

Der Bezug auf Aristoteles und Brecht mag zwar recht cool sein, ist für mich als totalen Laien auf dem Gebiet nicht überprüfbar und erscheint mir sehr aus dem Zusammenhang gerissen. Sprich: ich kann dem nicht folgen.

 MfG, Purzel

Mann ohne Zähne

  • Gast
Ich schliesse mich Dom und DarAng an: ein erhellender Aufsatz.

Na, damit ist doch schon eine Menge erreicht :)

Zitat
@ MoZ:
Leider kritisierst du etwas, was du für NAR hältst aber nicht NAR ist.

Immer wieder interessant, dass mir scheinbar kein Mensch sagen kann, was nun NAR ist und was nicht.
Im Glossar der Forge steht:
 
Narrativism (Narrativist play): One of the three currently-recognized Creative Agendas. See Story Now.
und unter "Story Now" steht dann:
Story Now: Commitment to Addressing (producing, heightening, and resolving) Premise through play itself. The epiphenomenal outcome for the Transcript from such play is almost always a story. One of the three currently-recognized Creative Agendas. As a top priority of role-playing, the defining feature of Narrativist play. (Hervorhebung durch mich)

NAR ist also Spiel, das darauf abzielt, die Prämisse des Spiels zu behandeln. Wenn man ein NAR-Spiel in Textform überträgt, ist das Ergebnis fast immer eine Geschichte. Diese Konzentration auf die Prämisse ist ein entscheidendes Kriterium für NAR-Spiel.

Im NAR-Spiel wird also der Fokus auf "Addressing Premise" gesetzt. Das erfordert naturgemäß eine stete Überprüfung der Richtung, in die das Spiel geht -- das wird niemand absprechen können, der schon mal irgendein NAR-Spiel gespielt hat. Die Prämisse ist die Richtlinie des Spiels, daran orientiert sich der Inhalt. Das erfordert ausreichend Diskussion und Gespräch auf der Metabene. Und genau das ist anti-immersiv. (Immer IMHO, versteht sich).

Zitat
Die Mystifizierung, die in dem Aufsatz durchklingt, finde ich persönlich unnötig und eher verwirrend, da sehr subjektiv.

Hey, hey, das ist ein Manifest und darf deshalb subjektiv sein. Ich wehre mich im Übrigen gegen die Bezeichnung "Mystifizierung", denn genau das ist es nicht. Ich bin ein zutiefst gläubiger Mensch und erfahre die Welt genau so, wie ich sie hier beschreibe. Wenn dieser Aufsatz Mystifizierung sein soll, dann sind alle Schauspiel-Lehrer Mystifizierer. Mein Tip: Lese mal eines der Werke von Lee Strasberg, Keith Johnstone oder Konstantin Sergejewitsch Stanislawski. Das sind die Grundsäulen des modernen Schauspielens -- und müssten Dir völlig mystifizierend erscheinen.

Zitat
Was mir spontan mehr Einsicht in deine Spielweise gegeben hätte, wäre eine Liste oder Beschreibung der Systeme gewesen, die du gerne spielst -- die habe ich dann trotzdem auf deinem Blog gefunden.

Na denn. Obwohl ich finde, dass Thetarix by the book unausstehlich ist, zum Beispiel.

Zitat
Der Bezug auf Aristoteles und Brecht mag zwar recht cool sein, ist für mich als totalen Laien auf dem Gebiet nicht überprüfbar und erscheint mir sehr aus dem Zusammenhang gerissen. Sprich: ich kann dem nicht folgen.

Das hat nichts mit Coolness zu tun, die ist mir so was von wurscht. Tatsache ist einfach, dass NAR alter Wein in neuen Schläuchen ist. Brecht hat schon vor einen Ewigkeit die Forderungen seines epischen Theaters niedergeschrieben und der gute Aristoteles hat das dramatische Theater noch ein klein wenig vorher beschrieben. Auch Johnstone, Strasberg und Stanislawski haben Jahrzehnte vor der Forge ihre Theorien und deren praktische Umsetzung formuliert. NAR ist ganz deutlich ein Kind des Brechtschen Theaters, und das hat gewisser Folgen. Mein Tipp auch hier: Wenn Du Zeit und Lust hast, dann informiere Dich.
« Letzte Änderung: 7.05.2006 | 17:12 von Mann ohne Zähne »

Eulenspiegel

  • Gast
Wenn ich also sage: "System does NOT matter", dann meine ich, wie ich auch im zweiten oder dritten Posting erwähnt habe, jedes System, das über die Kompetenz-Verteilung der Spieler (Gruppenvertrag) hinaus geht.
Theatrix, Everway und Amber haben doch auch Regeln, die über den Gruppenvertrag hinausgehen.
Und deiner Gruppe scheint es recht wichtig zu sein, solche Regelsysteme zu verwenden.

