Autor Thema: Suche Regelzeugs für Sim  (Gelesen 5029 mal)

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Offline Sephiron

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Suche Regelzeugs für Sim
« am: 21.01.2008 | 01:32 »
Nabend...
Ich bin nicht auf dem aktuellsten Stand der Rollenspieltheorie, doch ich hoffe, hier kann mir jemand ein bisschen weiterhelfen (insbesondere bei der Umsetzung von GNS zum Systembau) ;)
Ich suche Techniken, Mechaniken und Regeln für eine Spielweise, die man bis vor Kurzem noch "Pervy Sim" genannt hätte.
Alles Settingspezifische (NSC-Steuerung, Plotengines etc.) ist für mich in Simulationsspielen kein Problem, aber v.A. bei den SCs betreffenden Regeln haperts noch. Wie könnte ein Sim-Belohnungskreislauf aussehen? Was für Resolutionstechniken bieten sich für Sim an? Wie bekomme ich glaubwürdige Charakterentwicklung und EP-Vergabe unter einen Hut? Was für Tricks und Kniffe gibt es zum Design eines (pervy) Simulationsspiels?
Reife des Mannes: das heißt den Ernst wiedergefunden haben, den man als Kind hatte, beim Spiel.

Offline Monkey McPants

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Re: Suche Regelzeugs für Sim
« Antwort #1 am: 21.01.2008 | 01:47 »
[Disclaimer]Ich bin selber nicht der Spezialist und manches von dem was ich hier sage ist vielleicht nicht perfekt Big Modell.[/Disclaimer]

IMO dreht sich bei Sim alles um Exploration und Celebration von einem bestimmten Aspekt des SIS, sei des jetzt "Realismus", ein bestimmtes Genre oder was auch immer. Der erste Schritt wäre also, meiner Meinung nach, sich mal zu überlegen was man den "exploren" möchte und je nachdem kann man dan unterschiedliche Sachen machen um das zu unterstützen.

Wushu ist Sim, Gurps kann Sim auch gut und Heroquest IMO ebenfalls. Aber sie sind alle sehr, sehr unterschiedlich im Fokus und dem Spielgefühl.

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Offline Sephiron

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Re: Suche Regelzeugs für Sim
« Antwort #2 am: 21.01.2008 | 02:11 »
[Disclaimer]Ich bin selber nicht der Spezialist und manches von dem was ich hier sage ist vielleicht nicht perfekt Big Modell.[/Disclaimer]

IMO dreht sich bei Sim alles um Exploration und Celebration von einem bestimmten Aspekt des SIS, sei des jetzt "Realismus", ein bestimmtes Genre oder was auch immer. Der erste Schritt wäre also, meiner Meinung nach, sich mal zu überlegen was man den "exploren" möchte und je nachdem kann man dan unterschiedliche Sachen machen um das zu unterstützen.

Wushu ist Sim, Gurps kann Sim auch gut und Heroquest IMO ebenfalls. Aber sie sind alle sehr, sehr unterschiedlich im Fokus und dem Spielgefühl.

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Hmm, ja, stimmt schon... gerade bei Sim ists sehr wichtig, dass die Mechaniken das Setting beschreiben (Deskriptivität und so)... dennoch unterscheidet sich Sim ja auch grundsätzlich von Nar und Gam.
Beispielsweise tritt bei Vanilla Sim das "Probe verhauen, nochmal Würfeln"-Problem besonders in Erscheinung, da man ja idR im freien Raum statt in nem verzweigten Plot agiert. Das Einwerfen improvisierter Settings gestaltet sich bei Sim ebenfalls sehr schwierig (ständig nur Closed-Room-Szenarien sind aber auch doof).
Ums positiver zu formulieren: simulationistische Immersion und Identifikation so wie Glaubwürdigkeit sind ja Kernpunkte jedes Sim-Spiels, unabhängig von den darzustellenden Genrekonventionen. Unabhängig von der genauen Ausrichtung des Spiels bleiben diese Probleme entsprechend auch die gleichen. (Evtl gibts auch noch weitere Punkte, die sich allgemein für Sim-Spiele festhalten lassen, weiss nicht.)
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Offline Monkey McPants

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Re: Suche Regelzeugs für Sim
« Antwort #3 am: 21.01.2008 | 04:17 »
[Nicht den Disclaimer vergessen!]

