Autor Thema: [Konzept] Refugees - Eindrücke durch Rollenspiel  (Gelesen 1262 mal)

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Offline Alrik

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Refugees

Ich will ein Spiel entwickeln, bei dem man anhand der erzählerischen Elemente des Rollenspiels, die Erfahrung von Flüchtlingen erlebt. Durch die Interaktion am Spieltisch sollen so die vor allem psychischen Belastungen, Gefahren, Repression, Gewalt etc. von Beginn der Flucht bis zum Asylantrag in einem europäischen Land vermittelt werden.
Das Spiel soll keinesfalls für die gewöhnliche Rollenspielrunde sein. Ich möchte vielmehr ein tatsächliches Rollenspiel entwickeln, das man z.B. auf Infoveranstaltungen zu Flucht und Migration anbieten kann, um anderen Menschen die oftmals tragischen Schicksale von Migranten näher zu bringen. Ich habe da eine ganz spezielle nichtstaatliche Organisation im Auge, in der meine Freundin arbeitet, für die das ganze auch geschrieben werden soll.
Es gab bereits einen Versuch dieser Flüchtlingshilfe, das ganze in einem Brettspiel umzusetzen, das Projekt ist aber mehr oder weniger versandet. Ich denke, dass in dem Rollenspielbereich ein viel größeres Potential steckt, um in einem Spiel ein Gefühl für die emotionalen Eindrücke einer Flucht zu übermitteln.

Was ich mir bisher vorstelle:
  • Das Spiel benötigt jemanden, der sich genügend mit der Thematik beschäftigt (hat). Da das Spiel eh im Rahmen einer Infoveranstaltung oder ähnlichen Anlässen angeboten werden soll, dürfte das kein Problem darstellen. Es ist nahe liegend, dass diese Person einen Spielleiter Posten übernimmt, wobei ich ein komplett spielleiterloses System nicht ausschließen möchte.
  • Die Regeln für das Rollenspiel müssen sehr simpel sein, weil davon auszugehen ist, dass die meisten Interessenten für dieses Spiel sonst eher nicht mit Rollenspielen zu tun haben. Allerdings könnte ich mir vorstellen, dass ein komplett regelloses System nicht funktionieren würde, da die Spielzeit arg begrenzt ist und eine gewisse Struktur (im Sinne von Stationen der Flucht) untergebracht werden sollten.
  • Jeder Spieler soll sich überlegen, wer sein Charakter ist. Dazu sollte man verschiedene Fragen beantworten. So zum Beispiel:
    - Warum bin ich auf der Flucht?
    - Vor wem bin ich auf der Flucht?
    - Was lasse ich zurück?
    - Welche Schwierigkeiten warten auf mich?
    - Was erwarte ich von meiner neuen „Heimat“?
    Die Liste der Fragen ist natürlich nicht vollständig. Es wird den meisten außerdem vermutlich zunächst einmal schwer fallen, alle Fragen zu beantworten, deshalb würde ich ein paar Beispiele zur Verfügung stellen.
  • Ich stelle mir bisher vor, dass die Spieler gemeinsam in Stationen die Flucht erspielen. Diese Stationen sollen Extremsituationen abbilden, die in drei Teile gegliedert werden: Konflikt und Flucht aus der Heimat, Grenzübergang, ein neues Leben. Diese drei Stichwörter sollen einen groben Rahmen geben.
  • Die Spieler sollen vor schwere Entscheidungen gestellt werden (als Beispiel: lasse ich einen alten Freund auf der Flucht zurück, weil er uns wegen seinem abgefrorenen Fuß aufhält und wir sonst womöglich von der Miliz entdeckt und hingerichtet werden?) und diese müssen in irgendeiner Form auch aufgelöst werden.
  • Der Ausgang des Spiels, also das Schicksal der Flüchtlinge bleibt zunächst offen. Ein erfolgreiches Ende wäre dann die Bewilligung des Asylantrags, ein negatives die Abschiebung. Die Konsequenzen, die sich hieraus ergeben, müssen in einem kurzen Nachspiel erkenntlich werden.
  • Wichtig: Alle sollen sich ständig beteiligen und aktiv an dem Spiel teilnehmen. Die Spieler sollen sich einfach nur (solange sie spielen) mit der Thematik auseinander setzen und einen Bruchteil eines Eindrucks darüber vermitteln, was Flüchtlinge durchmachen.
Ich habe bereits über eine Adaption von Primetime Adventures nachgedacht, aber bisher sind meine Vorstellungen da noch etwas diffus.

Soweit erstmal ein paar Gedanken von mir. Ich versuche heute oder morgen noch ein paar Sachen zu ergänzen.

Gibt es Leute, die sich für eine solche Verwendung von Rollenspielen interessieren? Habt ihr sowas auch schon mal gemacht? Ich würde mich über Kritik und Anregungen freuen!!

Interessant in diesem Zusammenhang ist ein Flashgame des UNHCR, die im Prinzip in etwa das gemacht haben, was ich gerne als interaktives Rollenspiel hätte.

