Und die Crux des Denkens liegt hier begraben: Es sei denn, ihr habt es, dass am gleichen Spielabend der eine Spieler Dungeoncrawl macht, während ein anderer Spieler Charakterspiel betreibt. Ist das in irgendeiner Form ungewöhnlich? Schließen sich z.B. Charakterspiel und Dungeoncrawl gegenseitig aus? Verstärken die sich nicht sogar?
Ich kann natürlich nur für meine Gruppen sprechen und weiß nicht, wie es in anderen Gruppen so abläuft. (Da ich aber mehrere Gruppen habe und auch auf Cons hin und wieder spiele und leite, nehme ich mal an, dass es in den meisten Gruppen so läuft.)
1) Ich will, dass man zusammen spielt und nicht nebeneinander.
In meiner Anfangszeit hatte ich es durchaus so, dass SC1-3 einen Mordfall in Gareth gelöst haben, während SC4 in seinem Tempel meditiert hat und SC5 durch die Wildnis stapfte.
Man KANN so spielen. Ich habe aber die Erfahrung gemacht, dass diesen "Aneinander vorbeispielen" nicht sehr viel Spaß macht.
Wenn man sagt: "OK, hör mal zu: Was hältst du davon, wenn wir heute ALLE zusammen den Mordfall in Gareth lösen und dafür dann beim nächsten Mal ALLE zusammen durch die Wildnis stapfen?" Das macht mehr Spaß, als aneinander vorbeizuspielen.
Und wenn man so spielt, dann haben am heutigen Spielabend ALLE den Stil "Detektivgeschichten lösen" und am anderen nächsten Spielabend haben ALLE den Spielstil "durch die Wildnis stapfen". (Von mir aus kann man auch am gleichen Abend den Mord lösen und durch d n Wald stapfen. Aber auch hier ist wichtig, dass ALLE den Mord lösen und anschließend ALLE durch den Wald stapfen.)
Wenn der Zwergenwaldläufer mit Trauma (frühkindliche Verschüttung) nach 70 Jahren das erste Mal wieder unter die Erde muß, bei ihm der Bretonen-Dandy (liebender Bruder von Prinzessin Saevinia), der zweifelnd auf Schleim und Schlick starrt, dann verbinden sich Dungeon- und Charakterspiel, während der Geweihte sich voll auf den Crawl konzentriert, zusammen mit dem Zwergenkrieger (wobei dieser z.B. durchaus von seinem befremdlichen Cousin die Bälle zugespielt bekommt).
Das klingt für mich doch sehr nach Dungeoncrawl. Das Trauma des Zwergenläufers ist hier doch eher Colour.
Wenn das nur nebenbei mal am Rande erwähnt wird, wäre das nicht Teil des Spielstils.
Und wenn der Spieler des Zwergenwaldläufers sein Trauma zum Mittelpunkt macht, wirkt das auf die anderen beiden Spieler extrem nervend, falls sie nur Dungeoncrawl wollen.
Wiegesagt: Es kommt auf die GRUPPE an:
Will die gesamte Gruppe Dungeoncrawl mit Charakterspiel mischen, ist das Trauma des Zwergenwaldläufers eine willkommene Bereicherung.
Will die Mehrheit jedoch einen Dungeoncrawl ohne Charakterspiel, ist das Trauma des Zwergenwaldläufers im besten Fall eine bloße Randbemerkung und im schlimmsten Fall nervig.
Wir wollen nicht vergessen: Der SL hat in diesem Dungeon durchaus auch Plot eingebaut: Immerhin suchen wir immer noch Informationen über das Schicksal von Prinzessin Saevinia, und offenkundig sind in den alten Hallen von Dul'Burdan irgendwo die Rätsel ihrer Herrschaft erklärt, und der Bretone hofft, hier des Rätsels Lösung zu finden (und daß diese Lösung nicht sein blutschänderisches Verhätlnis mit seiner Schwester enthüllt). Die Gruppe ahnt auch, daß sie mit dem Bossgegner im Dungeon, wird verhandeln müssen: Er ist ihr nicht gewogen, ihren Feinden aber auch nicht, und er ist allen haushoch überlegen.
