Autor Thema: Die Grenzen der Belastbarkeit  (Gelesen 6668 mal)

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Offline Kermit

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Die Grenzen der Belastbarkeit
« am: 17.09.2009 | 09:53 »
Hallo,

kennt ihr das auch, dass man sich viel Mühe bei einem stimmungsvollen Horrorabenteuer gibt und dabei versehentlich die Grenzen der psychischen Belastbarkeit der Spieler erreicht? Weil der eine Spieler vielleicht eine Phobie vor unbekannten Tiefen hat oder der andere nicht mit der detailierten Beschreibung der Leiche, die gefunden wird, klar kommt?
Wie geht ihr dann vor? Mein Ansatz ist der Mut zur Auszeit. Jeder Spieler hat bei mir stets das Recht zu sagen: Stopp, das ist zuviel. Und natürlich gibt es auch immer eine entsprechende Nachbetrachtung. Aber wo ist die Grenze zwischen dem zu starken Horror und jenem Gefühl von Grusel, das einem auf dem Nachhauseweg noch Schauer über den Rücken jagt und ein Abenteuer im positiven Sinne unvergesslich macht? Und wieviel Verantwortung hat hier der Spielleiter, wieviel liegt bei den Spielern selbst?
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Ein

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Re: Die Grenzen der Belastbarkeit
« Antwort #1 am: 17.09.2009 | 10:01 »
Wir haben das Thema hier an Board schon mehrmals besprochen und unser Konsens war bisher, dass:

Dem Spielleiter dabei große Verantwortung zu kommt. Er ist immerhin Spielinitiator und Moderator.

Man vorher Grenzen und Stoppwörter absprechen sollte.

Man jederzeit bereit sein sollte, die Runde abzubrechen.

Man als Spielleiter nicht den Fehler machen darf, zu denken, man kenne seine Spieler.


Ich persönlich gehe das Thema Horror nur mit der Kneifzange an. Okkultes ist in Ordnung, aber Horror hat bei mir am Tisch nichts zu suchen, da ich allgemein nicht viel vom Horrorgenre (im Sinne des Filmgenres) halt.

Auf keinen Fall werde ich zu plastisch in den Beschreibungen werden (wobei ich aber eh kein sonderlicher Stimmungersspielleiter bin) und ebenso schneide ich harte Thematiken nicht an.

Ich halte es aber grundsätzlich eine vernünftige Handhabe nicht weiter zu gehen als dem Äquivalent von FSK16.
« Letzte Änderung: 17.09.2009 | 10:04 von Ein »

Offline SeelenJägerTee

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Re: Die Grenzen der Belastbarkeit
« Antwort #2 am: 17.09.2009 | 10:41 »
Mittlerweile werden im TV ja von Zeit zu Zeit nicht gerade appetitlich zugerichtete Leichen gezeigt.

Da frage ich mich dann schon was
Zitat
[...] nicht mit der detailierten Beschreibung der Leiche, die gefunden wird, klar kommt?
solche Leute zu einer Horror runde treibt?
Wenn man im Fernsehen mit Leichen klar kommt, sollte man es im RoSpi alle mal und wenn nicht sollte man es lassen.

Oder zieht da vlt. das:
Zitat von: mir in anderem Faden
(Und ich glaube auch, dass durch PC-RPGs eher Leute zum PnP gebracht als abgeworben werden. - Vor allem wenn man älter wird und die Zeit die man hat kostbarer, da überlegt man sich doch eher mit Kumpels PnP zu machen oder alleine vorm Rechner zu gammeln.)
Vlt wollen diese Leute gar kein Horror, aber sie wollen was mit ihren Kumpels machen.
Von dem her würde ich sagen: "Kläre vorher ab ob WIRKLICH ALLE Horror wollen, oder ob man nicht lieber etwas anderes machen sollte.