Play Aggainst All Odds

Dieses Spiel hat mich auch bei den Überlegungen inspiriert.
« Letzte Änderung: 25.11.2009 | 16:03 von Alrik »
today we are superheroes
but tonight we'll just be tired

Offline Seewetter

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Re: [Konzept] Refugees - Eindrücke durch Rollenspiel
« Antwort #1 am: 16.03.2010 | 18:03 »
Ein faszinierender Gedanke, auch wenn dieses Genre der Rollenspiele natürlich bilden soll und nicht bespaßen.
Wem wird dieses Spiel denn vorgesetzt? Interessierten? NGO-Mitgliedern? Werden ehemalige Flüchtlinge ebenfalls teilnehmen?
Ob damit der Schrecken einer Flucht nachvollzogen werden kann... eher unwahrscheinlich. Es gibt ja auch nicht "die Flucht" oder "den Flüchtling". Aber um Verständnis und Sympathie/Empathie zu schaffen, klingt "refugees" geeignet. :)

Das Spielprinzip wäre auch auf unterhaltende P&Ps anwendbar. Falls Völkerwanderungen oder dergleichen thematisiert werden, könnte dazu ein Setting entstehen.
Bis zum 1. Mai vom Forum frei (Prüfungen).

Offline Markus

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Re: [Konzept] Refugees - Eindrücke durch Rollenspiel
« Antwort #2 am: 16.03.2010 | 18:34 »
Steal away Jordan
http://stone-baby.com/?page_id=9

Ich hab's selbst nicht, aber laut den Spielberichten leistet es ein paar Dinge recht gut:
- Die SC werden ihren Status nicht los, selbst wenn sie freikommen > das ließe sich vermutlich gut darauf übertragen, dass Flüchtlinge eben auch ihre Herkunft (und die Geschehnisse dort) nicht wirklich los werden, sondern sich "nur" räumlich & zeitlich davon trennen
- Jordan soll auch gut widerspiegeln, dass auch der Sklavenhalter durch seine Sklaven (bzw. durch die Tatsache, dass er welche hat) definiert wird. Das sollte sich gut auf "Verfolger", "Fluchthelfer" und "Aufnehmende" übertragen lassen, deren Leben ebenfalls durch den Status der Flüchtlinge geprägt wird.
- Jordan ist angeblich ohne Probleme auf die heutige Zeit übertragbar. Da fehlt dann noch der Fluchtaspekt, aber man hätte ja schon mal 30%

Offline Markus

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Re: [Konzept] Refugees - Eindrücke durch Rollenspiel
« Antwort #3 am: 16.03.2010 | 19:39 »
Gerade "Against all odds" gespielt und finde es fürchterlich. In Rollenspielbegriffen: massives Railroading, es gibt nur eine richtige Lösung. Das finde ich schon für Kinder ungeeignet, weil es eine reine Indoktrinationsveranstaltung ist.
Mit PTA wär das kein Problem, aber andererseits sagst du, es soll auf den Veranstaltungen einer NGO laufen und "die oftmals tragischen Schicksale von Migranten näherbringen". Wie ergebnisoffen im moralischen Sinn kann das noch sein? IMO garnicht. Alle NGOs die ich kenne sind ethisch etwas unflexibel, geht ja auch kaum anders, sie haben sich ja für eine bestimmte Sache zusammengefunden, die alle richtig finden. Veranstaltungen sind auf Organisationsebene immer PR, individuell mag es Gelegenheit zum Austausch geben, aber auch da ist die Chance, dass man auf einen Ideologen trifft recht hoch.* Bei einem RSP mit offiziellem Siegel mache ich mir da wenig Hoffnung.
"die tragischen Schicksale von Migranten" sind ... tragisch. Kann man immer wieder in der Zeitung und in beliebiger Menge auf den Homepages der entsprechenden NGOs lesen. Ich wüßte nicht, was es bringen sollte, wenn ich mich mit Gleichgesinnten (sonst wären sie ja kaum auf der Veranstaltung) eine Stunde hinsetzte und mir intensiv vorstelle, wie schlimm das ist.
Insofern finde ich den ursprünglichen Brettspielansatz _für diese Zwecke_ geeigneter. Spielen würde ich es lieber in PTA, aber da müsste dann halt auch ein Wirtschaftsflüchtling vorkommen dürfen. Im Brettspiel hätte man dagegen eine klare "Win"-Bedingung und könnte die moralischen Entscheidungen zwischendrin über Ereignisfelder abhandeln, bei denen dann aber beide Alternativen Vor- und Nachteile haben sollten: Also, wer sich weigert in der ersten Szene den Polizeizettel zu unterschrieben startet 3+ Runden später, hat aber vielleicht einen klitzekleinen Vorteil bei der Beurteilung seines Asylantrags.


* Erfahrungswerte, gesammelt als sehr aktives Mitglied einer Nicht-Volkspartei.

Offline reinecke

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Re: [Konzept] Refugees - Eindrücke durch Rollenspiel
« Antwort #4 am: 16.03.2010 | 20:31 »
Also wenns für Infostände und so ist, sollte es ja eher maximal 15 Minuten dauern. Also besser nur eine Szene darstellen.
So gut ich die Idee finde, so wenig weiß ich, ob das mit was anderem als PTA zum Beispiel spielbar ist. Also für den Effekt, den du gerne hättest.

Es gab auch noch ein 3D-Spiel mit der Thematik, habs auf die Schnelle aber nicht gefunden.

Offline Markus

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Re: [Konzept] Refugees - Eindrücke durch Rollenspiel
« Antwort #5 am: 16.03.2010 | 21:12 »
für Infostände: Soloabenteuer/Abenteuerspielbuch.