JA, und die GESAMTE Gruppe nimmt daran teil.
Es wäre sehr disfunktional, wenn drei Spieler dem Plot um den Dungeon folgen und die restlichen zwei Spieler keinen Bock auf Dungeon haben und irgendetwas anderes tun.
Und es wäre auch sehr disfunktional, wenn der SL und zwei Spieler auf Railroading/Sightseeing/Pratizipianismus/Trail-Blazing/Whatever stehen und es toll finden, dass der SL sie durch den Dungeon hetzt, während zwei weitere Spieler auf Sandbox stehen und es überhaupt nicht mögen, dass ein Plot vorgegeben ist.
Andererseits ist es auch nicht zielführend, wenn der SL und zwei Spieler auf Sandbox stehen und der SL daher nur die Rahmenbedingungen, aber keinen Plot vorgegeben hat, während die anderen Spieler einen vorgegebenen Plot bevorzugen, an dem sie sich entlanghangeln können.
Spielstile wie Beral sie im OT definiert hat wechseln fließend binnen kürzester Zeit und sehr individuell, die Dominanz einzelner Stile ist nur für jeweils kurze Phasen vorhanden und wahrscheinlich bei jedem Spieler nur in unterschiedlicher Stärke.
Spielstile können wechseln. Aber dann wechselt immer die gesamte Gruppe den Spielstil. Alles andere ist disfunktional. (Im schlimmsten Fall führt es dazu, dass ein Spieler PvP betreibt, während ein anderer Spieler der Meinung ist, dass die SCs zusammenarbeiten müssen. Oder der eine spielt den Räuberhauptmann Little John im Technicolor-Mittelalterstil während der andere eher einen Räuber im Dark&Gritty Mittelalterstil spielt. Auch das führt zu Problemen, falls sie beides am gleichen Spielabend spielen. - Alleine von der regeltechnischen Seite und der Auswirkung von Wunden.)
EDIT in einer voraussichtlichen Session von 12 Stunden, die größtenteils in einem Dungeon stattfindet, haben wir:- Herausforderung an die Spieler steht im Vordergrund (ARS) --> Alle, am meisten aber Zwergenkrieger und Geweihte, die so etwas lieben
- Erleben einer Geschichte steht im Vordergrund (Storyteller) --> Alle, besonders aber der Bretone (Bruder der Prinzessin) und Geweihter (Kirche des Reiches)
- Darstellung des Charakters steht im Vordergrund (Charakterdarstellung) --> Alle, besonders Bretone
- Erkunden der Spielwelt steht im Vordergrund (Sandbox) --> Alle, das Dungeon
- Andere --> bestimmt auch
1) "Erkunden der Spielwelt" ist Exploration und nicht Sandbox.
2) Es ist bezeichnend, dass du hinter jedem Teil "alle" geschrieben hast. Das klingt doch schon so, als würde die gesamte Gruppe das tun und nicht einzelne Individuen.
3) OK, wenn bei euch alles gleichberechtigt an einem einzelnen Spielabend auftritt, kann es tatsächlich sein, dass ihr keinen Stil habt.
Das widerspricht aber meine Erfahrung, die ich auf Cons und in diversen privaten Runden hatte. Eigentlich immer konnte ich an einer Runde einen Stil festmachen. (Was nicht heißt, dass der Stil zu 100% und immerfort da war. - Aber er hat doch deutlich dominiert und er wurde zumindest bei Gruppen, die Spaß gemacht haben, auch von allen Spielern angenommen.)
@ Turning WheelHast du irgendwo im Internet ein Diary of Session von dir rumliegen?
Dann könnte ich sie mir mal durchlesen und den Spielstil deiner Gruppe beschreiben. Mal sehen, ob du dich da wiederfindest oder nicht.