Autor Thema: Coaching neuer RPG-Editionen  (Gelesen 10130 mal)

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Offline Purzel

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Coaching neuer RPG-Editionen
« am: 30.01.2009 | 19:36 »
Herausgetrennt und gesondert behandelt aus dem Thread Irrationale Ablehnung neuer Editionen:

Meine These:

Ich denke eine fehlende oder unzureichende Betreuung durch den Verleger (oder durch die neuen Fans) der neuen Edition ist mit ein Grund für die starke Ablehnung. Statt nur eine reine PR-Aktion nach der anderen zu veranstalten, die toll aussehen (neue Homepages, Promo-Spiele, Interviews, ...), hätte man sich darauf besinnen sollen, die Spieler ordentlich aufzuklären, oder im gegenseitigen Dialog nach ihrer Meinung und ihren Wünschen zu befragen, um Reibungspunkte frühzeitig zu erkennen.

Ich meine, Ärger bei grossen Editionssprüngen ist doch für den Herausgeber des Spiels zu 100% vorher absehbar. Es ist eine Erfahrung, die man im Rollenspielmarkt dauernd macht. Daher ist es fahrlässig, wenn man zu wenig oder das Falsche für die Fangemeinde tut.


Ziel dieses Thread sei es folgende Fragen zu klären:

a) Inwieweit stimmt das?

b) Gibt es positive und negative Beispiele für das Coaching der alten Fans und der Zusammenarbeit mit den Spielern bei einem Editionsumstieg?

c) Welche Maßnahmen kann ein/e Verlag/Redaktion ergreifen, um Kollateralschäden in der Fangemeinde zu vermeiden?
« Letzte Änderung: 30.01.2009 | 19:50 von Purzel »

Offline Purzel

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Re: Coaching neuer RPG-Editionen
« Antwort #1 am: 30.01.2009 | 19:38 »
Aus dem Nachbar-Thread:

2. Neue Editionen können als Angriff auf den Selbstwert des Spielers interpretiert und entsprechend feindselig aufgenommen werden. Das erklärt die Persistenz und Penetranz. [...]

3. Einstellungsänderungen benötigen neben einer kognitiven auch eine emotionale Komponente. Die zu ändern ist kompliziert und bei Voreingenommenheit umso schwieriger.

Wie macht man als Verlag, Herausgeber oder Autor (eines grossen, populären Rollenspiels) den Spielern klar, daß man sich um sie kümmert?

Wie geht man geschickterweise mit der emotionalen Komponente um?

Offline Boba Fett

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Re: Coaching neuer RPG-Editionen
« Antwort #2 am: 30.01.2009 | 19:47 »
Positiv ist immer eine umfassende Transparenz und das Einbeziehen der Kunden in den Schaffensprozess.

b) Gibt es positive und negative Beispiele für das Coaching der alten Fans und der Zusammenarbeit mit den Spielern bei einem Editionsumstieg?

Als positives Beispiel möchte ich mal Pathfinder nennen, auch wenn es genau genommen keine wirkliche neue Edition ist.
Aber die meisten betrachten Pathfinder als Nachfolger von D&D 3.5 und Paizo macht da mit der Transparenz,
die sie an den Tag legen etwas ganz besonderes.
Durch die kostenlose Alpha und Beta konnte jeder sehen, worauf er sich einläßt und die "Kleinkampagnen" fixen die Spieler ganz mächtig an - und das zu einer Zeit, wo das finale Core Regelwerk noch nicht mal erschienen ist.
Kopfgeldjäger? Diesen Abschaum brauchen wir hier nicht!

Ludovico

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Re: Coaching neuer RPG-Editionen
« Antwort #3 am: 30.01.2009 | 20:03 »
Grundsätzlich denke ich, daß man immer negative Reaktionen bei einer neuen Edition erhält, ganz egal, wie gut man die Spieler mit einbindet.
Bei DSA 4 wurde umfassend auf die Wünsche der Spieler nach einem Kaufsystem eingegangen. Trotzdem gab es Streit, weil es Spieler gab, die ein Zufallssystem haben wollten.

Das Problem ist imho, daß immer jene sich bei Input für eine neue Edition sehr in den Vordergrund drängeln, die unzufrieden sind.

