Autor Thema: [Kult / Dread] Das Omega-Wort  (Gelesen 10515 mal)

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Offline Bitpicker

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[Kult / Dread] Das Omega-Wort
« am: 29.08.2006 | 14:05 »
Die derzeitigen Diskussionen um Kampagnen und wie man sie beginnt haben mir die Idee eingepflanzt, ich könnte hier im Diary ja einfach mal schon das Entstehen einer Kampagne schildern und nicht erst mit dem eigentlichen Spiel einsetzen. Wenn das auch andere mal machen, kann man vielleicht schön die Unterschiede oder ggfs. Gemeinsamkeiten in der Vorbereitung beobachten.

Die Kampagne, um die es hier geht, wird das Kult-Setting und mein GeneSys-Regelwerk benutzen und wird auf die noch laufende Werwolf-Kampagne folgen. Natürlich bedeutet das Offenlegen des Entstehungsprozesses, dass sehr viel Information vorweggenommen wird, aber da meine Spieler dieses Forum nicht besuchen (hoffe ich wenigstens), macht das nichts.

Am Anfang der Kampagnenidee stand ein Fernsehbericht über Mumien, die irgendwo im Fernen Osten gefunden wurden und die sich als Fälschungen herausgestellt hatten. Nach einigem Reifenlassen entstand folgende Grundidee für die Kampagne:

Laut Kult-Setting ist der Demiurge (also quasi Gott) irgendwann im 19. Jahrhundert oder so verschwunden, hat aufgehört, sich um die Welt zu kümmern. Seitdem zerbricht die Illusion, in der die (ursprünglich ebenfalls göttlichen) Menschen leben und die sie Realität nennen, mehr und mehr. Was, wenn der Demiurg sich tatsächlich in die Welt begeben hätte, um in einem vergessenen Tempel bei einem obskuren Kult zu sterben und sich mumifizieren zu lassen, und wenn eine archäologische Expedition eben diese Mumie findet und zweifelsfrei erkennt, um was es sich handelt?

Lose Grundlage für weitere Recherche ist folgende Ausgangssituation: die Spielercharaktere sind Teilnehmer einer von der Universität Berlin durchgeführten archäologischen Expedition zu einem in einen Felsen gemeißelten Tempel im Osten der Türkei, der seit langem von einer Sandverwehung verdeckt worden war; Wetterveränderungen haben den Sand fortgeblasen und die Fassade des Tempels freigelegt. Das Gebiet wird von Kurden kontrolliert und ist während der andauernden Auseinandersetzung zwischen USA und Irak quasi Sperrgebiet; jetzt aber ist, nachdem bisher nur undeutliche Fotografien von der Fassade existierten, endlich eine offizielle Einladung für ein qualifiziertes Archäologenteam ergangen.

Die Spieler bekommen die freie Auswahl, welche Aufgaben in der Expedition ihre SCs haben, sie müssen sich nur untereinander einigen, damit es nicht fünf Expeditionsleiter gibt. Weitere Vorgabe ist die von Kult übernommene Angabe eines Dunklen Geheimnisses, wobei dies eher zur Stimmungsschaffung dient und nur bedingt ins Abenteuer einfließen wird, wenn es sich ergibt. Die einzige aus Kult entnommene Regel bezieht sich auf den Mechanismus der Mentalen Balance; für mein System habe ich die Skala von -500 - +500 auf -100 bis +100 herunterskaliert. In meinem System gibt es einen Stabilitätswert, der für das Weltbild des Charakters und dessen relative Festigkeit steht; das entsprechende Weltbild muss recht umfassend vorab definiert werden, weil alles, was der Charakter erlebt und diesem Weltbild widerspricht, einen möglichen Schock darstellt. Schocks wiederum verursachen Schaden, und dieser manifestiert sich in verlorener Mentaler Balance. Erfolge und Dinge, die das Weltbild festigen, können positive Balance bringen.

Was den Kult angeht, dachte ich an eine Gruppe von Männern auf der Flucht, die sich in dem Felsentempel (dessen Eingang vor über hundert Jahren noch frei lag, aber so abgelegen, dass man ihn einfach nicht bemerkt hat) versammelt hat, um irgend eine obskure, asketische Form des Islam zu leben. Zu diesen kommt der Demiurg, offenbart sich, gibt ihnen die Fähigkeit zur Einbalsamierung seines Körpers und stirbt. Die Männer reagieren sehr unterschiedlich auf den Tod Gottes: einige werden wahnsinnig und / oder suizidal, andere kümmern sich um ihre letzte Pflicht. Der Anführer der Gruppe schreibt diese letzte Offenbarung auf, seine verbliebenen Mitstreiter bleiben im Tempel mit der Mumie zurück, auf deren Brust ein Zeichen erscheint, eine magische Glyphe, die jeder, der sie sieht, sofort versteht: sie besagt, dass Gott tot ist. Diese Glyphe zu sehen, pflanzt dieses unbezweifelbare Wissen in das Gehirn des Lesenden. Er kann, sofern er diese Enthüllung übersteht, das Zeichen jederzeit reproduzieren, auch als Wort (das Omega-Wort aus dem Titel). Der Anführer verlässt als einziger den Tempel, übergibt seine Aufzeichnungen einer weisen (aber analphabetischen) Frau im nächstgelegenen Dorf, damit diese selbst oder ihre Nachfahren sie dann weitergeben können, wenn Leute einmal auftauchen sollten, die den Tempel betreten wollen. Der Anführer selbst ist aber durch das Wissen auch körperlich verändert worden (Effekt negativer Mentaler Balance): er ist unsterblich. Deshalb kann er als Beobachter und ggfs. Gegner auch später noch auftauchen.

Vorgesehen ist, dass die SC also den Tempel finden und sich noch vor der Entdeckung der Mumie einer Gruppe bewaffneter Kurden gegenübersehen, die ihnen das Manifest des Kult-Anführers übergeben; aber noch während der Lektüre des doch recht vagen Textes wird die Mumie entdeckt und der Spaß beginnt; beim Anblick des Zeichens entsteht Chaos.

Ab diesem Moment möchte ich den SC freistellen, was sie mit dem neu erworbenen Wissen (bzw. der Macht, jedem unmissverständlich klar zu machen, dass Gott tot ist) anfangen wollen. Natürlich werde ich auch einige Kulte usw. vorbereiten, mit denen die SC in Berührung kommen könnten, damit das Ganze nicht im möglichen Vakuum der Spielerlethargie verkommt. Denkbar ist auch, dass die SC entscheiden, dass die Glyphe zwar die Information von Gottes Tod einpflanzt, aber deshalb nicht unbedingt auch wahr sein muss; verstärkt wird das ggfs. durch die Entdeckung, dass in den Bandagen überhaupt kein Körper zu finden ist, obwohl nachweislich einer drin gewesen sein muss, als die Bandagen aufgebracht wurden. Zu guter Letzt: gibt es vielleicht auch ein Alpha-Wort als Gegenstück zum Omega-Wort, das Gott wiederweckt oder gar einen Menschen zu Gott werden lässt?

Das ist also die Vorgabe. Als nächstes folgt für mich die Recherche des historischen und geographischen Hintergrunds und die Anlage der Ist-Situation, also der NSCs, Interessengruppen usw.