Offline Hector

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Re: Die Grenzen der Belastbarkeit
« Antwort #3 am: 17.09.2009 | 10:54 »
@ Seelen: Ich glaube, es geht hier nicht um reine Horror-Runden, sondern um gelegentliche Horror-Abenteuer in einer "normalen" Runde. Es ist meines Erachtens klasse, sich auch mal dem Thema Horror zu widmen. Nur, wo ist die Grenze? Das Problem ist ja auch, dass es Menschen gibt, die während eines Spiels (aus Schüchternheit oder falsch verstandener Solidarität) nicht in der Lage sind, den anderen mitzuteilen, dass es für sie richtig unangenehm wird. Ich hatte schon den Fall, dass 4 von 5 Spielern einen wirklich tollen Horror-Abend hatten und der fünfte anschließend jeden Kontakt zu uns abbrach. Aber am Spielabend hatte keiner von uns gemerkt, wie schlimm es für ihn gewesen war.

Da hilf wohl nur, vorher ein gemeinsames Brainstorming zu machen und zu fixieren, wer was erleben möchte und wo jeder seine Grenzen sieht. Es gibt Reizthemen (und Horror jeglicher Art gehört dazu), bei denen man vorsichtig sein muss. Regelmäßige Gespräche auch in laufenden Runden und ab und zu mal eine Nachbetrachtung (was hat euch gefallen? was war für euch nicht gut? was geht gar nicht?) sind unerläßlich, wenn jeder auf seine Kosten kommen soll.
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Offline Joerg.D

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Re: Die Grenzen der Belastbarkeit
« Antwort #4 am: 17.09.2009 | 10:58 »
Ich spiele und leite nur ungern Horror, weil man da schnell etwas zu viel des Guten tut. Wenn man mal eine Spielerin hatte, die nach einer Horror Runde nicht mehr in der Lage war gerade zu gehen oder Auto zu fahren, dann weiß man, dass das Spiel mit Ängsten und Emotionen auch daneben gehen kann.

Aber es ist relativ einfach, der Runde Grenzen zu setzen. Einfach vor der Runde absprechen, wie viel Horror und Gewalt oder Sex und Emotionen zu viel sind. Die Grenzen können zwar im Spiel aufgesagt werden, aber meine Erfahrung zeigt mir, dass Spieler dann oft so im Spiel sind, dass sie sich nicht melden.

Oder sie haben Angst, den anderen Spielern den Spaß zu verderben.

Letzten Endes hilft es also nur, seine Spieler gut zu kennen und sich mit ihnen ausführlich über die Art wie man spielen will zu unterhalten. Inklusive dem Hinweis, das sie immer Stopp sagen könne.
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Offline Kermit

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Re: Die Grenzen der Belastbarkeit
« Antwort #5 am: 17.09.2009 | 11:07 »
Aber es ist relativ einfach, der Runde Grenzen zu setzen. Einfach vor der Runde absprechen, wie viel Horror und Gewalt oder Sex und Emotionen zu viel sind. Die Grenzen können zwar im Spiel aufgesagt werden, aber meine Erfahrung zeigt mir, dass Spieler dann oft so im Spiel sind, dass sie sich nicht melden.

Oder sie haben Angst, den anderen Spielern den Spaß zu verderben.
Das haben sie aber manchmal auch schon vorab oder trauen sich einfach zuviel zu.
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Offline Haukrinn

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Re: Die Grenzen der Belastbarkeit
« Antwort #6 am: 17.09.2009 | 11:33 »
Das haben sie aber manchmal auch schon vorab oder trauen sich einfach zuviel zu.

Ich erwarte aber von meinen Mitspielern schon eine gewisse Selbstverantwortung. Du nicht?
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Offline bobibob bobsen

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Re: Die Grenzen der Belastbarkeit
« Antwort #7 am: 17.09.2009 | 11:46 »
Nein kenne ich nicht. Ich bin in der Beziehung ein ziemliches Weichei und kann meinen Spieleren kein Horror bieten.
Mag ich einfach nicht.

Offline Beral

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Re: Die Grenzen der Belastbarkeit
« Antwort #8 am: 17.09.2009 | 12:11 »
Ich habe noch nie Horror gespielt, aber mit euren Gruselgeschichten habt ihr meine Neugier geweckt.