Sogar bei umfassender Transparenz wird es Ablehnung geben. Diese wird dann halt schon im Entwicklungsprozess geäußert.

Bei D&D 4 und den entsprechenden Previews gab es bereits im Vorfeld Ablehnung.

Da ich Rollenspieler grundsätzlich für konservativ und dem Neuen gegenüber skeptisch bis feindlich eingestellt halte, sollte ein Verlag meiner Meinung zwar schon für Transparenz sorgen und auch Kundenwünsche berücksichtigen, aber bei Erscheinen einer neuen Edition knallhart die neue Linie fahren.
« Letzte Änderung: 30.01.2009 | 20:07 von Ludovico »

Heretic

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Re: Coaching neuer RPG-Editionen
« Antwort #4 am: 30.01.2009 | 20:10 »
Der Punkt ist nicht unbedingt die Linie, sondern die Transparenz bzw. die innere Logik des Spieldesigns.
 

Offline Purzel

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Re: Coaching neuer RPG-Editionen
« Antwort #5 am: 30.01.2009 | 20:11 »
@Ludovico:

Deine Gegen-These ist also im Kern, daß alles Bemühen von seiten eines Spielemachers vergebens ist: die Fans sind im selben Maße, vielleicht nur auf eine andere Weise enttäuscht.

Ich habe das mal absichtlich zugespitzt formuliert, um eine Kontraposition zu seiner Eingangsidee zu haben. Korrigiere mich!

Kinshasa Beatboy

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Re: Coaching neuer RPG-Editionen
« Antwort #6 am: 30.01.2009 | 20:37 »
@ Boba:

Ich finde die Produkte und das Marketing von Pathfinder auch toll, aber das Beispiel hinkt aus meiner Sicht ganz gehörig. Wenn Du Dir die beiden von Purzel zitierten Punkte anschaust, ist nämlich die Grundlage für irrationale Ablehnung nicht gegeben.

Im Gegenteil: es wird den Spielern ein Ausweg geboten und greift auch nicht den Selbstwert an, sondern bestärkt diesen. In Kombination zu der offenen Konfrontation mit der Quelle des Übels, WotC, und einer hohen Produktqualität ist also wunderbar erklärlich, weshalb Paizo so eine Art Sammelbecken der Unzufriedenen und so erfolgreich ist.

Offline D. M_Athair

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Re: Coaching neuer RPG-Editionen
« Antwort #7 am: 30.01.2009 | 21:32 »
Bei DSA 4 wurde umfassend auf die Wünsche der Spieler nach einem Kaufsystem eingegangen. Trotzdem gab es Streit, weil es Spieler gab, die ein Zufallssystem haben wollten.
Es stimmt, dass die Fanbase ganz entscheidend ist.
DSA ist in diesem Zusammenhang ein Extremfall, da
  • die Fanbase ziemlich groß ist, auch oder gerade außerhalb der Internet-Sphären.
  • DSA ein Spiel ist, das alle Spielstile und Spieler zur gleichen Zeit gleichermaßen bedienen will. Also Erzählonkel, ARSianer, Thematische Rollenspieler, ...

Ich hab noch keinen Spieler/SL getroffen, der alles an DSA gut fand. Erklären kann man das mit dem fehlenden Fokus.
Solange das so ist, wird jede Änderung manchen Spielern etwas nehmen, das ihnen wichtig ist!



Ein anderes Beispiel, bei dem es keine Probleme gab:
Warhammer 2nd. Sicher es gibt immer noch Leute die lieber v1 spielen.
Trotzdem können sie die Änderungen anerkennen und spalten sich weder ab, noch echauffieren sie sich.
Sie sind und bleiben Teil der Warhammer-Community.

Ähnlich verhielt es sich mMn bei den verschiedenen Ausgaben von L5R.


Meine These wäre:
Solange sich die Änderungen innerhalb des expliziten oder implizten Fokus eines Rollenspiels (und dessen prägender Regelmechaniken) bewegen, ist der Widerstand aus der Fanbasis (sehr) gering.
« Letzte Änderung: 30.01.2009 | 21:35 von Great Dahlia »
"Man kann Taten verurteilen, aber KEINE Menschen." - Vegard "Ihsahn" Sverre Tveitan

Offline Purzel

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Re: Coaching neuer RPG-Editionen
« Antwort #8 am: 30.01.2009 | 21:41 »
Ein anderes Beispiel, bei dem es keine Probleme gab:
Warhammer 2nd.