Hmm, ja, stimmt schon... gerade bei Sim ists sehr wichtig, dass die Mechaniken das Setting beschreiben (Deskriptivität und so)... dennoch unterscheidet sich Sim ja auch grundsätzlich von Nar und Gam.
Naja, die Regeln müssen auch bei Sim nicht zwangsläufig das Setting beschreiben. Siehe "Wushu=Sim".
Zitat
Beispielsweise tritt bei Vanilla Sim das "Probe verhauen, nochmal Würfeln"-Problem besonders in Erscheinung, da man ja idR im freien Raum statt in nem verzweigten Plot agiert. Das Einwerfen improvisierter Settings gestaltet sich bei Sim ebenfalls sehr schwierig (ständig nur Closed-Room-Szenarien sind aber auch doof).
Ehm, wie gesagt, nicht zwangsläufig. Wenn es zB. um die Exploration eines Genres oder von mir aus auch einfach nur von Color geht dann geht das auch blendend mit einem improvisierten Setting. Für ein völlig improvisiertes, hoch-immersives Spiel das IMO purstes Sim war siehe diesen Post von mir.
Zitat
Ums positiver zu formulieren: simulationistische Immersion und Identifikation so wie Glaubwürdigkeit sind ja Kernpunkte jedes Sim-Spiels, unabhängig von den darzustellenden Genrekonventionen. Unabhängig von der genauen Ausrichtung des Spiels bleiben diese Probleme entsprechend auch die gleichen. (Evtl gibts auch noch weitere Punkte, die sich allgemein für Sim-Spiele festhalten lassen, weiss nicht.)
Hmmm, gute Frage. Einerseits würd eich persönlich sagen das Immersion, Identifikation und, je nachdem was du genau damit meinst, Glaubwürdigkeit zwar nützliche Techniken aber nicht zwingend notwendige Elemente von Sim sind. Ist aber halt nicht besonders hilfreich, sorry.

Aber genau aus diesem Grund bin ich der Meinung das man, um nützliche Sim-Techniken zu finden bzw. Regeln dafür zu schreiben, sich wirklich überlegen muß was genau man den haben möchte. Denn Sim ist nicht Sim. Ein hoch-erzählerisches Color/Genre-Sim Wushu Spiel ist anders als ein hoch-realistisches Mathe-und-Physik Gurps Space Spiel welches wieder anders ist als ein Heroquest-Spiel das sich total ins Detail der Kulturen und dem nachspielen/erschaffen von Mythen einläßt. Sie alle verwenden unterschiedliche Techniken und haben einen anderen Fokus.

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Offline Hr. Rabe

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Re: Suche Regelzeugs für Sim
« Antwort #4 am: 21.01.2008 | 09:47 »
Hm... da SIM in den letzten Jahren (vor allem, als die GNS Überlegungen entstanden) immer gern als Schutthalde für alle Teilaspekte gedient hatte, die man nicht soooo gerne in einer der anderen Schubladen haben wollte, ist das Ganze z.Z. ziemlich aufgedunsen.
Das bedeutet: Es sollte erst einmal die Luft aus dem Begriff gelassen werden, und ein klarer Fokus wieder ausgegraben werden, befor man diese Richtung zum Spieledesign herranziehen kann. Wenn man das ohnehin macht, dan kann man aber auch gleich seinen eigenen Begriff definieren und lediglich die Erkenntniss mitnehmen, daß man so genau wie möglich wissen sollte, worauf man beim Design hinaus will (woher soll der Spass kommen?).

Da die Schmiede mit der Definition 'The right to dream' herzlich wenig greifbares hergibt, habe ich persönlich SIM immer als Abkürzung zum SIMulatorischen Spiel gesehen. Der Spielfokus liegt also auf dem SIMulieren diverser Details (Sei es Setting, Psyche, Genre, etc.).


