Ich weiss der Thread ist alt, aber ich wollte nur noch meinen Erfahrungssenf hinzufügen:
Was mich an RM immer gestört hat, ist die oft unelegante Überkomplexität.
Die Teilung von Skills in Kategorien und Einzelskills hat zwar einen netten Grundgedanken, geht aber mehr ins Detail als es nötig wäre. Andere Systeme lösen das auf einer höheren Abstraktionsebene ohne an Nutzen/Spielbarkeit zu verlieren(z.B. abgeleitete Defaults).
Weiterhin ist mir die Charaktergenerierung ein Graus. Es macht plain und simpel einfach keinen Spass.
Ich schiebe eine Schablone nach der anderen zusammen, nichts will so richtig passen, wie ich mir meinen Char vorstelle(Ich bin einer der Spieler die ein Konzept haben, und versuchen das im System umzusetzen). Dazu kommt das ich x Einzelschritte mit fragwürdiger Wichtigkeit/Wirkung habe. Erst muss ich mir die ganzen Bonis/Malis der Rassen aufschreiben, dann die Skill-Extras von den Kulturen, dann muss ich aufpassen nur die Hobbyskills zu nehmen die dabei stehen. Dann eine Klasse, die mir von den Steigerungskosten einigermassen zusagt(was eigendlich nie der Fall ist), dann Hobbyskills verteilen, die Bonis aus Ausbildungspaketen hinzufügen usw. usf.
Wir haben in einer eher unerfahrenen Gruppe, was Char-Generierung angeht, 2 komplette Sessions verbraten, über 8 Stunden, und waren immernoch nicht fertig. Ein Kommentar der Leute:"Was eine beschissene Arbeit! Wenn mein Char jetzt stirbt, mach ich keinen neuen!".
Versteht mich nicht falsch, ich liebe es an Chars rumzubasteln, sie so zu gestalten, wie ich sie mir vorstelle, aber Rolemaster bietet das nicht. Man hat vorgefertigte Schablonen, und nichts will richtig zusammenpassen. Da kommen dann so irrsinnige Sachen bei raus, wie ein Halblingsdieb, der zwar schleichen kann wie ein Gott, aber wegen einem fragwürdigen Rassenmali/unpassende Skillkosten der Klasse, seine Wahrnehmungswerte(Sehen usw.) auf Stufe 7 immernoch nicht über 40 hat. Mit einer elektronischen Hilfe geht es zwar, aber Spass macht es immernoch nicht, und das was man haben möchte, kriegt man natürlilich trotzdem nicht zusammen.
Oft wird ja auch das Magiesystem gelobt. Obwohl ich es "ok" finde, komme ich doch nicht umhin, hier auch was zu sagen zu müssen. Viele meinen es gäbe so viele Spells. Das ist relativ. Viele Zauber wiederholen sich, weil sie auf x verschiedenen Listen vorkommen. Damit geht die Zahl schonmal ordentlich runter. Oder man repliziert einfach einen Zauber wie Blitzstrahl, und packt ihn 3 mal rein, einfach nur mit höherer Reichweite. Das ist billig, und das hätte man über Spell Mastery oder so besser lösen können. Darüber hinaus ist es manchmal schon nervig, wenn man Listen hat, die zu 90% aus Müll bestehen. Es gibt Listen, in denen gibt es in den ersten 10 Level vielleicht 2 oder 3 Zauber die AB und ZU mal nützlich sein KÖNNTEN. Ist also eher durchwachsen.
Von hier kommen wir jetzt auf ein Problem was ich ebenfalls überall mit dem Regelwerk habe: Es ist oft extrem schwamming geschrieben, und STROTZT vor Regellücken. Kämpfen aus der 2. Reihe? 1 Absatz der besagt: Naja, es geht, macht das halt irgendwie unter euch aus. Toll, sehr hilfreich.
Weiteres Beispiel: Manche Zauber: Nebel: Wie kommt der Nebel? Ist er plötzlich da, poppt also einfach so auf, oder kommt er schleichend? ->Meisterentscheid.
Der Zauber Lesser Traps. Ja du kannst Fallen damit machen, die max B-Krits machen. Ja wie jetzt? Geht eine kleine Stolperfalle? Geht auch ein Pit, wo man sich die Beine drin brechen kann, oder geht das erst mit dem Pit-Zauber auf Stufe 10? Diese Lücken und Schwammigkeit zieht sich durchs ganze Regelwerk. Ich kann schon garnicht mehr ZÄHLEN, wieoft wir in der Gruppe diskutieren und festlegen mussten, wie eine Aktion, ein Zauber oder eine schwammige Regel gemeint ist, und wie sie am sinnvollsten auszulegen ist. Und das oben sind nur Beispiele.