Ansonsten probiere mal Engel aus. Die Karten sind zwar von der Illustration nicht so schön wie bei Everway, dafür sind die Regeln sehr ähnlich. Und das Setting ist auch super.

Zitat
Aber das ist meine Meinung, und viel wichtiger, auch meine ureigenste Erfahrung: Nur mit dem Herzen kann man umfassend und wirklich verstehen.
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man mit dem Herzen nichtmal sich selber verstehen kann.

Mann ohne Zähne

  • Gast
Theatrix, Everway und Amber haben doch auch Regeln, die über den Gruppenvertrag hinausgehen.
Und deiner Gruppe scheint es recht wichtig zu sein, solche Regelsysteme zu verwenden.

Ähm... wo liest Du das raus?
Meine Gruppe will eines: immersiv spielen. Der Rest ist meine Aufgabe.

Zitat
Ansonsten probiere mal Engel aus. Die Karten sind zwar von der Illustration nicht so schön wie bei Everway, dafür sind die Regeln sehr ähnlich. Und das Setting ist auch super.

Ich habe die Karten zuhause -- und sie können für meinen Geschmack Everway nicht im Geringsten das Wasser reichen. Das Setting von Engel ist leider nichts für unsere Gruppe (für alle von uns)...

Zitat
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man mit dem Herzen nichtmal sich selber verstehen kann.

Da siehst Du mal, wie unterschiedlich das Leben ist. Finde ich allerdings schön!

Offline Minne

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ich will mich nicht wirklich in die diskussion einklinken, aber was bitte sollen die systemtipps? Ich denke, hier geht es wirklich nicht darum um für den mann ohne zähne ein system zu finden...

Cycronos

  • Gast
Aber das ist meine Meinung, und viel wichtiger, auch meine ureigenste Erfahrung: Nur mit dem Herzen kann man umfassend und wirklich verstehen.

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man mit dem Herzen nichtmal sich selber verstehen kann.

Und soll ich euch was sagen jungs? Ich habe BEIDE Erfahrungen gemacht. Dieser Thread ist mit all seinen versteckten Mechnanismen ein absolutes Loblied auf den Diskordianismus. Seid mir als bitte nicht böse, wenn ich mir ein "Hail Eris!" gerade jetzt nicht verkneifen kann.
Ich danke euch für diese schönen Sonntag nachmittag, er war wirklich in mehr als einer Weise sehr erhellend und einsichtsreich.  :)

ich will mich nicht wirklich in die diskussion einklinken, aber was bitte sollen die systemtipps? Ich denke, hier geht es wirklich nicht darum um für den mann ohne zähne ein system zu finden...

Das wohl nicht, aber ich empfinde sie durchaus als nützlichen Input. Vielleicht findet Norbert dadurch ja letztlich ein System, das noch besser auf das passt, was er so gerne spielt.
« Letzte Änderung: 7.05.2006 | 17:49 von Cy McCronos »

Eulenspiegel

  • Gast
Zitat
Theatrix, Everway und Amber haben doch auch Regeln, die über den Gruppenvertrag hinausgehen.
Und deiner Gruppe scheint es recht wichtig zu sein, solche Regelsysteme zu verwenden.
Ähm... wo liest Du das raus?
Du schriebst:
Zitat
Und Du hast auch Recht, wenn Du sagst, so was sei schwierig in ein System zu übersetzen. Wir haben das große Glück, weil wir mit unserem Haussystem und der Dreieinigkeit von Theatrix, Everway und Amber Systeme haben, die uns in dieser Hinsicht unterstützen.
Außerdem hast du noch geschrieben, dass dir Universalis nicht gefällt.
Du hast es zwar nie explizit geschrieben, aber ich denke, Systeme wie DitV, the Pool, 'Breaking the Ice' etc. gefallen dir überhaupt nicht.
Shadowrun, DSA, D&D, WoD etc. gefallen dir wahrscheinlich auch nicht so gut wie Everway & Co. (Das hast du nirgendwo explizit geschrieben. - Aber ich habe das aus deinem Text herausinterpretiert. Vielleicht liege ich aber auch falsch.)