Robin
« Letzte Änderung: 16.02.2007 | 09:41 von Bitpicker »
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Offline Vale waan Takis

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Re: [Kult / GeneSys] Das Omega-Wort
« Antwort #1 am: 29.08.2006 | 14:18 »
Na das klingt ja mal extrem geil  :d
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Offline Bitpicker

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Re: [Kult / GeneSys] Das Omega-Wort
« Antwort #2 am: 30.08.2006 | 13:30 »
Im Rahmen unserer gestrigen Werwolf-Sitzung habe ich die Spieler über die genannten Charakteroptionen informiert, also

• Mitglied einer archäologischen Expedition, Fachgebiete aus dem Bereich Frühgeschichte des Nahen Ostens
• Ausformulierte Weltanschauung
• Dunkles Geheimnis

Mal sehen, was draus wird.

Auf der Rechercheseite habe ich mich dazu entschlossen, Bilder von Felsentempeln aus Petra als Vorlage zu verwenden (http://www.jadu.de/jaduland/asia/jordan/text/petra.html). Der Tempel selbst soll aus assyrischer Zeit stammen, wie im Umfeld auffindbare Scherben etc. nahelegen, die hier heimische Kultur war vielleicht eine noch unbekannte Nachfolgekultur der Gutäer. Mit GoogleEarth werde ich mir noch ein nettes Plätzchen für den Tempel suchen...

Der Tempel selbst ist allerdings irgendwann ausgeplündert worden, drinnen gibt es nur einfache Möbelstücke und Spuren des Aufenthaltes von Personen aus der (relativen) Neuzeit, also dem 'Kult'.

Als Zeit für den Kult und das Ableben des Demiurgen habe ich mir etwa das Jahr 1930 ausgesucht, da in dieser Zeit Kemal Atatürk gerade die -eher weltlich orientierte- Türkei auf den Trümmern des Osmanischen Reiches errichtet und dabei unter anderem die Orden und klösterlichen Gemeinschaften der Sufis verbietet. Solche Sufis eines besonders asketischen Zweiges haben sich in dem alten Tempel häuslich eingerichtet. Daraus folgt auch, dass der türkisch-sprachige Bericht des Kult-Führers mit arabischen Schriftzeichen geschrieben wurde, denn Türkisch wurde erst wenige Jahre später unter Atatürk auf lateinische Buchstaben umgestellt.

Das Ganze werde ich noch mit ein paar Details ausstatten und schriftlich festlegen, dann widme ich mich den KULT-Fraktionen, die für dieses Szenario passend sind.

Robin
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Re: [Kult / GeneSys] Das Omega-Wort
« Antwort #3 am: 30.08.2006 | 14:53 »
Hört sich auf alle Fälle total spannend. Gibt ja einige Intressengruppen nicht nur Kult Fraktionen die da mit was zu tun haben wollen.
Es ist echt beeindruckend zu sehen wie du deine Kampagnen vorbereitest :)

gruß Pendragon

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Re: [Kult / GeneSys] Das Omega-Wort
« Antwort #4 am: 8.09.2006 | 23:26 »
Diese Woche hatte ich einen interessanten Fall von Synchronizität in Bezug auf die Omega-Wort-Kampagne. Bei der Lektüre der Beschreibung einer Nobilis-Kampagne im Internet ist mir ein Verweis auf eine obskure und mir vorher völlig unbekannte Glaubensgemeinschaft aufgefallen, die Yezidi.

Dies ist eine kurdische (!) Volksgruppe, die einem Glauben anhängt, der starke gnostische Züge hat: sie glauben an einen Großen Gott, der aber nicht für die Schöpfung der materiellen Welt verantwortlich ist, und an einen geringeren Schöpfergott, Melek Taus, der mit Luzifer identifiziert werden kann, ganz ähnlich dem Weltbild verschiedener gnostischer Sekten des Altertums (was prima zu Kult passt). Noch besser ist, dass die Yezidi allerdings im Gegensatz zu den Gnostikern diesen Melek Taus verehren und für gut halten, während die Gnostiker den Demiurgen oder niederen Schöpfergott in der Regel ablehnen. Aus der Sicht des Demiurgen in Kult dürften also die Yezidi so ziemlich die einzigen Rechtgläubigen sein, also genau das richtige Umfeld für die Inszenierung des eigenen Ablebens, ein letztes Erscheinen unter den Auserwählten.

Ich liebe es, wenn so etwas passiert. Deshalb finde ich die Realwelt als Setting auch viel spannender als jede fiktive Welt. Keine Fiktion ist so verrückt wie das Leben.

Es wird sich also bei den Männern im Tempel um Yezidi handeln, die sich vor Atatürks Schergen versteckt halten, als diese die Trennung von Staat und Religion in der Türkei recht gewaltsam durchsetzen.

Robin
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Re: [Kult / GeneSys] Das Omega-Wort
« Antwort #5 am: 20.09.2006 | 15:19 »
Gestern haben wir uns über die Spielercharaktere unterhalten. Ich wollte schon mal wissen, welche Rollen die Spieler übernehmen wollen, damit ich den Rest als NSCs schon mal andenken kann.

Es steht noch nicht in Stein gemeißelt, aber wir haben folgende Verteilung:

A: einen Professor des altorientalistischen Fachbereichs der FU Berlin, der die Leitung der Expedition übernimmt.

B: den technischen Leiter der Expedition

C: einen Doktoranden, der bei A seine Doktorarbeit schreibt und als etwas tollpatschige Hilfskraft mitföhrt

D: eine kurdische Studentin, die sowohl als Dolmetscherin als auch als Kennerin antiker Sprachen und Schriftsysteme der Gegend dabei ist

E: eine Ärztin als medizinische Betreuung.

Es wurden noch keine Namen oder andere Einzelheiten festgelegt, auch noch keine dunklen Geheimnisse und die Weltanschauung der SC. Allerdings werde ich den Spielern ggfs. per E-Mail Links zu Wikipedia-Artikeln und anderen Quellen senden, die ihnen Hintergrundwissen für ihre Charaktere geben können, insbesondere zum historischen Aspekt.

Robin
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Offline Slive

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Re: [Kult / GeneSys] Das Omega-Wort
« Antwort #6 am: 20.09.2006 | 19:23 »
So wie ich das sehe, legst du ja sehr großen Wert auf "Realismus", also auf gute Vorbereitung und ein in sich logisches Abenteuer. Das ist nur leider bei der kurdischen Studentin nicht gegeben. Alle bis auf den technischen Expeditionsleiter, also sowohl der Prof als auch der Doktorand, sind per Definitionem mit alten Sprachen bewandert. Daher kann dieser "Expertenstatus" der Studentin leider gestrichen werden.

Aber ansonsten klingt alles wieder superspannend und nach viel Lese- und Interpretationsstoff. Weiter so!!!
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Re: [Kult / GeneSys] Das Omega-Wort
« Antwort #7 am: 20.09.2006 | 19:43 »
Klar aber zumindest der Doktorand kann ihr in ihrem Spezialgebiet vllt. nicht das Wasser reichen(es gibt übrigens ne Menge an Sprachen im alten Orient).