Ich kenne das System (erstaunlicherweise eigentlich bei meinem Hintergrund) nicht. Was haben sie getan, als die neue Edition anrollte?

Offline 1of3

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Re: Coaching neuer RPG-Editionen
« Antwort #9 am: 30.01.2009 | 22:07 »
Ich denke eine fehlende oder unzureichende Betreuung durch den Verleger (oder durch die neuen Fans) der neuen Edition ist mit ein Grund für die starke Ablehnung. Statt nur eine reine PR-Aktion nach der anderen zu veranstalten, die toll aussehen (neue Homepages, Promo-Spiele, Interviews, ...), hätte man sich darauf besinnen sollen, die Spieler ordentlich aufzuklären, oder im gegenseitigen Dialog nach ihrer Meinung und ihren Wünschen zu befragen, um Reibungspunkte frühzeitig zu erkennen.

Ich meine, Ärger bei grossen Editionssprüngen ist doch für den Herausgeber des Spiels zu 100% vorher absehbar. Es ist eine Erfahrung, die man im Rollenspielmarkt dauernd macht. Daher ist es fahrlässig, wenn man zu wenig oder das Falsche für die Fangemeinde tut.


Ziel dieses Thread sei es folgende Fragen zu klären:

a) Inwieweit stimmt das?

Information ist nicht zu unterschätzen. Aber z.B. bei D&D4 war das überhaupt kein Problem. Es gab eigentlich alles wissenswerte schon vor der Veröffentlichung zu wissen. Man konnte das Spiel sogar spielen, bevor es draußen war.

Bei Vampire war er Fall wohl insofern anders, dass die Info zumindest nie zur Deutschen Basis durchgekommen sind. So viel Ahnungslosigkeit wie da, hab ich eigentlich nie gesehen. Aber auch da hatte White Wolf genügend im Vorraus rausgeschickt. Inklusive frei erhältliches Demo-Abenteuer mit Regeln. Das wurde auch kostenlos als Heftchen verteilt. - Nur eben nicht in D-Land. Da hat F&S damals ganz erheblich geschlafen.


Was das Fragen nach den Wünschen der Fans angeht, so finde ich das etwas merkwürdig. Bei allen so beschrienen Spielen, die ich beobachtet habe, gab es vor der Änderung Fans, die jeweils gewisse Stellen genauso haben wollten, wie es am Ende rauskam. Es ist also auch nicht so, dass da in einem Kämmerchen gewerkelt worden wäre. Bei D&D 4 haben wir ja sogar immer mal wieder Beiträge gesehen, wo die Autoren ihre Anregungen hergenommen haben.


Vor allem aber sind da Künstler am Werk: Sie schreiben ein Spiel. Ein Künstler fragt immer nur bis zu einem gewissen Grad, was der Kenner haben will. Der Kunsthliebhaber will haben, was der Künstler macht. Es ist sogar so, dass der Künstler nicht genau das machen kann, was erwartet wird. Sonst hört sein Werk auf Kunst zu sein.

Rein betriebswirtschaftliche Überlegungen greifen hier also zu kurz.



@Great Dahlia: Was ist denn ein impliziter Fokus?

Heretic

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Re: Coaching neuer RPG-Editionen
« Antwort #10 am: 30.01.2009 | 22:25 »
Kunst kommt von Können, nicht von Wollen. Und bei D&D 4.0 kann man von Können nicht mehr sprechen.

Offline Purzel

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Re: Coaching neuer RPG-Editionen
« Antwort #11 am: 30.01.2009 | 22:36 »
Information ist nicht zu unterschätzen. Aber z.B. bei D&D4 war das überhaupt kein Problem. Es gab eigentlich alles wissenswerte schon vor der Veröffentlichung zu wissen. Man konnte das Spiel sogar spielen, bevor es draußen war.

