Ich habe jetzt den kompletten Thread gelesen, weiss aber immer noch nicht, was "Dark" genau ist.
Sind Film Noirs "dark"?
Ist die Godfathers-Reihe oder die "Die Hard"-Reihe "dark"?
Oder gelten nur Settings und Filme, die eine Welt beschreiben, die dem Untergang nahe steht, als "Dark"?
Ist "Dying Earth" "dark"? Oder "Dr. Seltsam?
Wie sieht es mit Lovecraft aus? Hat der "darke" Bücher geschrieben?
Um mal mit den bisherigen Thread-Teilnehmern zu antworten:
Ja. Nein. Eventuell. Das ist hier gar nicht der Punkt. Was du meinst, ist emo. Du hast das wichtigste vergessen. Ihr versteht das alles falsch.
Augenscheinlich werden hier mehrere Dinge mit "dark" (oder gar "darque") in Verbindung gebracht, die da entweder nicht per se hingehören oder für so manchen mit "dark" synonym sind. Macht die Diskussion natürlich schwierig, aber ich denke, Vermi hat eigentlich ganz gut umrissen, worum es ihm geht.
So wie ich es verstehe, geht es gar nicht darum, die durchaus vorhandenen Konflikte "klassischer" Welten mit Gut-Böse-Schwarz-Weiß-Schema infrage zu stellen - die nehmen wir als gegeben hin und wissen auch, dass es sie gibt. ABER: Vermi hält Konflikte für interessanter, die eben nicht aus den hehren Motiven eines Weißen Ritters erwachsen. Wenn alles grauer ist und es kein klares Weiß gibt, sind auch die Spieler nicht weiß - ihre Motive sind fragwürdiger, niemand (oder sagen wir: meistens niemand) tut etwas aus Altruismus. Je dunkler das Grau wird, desto unklarer werden die Grenzen. Natürlich kann das zu einem Spiel führen, das vor allem auf der Ebene Spieler-Charakter zündet: Eine verkommene Moral und amoralisches Handeln erzeugen natürlich nur ihre Wirkung, wenn sich der Spieler dieser Dimension ständig bewusst ist. Gleiches gilt ja auch für die Beispiele, die Vermi am Anfang gebracht hat.
So gesehen KANN es natürlich reichen, wenn man (wie in klassischen Welten) nach der "weißen" Moral handelt - auch da gibt es genug Konflikte zu lösen, auch daraus kann man Vergnügen ziehen. Vermi findet es nur spannender, wenn es eigentlich keine "richtige" Entscheidung in der Welt gibt (im Sinne von "richtig"-"falsch", nicht "richtig" als Synonym für "tatsächlich") und damit kein ideeller Lösungsweg vorgegeben ist, sprich: einem die Konventionen sagen, was zu tun ist.
Ich finde daher auch das Beispiel mit den Booten voller Verhungernder von SeelenJägerTee großartig - wenn auch nicht in seinem Sinne. Natürlich kann man sagen, dass das Erschießen eines Ausgelosten Pechvogels falsch ist - aber nur, wenn man unsere Moralvorstellungen anlegt. Diesen Konflikt zu lösen verspricht aber enorme Spannung, wenn man nicht von vornherein "gezwungen" ist, bestimmte Lösungen auszuschließen, und genau das passiert, wenn von vornherein eine Entscheidung als "moralisch falsch" definiert wird. Nimmt man sie jedoch heraus, hat man eine spannende Situation - und wenn jeder Spieler ein Bootsmann spielt, ist die Sache noch spannender, weil jeder weiß, dass eine Entscheidung seinen eigenen Tod bedeuten könnte. Dass man so etwas nicht im wahren Leben erleben möchte, ist wohl klar. Aber in einem "darken" Setting hast du ganz andere Möglichkeiten als in einer schwarz-weißen Welt, die einen Lösungsweg ("schwarz") als nicht hinnehmbar ausschließt!
Und das ist meiner Meinung nach der Reiz an "dark".
Um außgehend von dieser Sichtweise die angefragten Werke/Genres abzuklappern:
Film Noir ist "dark" (meist ist schon der "Held" zwielichtig, von seinen Gegenspielern ganz zu schweigen).
"Godfather" ist auf jeden Fall "grau", aber da die Mafia sich als "ehrenwerte Familie" darstellt, würde ich das als Grenzbereich sehen - man versucht, einen moralischen Anstrich neben der eigentlichen Moral zu erzeugen, wirft aber beides gern über Bord, wenn es einem in die Quere kommt... ist also schwierig.
"Die hard" ist vermutlich mehr schwarz-weiß als man denkt, auch wenn der Protagonist graue Züge trägt und nicht immer moralisch handelt - er spricht unser "normales" Gerechtigkeitsempfinden an (das ja oft auch anders funktioniert als Moral...), seine Gegenspieler sind eindeutig schwarz und "die Bösen".
"Dying Earth" und "Dr. Seltsam" kenne ich leider nicht.
Lovecraft ist gewissermaßen auch ein Zwitter, weil er klar mit den moralischen Vorstellungen der Leser spielt und sie mit anderslaufenden Dingen konfrontiert: Göttliche Wesen ohne moralische Vorstellungen, Kulte, die ganz klar "dark" sind, aber auch "weiße" Protagonisten. Insgesamt also wenig grau, daher wohl auch kein "dark". (Interessant hierbei: Die anderen Wesen sind so fremdartig, dass sie eigentlich nicht ins Schwarz-Weiß-Schema passen, aber von der "normalen" Welt als "schwarz" wahrgenommen werden.)