Offline Bitpicker

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Re: [Kult / GeneSys] Das Omega-Wort
« Antwort #8 am: 21.09.2006 | 07:47 »
Na ja, ich übe nicht so arg viel Kontrolle über die SC aus... immerhin habe ich die Spielerin davon abgebracht, eine alternde Sponsorin der Expedition im Rollstuhl zu spielen.

Jedoch muss auch ein auf den Nahen Osten spezialisierter Archäologe, der sich vielleicht mit, sagen wir, der sumerischen Keilschrift auskennt, sich nicht unbedingt auch mit Urartäisch auskennen. Man weiß sowieso vergleichsweise wenig über diese Kultur, und der echte Fachbereich Altorientalistik and der FU hat anscheinend gerade mal eine Professorenstelle; kann eine einzelne Person wirklich eine Koryphäe auf allen Teilgebieten einer Disziplin sein? Allerdings wäre mir eine kurdische Professorin auch lieber als eine Studentin. Vielleicht auch als Teil einer türkischen Beteiligung an der Expedition.

Ein weiterer Nutzen dieses Charakters ist die Fähigkeit, sich mit heutigen Kurden unterhalten zu können, das kann nämlich wohl keiner der anderen.

Robin
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Re: [Kult / GeneSys] Das Omega-Wort
« Antwort #9 am: 21.09.2006 | 08:40 »
Da hast du natürlich Recht.
[Off-Topic: Spielt ihr denn die Werewolf-Kampagne noch weiter oder ist die schon durch?]

Gruß,
Der Slive
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Re: [Kult / GeneSys] Das Omega-Wort
« Antwort #10 am: 21.09.2006 | 10:14 »
Die Werwolf-Kampagne geht noch weiter, aber wir haben bisher noch nicht weiter spielen können. Vergangenen Dienstag wollte ich lieber erst mal die SCs diskutieren, auch weil wir nächste Woche wieder nicht spielen werden. Danach die Woche geht es wohl weiter. Die Kampagne endet entweder mit der Entdeckung und (hoffentlich) Bekämpfung dessen, was im Norden Albions eigentlich los ist, oder mit dem Tod der Charaktere...

Robin
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Re: [Kult / Dread] Das Omega-Wort
« Antwort #11 am: 16.02.2007 | 09:40 »
So, jetzt geht es hier auch mal weiter. Voraussichtlich ab kommenden Dienstag, wenn nichts dazwischen kommt, werden wir mit dieser Kampagne beginnen. Anstatt sie, wie oben angekündigt, mit meinem Regelsystem GeneSys zu spielen, werden wir Dread verwenden, ein System für Horror-Rollenspiele, welches auf Würfel verzichtet und stattdessen einen Jenga-Turm für die Ermittlung von Handlungsverläufen usw. verwendet.

In Dread wird dem Spielleiter eine größere Kontrolle über die SCs eingeräumt, indem er für jeden Charakter einen individuellen Fragebogen entwerfen soll, der den Charakter schon in die richtige Richtung für das Abenteuer lenkt. Im Gegenzug für dieses größere Mitspracherecht habe ich vor, den Spielern weitläufigere Erzählrechte in Verbindung mit ihren Zügen am Turm einzuräumen, was über den Dread-Ansatz hinausgeht: wer am Zug ist, kann erzählen, was er tut, zieht im entscheidenden Moment (oder lässt es) und erzählt dann auch weiter, was unmittelbar danach geschieht. Da es eine präexistente Faktenlage gibt, heißt das natürlich, dass ich ggfs. auch eingreife; wenn z.B. die SC eine Information von einem NSC erhalten wollen, muss ich sie bei erfolgreichem Zug auch liefern, wenn der NSC sie hat.

Die Fragebögen habe ich gestern vorbereitet. Dread empfiehlt durchaus Suggestivfragen oder gar die Festlegung von Fakten in den Fragen, ich habe eigentlich sogar deutlich freier gefragt, als die vielen Beispiele in Dread es nahe legen.

Einige der Fragen sind erst beantwortbar, sobald die Spieler ihre Charaktere vorgestellt haben, aber der Großteil lässt sich vermutlich vorab schon klären.

Der Professor, der die Expedition leitet:

1. Wer bist du?

2. Was fasziniert dich an der Archäologie am meisten?

3. Welches Ereignis in deiner beruflichen Laufbahn würde, falls es herauskommen würde, das Ende deiner Karriere bedeuten?

4. Welche Person weiß davon?

5. Woran glaubst du?

6. Welches Ereignis in deinem Leben hat deinen Glauben an die Grundfesten der Realität am meisten erschüttert?

7. Welchem Teilnehmer der Mission misstraust du?

8. Was würdest du unter keinen Umständen tun?

9. Welche Erwartungen, Hoffnungen oder Ängste hast du bzgl. der bevorstehenden Expedition?

10. Wenn du nicht Archäologe geworden wärst, was wärst du dann geworden?

11. Welche Person hat dein vollstes Vertrauen?

12. Welches zukünftige, unausweichliche Ereignis beschäftigt dich?

13. Welcher Organisation gehörst du an, und warum hältst du deine Zugehörigkeit zu dieser Organisation geheim?


Die türkische Studentin / Professorin:

1. Wer bist du?

2. Welche Vorstellungen hast du von den deutschen Teilnehmern der Expedition?

3. Worin bist du Expertin?

4. Welche Handlung musstest du begehen, um dorthin zu kommen, wo du jetzt bist, für die dich deine Familie verstoßen würde, wenn sie davon erführe?

5. Woran glaubst du?

6. Welches war das traurigste Ereignis deines Lebens?

7. Welches war das schönste?

8. Welche Ambitionen hegst du für die Zukunft?

9. Vor welcher Person hast du großen Respekt?

10. Welche Leute stehen dir besonders nahe?

11. Auf welche Leistung bist du besonders stolz?

12. Was bringt dich am schnellsten auf die Palme?

13. Welcher Charakterzug ist noch mal dein Untergang?


Der Technische Leiter:

