Autor Thema: Gruppenvertrag - Nur hohles geseire oder steckt was dahinter?  (Gelesen 17894 mal)

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Offline Thalamus Grondak

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Ich mach jetzt mal Jörg D. Konkurrenz und starte einen ähnlich betitelten Thread  ;)

Also der vielumschwärmte Gruppenvertrag. Ist das eigentlich ein echtes faßbares Konstrukt? Oder einfach nur ein Strohmann für Diskussionsunwillige.

Ich komme auf diese frage. weil es bei uns keinen faßbaren Gruppenvertrag gibt. Ich frage meine Spieler normalerweise, was sie gerne spielen, und denke auch recht gut darin zu sein, meine Spieler einzuschätzen, und daraus, und aus Erfahrung entsteht sowas wie ein liquider Gruppenvertrag in meinem Kopf, der auch wohl bei jedem Spieler etwas anders aussieht. Grundsätzlichkeiten wie "Ich nehme die regeln nicht so genau" sage ich neuen Spielern normalerweise.

Aber wie ist das bei euch?
Wie ist euer Gruppenvertrag entstanden?
Steht der irgendwo geschrieben?
Haben auch nach der 20ten Spielrunde alle Spieler noch den selben Gruppenvertrag in ihren Köpfen (Was ich für wenig wahrscheinlich halte, wenn er nirgends nachzulesen ist)
Wie genau ist euer Gruppenvertrag?
WelchenBeitrag leisten neue Spieler zum Grupenvertrag?
Even if you win the Rat race, you´re still a Rat

Plansch-Ente

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Wir haben auch keinen wirklichen "Vertrag"...Wir haben im Laufe der Jahre in denen wir zusammen spielen, einfach eine gemeinsame Spielweise entwickelt. Jeder weiß wie gespielt wird...wenn ich mal in einer neuen Gruppe spiele, spielen wir auch einfach nur drauf los...und wenn dann etwas kommt, was vorher nicht so war und was ich so nicht akzeptieren möchte, bring ichs kurz zur Sprache...aber so einen richtigen "Vertrag" haben wir nicht...es ist einfach etwas...was man sich denkt...wir sprechen vorher niemals etwas ab...

Offline Dr.Boomslang

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Das mit dem Gruppenvertrag ist ein Missverständnis der Theorie. Es geht dabei nicht um einen tatsächlichen Vertrag oder auch nur etwas ähnliches wie eine obligatorische verbindliche Absprache (obwohl sowas natürlich nicht schaden kann).

Der Gruppenvertrag ist ein theoretisches Konstrukt um sich bestimmte Dinge klar zu machen. Außerdem ist es einfach ein Oberbegriff, für bestimmte Verhaltensweisen und Abmachungen, vor und während des Rollenspiels, seien sie stillschweigend oder explizit.
Der Gedanke dahinter ist sehr ähnlich wie beim Gesellschaftsvertrag der sozialphilosophischen Vertragstheorie.

Der wichtigste Gedanke in Punkto Gruppenvertrag, liegt darin sich klar zu machen, dass alles was beim Spiel geschieht oder als Regel angenommen wird von allen Spielern  in irgend einer Weise akzeptiert werden muss, und sich nur deshalb so auf das Spiel auswirkt wie es das tut (Das Lumpley-Prinzip). Es gibt keine höheren "Naturgesetze" wie "Der SL hat immer Recht" oder "Wir machen nur was in den Regeln steht" o.ä.
Darüber hinaus weißt der Originalbegriff ("social contract") darauf hin, dass es sich beim Rollenspiel insbesondere um eine soziale Aktivität handelt, bei der, mehr als bei anderen Spielen, die Komponente der Kommunikation und Interaktion auf sozialer Ebene immer die Grundlage jedes Spielereignisses ist (das "Verhandeln" des Vertrages).

Joe Dizzy

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Ich habe auch noch keinen funktionierenden Gruppenvertrag erlebt, der explizit (also per vorauseilendem Gespräch) ausgehandelt wurde.

Der Gruppenvertrag steht dann, wenn sich die Gruppe eingespielt und eingependelt hat und jeder weiß, wie der Hase läuft. Das kann - je nach Persönlichkeit der einzelnen Spieler - zwischen 10 Minuten und 12 Sitzungen dauern. (Um mal willkürlich Zahlen in den Raum zu werfen).

Also ja... es gibt einen Gruppenvertrag. Er hat sich wie bei vermutlich jeder Gruppe mit der Zeit so ergeben. Sollte es keine groben Spielerwechsel geben, wird er wohl auch erstmal eine Weile so bleiben.