Und sie haben es abgeliefert und trotzdem viele Leute verärgert. Was ging schief? Achtung, hemmungslose Übertreibungen:

  • Ging das Coaching schief, weil es schlecht war und eben nicht alte D&D-Spieler versöhnlich stimmte? Wurden sie in ihren Beschwerden alleine gelassen? Man hat den Fans nur schicke Outtakes, schöne Zukunftsvisionen und bunte Bilder gezeigt und gehofft, daß sie die Begeisterung von selbst entwickeln?
  • Hat WotC dummerweise ins Leere gesprochen: in die falschen Foren gepostet, unattraktive, umständliche oder veraltete Medien gewählt und deshalb hat keiner den reichlich vorhandenen Informationen zugehört?
  • Oder recherchiert der gewöhnliche Rollenspieler nicht gern (oder kann Google nicht benutzen) und findet daher nur das, was man ihm aufwändig mit viel Zucker in den Popo pustet? Also war der Werbe- und Aufklärungsfeldzug nicht gross genug?
  • Oder war der Unterschied zwischen D&D 3.5 und D&D 4 so krass gross, daß jeder Vermittlungs- und Konvertierungsversuch unmöglich wurde?

Ich vermisse persönlich eine allgemeinverständliche Anleitung für D&D 4, in der erklärt wird, wie man das Spiel benutzt, ohne daß es wie ein reines Tabletop oder WOW-Pen&Paper rüberkommt.

Offline Purzel

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Re: Coaching neuer RPG-Editionen
« Antwort #12 am: 30.01.2009 | 22:41 »
Kunst kommt von Können, nicht von Wollen. Und bei D&D 4.0 kann man von Können nicht mehr sprechen.

Bitte, lass uns hier nicht von subjektiven Qualitätseindrücken sprechen. Vielmehr möchte ich WotCs Verhalten als Rollenspiel-Verlag behandeln. Danke.

Offline 1of3

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Re: Coaching neuer RPG-Editionen
« Antwort #13 am: 30.01.2009 | 22:47 »
Zitat
Ich vermisse persönlich eine allgemeinverständliche Anleitung für D&D 4, in der erklärt wird, wie man das Spiel benutzt, ohne daß es wie ein reines Tabletop oder WOW-Pen&Paper rüberkommt.

Wie du jedes andere Rollenspiel auch spielt. Ich mein, du hast SEUCOR gespielt. Du weißt, wie das geht.

Offline Purzel

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Re: Coaching neuer RPG-Editionen
« Antwort #14 am: 30.01.2009 | 22:51 »
Wie du jedes andere Rollenspiel auch spielt. Ich mein, du hast SEUCOR gespielt. Du weißt, wie das geht.

Ich ja. Ich brauche diese Anleitung ja auch nicht. Die Anleitung ist für andere Rollenspieler gedacht (die nicht 26 Indie-Rollenspiele in einem Jahr ausprobiert haben und daher im Training sind mal schnell zu erkennen, wie man das Spiel wirklich spielt)!  :D

Offline Hróđvitnir (Carcharoths Ausbilder)

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Re: Coaching neuer RPG-Editionen
« Antwort #15 am: 30.01.2009 | 23:10 »
Solange sich die Änderungen innerhalb des expliziten oder implizten Fokus eines Rollenspiels (und dessen prägender Regelmechaniken) bewegen, ist der Widerstand aus der Fanbasis (sehr) gering.

Danke. Das wollte ich im anderen Thread klarmachen und wurde dann sidetracked. Verliert ein Spiel den Fokus - sei das nun gut oder schlecht - empfinden die Anhänger das als Etikettenschwindel.
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Zitat von: korknadel
Rollenspiele sollen bei Dir im besten Fall eine gewisse Schwermut, Resignation und Melancholie hervorrufen.

Zitat von: Dolge
Auf Diskussionen, was im Rollenspiel realistisch ist und was nicht, sollte man sich nie unter gar keinen Umständen absolut gar überhaupt vollständig nicht einlassen.

Offline 1of3

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Re: Coaching neuer RPG-Editionen
« Antwort #16 am: 30.01.2009 | 23:15 »
Man müsste dann aber wohl sagen: "Wenn das Spiel verliert, was ein gewisser Anhänger als Fokus empfindet..."

Etwa, weil der Fokus nicht klar ist oder verschieden wahrgenommen wird.