1. Wer bist du?

2. Wovor flüchtest du, indem du an dieser Expedition teilnimmst?

3. Wie musstest du gegen deine Prinzipien verstoßen, um den Job zu bekommen?

4. Woran glaubst du?

5. Wodurch wurde dieser Glaube bisher am tiefgreifendsten auf die Probe gestellt?

6. Welcher Person vertraust du bedingungslos?

7. Welches illegale oder verrufene Laster leistest du dir?

8. Was ist deine größte zwischenmenschliche Schwäche?

9. Was beunruhigt dich an deinem neuen Job?

10. Auf welche frühere Leistung bist du besonders stolz?

11. Zu welchem Teilnehmer der Expedition fühlst du dich hingezogen?

12. Was würdest du auch für diese Person nicht tun?

13. Wo wirst du in einem Jahr sein?


Der Doktorand / Assistent

1. Wer bist du?

2. Warum studierst du Archäologie?

3. Welche Widerstände musstest du überwinden, um die Stelle als Assistent des Professors zu bekommen?

4. Welche dabei vorgenommene Handlung könnte dich Kopf und Kragen kosten, wenn sie ans Licht käme?

5. Vor welcher Person hast du echte Angst?

6. Woran glaubst du?

7. Welches Ereignis hat diesen Glauben bisher am stärksten erschüttert?

8. Welcher ungewöhnlichen Neigung gibst du in letzter Zeit immer öfter nach?

9. Welchen Teilnehmer der Expedition verachtest du?

10. Was ist deine größte Hoffnung für die Zukunft?

11. Welches Ereignis aus deiner Kindheit sucht dich bis heute im Traum heim?

12. Welchen abergläubischen Tick hast du?

13. Welche ungewöhnliche Fähigkeit besitzt du, von der keiner etwas ahnt?


Die Ärztin

1. Wer bist du?

2. Was bedeutet dir dein neuer Job?

3. Welche Lüge musstest du erzählen, um ihn zu bekommen?

4. Welche Person hat dich bisher am meisten verletzt?

5. Welches persönliche psychische oder physische Problem gefährdet deinen Ruf als Ärztin?

6. Woran glaubst du?

7. Welcher Gruppierung gilt deine besondere Loyalität?

8. Von welchem Erfolg zehrst du heute noch?

9. Was fasziniert dich an der Expedition, an der du teilnehmen wirst?

10. Was hast du für diesen Job aufgegeben?

11. Welche besondere Fertigkeit hast du, von der du glaubst, dass sie sehr nützlich sein wird?

12. Wovor fürchtest du dich am meisten?

13. Welchen Teilnehmer der Expedition bewunderst du, und wofür?

Robin
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Re: [Kult / Dread] Das Omega-Wort
« Antwort #12 am: 21.02.2007 | 10:34 »
Gestern Abend haben wir die erste Sitzung gespielt. Die Spieler sind mit dem Gedanken, selbst etwas mehr beizutragen als nur die Handlungen ihrer Charaktere, nur zögerlich warm geworden, aber die Gewohnheiten von in einigen Fällen zig Jahren legt man ja auch nicht so schnell ab.

Die Charaktere sind:

  • Justus Greif, Professor für Vorderasiatische Archäologie
  • Frank Arens, Afghanistan-Veteran der Bundeswehr, jetzt technischer Leiter
  • Irem Erdogan, Dozentin im FB Archäologie an der Uni Ankara
  • Samuel Mühlmann, wiss. Mitarbeiter am Institut für Technikgeschichte im FB Altorientalistik
  • Aylin Vosskamp, Ärztin mit kurdischer Mutter und deutschem Vater, vormals bei Ärzte ohne Grenzen

Die Fragebögen wurden recht umfassend ausgefüllt, soweit es nicht um die anderen Teilnehmer der Expedition ging, da diese ja noch nicht bekannt waren. Es sind einige interessante Punkte darin, die während der Kampagne noch Relevanz bekommen könnten; insbesondere fällt mir auf, dass die Spieler insgesamt leichter in den Charakter gefunden haben, als wenn sie sich den Charakter völlig autonom vorab ausdenken, auch wenn er dabei recht detailliert ausfällt.

Handlungsseitig haben wir einen Großteil der Vorgeschichte abgehandelt. Die SC lernen einander im Büro von Greif kennen (Irem per Videokonferenz aus Ankara zugeschaltet), die Ausrüstung geht per Transportflieger nach Van, die SC reisen nach Ankara und treffen dort mit Irem zusammen. Insgesamt haben wir nur acht Züge aus dem Turm benötigt, die meisten davon der Spieler von Frank Arens, der noch nie Jenga gespielt hat und schon beim ersten Stein in Panik verfiel...  >;D

Neben Arens' 'ich nutze Kontakte, um für uns Waffen in der Türkei bereit zu halten', 'kann ich meine Beruhigungsmittel für mein Veteranensyndrom in der Ausrüstung schmuggeln' und Irems Vorbereitungen für den Transport ab Van bezogen sich die Züge auch auf ein moderat unheimliches Ereignis: während des Treffens im Büro sieht Greif einen Obdachlosen draußen auf der Straße, der einen wallenden schwarzen Bart trägt und zu seinem Fenster hinauf sieht; Arens schaut ebenfalls hinaus und erinnert sich, eben diesen Mann beim Verladen der Ausrüstung gesehen zu haben, der dies von außerhalb des Flughafengeländes beobachtet hat. Am Tag der Abreise erschreckt der Mann Dr. Vosskamp in ihrem Taxi, als er an die Scheibe schlägt und ihr zuruft, sie solle nicht dorthin reisen. In der Lagerhalle in Van überraschen die SC eben diesen Mann, wie er sich an ihren Kisten zu schaffen macht. Irem stellt ihn energisch zur Rede, und er sagt auch zu ihr, sie sollen die Reise hier und jetzt abbrechen, wenn ihnen ihr Seelenheil lieb sei. Sie verlangt zu wissen, wovor er sie warnen will, aber er sagt, dass es genau so schlimm für sie wäre, das von ihm zu hören, wie es selbst zu sehen. Dann verschwindet er in der Menge.

Der Jenga-Turm als Metapher für den momentanen Spannungsgrad der Geschichte hilft dabei, gleichzeitig die Immersion in den Charakter und die Immersion in die Erzählung zu erreichen, so wie man in einem Film oder Buch neben Sympathie für die Charaktere auch ein Gefühl dafür entwickelt, dass 'gleich etwas passieren wird'; die Handlung wird dadurch eher in den Bereich erzählerischer Konventionen gedrückt, und das bei gegenüber unserem sonstigen Rollenspiel noch stark verringerter Meta-Ebene. Bisher habe ich einen vornehmlich plausiblen, realistischen Handlungsverlauf angestrebt, bei dem durchaus auch längere Sequenzen der Spannungslosigkeit auftreten konnten, ich habe bewusst auf typische Erzählstrukturen verzichtet, weil es um Erlebnis-Simulation ging und nicht um optimale Dramaturgie; durch den Jenga-Turm wird eindeutig das Gewicht hin zur Dramaturgie verschoben.

Die Sitzung endete ohne Zusammenbruch des Turms, also habe ich mir seine Struktur notiert, indem ich einfach Kreuzchen in Rechenkästchen für jeden noch vorhandenen Stein gesetzt habe. Daraus kann ich den Turm fürs nächste Spiel rekonstruieren. Die Spieler haben anschließend noch Steine gezogen, um zu sehen, wann der Turm zum ersten Mal zusammenbricht... in acht bis zehn Zügen dürfte es so weit sein.

Robin
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Preacher

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Re: [Kult / Dread] Das Omega-Wort
« Antwort #13 am: 21.02.2007 | 10:58 »
Klingt sehr cool.  :d

Aber ich hab natürlich ein paar Fragen:

Wie willst Du das regeln, wenn der Turm zusammenbricht? Ich meine, den betreffenden Spieler von der ganzen Kampagne auszuschließen wäre ja schon hart. Wäre das ein temporärer Ausfall und der Spieler in der nächsten Sitzung wieder dabei? Ein Charakterwechsel?

Wie lange ist die Kampagne überhaupt geplant?

Hast Du die Gestaltungsrechte für die Spieler über die oben beschriebene Weise modifiziert?

Ich kann mir da nämlich nicht so viel drunter vorstellen - wie tiefgreifend sind die Gestaltungsrechte? Und es wäre fein, wenn Du genauere Beispiele nennen würdest, inwiefern das noch nicht so recht angenommen wurde.