Des weiteren stört mich der extrem langweilige Entwicklungspfad fertigkeitsseitig. Nach Level 5 sind die meisten Attribute auf ihrem max. Potential angelangt. Danach gibt es nurnoch ein paar % auf ein paar Skills und 2-3 mehr oder weniger sinnige Zauber lernen. Das wars..mehr passiert nicht. Und je weiter das Level ansteigt, desto weniger passiert noch. Irgendwann gibt es nurnoch alle 5 Stufen einen neuen Zauber, und wenn man 30 Ränge in einem Skill hat fragt man sich ob die 0,5% Steigerung wirklich die Mühe überhaupt wert ist. Klar kann man jetzt anfangen Skills zu steigern, die man vorher aus DP-Mangel nicht gesteigert oder vernachlässigt hat. Aber wären sie für einen wichtig gewesen, hätte man Punkte dafür beiseite gelegt. Meistens sind das also alles nurnoch Nice-to-have Hobbyskills.
Das mit den Krits ist auch ein sehr zweischneidiges Schwert. Sicher ist es nett, dass man so viele verschiedene Krits hat, aber diese Sache hat einen riesen Haken: Es ist extrem unberechenbar.
Es ist möglich, dass der Bauersjunge den Stufe 10 Paladin mit einem Schlag aus den Socken haut.
Das ist zwar durchaus denkbar, aber diese extreme Steuerung der Ergebnisse lässt dann auch so Dinge wie Ambush wenig nachvollziehbar erscheinen.
Man schleicht sich von hinten an, der Gegner kriegt nix mit, man hat 30 sek Zeit, seinen Stich perfekt zu zielen, und dann würfelt man beim Krit eine 20. Oh..Fusstreffer, +3TP. Na sowas aber auch!
Sicher kann man jetzt mit Ambush den Kritwert um seine Ränge(!) verändern und den Fusstreffer textmässig in was uminterpretieren(erneut Spieler/SL-Arbeit!) was eher passt, aber eine 30 oder 35 macht die Sache auch nicht grossartig erfolgreicher. Solche Sachen sind einfach dämlich, weil die hohe Streuuung halbwegs nachvollziehbare Ergebnisse verhindern kann. Hohe Streuung ist zwar für Überraschungen gut, aber es macht das ganze Spiel und auch das leiten eine ganze ecke schwerer zu planen, weil immer alles passieren kann. Ein Kampf gegen 3 Gobos beschissen gelaufen, und 50% der Spieler dürfen sich neue Chars basteln.
Gäbe es nicht so Ideen wie Bennies, Glückpunkte und Schicksalsgunst, wäre RM kaum lange spielbar.
Wie oben schon angerissen, halte ich Rolemaster auch in keinster Weise für ein gutes "Universalsystem". Das hat sich zwar mit den Talenten jetzt etwas gebessert, aber immernoch ist es unmöglich bestimmte Charaktere mit diesen und jenes Special zu bauen. Und genau das muss ein Universalsystem meiner Meinung nach auszeichnen: In jedem(oder zumindest vielen) Settings nutzbar, und alles an Sachen, egal wie abstrus oder abgespaced muss baubar sein. Das bietet RM definitiv nicht. Das System hat sich auch nicht nennenswert weiterentwicklet. In der Basis ist es immer detailreicher und schwerer zu kontrollieren geworden, ist aber nicht nennenswert besser geworden, denn viele Regellücken oder Interpretationsspielräume wurden von der Classic-Version bis heute durchgeschleift, und NIE in Angriff genommen.
Als letztes möchte ich auf den enormen Verwaltungsaufwand im Kampf hinweisen.
Da ich trotz meiner Abneigung überlegt hatte, ein paar SL-Sessions in RM einzulegen, grade weil die Leute einfach nur spielen wollen, und nicht von System zu System wechseln wollen, hatte ich mir überlegt was ich da machen könnte, um die Übersicht zu behalten.
Der geplante Übersichtssheet hat nurnoch 75% Skalierungsgrösse, weil ich folgende Dinge draufkriegen muss:
Gegner, Ini, Wer kämpft mit dem Gegner, Hits, OB, DB, Schild?, wielange benommen, Blutungen die Runde, kann nicht parrieren, kann nur parrieren, Abzüge auf Kampfwürfe, Krits verteilt, Krits bekommen(beides wichtig für EPs der Chars). Gegen die Listen und Tabellen, die viele anprangern, habe ich noch nicht mal was, damit kann ich leben.
Ich bin ganz ehrlich: Ich habe meine Zweifel ob ich das vernünftig hinbekomme.
Alles in allem bin ich kein RM-Fan. Es ist wie oben beschrieben, lückenhaft in den Regeln mit oft schwammigen Beschreibungen, zu "schablonig", die Char-Generierung dauert ewig und macht schlichtweg keinen Spass, es ist nicht "universell" geeignet, die extreme Ergebnisstreuung macht Kämpfe unberechenbar, und einige Skills fragwürdig plus extremer Verwaltungsaufwand bei Kämpfen.
Ich habe nichts gegen Komplexität, weiss Gott nicht, aber RM hat soviele Details die ohne viel Nutzen zu bringen "überkompliziert" sind, dass es oft keinen Spass macht.
Also JA, meiner Meinung nach ist RM altbacken, überkomplex, sperrig und nicht mehr zeitgemäss.