Offline Hróđvitnir (Carcharoths Ausbilder)

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Re: Coaching neuer RPG-Editionen
« Antwort #17 am: 30.01.2009 | 23:20 »
... mit der Einschränkung, daß ein solcher Fokus subjektiv empfunden wird, ja, natürlich, das hätte ich anfügen müssen. Ich kenne durchaus Spieler, die mit meinen Einschätzungen in dieser Hinsicht bei einigen, wie hats heut einer formuliert? Ja, bei einigen Editionsschismen (find ich gut) nicht konform gingen. Aber ich bin tatsächlich konservativ und in dieser Hinsicht empfindlich. Allerdings geh ich nicht demonstrieren, sondern spare einfach nur das Geld.

Wahrscheinlich gibt es da eine "kritische Masse", die man als Verlag möglichst nicht erreichen sollte...
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Zitat von: korknadel
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Offline Roland

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Re: Coaching neuer RPG-Editionen
« Antwort #18 am: 30.01.2009 | 23:25 »
Ich finde die Produkte und das Marketing von Pathfinder auch toll, aber das Beispiel hinkt aus meiner Sicht ganz gehörig.

Eben, Pathfinder ist halt der 1957er CDU Wahlkampf. Paizo kann kaum etwas falsch machen, so lange sie gut aufbereitete Produkte veröffentlichen und im Gespräch bleiben.

Und sie haben es abgeliefert und trotzdem viele Leute verärgert. Was ging schief?

Ich vermute, die harten 3.X Fanboys sind nicht WotCs Zielgruppe für D&D4. Der Verlag hat mit Keep on the Shadowfell, dem D&D Day und mit dem Starterset viele Möglichkeiten geschaffen, in D&D4 reinzuschnuppern, und die Sache bei Bedarf zu vertiefen. Damit sind Neulinge, Gelegenheitsspieler und D&D-im-Spielediscounter-Käufer gut versorgt.   
Der normale Rollenspieler kann sich das Spiel gut selbst erschließen und findet genug bunte, neue Elemente, um ein eventuell langsam erlahmendes Interesse wieder anzuregen.

Ich vermisse persönlich eine allgemeinverständliche Anleitung für D&D 4, in der erklärt wird, wie man das Spiel benutzt, ohne daß es wie ein reines Tabletop oder WOW-Pen&Paper rüberkommt.

Daran hat WotC wahrscheinlich kein gesteigertes Interesse. Je häufiger die Kampfregeln im Spiel zum Einsatz kommen, desto schneller wünscht sich ein Spieler neue Regeln, die man ihm verkaufen kann. Ein paar mundgerechte Encounter interessieren und erreichen wohl mehr Kunden, als Anleitungen im Stil von Dominics "Spielleiten".
 
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Offline Hróđvitnir (Carcharoths Ausbilder)

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Re: Coaching neuer RPG-Editionen
« Antwort #19 am: 30.01.2009 | 23:30 »
Ich vermute, die harten 3.X Fanboys sind nicht WotCs Zielgruppe für D&D4. Der Verlag hat mit Keep on the Shadowfell, dem D&D Day und mit dem Starterset viele Möglichkeiten geschaffen, in D&D4 reinzuschnuppern, und die Sache bei Bedarf zu vertiefen.

Trotzdem die Flak; heißt das, WotC hatte gar keine Chance den Aufstand an einigen Fronten zu vermeiden?
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Offline D. M_Athair

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Re: Coaching neuer RPG-Editionen
« Antwort #20 am: 30.01.2009 | 23:48 »
Ein anderes Beispiel, bei dem es keine Probleme gab:
Warhammer 2nd.
Ich kenne das System (erstaunlicherweise eigentlich bei meinem Hintergrund) nicht. Was haben sie getan, als die neue Edition anrollte?
Morgen! ;)

@Great Dahlia: Was ist denn ein impliziter Fokus?
[copy & paste] Morgen! ;) [/copy & paste]
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Re: Coaching neuer RPG-Editionen
« Antwort #21 am: 30.01.2009 | 23:49 »
Da Fokus subjektiv ist, kann es leicht passieren, daß eine Rollenspiel-Redaktion ein Spiel verändert, ohne eine bestimmte (grosse) Fokus-Verschiebung zu beabsichtigen, aber es trotzdem tut.