Mal davon ausgehend, daß du ein 'Setting-SIM' Spiel schreiben willst, kann ich behaupten; Ich hatte ---obwohl es sich hierbei um meinen liebsten Spielstill handelt--- bisher nur zwei wirklich gute Setting-SIM Runden. Eine war Shadowrun, nachdem die Regeln ein eigenes System verpasst bekommen haben und wir die Settinglogik an eine Weiterentwicklung unserer technischen Fähigkeiten + Magie angelehnt haben und das andere ein eigenes Setting im Frankfurt des 13. Jhnd.
Beiden Spielen war gemein, daß das jeweilige Setting, Sozialsystem und technologische Entwicklung genauestens recherchiert war. --- Wikipedia, Begleit- und Erstquellenbücher zu alter Fechtkunst, Sagen und mittelalterlicher Politik, sowie  (für SR) genaue Entwicklung von Machtgrüppchen und klare Definition der Funktionsweise technischer Prinzipien.
Außerdem hatte ich bei beidem Runden einen kleinen Spickzettel (eine Seite A4) erstellt, der den Spielern als Gedächnisstütze diente und die Spieler haben sich schon vor dem Spiel mit der 'Funktionsweise des Settings' beschäfftigt.

Daraus könnte man (wahrscheinlich für alle SIM Arten) extrahieren:
* Das Setting muß koherent, logisch und so detailiert wie nötig aufgebaut sein (grobe geschichtl. Umbrüche saubver erklärt sein, Städte sollten 'funktionieren' usw.)
* Steht das Setting im real-historischen Kontext, so sollte dieser gut recherchiert worden sein (am besten mit Quellenangaben im Anhang)
* Es muß eine einfache Möglichkeit geben, daß jeder Spieler einen ausreichenden Überblick über die Logik des Setting bekommen kann.
* Die Spielregeln sollten die Simulation des Setting im Idealfall abbilden, ihr aber wenigstens nicht im Wege stehen (durch eine widersprüchliche Logik der Spielregeln)

Setting steht hier stellvertretend für den jeweiligen simulierten Teil des Spiels. Ich glaube, daß ein Genre-SIM Spiel ähnlich aufgebaut werden kann, wenn man Genre statt Setting in die obrigen Punkte einsetzt.

Gruß,
Hr. Rabe
#define EVER ( ; ; )


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Offline Monkey McPants

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Re: Suche Regelzeugs für Sim
« Antwort #5 am: 21.01.2008 | 12:34 »
[Gilt immer noch!]
Da die Schmiede mit der Definition 'The right to dream' herzlich wenig greifbares hergibt, habe ich persönlich SIM immer als Abkürzung zum SIMulatorischen Spiel gesehen. Der Spielfokus liegt also auf dem SIMulieren diverser Details (Sei es Setting, Psyche, Genre, etc.).
Naja, ich bin nicht jemand der GNS gern in Schutz nimmt, aber sogar so sagt es IMO ein paar nützlichere Sachen als "Naja, es wird halt was simuliert". Vor allem wenn sich dadurch der Begriff dann zu sehr einschränkt. ;)

Aber es stimmt auf jeden Fall das Sim das Stiefkind im GNS ist. Allerdings habens ich immer wieder ein paar Leute doch, hie und da, ein paar ganz gute Gedanken zum Thema gemacht, vor allem nach der Diaspora. Daher kommt ja dann auch meine Überlegung mit "Celebration", also dem feiern und genießen eines bestimmten Aspekt des SIS. (Was IMO nicht das selbe ist wie eine Simulation dieses Aspektes.)

Aber ja, wie do schon sehr richtig schreibst, das wichtigste ist halt der Fokus un dden muß man sich halt mal überlegen.
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Offline Sephiron

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Re: Suche Regelzeugs für Sim
« Antwort #6 am: 21.01.2008 | 14:24 »
Dass Immersion, Identifikation etc. Techniken und keine Spielziele sind, war mir bislang noch gar nicht so sehr bewusst, aber stimmt: sie sind keine notwendige Voraussetzung für Exploration und Celebration.
Die zentrale Stellung der Exploration verlangt Widerspruchsfreiheit und Nachvollziehbarkeit, richtig? Hmm, wie wirkt es sich denn auf die Regeln aus, wenn man der Celebration das höhere Gewicht beimisst? u.A. müssten dabei ja zwangsläufig settingproduzierende Mechaniken eine wichtige Rolle spielen, oder?
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Joe Dizzy

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Re: Suche Regelzeugs für Sim
« Antwort #7 am: 21.01.2008 | 15:02 »
Dass Immersion, Identifikation etc. Techniken und keine Spielziele sind, war mir bislang noch gar nicht so sehr bewusst, aber stimmt: sie sind keine notwendige Voraussetzung für Exploration und Celebration.