Offline Joerg.D

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Ein intensives Gespräch vor dem Spiel kann eine Menge Ärger ersparen, weil die ja oft extrem unterschiedlichen Erwartungshaltungen synchronisiert werden. So kann man nach meiner Erfahrung die gröbsten Patzer vermeiden.

Es werden die Eckdaten dessen festgelegt, was sich im Laufe der Kampagne als wirklicher Gruppenvertrag entwickelt.

An sonnsten hat Dr. Boomslang alles wichtige geschrieben.
Wer schweigt stimmt nicht immer zu.
Er hat nur manchmal keine Lust mit Idioten zu diskutieren.

Offline Bad Horse

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Ein Gruppenvertrag kommt auch dann zustande, wenn nie jemand darüber gesprochen hat ("Wir spielen D&D, immer Mittwochs, der Spielleiter würfelt verdeckt, Björn macht den Tee...").

Zu Problem kommt es meistens dann, wenn zwei Leute den Gruppenvertrag unterschiedlich verstanden haben ("Wie, ich dachte, Björn macht den Tee?" "Nein, der macht das nur, weil er neben dem Wasserkocher sitzt. Heute sitzt du neben dem Wasserkocher, also machst du auch den Tee." "Nee, da setz ich mich ja lieber um...").

Daher hilft es, gewisse Punkte, die eventuell problematisch werden könnten, vorher abzusprechen ("OT-Gelaber ist okay, solange es nicht überhand nimmt" vs. "Niemand darf jemals OT reden!").
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
The best lack all conviction, while the worst are full of passionate intensity.

Korrekter Imperativ bei starken Verben: Lies! Nimm! Gib! Tritt! Stirb!

Ein Pao ist eine nachbarschaftsgroße Arztdose, die explodiert, wenn man darauf tanzt. Und: Hast du einen Kraftsnack rückwärts geraucht?

Offline Blizzard

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Einen Gruppenvertrag schriftlich festzuhalten halte ich für übertrieben-wir sind schliesslich alles erwachsene Menschen (oder die meisten zumindest). Der Gruppenvertrag existiert meist-wie Leonie auch schon sagte-auch  quasi "einfach so", also ohne dass jemals ein Wort drüber verloren wurde (ganz nach dem Motto: " Schweigen bedeutet Zustimmung").

Probleme gibt's imho nur dann, wenn man vom gepflegten und vertrauten Spielstil plötzlich abweicht(gilt sowohl für Spieler als auch für den SL), oder bei OT-Mißverständnissen.
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Samael

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Der Gruppen"vertrag" bezeichnet einfach Spielstil und Konventionen. Bei meiner alten Runde aus Schulzeiten ist der einfach über die Jahre gewachsen, bei neuen Runden erwarte ich vorm Spiel ein paar klärende Worte vom SL. Vor der letzten D&D Runde die ich gestartet habe, habe ich zBsp jedem Spieler klar gemacht, dass ich offen würfele und jedes Würfelergebnis steht und das außerdem der Spielfokus zu 90% auf Dungeoncrawl liegen wird und ich keine bösen Charaktere (Alignment) zulasse. So wusste jeder woran er war. 

Offline Lord Verminaard

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Also bei uns läuft das normalerweise so: Der SL erstellt nach dem Kick-Off-Meeting einen ersten Entwurf mit 20-25 Parapgraphen und schickt den an alle rum. Jeder erstellt dann eine Mark-Up-Version mit wesentlichen Änderungen. Danach gibt es ggf. weiteren Schriftwechseln und dann eine Besprechung, in der die Änderungen zusammen geführt werden. Dann erstellt der SL auf dieser Grundlage ein konsolidiertes Mark-Up, das an alle versandt wird. Nach kleinen weiteren Änderungswünschen gibt es dann eine Final Version, die als Mark-Up und Clean versandt wird. Vor dem Spiel wird der Gruppenvertrag dann feierlich unterzeichnet, eine Ausfertigung für jeden Spieler.