Wenn man sich nicht sicher ist, ob die Spieler den Horror unbeschadet überstanden haben, sollte man direkt nach dem Spiel nachbereiten und die Leute nicht sofort abhauen lassen.
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Offline Hector

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Re: Die Grenzen der Belastbarkeit
« Antwort #9 am: 17.09.2009 | 12:15 »
Nach dem Spiel ist es zu spät. Dann hast du den Salat. Sollte man auf jeden Fall vorher klären. Das kann wirklich übel entgleisen, und wenn 3/4 der Gruppe voll darauf einsteigt, am besten noch mit Halloween-Soundtrack, gedämpfter Beleuchtung und einem kranken Bastard als SL, der die Horror-Klaviatur beherrscht, werden zartbesaitete Gemüter einfach so überrollt. Und hinterher sind sie wimmernde Nervenbündel.
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Offline bobibob bobsen

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Re: Die Grenzen der Belastbarkeit
« Antwort #10 am: 17.09.2009 | 12:37 »
Nach dem Spiel ist es zu spät. Dann hast du den Salat. Sollte man auf jeden Fall vorher klären. Das kann wirklich übel entgleisen, und wenn 3/4 der Gruppe voll darauf einsteigt, am besten noch mit Halloween-Soundtrack, gedämpfter Beleuchtung und einem kranken Bastard als SL, der die Horror-Klaviatur beherrscht, werden zartbesaitete Gemüter einfach so überrollt. Und hinterher sind sie wimmernde Nervenbündel.

oder vorher schon gegangen und werden auch nicht wiederkommen

Offline Beral

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Re: Die Grenzen der Belastbarkeit
« Antwort #11 am: 18.09.2009 | 00:01 »
Nach dem Spiel ist es zu spät. Dann hast du den Salat. Sollte man auf jeden Fall vorher klären.
Das schließt sich nicht aus. Die beste Vorbesprechung garantiert dir keine "Unfallfreiheit". Falls man den Salat hat, muss man ihn schnell auffressen.
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Offline Hróđvitnir (Carcharoths Ausbilder)

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Re: Die Grenzen der Belastbarkeit
« Antwort #12 am: 18.09.2009 | 02:30 »
Ich spiele Horror sehr selten, aber vorher klären halte ich auch für die einzige Möglichkeit. Ich habe einmal die frühkindlichen Traumata einer Borderlinerin unwissentlich getriggered, das reicht mir für alle Zeit (wobei ich nicht verstehe, bis heute nicht, warum so jemand an einem Horrorrollenspiel überhaupt teilnimmt). Andererseits ist das Ereignis jetzt das drastisch-plastische Beispiel, das ich erzähle, wenn sich Irregulars zu einem Horror-One-Shot einstellen wollen. Seht ihr, das kann passieren.

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Zitat von: korknadel
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Zitat von: Dolge
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Offline KlickKlack

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Re: Die Grenzen der Belastbarkeit
« Antwort #13 am: 18.09.2009 | 02:31 »
Ich lese schon seit einer ganzen Weile hier im Forum mit, habe immer wieder interessante Anregungen mitnehmen können… Dank an jeden der hier mit Leidenschaft und Hingabe schreibt…
Dieser Thread reizt mich nun, auch einmal aktiv zu werden… Ich spiele schon seit vielen, vielen Jahren, dabei vorwiegend als Erzähler und leider zu selten als Spieler… Horrorszenen oder ganze Szenarien sind mir nicht fremd… emotionale Momente habe ich erlebt… aber so etwas :
Zitat
…die nach einer Horror Runde nicht mehr in der Lage war gerade zu gehen oder Auto zu fahren…
Ist mir bisher noch nicht untergekommen. Es mag sich seltsam lesen, aber ich bin wirklich fasziniert. Nicht dass es mich reizt jemanden zu traumatisieren, aber eine solche Dichte, eine solche Atmosphäre aufzubauen… hmm… vielleicht fehlt mir die Phantasie aber ich kann es mir nicht vorstellen. Deshalb bitte ich Euch einwenig mehr über euren Stil, euren Weg hin zum absoluten Horror zu schreiben. Selbstredend wäre ich auch einer Demonstration nicht abgeneigt, wenn jemand also in Berlin spielt und erzählt… Es wäre mir eine Ehre.

p.s. triggernde Momente bei traumatisierten Persönlichkeiten stehen natürlich auf einem ganz anderen Blatt.

