Seitdem ich aus meiner Heimatstadt nach meiner Schullaufbahn weggezogen bin hab ich leider recht wenig Kontakt zu meiner alten DSA- Runde. Dafür bin ich (insb. durch Cons und Foren wie dem Tanelorn
) viel offener für neue Runden, andere Systeme etc geworden, so dass ich mittlerweile viele SLs erlebt habe.
Kein einziger davon hat diesen hier manchmal fast fanatisch beschworenen "Weltensimulations-"Spielstil mit Zufallselementen, Handlungsapperat etc. betrieben, trotzdem waren auch Spielleiter darunter, die ich als gut empfinde.
Was heißt "guter SL" für mich? In erster Linie, dass es MIR Spass macht natürlich. Da es sich um eine Gruppenaktivität handelt, entsteht darauf quasi die Anforderung, das im Grunde JEDER zumindest ein bißchen Spass hat, also im größten Teil seine Anforderungen an einen netten Rollenspielabend erfüllt werden.
Und dies haben eigentlich alle Spielleiter die ich kenne irgendwie hinbekommen, von "hinreichend gut" bis "überragend".
Zu meiner alten Runde sei gesagt: Es handelte sich dabei um eine eingschworene DSA3-Gruppe, die einen Dreck auf Metaplot gab und schon 5+ Jahre zusammen spielte als ich da rein kam. Selbst ausgedachte Abenteuer waren die Norm - ebenso wie SL-Willkür, Gebrauch des "Meisterschirms" (allerdings wurde mE kaum geschummelt...), Railroading und dieser ganze verschriehene Schmock. Und es hat TROTZDEM derbst Spass gemacht.
Vermutlich war ein großer Teil der Tatsache geschuldet, dass wir auch alle befreundet waren und uns sehr gut kannten aber ich habe auch das Gefühl gehabt, dass jeder grundsätzlich mit der Art des Spiels einverstanden war und gar nix anderes brauchte, um glücklick zu sein (btw: keiner von denen war in RSP-Foren unterwegs, wenige hatten Erfahrungen mit andern Spielgruppen oder gar Systmen).
Nach meinen Umzügen hab ich andere Runden und andere Spielstile kennengelernt und einiges in Bezug auf Spielleitung dazugelernt (wie ich hoffe). Je mehr ich in Foren gelesen (und geschrieben) habe und je öfter ich drauf geacht habe, hat mich die mangelnde Freiheit von Spielercharakteren zunehmend gestört, obwohl es in der alten Gruppe wie gesagt normal war. Mittlerweile stelle ich an mich als SL ebenso an andere SLs die Anforderunge, den Spielern einen hinreichend hohen Grad an Freiheit zu gewähren. Ich betreibe Rollenspiel, um in einen anderen Charakter zu schlüpfen, mit seinen(ggf. auch meinem eigenen Charakter entgegengesetzten!) Eigenheiten, Zielen, Bekanntschaften, Feinden etc. Und als "Verkörperung" dieses Charakters will ich in der gegebenen Welt tun, wozu ich Lust habe. Wenn ein SL schafft, mir das Gefühl zu geben, dass ich immer die volle Entscheidungsfreiheit habe, ist (für mich!) ein "guter Spielleiter".
Wenn er dann noch in der Lage ist, packend zu erzählen, spannende Situationen zu schaffen, auf die Charaktere und ihre Eigenheiten eingeht, interessante NSCs bietet, ein klein wenig schauspielerische Begabung zeigt: Das ist für mich ein exzellenter Spielleiter. So einen habe ich noch nicht getroffen bisher, aber einige, die mehrere dieser Eigenschaften vereinten und es war immer ein Erlebnis, mit solchen SLs zu spielen.
Kerzen, musikalische Untermalung, schöne Pläne und Handouts, exzellent ausgearbeitete Kampagnen mit cleveren Plots und komplex ausgearbeitete Welten: Das kann das Spiel an sich (als Gruppenevent) bereichern, gehört aber nicht mehr zum "guten Spielleiter" sondern ist zT auch Ergebnis der Zusammenarbeit der Gruppe.
Ich habe bewusst die Kampagnen hier als Gimmick reingenommen, da ich die Erfahrung gemacht habe, dass ein mittelmäßiges Abenteuer mit simplen Plot unter einem guten SL ungeheur viel mehr Spass macht als ein exzellent konstruierter Plot unter einem eher schwachen SL.
[EDIT:]PS: Ich kann mich erinnern, wie ich mich am Ende eines Rollenspielabends ins Auto setzte und nach Hause fuhr. Die Straße führte durch einen Wald und ich weiß noch, wie ich den Gedanken hatte, das jeden Augenblick Männer mit Schwertern aus dem Wald gestürm kommen könnten, in Rüstungen gekleidet mit Schwertern bewaffnet... hm wenn man das so liest klingt das jetzt übelst shizophren
Das war zu der Zeit nur ein Gedankenspiel von mir, das aus einem euphorischen Gefühl in Rückblick auf den Abend entstand. So etwas habe ich bisher nur ein paar Mal erlebt, aber jedes Mal wusste ich hinterher, warum ich diesem Hobby verfallen bin und meine Abende lieber so verbringe, als vor dem Fernseher oder im Halbkoma in irgendwelchen Großraumdiskos.