Ich würde das nicht so sehen. Immersion und Identifikation sind eindeutig nicht mehr als Techniken in einer Spielrunde die man als GAM oder NAR bezeichnen könnte. Sie können aber Ausdruck eines SIM-Ziels sein, müssen es jedoch nicht.

Also Immersion kann der Versuch sein SIM in Worte zu fassen, kann aber auch nur eine Technik unter vielen sein, der man sich bedient um eine andere SIM-Zielsetzung zu verfolgen.

Offline Dr.Boomslang

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Re: Suche Regelzeugs für Sim
« Antwort #8 am: 21.01.2008 | 16:08 »
Es ist ein bisschen schwer völlig un- oder überdefinierte Begriffe (Sim, Immersion) für eine Diskussion zu benutzen. Genauso doof wäre es jetzt zu versuchen diese für einen Einzelfall neu zu definieren.
Der einzige der wirklich weiß was Sim ist, ist Ron Edwards, und der einzige zertifizierte GNS-Versteher in Deutschland ist soweit ich weiß Vermi ;)
Alle anderen haben eine sehr diffuse oder sehr eigene Vorstellung davon.

Sephiron, damit dir irgendwer wirklich helfen kann, müsstet du "Sim" durch das ersetzen was du meinst. Ansonsten müsstest du erstmal jemanden Fragen der über den Begriff bescheid weiß und ihn dir erklären kann.

Offline Sephiron

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Re: Suche Regelzeugs für Sim
« Antwort #9 am: 23.01.2008 | 02:58 »
Ich glaube, ich würde Sim für mich am ehesten mit "Erlebnisrollenspiel" übersetzen. Regeln und Szenario ergeben metaphorisch gesprochen so eine Art Maschine mit blinkenden Knöpfen auf denen die Spieler dann herumdrücken, um zu sehen, was passiert. Der Charakter ist das Medium mit denen man diese Knöpfe drücken kann. Umgekehrt ist aber auch jeder Charakter selbst eine Maschine mit eigenen Knöpfen. In meiner bevorzugten Spielweise können dadurch dann unkontrollierbare Kettenreaktionen ausgelöst werden, weil jeder Knopfdruck weitere auslösen kann. Um die Metapher aufzulösen: Jeder Knopfdruck entspricht natürlich einer Handlung in der Spielwelt. Dadurch, dass Aktionen Folgen von Reaktionen nach sich ziehen, überschlagen sich die Handlungen irgendwann, woraus der Spannungshöhepunkt des so konstruierten Plots entsteht. Sinn und Zweck des Spiels ist im Grunde wahrscheinlich allein das Beobachten dieses Dominoeffekts. Natürlich wird ein gespieltes Szenario umso cooler je überraschender und effektvoller es ist, aber nur, wenn niemand dafür schummeln muss.

Mir ist vorhin (dank des bisherigen Threadverlaufs) der Gedanke gekommen, dass der Hauptunterschied zwischen verschiedenen Ansätzen für die Entwicklung von Sim-Spielen vielleicht in der Priorisierung von Genre, Setting und Regeln besteht. Genre folgt Setting folgt Regeln wäre eher ein Gurps-Ansatz, Setting folgt Regeln folgen Genre eher ein Wushu-Ansatz. Insgesamt ergeben sich somit 6 verschiedene Ansatzmöglichkeiten, von denen "Regeln folgen Setting folgen Genre" wohl die von mir favorisierte wäre.
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Offline Lord Verminaard

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Re: Suche Regelzeugs für Sim
« Antwort #10 am: 23.01.2008 | 21:05 »
Jap, wenn das so gemeinsames Spielziel der Gruppe ist, ist das (eine Spielart von) Sim. Schönes Thema. :d Mir fehlt leider im Moment die Zeit, substantiiert beizutragen. Vielleicht am Wochenende. :)
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Offline Lord Verminaard

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Re: Suche Regelzeugs für Sim
« Antwort #11 am: 24.01.2008 | 12:21 »
So, na gut, ich schaff meine Arbeit eh nicht, also kann ich auch noch ein bisschen der Prokrastination fröhnen. ::)

Zitat
In meiner bevorzugten Spielweise können dadurch dann unkontrollierbare Kettenreaktionen ausgelöst werden, weil jeder Knopfdruck weitere auslösen kann. Um die Metapher aufzulösen: Jeder Knopfdruck entspricht natürlich einer Handlung in der Spielwelt. Dadurch, dass Aktionen Folgen von Reaktionen nach sich ziehen, überschlagen sich die Handlungen irgendwann, woraus der Spannungshöhepunkt des so konstruierten Plots entsteht. Sinn und Zweck des Spiels ist im Grunde wahrscheinlich allein das Beobachten dieses Dominoeffekts.