« Letzte Änderung: 18.09.2009 | 02:34 von KlickKlack »

Offline Hróđvitnir (Carcharoths Ausbilder)

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Re: Die Grenzen der Belastbarkeit
« Antwort #14 am: 18.09.2009 | 02:52 »
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p.s. triggernde Momente bei traumatisierten Persönlichkeiten stehen natürlich auf einem ganz anderen Blatt.

Das läßt sich leider nur vermeiden, wenn man den Spielleiter freundlicherweise darüber vorher informiert, und es ihm  nicht erst im erweiterten, hyperventilierenden Schockzustand zwischen zwei Schreikrämpfen ins Gesicht keucht. Und auf den Einsatz war ich noch so stolz bei der Vorbereitung....

Daher, zur Beachtung an alle SL: Es gibt einen Haufen Leute mit dissoziativen Störungen, die Chance ist recht groß, daß auch in eurer Runde so jemand sitzt. Bei mir sind es aktuell zwei von den sieben Stammgrupplern. Unbedingt vorher klären. Pech, wenn der Betreffende das gar nicht weiß, was natürlich auch der Fall sein kann.
« Letzte Änderung: 18.09.2009 | 02:54 von Lorom »
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Zitat von: korknadel
Rollenspiele sollen bei Dir im besten Fall eine gewisse Schwermut, Resignation und Melancholie hervorrufen.

Zitat von: Dolge
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Offline KlickKlack

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Re: Die Grenzen der Belastbarkeit
« Antwort #15 am: 18.09.2009 | 03:07 »
Zitat
Es gibt einen Haufen Leute mit dissoziativen Störungen, die Chance ist recht groß, daß auch in eurer Runde so jemand sitzt.
puhh.. eigentlich nicht... ich bin jetzt über deine Quote richtig erschüttert...
Für die Links danke ich Dir, die waren wirklich nicht sehr ergiebig.

Offline Bad Horse

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Re: Die Grenzen der Belastbarkeit
« Antwort #16 am: 18.09.2009 | 05:28 »
Ich erwarte aber von meinen Mitspielern schon eine gewisse Selbstverantwortung. Du nicht?

Ja.

Ich bin weder der Kindergärtner noch der Seelenklempner meiner Spieler. Wenn ich sage, ich leite Horror, dann muss sich ein Spieler darauf gefasst machen, dass es auch mal unheimlich bis eklig wird. Wenn jemand das nicht mag, was ich da mache, dann soll er bitte den Mund aufmachen - kein Problem, dann ruder ich auch sofort zurück.
Aber ich finde nicht, dass man seelsorgerische bis hochempathische Fähigkeiten von einem SL erwarten kann. Klar, das kann daneben gehen. Das kann dir aber beim Horrorfilmabend auch passieren.

Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
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Korrekter Imperativ bei starken Verben: Lies! Nimm! Gib! Tritt! Stirb!

Ein Pao ist eine nachbarschaftsgroße Arztdose, die explodiert, wenn man darauf tanzt. Und: Hast du einen Kraftsnack rückwärts geraucht?

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Re: Die Grenzen der Belastbarkeit
« Antwort #17 am: 18.09.2009 | 10:20 »
@Klickklack
Zum Thema Trigger hab ich ne persönliche Geschichte, die zwar nichts mit Rollenspiel zu tun hat, aber sehr schön zeigt, warum man auch ganz ohne Vorwarnung einen Hieb in die seelische Magengrube bekommen kann.