 :P
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Offline Boba Fett

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Ich meine auch, dass so etwas wie ein Gruppenvertrag besteht.
In ihm sind meistens die 'ungeschriebenen Gesetze' geregelt.
Ob das nun die üblichen Abmachungen von "wir spielen jeden Freitag, nehmt Euch dafür Zeit" und "wer dreimal (unentschuldigt) fehlt fliegt raus" sind, oder Sachen wie "Der Spielleiter hat das letzte Wort", "Alles was (bis auf das nötigste) gesagt wird, sagt auch der Charakter" oder "zwischen Spielerwissen und Charakterwissen muss unterschieden werden", etc. etc. -- das ist der Gruppenvertrag.
Mit der Zeit gehen davon viele Sachen so ins Blut über, dass vieles zum Automatismus wird, was dann Neu- oder Quereinsteiger vor Probleme stellt, weil die diese Sachen eben nicht wissen können.
Und mit der Zeit wird der Gruppenvertrag auch erweitert oder verändert.

Wichtig ist eigentlich, dass, man sich der Vereinbarungenbewusst ist, und die auch hin und wieder mal kritisch hinterfragt.
Und dass man auch weiss, dass viele der Dinge, die man früher mal als "nur so kann es funktionieren" gelernt hat, durchaus auch wandelbar ist.
Der Wandel der Zeit macht auch vor dem Verständnis, wie man Rollenspiel betreiben kann, nicht halt.
Demenstprechend sollte ein Gruppenvertrag anpassbar sein.
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Offline Funktionalist

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Jupp, so ähnlich läuft das bei uns auch.
Nur, Dass wir mit Blut auf Tierhaut unterschreiben, um des stils Willen.
sers,
Alex
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Offline Deadman

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Ich finde die Idee garnicht mal so dumm.
Ich habe auch überlegt in der neuen 2 Steintafeln rauszuholen und mal die goldenen 10 Gebote aufzuschreiben  :P

Warum? weil ich oft genug gesehen habe, wie am Anfang etwas gesagt wurde "nö, ich mag diese Regelfetischisten auch nicht, wenn etwas nicht geht muss man improvisieren". End vom Lied: musste für solche Personen jede Regel 1zu1 umgesetzt werden und wenn es keine gab, ging es nicht.

An irgendwelche abmachen konnte man sich auch nicht mehr erinnern.

Grüße
Leiche... ähm Deadman halt*g*

Hì! Î'm a sÏgnatûre virûs! Çôpy m3 int○ yõur signÃtûrë t0 he£p mÊ spreãÐ!

Offline Boba Fett

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Ich habe auch überlegt in der neuen 2 Steintafeln rauszuholen und mal die goldenen 10 Gebote aufzuschreiben  :P
Man kann auch die Sitzungen mit einem Mikro aufnehmen auf MP3 wandeln und archivieren, damit niemand behaupten können, er hätte damals etwas ganz anderes gesagt... ;)
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Offline Enkidi Li Halan (N.A.)

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Also bei uns läuft das normalerweise so: Der SL erstellt nach dem Kick-Off-Meeting einen ersten Entwurf mit 20-25 Parapgraphen (...) eine Ausfertigung für jeden Spieler.
*lol* Ich hätte nichts anderes von einem Juristen erwartet...  :D

Offline Bitpicker

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Meiner Meinung nach verhalten sich die meisten Gruppenverträge zum Spiel wie Grammatik zur Sprache. Sprache basiert auf Regeln, über die ewig niemand bewusst nachdenkt, bis irgendwann mal jemand merkt, dass es bestimmte Regeln zu geben scheint, nach denen die Sprache funktioniert. Dann analysiert er die Sprache und findet einen ganzen Katalog an Regeln, den er Grammatik nennt und veröffentlicht.

Ebenso spielen die meisten Gruppen auf natürliche Weise miteinander, ohne sich um die ungeschriebenen Regeln zu scheren, die man aber trotzdem beobachten kann. Seit es RPG-Theorie gibt, machen Interessierte solche Beobachtungen. So wie es beim Erlernen einer Fremdsprache hilft, wenn man etwas von Grammatik versteht, so mag es beim Spielen helfen, wenn man die eigene Spielweise analysieren kann. So kann man vermutlich durch Beobachtung der gruppeneigenen Spielweise den Vertrag ermitteln.

Was meine Gruppe angeht, geht die Analogie noch weiter: unser Gruppenvertrag scheint genau so resistent gegen bewusste Veränderung von außen zu sein wie die Grammatik einer Sprache.

Robin
Wie heißt das Zauberwort? -- sudo

(Avatar von brunocb, http://tux.crystalxp.net/)

wjassula

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In der realen PtA-Runde herrscht wohlwollender Absolutismus. Der Gruppenvertrag bin ich und dulde höchstens Hofnarren-Bemerkungen ("Was, wir spielen eine Plotszene? Bin schon still, aua!").

In der Online-PtA Runde herrscht der Leviathan: Alle gegen alle. Aua.