Und Last but not Least:
Die Tatsache, dass ihr ein Haussystem benutzt, zeigt, doch, dass ihr mit den bestehenden Systemen nicht zufrieden seid.

Zitat
Meine Gruppe will eines: immersiv spielen.
Und das kann sie mit jedem Regelsystem?

@ Minneyar
Aber wenn man ihm Systeme vorstellt und er dann sagt, ob ihn die Systeme gefallen oder nicht, dann kann man sich ein besseres Bild darüber machen, wie er spielt.

Mann ohne Zähne

  • Gast
Seid mir als bitte nicht böse, wenn ich mir ein "Hail Eris!" gerade jetzt nicht verkneifen kann.

Cy! :)
Was soll ich sagen: Hail Eris! zurück von einem Gleichgesinnten.
(Guckstu hier meine alte Homepage -- jetzt außer Betrieb: http://web.archive.org/web/20040923142356/http://www.freistilmagie.com/)

Mann ohne Zähne

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Hallo Eulenspiegel!

Da habe ich Dich doch wieder missverstanden... entschuldige. Ja, stimmt, Everway, Theatrix und Amber sind Systeme, die uns Immersion erlauben und die wir deshalb sehr schätzen. Alle anderen, teils sehr hartwurstigen, Systeme sind für uns der Klotz am Bein.

Offline Lord Verminaard

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Tja Norbert, wenn du die Diskussion über Begriffsdefinitionen hättest vermeiden wollen, hättest du die entsprechenden Begriffe (wie angekündigt) weglassen sollen.

Ich würde gerne mehr über die Rolle des Spielleiters hören. Was genau macht der Spielleiter? Reagiert er passiv? Treibt er aktiv? Und wenn ja, in welche Richtung? An welchen Leitsätzen orientiert er sich? Woraus zieht er seine Bedürfnisbefriedigung?
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Mann ohne Zähne

  • Gast
Tja Norbert, wenn du die Diskussion über Begriffsdefinitionen hättest vermeiden wollen, hättest du die entsprechenden Begriffe (wie angekündigt) weglassen sollen.

Ich habe es versucht; ich habe es versucht...

Zitat
Ich würde gerne mehr über die Rolle des Spielleiters hören. Was genau macht der Spielleiter? Reagiert er passiv? Treibt er aktiv? Und wenn ja, in welche Richtung?

Ich mache beides, wobei ich einen leichten Überhang zum Reagieren habe. Ich weiß ja, was die Spieler interessiert (sie haben ihre -- schon wieder Jargon -- Flags ja auf dem Charblatt stehen, und sie sagen mir vor jeder Sitzung, was sie sich erwarten am heutigen Abend). Die Richtung, in die ich agiere/drücke, ist immer die, die den Spielern Bedürfnisbefriedigung geben kann. Wenn ich also weiß, dass beispielsweise ein Charakter endlich seine leibliche Mutter kennenlernen will, dann warte ich entweder, bis er in diese Richtung geht, oder ich bringe es ins Spiel. Das geschieht allerdings intuitiv und ohne Regel.

Zitat
An welchen Leitsätzen orientiert er sich? Woraus zieht er seine Bedürfnisbefriedigung?

Meine Befriedigung ziehe ich aus mehreren Dingen. Zum einen kann ich, zwar nicht so intensiv wie meine Spieler, aber dennoch, schauspielern, immersionieren. Ich kann ebenfalls Gefühle entdecken. Und zum anderen ist es die Freude, die ich empfinde, wenn ich merke, dass unser gemeinsames Spiel Gefühle in meinen Spielern auslöst, dass ihre Erlebnisse noch weit über die Sitzung hinaus anhalten, dass sie nach dem Spiel noch immer über ihre Erlebnisse als Charaktere erzählen.

Ergibt das Sinn für Dich?