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Re: [Kult / Dread] Das Omega-Wort
« Antwort #14 am: 21.02.2007 | 11:08 »
Wenn der Turm zusammenbricht, wird der Charakter wenigstens für die Sitzung herausgenommen oder zumindest, wie in Dread beschrieben, stumm geschaltet (ghosting, S. 60). Ein völliges Ausscheiden finde ich nicht praktikabel.

Für die Länge der Kampagne gibt es keine Planung, vor allem deshalb, weil ich die Zügel nach der Entdeckung des Omega-Wortes schießen lassen will: die Charaktere müssen in eigener Verantwortung entscheiden, wie sie mit dem gewonnenen Wissen umgehen.

Ich habe den Spielern nahe gelegt, dass sie mehr Einfluss nehmen können; schon beim Vorgespräch wies einer der Spieler darauf hin, dass er ja gewisse Dinge nicht einfach bestimmen könne, weil er in die Sachlage und den Hintergrund von Kult nicht eingewiesen ist. Aber was solche Dinge wie spontane NSC-Generierung, Erzählung der Situation usw. angeht, möchte ich schon gerne mehr Spieler-Input zulassen. Damit müssen die Spieler aber erst warm werden. Ob und wie es funktioniert, müssen wir auch erst einmal ausprobieren.

Ein Beispiel: der Spieler von Frank Arens entschied, an dem Abend in Ankara ins Vergnügungsviertel zu gehen. Weil das eine potentiell gefährliche Situation ist, habe ich ihn ziehen lassen, und eigentlich hätte er erzählen können, da der Zug gelang, was er da so treibt. Selbst bei einem Zusammenbruch oder auch bei der Weigerung zu ziehen hätte er m.E. selbst erzählen können, was passiert: wird bei Weigerung z.B. zusammengeschlagen und ausgeraubt, bleibt aber funktionsfähig, wird bei Zusammenbruch verhaftet und eingesperrt usw. Gerade bei nicht direkt handlungsrelevanten Ereignissen könnte ein Spieler so wesentlich mehr als nur seine intendierten Handlungen beitragen.

Robin
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Re: [Kult / Dread] Das Omega-Wort
« Antwort #15 am: 21.02.2007 | 11:17 »
Wenn der Turm zusammenbricht, wird der Charakter wenigstens für die Sitzung herausgenommen oder zumindest, wie in Dread beschrieben, stumm geschaltet (ghosting, S. 60). Ein völliges Ausscheiden finde ich nicht praktikabel.
Ah, ok.
Und ja, völliges Ausscheiden ist bei einer Kampagne von unbestimmter Länge auch meiner Meinung nach nicht drin. Ich als Spieler fände das jedenfalls ziemlich frustrierend.

Ich habe den Spielern nahe gelegt, dass sie mehr Einfluss nehmen können; schon beim Vorgespräch wies einer der Spieler darauf hin, dass er ja gewisse Dinge nicht einfach bestimmen könne, weil er in die Sachlage und den Hintergrund von Kult nicht eingewiesen ist. Aber was solche Dinge wie spontane NSC-Generierung, Erzählung der Situation usw. angeht, möchte ich schon gerne mehr Spieler-Input zulassen.

Ah, ok - sozusagen Player Empowerment "light" - keine Plot- oder welterschütternden Fakten und jederzeit einschränkbar durch SL-Entscheid, ansonsten aber relativ frei (ohne besonderen Regelmechanismus dafür). Ich persönlich mag das ganz gerne, hoffen wir, daß deine Spieler damit warm werden.

Ich lese jedenfalls gespannt mit, alleine schon, weil ich Dread ausgesprochen spannend finde.

Der Turm als Spannungsgenerator scheint aber gut angekommen zu sein, lieg ich da richtig? Wie kam denn die Verschiebung des Spielfokus von "Erlebnis-Simulation" zu "Dramaturgie" an? Und vor allem: Wie gefällt dir diese Verschiebung?

wjassula

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Re: [Kult / Dread] Das Omega-Wort
« Antwort #16 am: 21.02.2007 | 11:29 »
Hallo Robin,

klingt sehr gut, ich bin gespannt wie´s weitergeht.

Ich möchte gerne wissen, wie dieser Wunsch nach mehr Spielermitbestimmung zustande gekommen ist. Es klingt ja so, als hättest du dir das gewünscht, und die Spieler mitgezogen, ja? Gab es denn in dieser ersten Sitzung schon positive Beispielke, wo die Gruppe das gut aufgenommen hat? Ich frage das, weil ich selbst schon mal in einer ähnlichen Situation war, und mich würde interessieren, wie das bei euch läuft.

Ausserdem finde ich interessant, dass du bewusst auf das Forcieren einer Dramaturgie verzichtest, und auch Leerlauf in Kauf nimmst. Hast du bis jetzt den Eindruck, dass das funktioniert? Ensteht also durch den Einsatz des Turms allein schon ein gefühlter Spannungsbogen? Mir hat bisher bei der Art zu spielen, die du für deine Gruppe hier oft beschrieben hast,  gestört, dass sich eben aus dem Nur-Erleben des eigenen Charakters noch nicht zwangsläufig eine spannende Geschichte ergibt, durch die ich auch als Spieler mitgerissen bin. Daher mein Interesse am Wirken dieses Turms  :).

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Re: [Kult / Dread] Das Omega-Wort
« Antwort #17 am: 21.02.2007 | 14:12 »
@ Hendrik:
Zitat
Der Turm als Spannungsgenerator scheint aber gut angekommen zu sein, lieg ich da richtig? Wie kam denn die Verschiebung des Spielfokus von "Erlebnis-Simulation" zu "Dramaturgie" an? Und vor allem: Wie gefällt dir diese Verschiebung?

Besonders bei dem Spieler, der noch nie Jenga gespielt hat, funktionierte der Turm sehr gut... Er musste ja den allerersten Zug machen und hatte da schon Panik. Ansonsten hat natürlich jeder den Turm im Auge und weiß, was jeweils auf dem Spiel steht. Ansonsten ist die Verschiebung vielleicht noch nicht allen so bewusst, das kommt hoffentlich, wenn die Spieler selbst mehr erzählen können und z.B. selber Züge verlangen, um die Handlung zu steuern.

Ich finde die Verschiebung als solche ganz interessant. Ich finde es gut, dass dieser Mechanismus eine eher fiktional-kreative Erzählstruktur ermöglicht, ohne dabei eine verbale Meta-Ebene zu benötigen.

@ Jasper
Zitat
Ich möchte gerne wissen, wie dieser Wunsch nach mehr Spielermitbestimmung zustande gekommen ist. Es klingt ja so, als hättest du dir das gewünscht, und die Spieler mitgezogen, ja? Gab es denn in dieser ersten Sitzung schon positive Beispielke, wo die Gruppe das gut aufgenommen hat?

Eigentlich war es so, dass ich Dread gelesen habe, aber sofort den Eindruck hatte, dass der Mechanismus mit dem Turm sich gut für eine Umsetzung mit mehr PE (meinetwegen light) eignet, mehr, als das Regelwerk selbst es andeutet. Also habe ich den Spielern das so dargestellt, nicht zuletzt auch, weil ich ja durch die Fragebögen mehr Einfluss auf die Charaktere habe als sonst. Sie sollten nicht nur Land abgeben...