Bei uns gibt es ein Mutter-Kind-Café, das nennt sich Das Spielzimmer. Es gibt halt so Breiche, in denen sich die Kleinen ordentlich austoben können, während die Eltern bei nem gemütlichen Café und Kuchen ausspannen. Im hinteren Teil gibt es ein echt geniales Kletterlabyrinth, mit Netzen, weichen Matten, mehreren Ebenen und Zwischenebenen, Verbindungsröhre, Rutsche etc. Sehr geil das Teil. Als Erwachsener kann man da nur kriechend durch, aber was solls. Und neulich toben wir nun mit unserem Sohn da drin rum und die Mama kommt auf die coole Idee, lasst uns doch mal Fangen spielen. Okay, kein Thema, auf in die Action. Aber während sie lachend und kichernd hinter mir herkrabbelt und ich mich so schnell wie es geht durch dieses enge Labyrinth zwänge, merke ich auf einmal, dass mir das überhaupt keinen Spass macht. Puls rast auf 180, es schnürt mir den Hals zu und ich brech das Ganze ab. Dabei ging es nur um ein Patsch-Hab-Dich-Du-bist! Keine Ahnung was da ausgelöst wurde, aber das stimmte mich doch sehr nachdenklich.
Wenn du dann jemanden hast, der auf einer anderen Ebene vorbelastet ist, reichen wahrscheinlich schon die Beschreibungen von unheimlichen Gebäuden oder Räumen aus, um Angstzustände auszulösen.
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Offline KlickKlack

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Re: Die Grenzen der Belastbarkeit
« Antwort #18 am: 18.09.2009 | 13:31 »
hmm... Sashael Da würde ich aber eher auf Platzangst (und die ist wirklich nicht ungewöhnlich) und eine kleine Panikattacke tippen, als auf einen `echten` Trigger.
Vergessen wir nicht, ein Trigger ist ein Wort, eine Handlung, eben ein wie auch immer gearteter Auslöser, der einen traumatisierten Menschen in einen der schlimmsten Moment seines Lebens zurück wirft. Z.B. plötzlich in der U-Bahn das Aftershave seines Vergewaltigers zu riechen...

Offline Jens

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Re: Die Grenzen der Belastbarkeit
« Antwort #19 am: 18.09.2009 | 13:53 »
Die Belastung entsteht doch auch aus der Hilflosigkeit der Charaktere, die diese Belastung abbekommen. Man sollte sich vorher dringend absprechen, ob das auch erwünscht ist - also nicht einfach nach Horror fragen, sondern auch nach persönlicher Hilflosigkeit. Denn wenn nicht, entsteht nicht nur Nicht-Spaß sondern erstmal Frust und das kann einem den ganzen Spielabend ruinieren, das ist sozusagen die Grenze der Belastbarkeit des Spielspaßes.

Online Sashael

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Re: Die Grenzen der Belastbarkeit
« Antwort #20 am: 18.09.2009 | 19:10 »
hmm... Sashael Da würde ich aber eher auf Platzangst (und die ist wirklich nicht ungewöhnlich) und eine kleine Panikattacke tippen, als auf einen `echten` Trigger.
Platzangst ist es defintiv nicht. Hundert Pro. ;)

Es war das Gefühl des Verfolgt werdens in Verbindung mit der sehr eingeschränkten Möglichkeit, mich zu bewegen. Wieso ich darauf allerdings mit Panik reagiere weiß ich nicht. Wenn mich übrigens mein 2,5-jähriger Sohn durch das Labyrinth verfolgt, hab ich keine Probleme. :)

Edit:
Was ich damit sagen wollte, war eigentlich nur, dass selbst Betroffene nicht immer wissen können, was bestimmte Dinge in ihnen auslösen. Das kann nicht einmal vorher abgesprochen werden. Man kann nur hoffen, dass beim Betroffenen dann noch ein Selbsterhaltungsinstinkt funktioniert, der ihn oder sie das Ganze abbrechen lässt. Ich hab auch schon bei anderer Gelegenheit (nicht Rollenspiel) erlebt, dass das "Opfer" einer solchen Panikattacke überhaupt nichts mehr gemacht hat. Wenn dann die anderen Beteiligten nichts mitkriegen (was damals gottseidank nicht der Fall gewesen ist), kann man fröhlich lachend die Psyche eines Menschen in Grund und Boden stampfen.
« Letzte Änderung: 18.09.2009 | 19:15 von Sashael »
"Ja natürlich ist das Realitätsflucht. Was soll daran schlecht sein? Haben Sie sich die Realität in letzter Zeit mal angesehen? Sie ist grauenhaft!"