Kann man sowas den Fans vermitteln? Ich denke, das ist schwierig, wenn man von sich und seinem Werk überzeugt ist und garnicht ahnt, daß man mit einer Änderung bestimmten Leuten völlig den Spaß verbaut hat. Und leider kennt keine Redaktion der Welt alle Arten, wie ihr Rollenspiel benutzt wird, und noch weniger können sie ihnen unbekannte, unartikulierte Vorlieben bei einem Re-Design der Regeln berücksichtigen.

Was sollte ein Verlag, eine Redaktion, ein Autor tun, konfrontiert mit ihm unbekannten Anforderungen? Nichts tun, den alten Stand bewahren? Nur winzige Änderungen vornehmen? Nein, ich denke, man sollte auch als Rollenspiel-Schreiber mutig das Experiment wagen und eine Spieledition nach den eigenen Vorstellungen verändern.

Am Beispiel WotC: ja, sie haben über Insider- und Designer-Kommentare erzählt, was sie mit bestimmten Veränderungen bewirken wollten. Ich habe es selbst mitverfolgt und verstand die Absichten und Hintergründe, die die Autoren hatten. Trotzdem war ich über das finale Aussehen der Bücher überrascht. Ich bin mir nicht sicher, wo da meine Lücke ist, was mir nicht vermittelt wurde, was ich übersehen habe.

Offline Purzel

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Re: Coaching neuer RPG-Editionen
« Antwort #22 am: 31.01.2009 | 00:08 »
... mundgerechte Encounter ...

Da fallen mir die Spiel- und Designberichte ein, die es auf der WotC-Webseite zu lesen gab. Bei mir entstand der Eindruck, daß Kämpfe schneller und spannender werden sollten, mit coolen Moves und ständig mit dem Kribbeln im Nacken, daß die Hitpunkte ständig zu Neige gehen.

Attribute wie "mundgerecht" kamen mir garnicht in den Sinn. Ich erwünschte mir von D&D 4 damals eine grössere Berechenbarkeit für Challenges, war dann aber verblüfft zu erfahren, daß für andere Spieler genau dieses Feature D&D 4 zum zahnlosen, berechenbaren, zahmen Tiger werden liess. Plötzlich sprachen die Leute abfällig von "mundgerecht", statt von "ich kann jetzt eine Reihe von Encountern so exakt einstellen, daß in der Spielrunde während des Abenteuers garantiert mehrfach Leute unter 0 HP fallen und zum Schluss zuverlässig knapp am TPK vorbeischrammen, so daß ständig Panik und Angst um das Leben des eigenen Charakters herrscht".

Ich glaube, es war nicht WotCs Absicht Encounter möglichst mundgerecht zu machen, sondern wie in den Previews und Spielberichten und Designer Notes beschrieben schneller, spannender und cooler. Nicht mundgerechte Encounter sollten mehr Kunden bringen, sondern schnellere, spannendere und coolere Encounter.
« Letzte Änderung: 31.01.2009 | 00:18 von Purzel »

Offline Bad Horse

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Re: Coaching neuer RPG-Editionen
« Antwort #23 am: 31.01.2009 | 00:52 »
Ich glaube, die "was ist neu und cool"-Vorveröffentlichungen von D&D4 haben Geld gekostet - zumindest habe ich das so mitbekommen. Gut, die waren Hardcover und Vollfarbe, aber das hat bei mir schon mal einen schlechten Geschmack hinterlassen. Ich zahle doch für ein Werbeprodukt (und das war es) kein Geld.  :-\

Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
The best lack all conviction, while the worst are full of passionate intensity.

Korrekter Imperativ bei starken Verben: Lies! Nimm! Gib! Tritt! Stirb!

Ein Pao ist eine nachbarschaftsgroße Arztdose, die explodiert, wenn man darauf tanzt. Und: Hast du einen Kraftsnack rückwärts geraucht?

Offline Hróđvitnir (Carcharoths Ausbilder)

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Re: Coaching neuer RPG-Editionen
« Antwort #24 am: 31.01.2009 | 00:59 »
WotC hat m. E. vorbildlich vorgearbeitet. Die Preview-Bände (Races & Classes und, eh, ja, noch ein oder zwei weitere, und ja, ich hab sie umsonst gekriegt  :-[) waren so detailliert (und auf mehreren hundert Seiten hübsch anzusehen), daß man das Spiel schon vor Publikation zu 95% reverse engineeren hätte können. Mir war da schon klar, daß die ausweiden. Es konnte niemand sagen, er sei überrascht gewesen. Ich interessiere mich noch nicht einmal mehr für D&D und wußte ziemlich genau, was kommt. Fanboys sind die erste Zielgruppe für sowas, die mußten es auch wissen. Die Web-Unterstützung - ich schau immer mal gelegentlich bei Wizards vorbei - war auch über jeden Zweifel erhaben.