Positive Beispiele gab es jetzt eher noch nicht (aber auch keine negativen), weil wir uns alle erst an den Gedanken gewöhnen müssen: die Spieler müssen von sich aus erzählen und ich muss sie lassen und nicht immer, wie gewöhnlich, das Ergebnis der Probe für sie interpretieren.

Zitat
Ausserdem finde ich interessant, dass du bewusst auf das Forcieren einer Dramaturgie verzichtest, und auch Leerlauf in Kauf nimmst. Hast du bis jetzt den Eindruck, dass das funktioniert? Ensteht also durch den Einsatz des Turms allein schon ein gefühlter Spannungsbogen?

Hier liegt ein kleines Missverständnis vor: ich meinte, dass ich bisher, also bei früheren Spielen, bewusst auf Dramaturgie verzichtet habe. Ich finde, dass es das Gefühl eines realistischen Erlebnisses trübt, wenn Entscheidungen aufgrund der Dramaturgie und auf Kosten der Plausibilität fallen; deshalb kam bei mir immer Plausibilität zuerst.

Hier bei Dread sehe ich eher nicht die Möglichkeit, Plausibilität durchzudrücken. Der Turm kann sonst relativ leicht missbraucht werden: wenn er noch frisch da steht, kann ein Charakter mit so ziemlich allem Erfolg haben, auch wenn er dafür vielleicht mehrfach ziehen muss, während er sich später quasi beim Schuhe Zubinden den Hals brechen kann.

Von daher erzwingt der Turm eine dramaturgische Herangehensweise, bei der man zu Anfang als SL für relativ einfache Sachen Proben verlangt, um den Turm zu destabilisieren, während man sich als Spieler im Zaum halten muss, um den Turm nicht auszunutzen; später muss man dann als SL darauf verzichten, für jeden Plörr ziehen zu lassen, während die Spieler bei ihren Handlungen berücksichtigen müssen, dass es gefährlich wird, sie sollten sich also nicht mehr in Nebensächlichkeiten verstricken.

Ich habe durchaus den Eindruck, dass der reine Anblick des Turmes jedem Beteiligten sagt, an welcher Stelle des Spannungsbogens wir gerade stehen. Das ermöglicht vergleichbare Effekte wie sinistre Filmmusik und bestimmte Kameraeinstellungen, die bereits suggerieren, dass gleich etwas passiert. Dadurch, dass die Spieler nach dem Spiel den Turm noch weitergespielt haben, wissen sie, dass sie nur noch ca. 8 bis 10 Schritte von der ersten Katastrophe entfernt sind. Wenn das mal nicht die Spannung steigert...

Ich muss jetzt natürlich dafür sorgen, dass die Handlung möglichst dann auch an einem schön katastrophalen Punkt ankommt.

Robin
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Re: [Kult / Dread] Das Omega-Wort
« Antwort #18 am: 21.02.2007 | 15:03 »
Eigentlich war es so, dass ich Dread gelesen habe, aber sofort den Eindruck hatte, dass der Mechanismus mit dem Turm sich gut für eine Umsetzung mit mehr PE (meinetwegen light) eignet, mehr, als das Regelwerk selbst es andeutet.
Wobei dadurch, das Spieler auch von sich aus Züge verlangen können (um Beispielsweise etwas zu bemerken) im System schon ein zarter PE-Sproß aufblüht.

Ich find das aber gut, daß Ihr diesen Sproß gießt und wachsen lasst :)

Das interessiert mich deswegen so, weil ich a) ein Freund von Mitspracherechten für Spieler bin und b) Dread auch bei Gelegenheit anbieten will - und da interessiert mich natürlich, ob und wie gut das funktioniert :)

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Re: [Kult / Dread] Das Omega-Wort
« Antwort #19 am: 28.02.2007 | 10:11 »
Gestern Abend haben wir weiter gespielt und den gesamten vorgeplanten Teil der Kampagne ausgeschöpft. Durch den immer wackliger werdenden Turm musste die Story deutlich schneller voran getrieben werden, als es mit meinem üblichen System passiert wäre. Was nicht unbedingt schlimm ist...

Zu Beginn des Spiels habe ich den Turm erst mal so wieder aufgebaut, wie er am Ende der letzten Sitzung war. Er erwies sich dann aber doch als standfester als erwartet.

Auch dieses Mal hat es wenig PE durch Züge gegeben, allerdings hingen die meisten Züge auch mit einfachen Reaktionen auf Ereignisse zusammen, die nicht viel Erzählung erforderten oder auf Input von mir angewiesen waren.

Die Gruppe hat das Tal erreicht, in dem der Felsentempel liegt; beim Abladen hat Irem gehört, wie die Einheimischen das Tal 'das verfluchte Tal' nennen und hat nachgefragt (insgesamt zwei Züge): daraufhin hat man ihr eine Geschichte von Räubern erzählt, die vor langer Zeit in dem Tal gehaust hätten, bis der Teufel, der die Quelle des Flusses, der das Tal geformt hat, schon lange hatte versiegen lassen, sie alle mit Wahnsinn gestraft hätte, woraufhin sie sich gegenseitig umgebracht hätten. Nur einer hätte überlebt, und der streife nun, zu ewigem Leben verflucht, durch die Welt.

Einen mehrstündigen Marsch (und Schlepp) über einen alten Weg und einige Züge später standen die SC vor dem Tempel. Der Eingang war durch einen Geröllhaufen versperrt. Der Spieler von Samuel hatte sich die Mühe gemacht, die Kultur von Urartu im Netz zu recherchieren, also durfte er nun darüber referieren und den Tempel dank außen befindlicher Fresken dem Sonnengott Shiwini zuordnen.

Um den Eingang frei zu räumen, war es schon zu spät. Dies wurde am nächsten Morgen in Angriff genommen, zudem nahmen Samuel und Irem die Umgegend in Augenschein. Sie fanden einen Steinhaufen, der nicht natürlichen Ursprungs sein konnte. Sie räumten die Steine weg, und darunter kamen sechs Skelette zum Vorschein. Es waren, wie Aylin feststellte, die Skelette von erwachsenen Männern, die augenscheinlich keiner Gewaltanwendung zum Opfer gefallen waren (jedenfalls keiner, die Spuren an den Knochen hinterlassen hätte), und die Skelette waren zu gut erhalten, um antik zu sein.

Schließlich war der Eingang freigelegt und die SC betraten den Tempel. Drinnen gab es an den Wänden weitere urartäische Fresken und Inschriften, daneben aber auch krude und keinesfalls antike Ritzzeichnungen von Pfauen. Auch die Möbel und vergammelten Vorräte, Strohsäcke, Kleidungsstücke usw., die sich hier befanden, waren kaum antik. Es gab Konservendosen mit arabischen Schriftzeichen, aber in türkischer Sprache; damit konnten sie auf vor 1930 datiert werden. Auch ein bei Berührung zerfallender Koran wurde entdeckt.