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Offline blackris

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Re: Die Grenzen der Belastbarkeit
« Antwort #21 am: 18.09.2009 | 19:58 »
Aber das Auslösen von Triggern hat doch nichts speziell mit Horror zu tun. Die können genauso durch ein stimmungsvolles Fantasy-, Krimi- oder SciFi Abenteuer ausgelöst werden. Das jemand durch die Schilderung einer dunklen Gasse, der vollkommenen Einsamkeit in einem Vakuumanzug im Weltraum oder das Zusammentreffen mit einem Mörder à la Jack the Ripper, einer Verfolgungsjagd etc. ein traumatisches Erlebnis hat, ist doch auch nicht unwahrscheinlich.

Ich finde das auch interessant, dass jemand so viel Horror in einer P&P Rund aufbauen kann. Unwahrscheinlich finde ich das aber nicht. Ein gutes Horror Hörbuch, wie zm Beispiel die Necrophobia Reihe kann mich mehr schocken, als jeder Horrorfilm. Durch gute Erzählkunst, Musik und Atmosphäre lässt sich einiges erreichen.

Aber bevor man mit einer Gruppe Horrorszenarien spielt sollte man trotzdem nachfragen. Wer schon nicht in Horrorfilme geht, sollte auch dabei nicht mitmachen.

Offline Kermit

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Re: Die Grenzen der Belastbarkeit
« Antwort #22 am: 18.09.2009 | 20:53 »

Ich finde das auch interessant, dass jemand so viel Horror in einer P&P Rund aufbauen kann. Unwahrscheinlich finde ich das aber nicht. Ein gutes Horror Hörbuch, wie zm Beispiel die Necrophobia Reihe kann mich mehr schocken, als jeder Horrorfilm. Durch gute Erzählkunst, Musik und Atmosphäre lässt sich einiges erreichen.
Hinzu kommt ja noch, dass ich die Dinge in einem Rollenspiel gemeinsam mit meinem eigenen Charakter wesentlich intesiver erleben kann als im Passivkonsum von Film oder Literatur. Es muss nur gut gemacht sein.
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Offline SeelenJägerTee

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Re: Die Grenzen der Belastbarkeit
« Antwort #23 am: 18.09.2009 | 21:54 »
Im Film wird man viel mehr mit "Fakten" konfrontiert, die man sieht.
Im Rollenspiel ergänzt man viele dieser "Fakten" ich könnte mir also vorstellen, dass man unterbewusst sozusagen das schlimmste dort hineinergänzt.
Sozusagen das Triggerpotential dadurch zumindestens bei reger Vorstellungskraft und starker Immersion sogar größer ist als im Film.
(Vorsicht Laienmeinung, eines nicht Psychologen.)

Offline Hróđvitnir (Carcharoths Ausbilder)

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Re: Die Grenzen der Belastbarkeit
« Antwort #24 am: 21.09.2009 | 07:17 »
puhh.. eigentlich nicht... ich bin jetzt über deine Quote richtig erschüttert..,

Naja, das sind sozial durchaus funktionierende Menschen. Die haben halt nur so ihre Probleme. Selten ist das wirklich nicht. Die "harmlose" Variante ist sogar eher Norm als Ausnahme:

Zitat von: Uniklinik Mainz
ca. 70% aller Menschen erleben im Lauf ihres Lebens mindestens einmal leichte Depersonalisation
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Zitat von: korknadel
Rollenspiele sollen bei Dir im besten Fall eine gewisse Schwermut, Resignation und Melancholie hervorrufen.

Zitat von: Dolge
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