In der Live-UA-Runde agitiere ich für den Kommunismus, aber die feigen Sozis bremsen mich immer wieder aus.

Nee, wie so ein Gruppenvertrag zu Stand kommt, wurde ja jetzt schon ausführlich beschrieben. Wie in jeder Gesellschaft von Menschen durch eine Mischung aus explizitem Drüber-Reden und implizitem Keiner-wehrt-sich-dagegen.

Offline Lord Verminaard

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*lol* Ich hätte nichts anderes von einem Juristen erwartet...  :D

Ich kann dich bei deiner nächsten Gruppenvertragsverhandlung anwaltlich beraten. Zum Freundschaftspreis. >:D
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Joe Dizzy

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Wie in jeder Gesellschaft von Menschen durch eine Mischung aus explizitem Drüber-Reden und implizitem Keiner-wehrt-sich-dagegen.

Ich muss zugeben, dass ich nicht mehr davon überzeugt bin, dass "explizites Drüber-Reden" wirklich so hilfreich ist.

In der Theorie sollte sowas ja klappen. Man spricht Unklarheiten an, findet einen Kompromiss und kann dadurch gestärkt eine bessere Spielrunde genießen.

In der Praxis - wie so oft - sieht das aber ganz anders aus. Hier gibt es so viele Faktoren und Einflüsse, die das Gespräch und die Kompromissfindung stören können, dass ich mir nicht sicher bin, ob es den Schritt zur Aussprache wirklich wert ist. Nicht jedem ist die Spielrunde so wichtig, dass er stark von seinem üblichen Verhalten "mit meine Kumpels" abweichen will. Oder gar lang darüber nachdenken möchte, was er denn genau will; was er an seinem Verhalten ändern könnte um anderen entgegen zu kommen oder was er gerne von anderen sehen würde.

Auch unter Freunden ist nicht jeder gleich. Nicht von jedem ist man gewillt "völlig freundschaftlich gemeinte" (bitte NICHT ironisch verstehen) Hinweise zu akzeptieren, was das Spielverhalten angeht. Mitspieler werden halt nicht allein nach ihren überragenden sozialen Kompetenzen ausgewählt. Nur weil ich jemanden mag, heißt dass noch lange nicht, dass ich mir von ihm Ratschläge geben lasse wie ich mich anderen gegenüber verhalten sollte.

Man kann halt nicht mit jedem über alles reden. Triviale Fragen (Offen oder verdeckt würfeln? Mit Miniaturen oder ohne?) sind selten ein Problem. Aber wenn es zu Sachen kommt wie 'sich zurückhalten um andere zu Wort kommen zu lassen' oder 'sich auf die Spielrunde vorbereiten' oder 'nicht spielfremde Themen anzusprechen, auch wenn man grad mit seinen Kumpels abhängt'.... Das sind nicht immer Sachen, die man mal eben ausdiskutiert und dann erwarten kann, dass die Runde so läuft, dass alle Spaß haben.

Wenn man den Gruppenvertrag erst ansprechen muss, bedeutet das doch auch, dass sich nicht jeder aus Eigenantrieb und ohne darüber nachzudenken entsprechend verhält. Die Spieler müssen sich also am Riemen reißen, um sich daran zu halten. Statt der entspannten Spielrunde, gibt es diese Verhaltensregeln, die es zu beachten gilt. Das es keinen großen Spaß macht in seiner Freizeit zusätzliche Verhaltensregeln zu befolgen weiß jeder. Ein "ausgesprochener" Gruppenvertrag kann aber häufig zu einer solchen Situation führen.

Ich denke der solideste Gruppenvertrag ist der, den man nicht aussprechen muss. 
« Letzte Änderung: 27.09.2007 | 14:46 von Georgios »

Offline Joerg.D

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Also bei uns läuft das normalerweise so: Der SL erstellt nach dem Kick-Off-Meeting einen ersten Entwurf mit 20-25 Parapgraphen und schickt den an alle rum. Jeder erstellt dann eine Mark-Up-Version mit wesentlichen Änderungen. Danach gibt es ggf. weiteren Schriftwechseln und dann eine Besprechung, in der die Änderungen zusammen geführt werden. Dann erstellt der SL auf dieser Grundlage ein konsolidiertes Mark-Up, das an alle versandt wird. Nach kleinen weiteren Änderungswünschen gibt es dann eine Final Version, die als Mark-Up und Clean versandt wird. Vor dem Spiel wird der Gruppenvertrag dann feierlich unterzeichnet, eine Ausfertigung für jeden Spieler.