Sowenig ich ihr Produkt mag: Daran kanns nicht liegen, daß so viele ballistisch wurden.

Feedback & Wünsche im Vorfeld ignoriert? Ich weiß nicht. Aus meinem früheren Leben als DBase-Entwickler mit kundennaher Arbeit (Örch), weiß ich, daß zwischen dem, was ein Entwickler zu hören glaubt und dem, was ein Kunde zu sagen meint, zwei ganze Dimensionen Platz haben. Ich kann mir schon vorstellen, daß die zugehört haben, aber daß sie nicht verstanden haben oder einfach nichts Kohärentes ankam (wer erinnert sich an die Simpsons-Folge mit Poochie, in der Kinder zu Marktforschungszwecken nach ihren Wünschen befragt werden...). Es ist halt so, daß Du als Designer im Endeffekt ohne Netz und doppelten Boden dastehst. Manchmal fällt man dann auf die Nase.

Bei Amazon.com gibt es bereits auf die ganzen Core-Sachen "Super-Savings", das ist ein schlechtes Zeichen (40% allein auf das Gift-Set), und die Bewertungen sind auch alle lauwarm und im Bereich ***/*****. Nach sechs Monaten sollte das ein ganz stabiler Wert sein. Die Aufnahme von 3.X/D20 bei Amazon.com war seinerzeit deutlich besser, die Cores stehen so bei 4,5 Sternen in der Wertung. Ich glaube nicht, daß allein ein Haufen entfremdeter und enttäuschter Super-3.X-Fanboys das hätte erreichen können, ich denke, daß da sehr viele ihren Unwillen gar nicht artikulieren.

In Deutschland vertraute mir der Händler meiner Wahl an, liefe es gar nicht gut, was aber bei dem Verlagszirkus nur bedingt Aussagekraft aufweist. Allerdings sagte er, daß die Originalausgaben auch wie Blei in den Regalen lägen.

Wie gesagt, kein Netz, kein doppelter Boden und manchmal kommt dann halt ein Windows-Vista raus. Da hilft dann wohl alles vorbereiten nicht - wenn Du an Deiner Base vorbeiarbeitest, zahlst Du die Quittung. Ich fürchte nur, falls das so schlecht läuft, wie manche Zeichen es andeuten (ich sage nicht, daß ich was weiß), macht Hasbro vielleicht den Laden dicht, und das wäre schlecht für das gesamte Genre.

EDIT/FAZIT: Ich denke, wenn Du das Regelsystem umbrichts, hast Du auf alle Fälle Ärger. Deine einzige Chance ist, die Lautstarken zu ignorieren und hoffen, daß Dein Design so gut ist, daß Du wenigstens die Mehrzahl der Skeptiker nach einer Anlaufphase auf Deine Seite ziehen kannst. 4E packts anscheinend nicht: Die zwei aggressiv beworbenen neuen Kernphilosophien - Vereinfachung und Verbrettung - sind wohl nicht so zugkräftig und nachgefragt, wie angenommen. Das unbestreitbare Schielen auf die WoW-Crowd war vorneherein illusionär. Wer da nicht schon P&Pler ist, der wird sich garantiert auch nicht von diesem tollen D&D-Insider-Tool auf dem grafischen Stand von DX5 dazu verleiten lassen, knapp 300 Seiten Regeln in einem Buch zu lesen, oder gar 800 um den DM zu geben. Mal iim offiziellen WoW-Forum gewesen? Wow...
« Letzte Änderung: 31.01.2009 | 01:36 von Lorom »
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Zitat von: korknadel
Rollenspiele sollen bei Dir im besten Fall eine gewisse Schwermut, Resignation und Melancholie hervorrufen.

Zitat von: Dolge
Auf Diskussionen, was im Rollenspiel realistisch ist und was nicht, sollte man sich nie unter gar keinen Umständen absolut gar überhaupt vollständig nicht einlassen.