Da Irem laut ihres Fragebogens Alevitin ist und die Aleviten neben den Yezidi und einer weiteren Gruppierung auf die gleichen Wurzeln zurückgehen, habe ich der Spielerin Informationen über die Yezidi gegeben, wie sie sie vermutlich kennen dürfte, nämlich, dass die Yezidi Teufelsanbeter sind. Wie die Aleviten sehen auch sie sieben Erzengel als von Allah eingesetzte Herrscher über die Welt, aber es gibt auch sieben Widersacher dieser Erzengel, und diese beten die Yezidi an. Das ist zwar Murks, könnte aber etwa dem entsprechen, was sie gelernt hat.

Währenddessen bekam die Expedition Besuch: bewaffnete kurdische Männer erreichten den Tempel, zwei von den Männern trugen eine alte Frau. Diese wurde abgesetzt und trat vor. Irem sprach mit ihr und erhielt von ihr ein handschriftliches Notizbuch. Ein Mann habe dieses Buch vor vielen Jahren ihrer Großmutter gegeben, damit sie oder ihre Nachfahren es an Menschen weitergeben könnten, die den Tempel einmal entweihen würden. Das Buch sei eine Warnung, den Tempel nicht zu betreten (die Frau selbst kann nicht lesen, ebensowenig wie ihre Vorfahren). Nun sei der Mann wiedergekehrt und habe sie aufgefordert, diese Verpflichtung zu erfüllen. Tatsächlich steht der Mann ganz hinten in der Gruppe, es ist der Rauschebart (von den Spielern zärtlich 'Mufti' getauft), den sie vorher schon getroffen haben.

Nach Übergabe des Buches machten sich die Einheimischen direkt wieder auf den Rückweg. Irem begann, das Buch zu lesen, das in kurdischer Sprache mit arabischen Schriftzeichen verfasst war. Der Inhalt ist oben schon zusammengefasst.

Während Irem las, räumten die SC im Inneren des Tempels einen weiteren Geröllhaufen weg, der den Weg in eine weitere Kammer versperrte. In dieser Kammer fanden sie eine staubbedeckte Mumie auf einem Tisch. Es gab zudem einen unordentlichen Haufen menschlicher Gebeine und einen etwa schuhschachtelgroßen Felsspalt in Bodennähe, hinter dem ein weiterer Raum bzw. eine weitere Höhle zu liegen schien.

An diesem Punkt habe ich begonnen, die gleichzeitigen Ereignisse ein wenig zu jonglieren, um an interessante Züge zu kommen, bei denen der Turm zusammenbrechen konnte. Resultate der Züge habe ich zunächst außer Acht gelassen. Der Professor entfernte den Staub von der Mumie und sah das Symbol des Omega-Wortes mit allen zugehörigen Folgen (das sichere Wissen, dass Gott tot ist und dies seine Mumie ist); fast zeitgleich schaute Samuel in den Spalt, aus dem sich ihm eine ledrige Hand mit klauenhaften Fingernägeln entgegenstreckte; Irem und Aylin sahen ebenfalls das Symbol; Samuel prallte zurück, und aus der engen Öffnung wand sich auf unmögliche Weise (Kults liberalem Umgang mit Raum und Zeit sei Dank) ein völlig verzerrter, aber trotzdem menschlicher Körper mit einem unmenschlichen Gestöhn; Samuel griff nach dem Professor, der sah den Angreifer (?) ebenfalls, riss die Damen mit sich zum Ausgang, aber Irem drehte sich noch einmal um, sah den Angreifer ebenfalls, zog eine Pistole und schoss...

All diese Ereignisse brachten Züge mit sich und der Turm war schon verdammt wacklig, aber weder fiel er, noch verweigerte ein Spieler den Zug. Die Kugeln aus Irems Waffe töteten den Angreifer. Der Professor verhinderte, dass weitere Personen sich die Mumie genauer ansehen.

Weil das ein momentaner Höhepunkt war, beendeten wir die Sitzung hier und werden beim nächsten Mal mit einem frischen Turm weitermachen, denn ein Kollaps des Turms wäre jetzt antiklimaktisch. Weil die SC den Turm nicht zum Einsturz gebracht haben, haben die drei Spieler, die das Symbol gesehen haben, jetzt die Möglichkeit, das Ergebnis dieses Anblicks selbst zu bestimmen. Sie haben zwei weitere Fragen für den Fragebogen bekommen (was bei Dread so etwas wie eine Entwicklung des Charakters ermöglicht):

  • Durch das Omega-Wort weißt du nun unzweifelhaft, dass Gott tot ist. Welche Auswirkung hat das auf dich und deine Weltanschauung?
  • Du entdeckst, dass du das Omega-Wort nachzeichnen und auch aussprechen kannst, wodurch du das Wissen um Gottes Tod ebenso unzweifelhaft weitergeben kannst. Was machst du mit dieser Fähigkeit?

Sollten die drei SC dieses Wissen an die anderen weitergeben, bekommen natürlich auch diese die Fragen. Wir haben vorsorglich schon mal für diesen Fall gezogen, der Turm ist weiter stehen geblieben.

Natürlich ist es ein bisschen schade, dass der Turm nicht umgefallen ist. Gerade im Fall von Schocks (mit meinem normalen System hätte es unzählige Würfe auf Stabilität gegeben) bietet Kult mit den Effekten auf der Tabelle der Mentalen Balance eine ganze Reihe netter Optionen, wie der Charakter vorübergehend oder dauernd außer Gefecht gesetzt werden kann.

Ein deutlicher Unterschied zu einem herkömmlichen System ist, dass Dread eigentlich nur für einen der beteiligten Charaktere hätte tragisch enden können, denn danach wäre der Turm für die anderen frisch aufgebaut worden. Stabilitätswürfe hätten vermutlich ein schlimmeres Ergebnis gehabt. Dennoch brachte der Turm einige Spannung ins Spiel, auch wenn die meist langsame, vorsichtige Herangehensweise an einen Zug bei wackligem Turm in ziemlichem Gegensatz zur Geschwindigkeit steht, mit der sich die Handlung in solchen Momenten entfalten sollte.

Was die Vorplanung weiterer Sitzungen angeht, bin ich auf den Input der Spieler gespannt, und es werden sich sicher mehr Möglichkeiten ergeben, PE ins Spiel zu bringen.

Robin
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Re: [Kult / Dread] Das Omega-Wort
« Antwort #20 am: 28.02.2007 | 14:38 »
Cool. Dieser ganze Bericht hatte mich dazu inspiriert mir Dread zu kaufen. Ich muss nur ein paar Wochen warten, bis der neue Druck fertig und ausgeliefert ist. Ich besass noch einen Jenga-Turm, den ich mir deshalb auch wieder rausgekramt habe. Ich glaube, dann übe ich mal :) Auf jeden Fall interessant genug, um es mit meiner Rollenspieltestrunde auszuprobieren.

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Re: [Kult / Dread] Das Omega-Wort
« Antwort #21 am: 28.02.2007 | 14:53 »
Eigentlich brauchst du nicht wirklich zu warten, die auf der Webseite des Hersteller (www.tiltingatwindmills.net) runterladbaren Kurzregeln reichen zum Spiel völlig aus. Das Regelwerk enthält zwar noch Tipps für Vorbereitung und Durchführung von Abenteuern sowie drei Abenteuer, aber notwendig sind diese Teile nicht; und ein Abenteuer namens '13' kann man auch gleich runterladen.