Das ist eine ganz hervorragende Beschreibung des gewünschten Spielerlebnisses. Hut ab! :) Ich möchte noch mal kurz unterstreichen, dass das eine ganz spezifische Ausprägung von Sim Marke Forge ist, also nicht mit dem „großen Ganzen“ verwechseln! ;) Für die Frage nach „Pervy“ ist so eine spezifische Ausprägung aber auch genau der richtige Ansatzpunkt.

[Forge-Kunde] Noch ein Punkt in bezug auf Sim, der wichtig ist: Exploration an sich ist definierendes Merkmal allen Rollenspiels. Ein Regelwerk, das keine brauchbare Exploration ermöglicht, ist nicht nur nicht Pervy, sondern es ist, wie wir Rollenspieltheoretiker es nennen, scheiße. ;D

Nach Edwards’scher Lesart ist Sim „the Right to Dream“, was u.a. die bereits erwähnte „Celebration“ beinhaltet. Demnach gibt es ein sogenanntes „Paket“, nämlich das „Source Material“. Das muss nicht aus einem Rollenspiel-Buch kommen. Es kann auch Quellen aus Literatur und Film oder dem persönlichen Erfahrungsschatz der Spieler entstammen. Oft ist es eine Kombination verschiedener dieser Faktoren, erweitert durch bereits erspieltes Material. Denn das Paket ist keineswegs statisch. Ein wesentlicher Aspekt ist, dass man das Paket erweitern und verbiegen kann und es trotzdem seine Integrität wahrt. Das Paket entsteht aus der Interaktion der Spielenden, aber gefühlsmäßig scheint es so, als ob es ein Eigenleben besitze (dein „Domino-Effekt“). Dieses Gefühl eines Eigenlebens, das für Sim entscheidend ist, nennt Ron „Constructive Denial“. [/Forge-Kunde]

Wenn ich ein Spiel für diese Art von Spielerlebnis schreiben will, muss also mein Fokus das besagte „Eigenleben“ sein. Dazu gehört zunächst, das anfängliche „Paket“ gut zu schnüren. Mein persönlicher Ansatz dabei ist, sich stärker auf fiktionale Inhalte zu konzentrieren, denn diese sind schließlich auch das Zentrum des Interesses der Spieler im späteren Spiel. Also: Nicht mit Zahlen und Prozeduren anfangen, sondern mit Inhalten. Da planvoll einen Fokus und eine ausreichende Dichte schaffen, und diese zunächst gezielt durch das Resolutions-System unterstützen. Das Resolutionssystem spiegelt wieder, wie „die Welt“ funktioniert. Auch bei WuShu. Gerade bei WuShu. „Die Welt“ ist dann halt „ein Actionfilm“.

Das Thema Reward Mechanics ist schwieriger. Ich stehe dem ganzen Thema etwas kritisch gegenüber.

[Forge-Kunde] Ron hat mir neulich sein aktuelles Verständnis von Resolution Mechanics und Reward Mechanics erklärt. Essentiell sagt er, dass die Spieler während des Spiels ständig durch die verschiedenen Schichten des Big Model tauchen, rein und wieder raus:

[Social Contract [Exploration [Techniques [Ephemera]]]]

Resolution Mechanics sind dabei diejenigen Mechanismen, die den Weg von außen nach innen pflastern, und Reward Mechnics diejenigen auf dem Weg von drinnen nach draußen. Optimaler Weise ist der Weg, den sie pflastern, die Creative Agenda. Siehe weiterführend Rons Elaboration hier. [/Forge-Kunde]

In dem von dir beschriebenen Spielstil wäre also der Ablauf wie folgt: Wir wollen die von dir beschriebenen Knöpfe drücken (Social Contract). Wir haben eine Situation, in der diverse Knöpfe blitzen (Exploration) – hier ggf. schon Resolution Mechanics oder auch nicht. Wir drücken einen Knopf und ermitteln das Ergebnis (Techniques) – hier sehr wahrscheinlich, aber nicht zwingend, Resolution Mechanics. Wir haben ein Ergebnis, es passiert X (Ephemera). Wir gehen zurück und ermitteln, wie sich das auswirkt (ggf. überspringen wir die Ebene Techniques oder auch nicht, und landen bei Exploration) – wir haben eine veränderte Situation. Durch die Veränderung ist unser „Paket“ ggf. erweitert und in seiner Konsistenz und Stabilität bestätigt worden, das bereitet uns Freude (Social Contract).

