@Boba
... dass ich diese Dinge nicht unbedingt als gegensätzlich betrachte, wenn es doch einfach und problemlos vermischbar ist.
Ich würde eher sagen, dass dies zwei durchaus diametral angeordnete Pole von Spielleitungsmethoden sind,
zwischen denen noch eine Unzahl an Mischformen existieren, die irgendwo einen Kompromiss versuchen.
(Betonung liegt auf "versuchen")
Zum einen wird kein Spielleiter sich davon freisprechen können, dass er nicht schon Ideen und Vorstellungen über mögliche Plot-Entwicklungen des Rollenspiels besitzt -
Denn bevor man sich an den Tisch setzt und mit seinen Spielern die
"Was passiert dann" Maschine ins Rollen bringt, macht man sich ja Gedanken, welche Ausgangssituation das nötige Konfliktpotential besitzt und ein interessantes Abenteuer ermöglicht. Automatisch kommt damit die
"Was könnte wohl passieren" Maschinerie des Hirns auf Touren.
Und die möglichen Resultate werden natürlich irgendwo auch bewertet. "Das könnte interessant sein." oder "Äh, das wär ja uncool..."
Wird im freien Rollenspiel ohne Plotvordefinition dann entsprechend "geschummelt"?
Nein, aber der Spielleiter hat immer wieder im Spiel Entscheidungen zu treffen - Entscheidungen über die Reaktionen der Umwelt.
NSCs treffen Entscheidungen, Dinge passieren, Handlungen laufen parallel zu den von den SCs wahrgenommenen ab.
In diesen Entscheidungen hat der Spielleiter eine wichtige Pflicht: Sie müssen plausibel sein.
Das ergibt aber nicht nur noch eine einzige Möglichkeit für eine notwendige Entscheidung, sondern es bleibt eine Bandbreite von Möglichkeiten, wie sich die Situationen in Punkto Ereignisse oder NSC-(re)aktionen weiterentwickeln.
Und in dieser Bandbreite wird der Spielleiter Entscheidungen treffen, dass sich der Plot in eine möglichst vielversprechende Richtung bewegt.
Und damit beeinflusst der SpL durchaus die Plotentwicklung (Nicht vordefiniert, aber doch auch nicht völlig frei).
Zum Anderen wird auch der Spielleiter, der die Plotentwicklung für sich allein vordefiniert hat, auf die Aktionen der SCs reagieren müssen. Auch da spielt irgendwo wieder Plausibilität eine Rolle.
Zugemauerte Ausgänge die in eine Handlungseinbahnstraße (um mal den RR Begriff zu vermeiden) führen sind nur Bestandteil der Matrix
oder Zeichen eines wirklich katastrophal schlechten Spielleiters (der wiederum sehr kurze Halbwertszeiten haben dürfte).
Also wird auch der plotorientierte Spielleiter plausible Ereignisse und Reaktionen erzeugen, um seine Schäfchen auf den richtigen Plotpfad zu bringen - bei stetiger Weigerung wird aber auch da ein abweichender Plot entstehen.
Der Unterschied zwischen beiden ist meist nur der Grad der Flexibilität - ein guter, flexibler Plot-SpL wird immer noch ein adäquates Abenteuer spielleitern. - und die prizipielle Bereitschaft, nicht an einem goldenen, vordefinierten Weg festzuhalten.
Zwischen diesen beiden Extremen gibt es aber eine Grauzone unendlich vieler Nuancen, wie man mit dieser Situation umgeht.
Zumindestens gibt es nicht den einen "richtigen" und den anderen "falschen" Weg, damit umzugehen.
Und letztendlich muss man ausprobieren, welcher (für einen selbst) der beste Weg ist.
PS: Ein wesentlicher Faktor ist übrigens auch die Runde. Eine Runde, die dem Spielleiter beim Versuch sie zum Goldenen Weg zurückzutreiben früh den Vogel zeigt, erzieht ihren Spielleiter auch sehr schnell dazu, sich mehr in Richtung Offenheit zu bewegen. Eine Runde, die sich gern den Königsweg zeigen lässt, weil sie eben Spaß daran hat, das zu erkunden, was der Spielleiter sich mal wieder ausgedacht hat, erzieht ihren Spielleiter natürlich auch irgendwo dazu, einen Königsweg parat zu haben.