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Re: [Kult / Dread] Das Omega-Wort
« Antwort #22 am: 28.02.2007 | 16:34 »
Cool. Dieser ganze Bericht hatte mich dazu inspiriert mir Dread zu kaufen.
Pöh - und unser Bericht hat nicht dazu gereicht, was? ;)

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Re: [Kult / Dread] Das Omega-Wort
« Antwort #23 am: 28.02.2007 | 18:11 »
Pöh - und unser Bericht hat nicht dazu gereicht, was? ;)

Eeeh, ja, ihr seid auch toll *tätschel*lob*  ;D

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Re: [Kult / Dread] Das Omega-Wort
« Antwort #24 am: 14.03.2007 | 11:44 »
So, letzte Woche ist aus gesundheitlichen Gründen ausgefallen, aber gestern Abend ging es weiter. In der Zwischenzeit sollten die Spieler sich, wie oben erwähnt, mit ihrer Reaktion auf das Omega-Wort auseinandersetzen. Die Entscheidungen waren:

Professor Greif versucht, damit intellektuell klar zu kommen. Laut dem ersten Fragenkatalog ist er Agnostiker, der vielleicht einen Funken Wahrheit in den Religionen vermutet, selbst aber keine Überzeugung hat. Das Omega-Wort hat ihm die Überzeugung nun eingegeben, dass Gott tot ist, es hat also seine Unentschiedenheit beendet, aber leider keine schöne Lösung offeriert...

Er plant, sich auf diesem Gebiet umfassend weiterzubilden und ggfs. auch mit religiösen Führern oder Kapazitäten zu sprechen, soweit das möglich ist. Außerdem möchte er verhindern, dass noch mehr Menschen das Omega-Wort lesen oder anderweitig vermittelt bekommen.

Irem wurde leicht hysterisch und ausfallend, zerlegte ein paar Zelte draußen und musste ruhig gestellt werden. Sie zeigt weiterhin recht aggressive Züge. In lichten Momenten setzt sie sich mit dem Problem auseinander, dass die Yezidi nach dem, was sie gelernt hat, Teufelsanbeter sind; wäre der Teufel tot, wäre das doch gut, aber das Omega-Wort war unmissverständlich: Gott ist tot, keine Rede vom Teufel.

Dr. Vosskamp trägt es mit Zynismus. Ihr Lebenslauf war ohnehin geprägt von einem christlichen Vater und einer muslimischen Mutter, die in Dingen der Weltanschauung gegensätzlich auf sie eingewirkt haben, für sie ist 'Gott ist tot' eine sehr gute Antwort auf den Zustand der Welt und sozusagen Bestätigung ihrer Vermutung.

Der technische Leiter Arens hatte zwar bei der letzten Sitzung noch keinen Kontakt mit dem Omega-Wort, aber das holt er nach, als er die Leiche des Angreifers in dem Raum untersucht. Er ist am Boden zerstört und orientierungslos, flüchtet sich aber in die Arbeit.

Samuel hat bisher das Omega-Wort noch nicht bemerkt, ist aber aus Angst vor dem Angreifer schreiend das Tal hinauf gerannt. Dr. Vosskamp musste mit den Studenten einen Suchtrupp organisieren, um ihn einzusammeln.

Wie man sieht, bietet die Situation gerade viel Raum für Charakterspiel. Hin und wieder gab es einige Züge, z.B. um die Studenten im Zaum zu halten. In Sachen Studenten hatte ich übrigens den Fehler gemacht, sie vorher nicht wenigstens ansatzweise zu charakterisieren, was ich nun nachgeholt habe. Es sind sechs Studenten mit unterschiedlichen Interessen und Hintergründen, die womöglich noch zu weiteren Konflikten führen können. Bisher haben die SC die Studenten noch unter Kontrolle.

Ich habe auch keine besondere Richtung für die weiteren Ereignisse vorbereitet und hoffe, dass sich das aus dem Charakterspiel ergibt.

Was gestern passiert ist: Prof. Greif hat Herrn Arens angewiesen, den Eingang zu dem hinteren Raum erst mal wieder zu versperren, während Dr. Vosskamp mit ihrem Suchtrupp den geflüchteten Samuel wieder eingesammelt hat. Am nächsten Tag wurden erst einmal die Studenten mit Arbeiten im vorderen Teil der Anlage beschäftigt, während die SC, die das Omega-Wort gesehen haben, sich beraten haben, wie sie weiter vorgehen wollen. Samuel als einziger nicht beteiligter SC zeigte sich sehr neugierig; passenderweise war eine Frage auf seinem ursprünglichen Fragebogen 'welche besondere Fähigkeit besitzt du?', und er hat diese Frage mit 'Telepathie' beantwortet. Daher darf er Steine aus dem Turm ziehen und dann das Material, das besprochen wird, verwenden, als ob er davon etwas aufgeschnappt hätte. Fällt aber der Turm, kriegt er das Omega-Wort mit und kann es nicht so einfach wegstecken wie die anderen...

Die SC haben beschlossen, dass sie die Mumie erst mal näher untersuchen wollen, aber so , dass das Omega-Wort nicht verbreitet wird. Als sie die Mumie wieder freilegten, haben sie festgestellt, dass das Zeichen ohnehin bereits bis zur Unkenntlichkeit verblasst ist. Es hat auch eine Untersuchung des Angreifers stattgefunden: es ist weiterhin unklar, wie er sich durch das enge Loch hat winden können, wo er überhaupt genau herkam, wer er ist, wieso seine Organe so trocken sind, dass sie bereits zu Staub zerfallen... Herr Arens hat außerdem ein ungutes Gefühl wegen der anderen, lose aufgehäuften menschlichen Knochen in einer Ecke des Raumes und was er daraus bzgl. der Identität des Angreifers ableitet...

Insgesamt konnten wir uns gestern Abend etwas mehr in Richtung 'wer erfolgreich zieht, erzählt' bewegen. Die Spieler haben noch ein paar Unsicherheiten mit dem Konzept, die Kontrolle über den Storyfluss für einen Moment zu übernehmen, aber es wird so langsam. Konflikte zwischen den SC hat es keine gegeben, die durch Züge aus dem Turm hätten geregelt werden müssen, aber es hat trotzdem einige Züge gegeben und das Ding ist schon wieder ganz schön wackelig. Es ist nicht zusammengebrochen, aber ich werde den aktuellen Zustand bei der nächsten Sitzung wieder herstellen, und allzu lange kann es eigentlich nicht mehr dauern.

Ich trage mich außerdem mit dem Gedanken, den Zug aus dem Turm der Erzählweise und Situation anzupassen: wer eine schnelle, actionreiche Erzählung bringen will, muss auch schnell und im entscheidenden Moment ziehen, wer eine langsame, gut geplante Aktion wortreich beschreibt, kann sich beim Ziehen währenddessen mehr Zeit lassen. Dazu müssen die Spieler aber meiner Meinung nach erst einmal an dem Umgang mit dem Turm und ans PE gewöhnt sein. Das ist vielleicht was für die nächste Kampagne.

Robin
« Letzte Änderung: 14.03.2007 | 14:02 von Bitpicker »
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