 :P

Du hast Gruppeninterna ausgeplappert!

Laut § 16 Absatz 3 im erweiterten Vertrag mußt du als Strafe Settenbrini-Kekse mitbringen!

Eine Abmahnung bezüglich der Gruppeninterna wird dir in Kürze per Einschreiben zugehen.

Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

MfG

Jörg

Edit: Dattelgeschmack, nicht Pfirsich
« Letzte Änderung: 27.09.2007 | 15:13 von Jörg.D »
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Offline Tourist

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Ganz spannendes Thema,

ich leite seit knapp 3 Jahren jetzt eine Shadowrun-Runde (die eigentlich sehr gut läuft) und letztes Wochende habe ich mir mal die Zeit genommen die 'Regeln' aufzuschreiben.

Neben viele dass bekannt war haben meine Spieler doch über einiges gestaunt, wie ich manche Dinge geregelt habe, neben einer gewissen, vermutlich verständlichen Ablehnung (für was brauch ma den Scheiß, lief doch bis jetzt super) , ist da tatsächlich etwas Diskussionsbedarf entsanden, was auch nicht so verkehrt ist.

Interessant, dass der Gruppenvertrag mehr theoretisch gemeint ist, das ist mir erst im Nachhinein aufgefallen. Aber macht nichts. Ich finde es lohnt sich eine Stunde oder so darüber zu reden was man in der Kampagne haben will und was nicht.

Markus

Offline Dr.Boomslang

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Ich muss zugeben, dass ich nicht mehr davon überzeugt bin, dass "explizites Drüber-Reden" wirklich so hilfreich ist.
Ja, es kann durchaus sein, dass Explizites hier nicht so viel hilft. Ich nehme mal die recht treffende Grammatikanalogie:
Auch hier kann man Regeln erkennen, explizit festhalten oder sogar festlegen, aber am Ende hält sich in der Praxis doch niemand daran, und alles folgt eigenen Gesetzen oder Empfindungen (was nicht bedeutet dass es völlig chaotisch läuft).
Das ist eben ein lebendiger Prozess, in dem es erstens ständig Wandlungen gibt, und zweitens ein Kontinuum von Möglichkeiten besteht, das unmöglich durch eine endliche Menge von Regeln abgedeckt werden kann, wie bei realen Gesetzen einer Gesellschaft auch.

Offline 1of3

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In der Tat machen Linguisten einen ziemlichen Aufwand, um die Regeln rauszubekommen, die tatsächlich benutzt werden. (Dazu gehört dann zum Beispiel ein Hang zur V2-Stellung in weil-Sätzen und zwar bei Muttersprachlern fast nur da.)

Wenn man den Vergleich überhaupt ranziehen will, dann müsste man wohl zwischen präskriptiven und deskriptiven Social Contracts unterscheiden.

oliof

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Georgios schrieb:

Zitat
Ich denke der solideste Gruppenvertrag ist der, den man nicht aussprechen muss.

Und die ideale Regierungsform ist ein wohlmeinender König.

Joe Dizzy

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Und die ideale Regierungsform ist ein wohlmeinender König.

Wenn man denn allergisch auf Eigenverantwortlichkeit reagiert, ja.

Was interessanterweise auch erklärt, warum so manche unbedingt ausdrücklich formulierte Regeln für ihren Gruppenvertrag suchen oder alles den SL entscheiden lassen wollen. Wer auf ausformulierte Regeln verweisen kann, der muss seine Entscheidungen nicht mehr abwägen.

Faszinierend.

Joe Dizzy

  • Gast
Georgios, der ideale wohlmeinende König überlässt ja auch Verantwortung.
...aber nur dem der sie auch tragen kann.

Naja. Das "Wohlmeinende" an diesem König scheint ja vor allem dafür zu dienen ihm alle Eigenschaften zuzusprechen, die man gerade braucht. Was im Großen und Ganzen aufs Gleiche hinausläuft. Die ideale Regierungsform ist die, die keine Fehler macht. Tolles Luftschloß.

Aber das hat nichts mit meiner anfänglichen Behauptung zu tun, dass der stabilste Gruppenvertrag der ist, der nicht ausgesprochen wird; sondern sich aus den Handlungen der Spieler bildet. Das Aussprechen verlangt halt sehr viel mehr von den Teilnehmern, als es das einfache Einbinden in ein Gruppengefüge tut.

Letzteres lernt und übt man von Kindesbeinen an. Aber darüber zu reden, geschweige denn diskutieren können... das kann (und will) halt eben nicht jeder.