Ok, da muss ich fürchterlich weit ausholen und hoffe, dass ich nicht über das Ziel hinaus schieße, wenn ich auf deine Fragen eingehe.
Meine Erfahrungen mit einem so offenem Abenteueraufbau sind inzwischen hervorragend, allerdings habe ich im Laufe meiner ersten Abenteuer bemerkt, dass es leicht zu den Problemen kommt, die du beschreibst und deshalb mein Leiten etwas angepasst. Grundsätzlich muss man das Problem an der Wurzel (den Spielern) packen und sie in die Verantwortung nehmen, dass der Plot läuft. Ich rede da gerne von einer Bringschuld der Spieler, welche sich ja traditionell gerne bespaßen lassen.
Aber fangen wir es mal langsam an. Wenn jeder Spieler seinen eigenen Zielen nachgeht, dann gibt es keinen Nenner, der die Gruppe zum gemeinsamen Handeln bringt. Eine Gruppe aus einer festen Organisation (in L5R also einer der Clans) ist natürlich immer eine Lösung, doch es gibt meiner Meinung nach auch andere Methoden um die Gruppe auf ein Ziel zu fixieren. Die kommen aus der Gruppe selber und verlangen den Spielern so einiges ab, aber es lohnt sich.
In meinen Augen hat ja jeder Spieler die Verantwortung, etwas zum Geschehen des Abenteuers beizutragen. Spieler haben auch Pflichten und eine davon ist es, den SL und die Story zu unterstützen. Schon die Frage ob die Aktion denn wichtig für die Story/den Plot ist, kann viele Spieler aus ihren Ego Trips reißen und wieder auf die Linie des Abenteuers zu bringen.
Die einfachste Möglichkeit eine Gruppe zur Zusammenarbeit zu bringen ohne Druck auf die Charaktere auszuüben, ist relativ einfach:
Man übergibt die Verantwortung für die Zusammenarbeit den Spielern.Ich weiß, der klassische SL hat sich in den Augen seiner Spieler um die Welt und das Abenteuer zu kümmern. Er muss es den Spielern recht machen und sie mit tollen SLC und Abenteuern oder Plothooks beglücken und die Spieler haben nur die Pflicht zu kommen und ihren Charakter zu spielen. Aber Du hast mit deinem Stil zu leiten schon andere Pfade betreten und nun gilt es diesen Weg konsequent so weiter zu führen, dass du Spaß beim Leiten hast.
Das kostet etwas Überwindung, denn die Spieler wollen ja in der Regel, dass der SL ihnen etwas Feines vorsetzt.
Bei mir sieht es in der Regel so aus: Vor der Kampagne geht erst einmal die Fragerunde los, was wollt ihr denn spielen? Die Spieler müssen sich dann darauf einigen, was sie jeweils in der Gruppe spielen und dabei darauf achteten, dass die Gruppe von den Charakteren her funktionell ist. Es darf also keine Gruppenkonstalationen geben, die nicht spielbar sind.
Klar dürfen die Spieler Reibungspunkte haben, doch diese sollten am Anfang eher klein sein, denn sie können sich im Laufe der Kampagne ja noch entwickeln. Du bist als SL an diesem Punkt nur als Moderator gefragt. Die Spieler sollten ihre Konzepte vorstellen und diese ohne deinen Einfluss miteinander verbinden. Viele Spieler gucken ganz schön blöd, wenn der SL sie und ihre verschiedenen Konzepte nicht über eine wahnsinnige Geschichte verbindet, sondern diese Arbeit der Gruppe selber überlässt. Doch es lohnt sich, die Spieler müssen sich gegenseitig ihre Nischen lassen und eine vernünftige Gruppe erstellen, mit der man als SL arbeiten kann. Das zeigt auch bei späteren Spielen oft eine gute Wirkung und man kann seine kreative SL Energie in wichtigere Aspekte stecken.
Aber mit diesem kleinen Kniff ist man noch nicht durch, es geht weiter auf dem Weg der Verantwortung für Spieler:
"Sagt mir, was für ein gemeinsames Ziel euch verbindet, warum ihr zusammen unterwegs seid. Wieso ihr mit den anderen Leuten befreundet oder zumindest zusammen seid und ins Abenteuer zieht."