Reward Mechanics würden nach Rons Definition auf dem zweiten Teil der Reise eingreifen. Beispiele mit Sim-Affinität in deinem Sinne, die mir einfallen, wären Dark Side Points in Star Wars d6, Humanity in Vampire, Drama Points im Unisystem Lite oder, besonders illustrativ, Arcana Points in Artesia.
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Re: Suche Regelzeugs für Sim
« Antwort #12 am: 24.01.2008 | 13:57 »
Zitat
[Forge-Kunde] Ron hat mir neulich sein aktuelles Verständnis von Resolution Mechanics und Reward Mechanics erklärt. Essentiell sagt er, dass die Spieler während des Spiels ständig durch die verschiedenen Schichten des Big Model tauchen, rein und wieder raus:

[Social Contract [Exploration [Techniques [Ephemera]]]]

Resolution Mechanics sind dabei diejenigen Mechanismen, die den Weg von außen nach innen pflastern, und Reward Mechnics diejenigen auf dem Weg von drinnen nach draußen. Optimaler Weise ist der Weg, den sie pflastern, die Creative Agenda. Siehe weiterführend Rons Elaboration hier. [/Forge-Kunde]

Kannnst du das demnächst mal übersetzen/zusammenfassen? Ich versteh den Mann nicht.

Offline Rasumichin

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Re: Suche Regelzeugs für Sim
« Antwort #13 am: 24.01.2008 | 14:13 »
Um etwas auf konkrete Fragestellungen einzugehen :

Wie bekomme ich glaubwürdige Charakterentwicklung und EP-Vergabe unter einen Hut?

Wenn Dein Ziel Realismus ist, gar nicht.
EP sind eine abstrakte Ressource zur mechanischen Verbesserung einer Spielfigur.
Echte Menschen lernen nicht auf diese Weise.

Wenn es Dir auf Plausibilität ankommt, arbeite mit Trainingszeiten und freien Steigerungen für besondere Erfahrungen, wie bei Runequest.

Wenn Du dagegen ein bestimmtes Genre simulieren willst, muss erst mal Klarheit darüber bestehen, wie sich die Fähigkeiten eines Protagonisten in diesem Setting entwickeln, in einem Ninja-Setting würde ich statt EP bspw. eher so etwas wie Sensei-Regeln erstellen.

Offline Sephiron

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Re: Suche Regelzeugs für Sim
« Antwort #14 am: 27.01.2008 | 23:08 »
Also wäre es das klügste, Fertigkeitensteigerungen etc. direkt und ohne irgendeine Form von Erfahrungspunkten ans InTime-Geschehen zu koppeln...? Für ne Resolutionsmechanik würds sich wohl am ehesten anbieten, Fertigkeitswert und Schwierigkeit direkt zu vergleichen, denke ich. Zufallselemente lassen sich dann eher zur Settingerweiterung benutzen.
Beispielsweise bräuchte man keinen "Gather Information"-Wurf in nem Detektivabenteuer, sondern die Informationen werden abhängig vom Fertigkeitswert auf direkte Nachfrage etc. gegeben. Zufällig ist jedoch der Tathergang selbst, der vor Spielbeginn ausgewürfelt werden könnte. Auch zur Generierung von NSCs ließen sich Zufallselemente benutzen.
Desweiteren eignet sich, wenn man doch irgendwie würfeln sollte, Fortune in the middle mMn besser für diese Spielweise, da Fortune in the end den Fluss der Geschehnisse bricht ("Ich hau ihm das Schwert in den Kopf *würfel* Nein, doch nicht...").
Humanity, Dark Side Points und Drama Points ließen sich in der einen oder anderen Form sicher auch gut für meine Spielweise benutzen. Wie die Arcana Points funktionieren, weiss ich leider nicht. Kann das vielleicht jemand erklären? Das fände ich sehr nett :)
Hmm, hat jemand noch weitere Ideen für Techniken und Mechaniken, die zur beschriebenen Spielweise passen würden?
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