Ahja, jetzt kommen sie doch alle wieder mit dem „Pseudo“-Argument. Klar. Ganz egal, was mir jemand erzählt, wenn ich mich mit den Händen in den Hosentaschen hinstelle, einmal ausrotze zu sage: „Du bist doch pseudo, du tust doch nur so“, dann braucht man sich nicht weiter zu unterhalten. Ich könnte natürlich auch sagen: „Skyrocks ARS-Manifest ist doch Poser-Kacke, das kauf ich ihm nicht ab“, und Spott und Häme über ihm ausgießen. Mache ich aber nicht, selbst wenn mir der Gedanke vielleicht mal gekommen ist, denn es steht mir einfach nicht zu.
Genau das meine ich mit prätentiös. Den Leuten zu unterstellen, dass sie unaufrichtig sind, sich anzumaßen, dass man selbst das besser beurteilen kann als die, um die es eigentlich geht… und das dann zum Anlass zu nehmen, sie zu verunglimpfen und zu verspotten… das meine ich mit schwaches Tennis. Da tritt eben auch eine bestimmte Geisteshaltung zu Tage, die ich schon früher angeprangert habe, aber das will ich jetzt nicht vertiefen.
Zum Thema „Anspruch“ stimme ich Skyrock zu, das ist eine andere Baustelle. Es geht hier ja nicht darum, den Inhalt einer Rollenspielsitzung an den Standards hoher Literatur oder auch nur guter Belletristik zu messen. Rollenspiel ist ein Hobby zum Mitmachen, und darum geht es: Wie die Spieler ihre Teilnahme erleben. Die Parallele zu Film und Buch besteht nur insoweit, als bestimmte Elemente „düsterer“ Geschichten zu diesem Zweck aufgegriffen werden: Einerseits eine bestimmte Ästhetik, die Geschmacksfrage ist (und auch durchaus verschieden interpretiert wird), andererseits eine bestimmte inhaltliche Zuspitzung auf das Kaputte, das Hoffnungslose, das Zynische.
Und meine Aussage ist,
unterstellt, dass das nicht bloß alles pseudo ist,
begünstigt diese inhaltliche Zuspitzung ein Spielerlebnis, das die Spieler als emotionale und moralische Wesen anspricht. Das Gleiche gilt eben auch für die entsprechenden Referenzen in Buch und Film, die die moralische Botschaft nicht gleich mitliefern, die auch mit verstörenden Inhalten arbeiten.
Natürlich funktioniert das alles nur, wenn man sich darauf einlässt. Wenn man es alles lächerlich findet, bringt es nichts. Das gilt für Film und Fernsehen genauso. Nur ist es deswegen doch nicht gleich pseudo.
Es ist ja durchaus so, dass man Rollenspiel auch ganz ohne moralische oder emotionale Dimension spielen kann. Darf man ja auch.
Und es ist natürlich auch so, dass man Rollenspiel mit moralischer oder emotionaler Dimension spielen kann, ohne dass es „dark“ im einen oder andere Sinne zugeht. Darf man ja auch, und muss gar nicht beleidigt sein, weil der böse Vermi einen gedisst hat, hat er nämlich gar nicht.
Ich wollte nur mal erklären, was möglicherweise für viele die Faszination des Düsteren ausmacht.
@Ein:
Moralische Herausforderung tritt doch erst dann zutage, wenn man abwägen muss ob man eine unmoralische Gelegenheit nutzt mit dem Risiko gesellschaftlichen Sanktionen ausgesetzt zu sein. Doch diese Sanktionen sind im Rollenspiel doch garnicht präsent. Auch die unmoralische Belohnung ist rein virtuell. Daher hat man kein moralisches Dilemma, sondern man tut nur so als hätte man eines. Man spekuliert dann halt mal nett drüber.
Na ja immerhin, ist doch was. So funktioniert ja Fiktion nun mal, man stellt sich etwas vor, das nicht real ist. Es muss ja im Übrigen auch nicht immer eine moralische Entscheidung sein, die der Charakter trifft. Unmoralische Charaktere – oder, was mich persönlich im Moment besonders reizt,
amoralische Charaktere – kannst du ja auch nur spielen bzw. als solche erkennen, wenn du so was wie ein moralisches Empfinden besitzt, nur darum geht es mir.