Dieser Satz ist fürchterlich gemein, aber er sorgt weiter dafür, dass man als SL nicht immer darauf achten muss, wie man die Rasselbande jetzt zusammen hält. Wenn die Gruppe ein gemeinsames Ziel definiert hat, muss man sich nicht mit einer Gruppe von Teflon Billys und Egomanen auseinandersetzen, die alle in eine andere Richtung laufen, als die anderen Charaktere. Wenn man ein festes Konzept hat kann man das auch einstreuen und es mit der Gruppe abklären, aber wir wollen doch freies Spiel, oder?
Ja, ich bin der festen Überzeugung dass es besser für jede Gruppe ist, wenn die Mitglieder sich selber verstrickt und Beziehungen fest legen. Der SL geht dann nur noch auf die Wünsche und Charaktere der einzelnen Spieler ein, welche in der Gruppe sind und kann seine Polthooks so ausrichten, das die Spieler alle ein Interesse an ihnen haben.
Flags und Kicker erstellt man mit der Gruppe anschließend, wenn das Konzept der Gruppe schon steht. So kann man sich direkt an den Spielerwünschen orientieren.
Nein, der SL muss die Helden nicht miteinander verstricken und ihnen etwas präsentieren. Die Spieler sind in meinen Augen in der schon erwähnten Bringschuld und haben den nötigen Kram gefälligst selber abzuliefern. Wenn diese Sachen alle stehen und die Spieler auch wissen, was sie für Pflichten haben, dann werden sie von ganz alleine auf ihre sleber ausgewählten Ziele zuarbeiten. Der SL braucht dann nur noch die Umwelt zu simulieren und den Kram in einen logischen Plot zu fassen.
Um neben den Interessen der Spieler noch Anreize von außen zu schaffen, welche die Spieler zu bestimmten Taten triggern können, nehme ich immer eine
dreigeteilte Timeline, die den Spielern neben ihren eigenen Zielen immer wieder Anreize durch Ereignisse von Außen bietet und so eine Art Skelett für meine Storyline darstellt. Denn ganz im Ernst, man kann aus einzelnen Zielen eine gute Geschichte bauen, aber wie ich bei Western City gelernt habe braucht es meistens eine Art roten Faden um die Geschichte erst einmal in Gang zu bringen. Wenn der Plot dann erst einmal läuft kann man als SL aus den Taten und Zielen der Spieler schnell etwas brauchbares bauen und die Geschichte nimmt ganz von selber Fahrt auf. Eine weiter gute Methode um so etwas zu forcieren ist das
Flag Framing. Diese Methode wird von mir nur etwas abgeändert um sie auf meinen SL-Stil anzupassen, doch sie ist gold wert, wenn es um Leiten ohne viel Vorbereitung geht.
Ich empfehle also, die Spieler nicht zu motivieren, sondern ihnen diese Arbeit selber zu überlassen, denn die
Spieler und ihre Charaktere sollten die Kampagne von allein tragen. Dementsprechend finde ich, dass man als SL alle Pläne der Spieler in sein Leiten einbauen sollte, denn sie machen einen das Leiten einfacher. Diese Methodik sorgt auch dafür, dass man die Spieler nicht zum Plot zurückziehen muss, weil sie ja ihren eigenen Zielen nachjagen und man als SL nur noch zu reagieren braucht. Falls die Spieler mal schwächeln, kann man immer noch Ereignisse der Timelines benutzen um Anreize von außen zu setzen oder einen SLC etwas böses machen lassen um die Gruppe zu triggern.
Als Entscheidungshilfe für Trigger-Elemente kann man auch ein
C-Web oder eine R-Map benutzen um sich inspirieren zu lassen.
Ich könnte jetzt noch sehr viel darüber schreiben, doch ich denke es gibt ein zwei gute Ansätze, die man verfolgen kann, wenn man möchte.
@ Chiungalla:
Der Begriff Storrynutte stammt von Oliof oder MSch, wenn ich mich nicht irre.
@ Lorom
Du meinst sicher
Burgen und Backwaren von 1of3