OK, zurück zum Thema.
– Dass Florian das Schisma etwas grundlegender und aufgrund von Quellen und Vergleichen beschreiben will, finde ich eigentlich ganz interessant, weil er es in seiner Veröffentlichung nach meinem Verständnis geschafft hat, die verschiedenen Standpunkte eben so gar nicht schismatisch zu beschreiben, sondern Ähnlichkeiten, Gemeinsamkeiten und Unterschiede ganz gut ausgearbeitet und gelassen nebeneinander statt gegeneinander aufstellt.
– Dass Pariah seine Kritik an dem Papier hier abgegeben hat, fand ich auch ganz gut. Die hatte nach meinem Dafürhalten, bis auf zwei Fragen (die weiter ihrer Beantwortung harren), Hand und Fuß.
Trotz einiger Mängel an
Florians Schisma kann es meiner bescheidenen Meinung nach doch ganz gut den Diskurs über verschiedene Spielstile oder -vorlieben einfangen, der so bis etwa Anfang 2008 geführt wurde.
Kernfrage der Diskussion hier ist – wenn ich mich nicht irre –
Gibt es dieses Schema wirklich?Ich sage mal: Schon, aber es ist künstlich erzeugt. Nicht erst seit Sette und Skyrock das ARS-Banner gehißt haben, sondern bereits lange Zeit. Weder Erzählspiele noch ARS-Vorstellungen sind wirklich neu (Case in point:
Theatrix ist von 1993 – sicherlich nicht das einzige Beispiel für ein prä-Forge-Erzählspiel, aber das älteste das mir bekannt ist).
Für mich leitet sich daraus eine weitere Frage ab:
Was nützt das Schisma, wenn es künstlich ist?Schaut Euch die Rollenspiel-Historie von Vermi an: Früher Full-Service-StarWars-Illusions-Meister, dann im Kampf gegen die Rollenspieltheorie zu einer ihrer deutschsprachigen Epigonen geworden, hat er sich mittlerweile wieder dem
ganz normalen Rollenspiel zugewandt und ist wohl ganz zufrieden. Glaub ich. Wenn er sich für ein Spiel begeistern kann, rockt er die Hütte und er macht einfach eine gute Sache. Das hab ich bei Spielen von Dogs in the Vineyard bis Savage Worlds gesehen. Und das ist toll.
Wenn ich über sowas nachdenke, versuche ich dann Vermi auf die eine oder andere Seite eines Schisma zu stellen? Natürlich nicht.
Das „Schisma“, und da hat Frank schon recht, geht fast in die Vor-GNS-Zeit zurück (das ursprüngliche Prä-GNS-Threefold kannte eben auch nur Loonies, Divas, Munchkins), was die Tiefe des Diskurses betrifft. Was Florian aber eigentlich recht elegant schafft: Er wertet keine der Spielarten ab, die er behandelt. Er vergleicht sie und zeigt Unterschiede auf, ohne gleich die eine oder andere zu verunglimpfen.
Und das schaffen nur wenige.
…
Ich hab die Frage noch nicht beantwortet.
Für mich ist das (künstliche) Schisma nützlich, weil die Auseinandersetzung damit mir ermöglicht hat, eine Sprache zu entwickeln, mit der ich über meine Rollenspielvorlieben und -absichten zu sprechen. Ich hab das grad kürzlich wieder gemerkt: Ich bin in eine Rolemasterrunde eingestiegen und habe dort einen sehr guten Rolemaster-Spielleiter, der genau das seit ca. 20 Jahren macht. Er ist ganz gut darin, und hat die Regeln mit Gelassenheit und Größe im Griff. Er weiß, dass sie streckenweise grausam sind (seine eigenen Worte), kann sich aber keinen signifikant anderen Weg vorstellen, mit dem Thema Rollenspiel umzugeben. Er erzählte mir, dass er gerade erst von spielleiterlosem Rollenspiel gehört habe und war ganz baff, als ich ihm anbot, "mal ein paar davon mitzubringen".
Ich bin weder ein besserer Spielleiter noch ein besserer Spieler als dieser Mensch, nur weil ich diese
Sprache über Rollenspiel gelernt habe. Aber ich kann diesem Menschen meine Ansichten und Wünsche vermitteln. Und das (künstliche) Schisma war die Übungsgrundlage von mir.
Es gibt natürlich Leute, die das einfach so können, ohne sich komische Spiele oder Manifeste angeschaut zu haben. Geschenkt. Die brauchen diese Übungsgrundlage nicht.