@Settembrini:
Ich atme tief durch.
So.
Gut, erkenne ich also an, dass ich da etwas unterstellt habe, was so gar nicht vorhanden ist. Bon. Aber das Beispiel hinkt doch auch ganz interessant: Mensch ärgere dich nicht würde ich nie anders spielen, als um zu gewinnen, und zwar nach den Regeln. Und wenn ich gewinne, würde ich mich freuen (nicht sehr, bei so einem doofen Spiel, aber es geht ja ums Prinzip). Nie würde ich jemandem Höhlenmenschentum unterstellen, nur weil er diese Freude auch lautstark zeigt. "Ich hab gewonnen!" Ist doch super. Ich hoffe, du denkst nicht, ich würde Sauerbaum mögen.
Worauf ich mich in überspitzter Form bezog war nicht die Freude an Spielen, bei denen man gewinnen kannen oder das lautstarke Zeigen dessen. Sondern die aus meiner Sicht völlig unnötige Abwertung von Leuten, die andere Spiele spielen, in Begriffen der Moral und der Persönlichkeitsstruktur. Die Spiele darf man gerne fertig machen, auch subjektiv und gemein (wie denn sonst?), und sagen, wie scheiße man die findet. Aber die Leute? "Das sind alles schwule Mädchen, die auch mit Claudia Roth Schlammtänze machen würden"? Und zwar, wohlgemerkt, weil die mit ihren Elfen und Zwegen gegen Orks kämpfen, die unparteisch da sind, und nicht einfach nur so ausgedacht-hingestellt da sind? Naja. Das in Kombination mit dem Tonfall klingt halt doch nach "Wer keine Fußballbildchen sammelt, ist doch schwul". Und das finde ich bescheuert. Die gezielte Erledigung ist bei, sagen wir mal, Joschka Fischer oder solchen Kalibern angebracht, also bei Menschen, die mit ihrer Dummheit gemeingefährlich werden, nicht bei irgendwelchen Rollos. Finde ich. Es ist dann auch eine Stilfrage, dass man bei solchen Erledigungen nicht unter das Niveau des Ziels fällt, und wenn, dann nur extra derbe, wenn das Ziel sich besonders fein tut, aber zurück zur Hauptsache.
Zum Beispiel: Das hinkt auch noch an einer anderen Stelle. Weil ja nämlich nie jemand behaupten würde, dass man beim "Mensch ärgere dich nicht" die Verblendung durch das falsche Bewusstsein durchdeklinieren muss. Da muss man würfeln und als erster im Ziel sein. Bei Rollenspielen ist es aber nicht so klar, worum es geht. Da sind am Tisch immer mehrere Aktivitäten da, von denen nur ein Teil durch klar fassliche Regeln abgewickelt wird - anders als bei MÄDN, wo alles durch die Regeln abgedeckt ist. So, und nun kann das Spiel halt Schlagseite kriegen zu den Teilen, für die es keine Regeln gibt in dem Sinn, dass man auf irgendwas würfeln muss. Da gibt es einen Wald aus schwerer fassbaren Regeln, die sich aus Genretreue, sozialem Miteinander, Kohärenz des Erzählten, Stil/Style undsoweiter ergeben. Man kann versuchen, forgemäßig neue harte Regeln zu definieren, die dann genau das fördern, man kann es auch einfach wie bisher neben die gewohnten harten Regeln stellen und versuchen, zu einem sinnvollen Mischverhältnis zu kommen. Wo ist das Problem? Was genau ist daran "unsittlich" und irgendwie weibisch und bedroht dich in deinem ureigenen Spielvergnügen?
Also, kurz und gut, ich finde, dein Beispiel krankt daran, dass du unterstellst, Rollenspiel sei etwas wie ein simples Brettspiel, wo man jederzeit Regelkonformität feststellen kann (ich glaube eigentlich nicht, dass du das glaubst, das widerspricht doch all deinen Gedanken, oder?), und zweitens, und wichtiger, dass du behauptest, irgendwo hätte irgendjemand von dir verlangt, dass du mit Traveller oder D&D unbedingt die Abgründe deiner Figuren erforschen musst, sonst wäre es kein richtiges Rollenspiel.
Worum es doch gehen muss, wenn solche Forumsdiskussionen noch irgend einen anderen Wert als Zeitvertreib haben sollen, ist, wie mehr Leute klügere Ratschläge an die Hand kriegen wie ihr Rollenspiel besser funktioniert. Du hast ja wahrscheinlich sogar recht, wenn du sagst, dass viele, viele Leute eigentlich ARS spielen wollen, dass das "normales Rollenspiel" ist. Was mich an den Gedankengängen aus dem ARS-Umfeld interessiert wäre ja genau das. Wie geht das konkret, was muss man vermeiden, was kann ich vielleicht übernehmen? Und nicht, wer jetzt die Aufklärung nicht verstanden hat.
Ich meine, wie oft soll ich das denn noch runterbeten: Es kommt drauf an, dass man in der Runde austariert, was Sache ist, welches Spiel gefragt ist, und das dann macht. Dass dir jemand sagt, du darfst einen Gnoll nicht mehr umhauen, wenn du ihn siehst und dann einen Freudentanz aufführen, das bildest du dir glaube ich ein (und wenn, wäre das ja wohl einfach nicht ernstzunehmen). Jaja, ich weiß schon, dass bei Alveran und so immer noch Leute sagen, Dungeons sind ganz böse und wer die spielt ist doof, und ich erkenne an, dass es irgendwann mal sinnvoll war, da mit einer groben Keule draufzuhauen, um diesen Unsinn erstmal zu fassen zu kriegen. Aber irgendwann ist doch auch mal gut.