Autor Thema: [NWod/Changeling] Fehler im System/Setting  (Gelesen 8448 mal)

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Offline Markus

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[NWod/Changeling] Fehler im System/Setting
« am: 6.02.2010 | 21:29 »
Gestern hab ich nach 10 Jahren mal wieder bei einer - mir vorher unbekannten - WoD Runde mitgespielt. Ich habe mich gelangweilt und wäre nach 1,5 Stunde eigentlich am liebsten gegangen. Meine Mitspieler schienen soweit zufrieden, mäßig gut unterhalten, eben eine akzeptable Art den Abend zu verbringen wenn man nichts besseres vor hat.

Die Mitspieler waren nett, halt so mit den Eigenheiten, die man unter Rollenspielern oder im SF/Fantasy-Fandom häufig trifft. Die SL war bemüht: relativ flexibel, aber mit Schwächen beim Erzeugen von Atmosphäre. Recht normal also.

Das bizarre war, dass das Spielerlebnis auf genau die gleiche Art und Weise furchtbar war wie früher, mit komplett anderen Leuten. Die Spieler waren entweder orientierungslos oder rein reaktiv, es gab extrem viel Hartwurst und Einzelszenen und die Beziehung zwischen Spieler und SL war sehr antagonistisch, aber auf eine unterschwellige Art.

Ich bin der Meinung, es liegt am System. Also der Reihe nach vom Unwichtigsten her:

- Simulationistische Relikte
Skills sind für den im Regelwerk geschilderten atomsphärischen Spielstil eigentlich nicht erforderlich, Attribute und 1-3 breite Berufs- und Lebensumstandsfähigkeiten würden völlig ausreichen. Aber da sie nun mal auf dem Charakterblatt stehen wird - so hat man das gelernt - auch gewürfelt, mit dem Ergebnis, dass man gerade bei Schwierigkeiten, die knapp über dem liegen, was ein Charakter normalerweise kann, einen extrem hohen Zufallseinfluß hat. (Willpower ist dafür nicht wirklich gedacht/erneuert sich zu selten und Bonuswürfel durch die SL sind schlecht zu dosieren.) Das eigentliche Problem aber ist, dass sehr oft auf Dinge gewürfelt wird, die - laut Atmo-Vorgabe - keinen interessieren sollten.

- Das Setting ist Mist - die Charaktere und die Gruppe
Man soll normale Menschen spielen, die dann in mysteriöse Dinge hineingezogen werden. Nur hat das eben zur Folge, dass deren primäre Reaktion Flucht sein sollte. An dieser Stelle hat die SL gestern auch einen Fehler gemacht, weil sie noch angemerkt hat, dass es schwierig würde, meinen Charakter - einen Lehrer - in die Changeling Welt zu ziehen. Auf mein Angebot, einen anderen Charakter zu machen ist sie leider nicht eingegangen, wie hätten uns allen viel Streß erspart. Allerdings ist das Problem eben setting-immanent und ein paar wohlfeile Ratschläge im SL-Guide reißen das nicht raus.
Beim Gruppenzusammenhalt wieder das selbe Problem: alle Charakter haben eine eigene Agenda, das System fördert das sogar noch, durch das Clan-System. Erschwerend kommt hinzu, dass es kein gemeinsames Ziel gibt, aus dem sich Handlungsmaßgaben ableiten ließen (siehe auch nächster Punkt) und eben laut Atmo-Vorgabe die indivuellen Bedürfnisse stärker betont werden sollen als bspw. bei DnD. Das führte, gestern und vor 10 Jahren, dazu, dass die Hälfte der Spielzeit nur ein Spieler mit der SL spielt (siehe dazu auch letzter Punkt unten). Wenn nicht alle 100%ig auf einer Wellenlänge liegen wird das schnell langweilig, ist aber vom Design her so angelegt.

- Das Setting ist Mist - die Welt
Unbekannte und gefährliche Welt = Hartwurst, Paranoia, reaktiver Spielstil
Die Welt von Changeling ist für die Charaktere völlig unberechenbar (gewollt!), nur leider ist sie deshalb in der Regel auch für die Spieler unberechenbar. Das führte im Spiel dann dazu, dass um den Zufallsfund einer Frucht in der Hecke ein Wirbel veranstaltet wird, der überhaupt keinen Bezug zu (a) der Bedeutung des Gegenstands für die Geschichte und (b) dem Interesse der Spieler an diesem "Handlungsstrang" hatte. Kommen dann noch die oben erwähnten simulationistischen Relikte hinzu wird's grausam. [Das ist allerdings ein Punkt, der eindeutig auch meinen Vorlieben zuwider läuft. Es mag Leute geben, die es aufregend finden, sich Fitzelchen für Fitzelchen in diese Welt vorzutasten.]
Globaler gesehen hat diese Welt voll unbekannter Gefahren und geheimnisvoller Mächte den Nachteil, dass die Spieler die Folgen ihrer Handlungen nicht abschätzen können. Speziell dann, wenn, wie bei Changeling, der SC Spielball dieser Mächte ist, der Kontrollverlust also schon vorgeschrieben ist. Im Spiel gestern zeigte sich dass darin, dass die SCs eigentlich nur auf die Einflußnahme der übermächtigen NSCs reagierten, entweder passiv-geduldig oder widerborstig. Die allgemeine Orientierungslosigkeit führte dann auch zu mehr Einzelaktionen, jeder zieht eben sein Ding durch, bis wieder was passiert. Aber weil eben nicht klar ist, was das Ziel ist und wie es zu erreichen wäre sind diese Einzelaktionen tendenziell eher hartwurstig, oder für den Rest der Gruppe nicht besonders interessant.

- Die arme SL
Changeling ist eine Strafe für Spielleiter. Dass sie sich die Welt in weiten Teilen selbst ausdenken müssen ist das eine. Dass sie von den Charakterbögen zur Detail-Simulation angehalten werden ohne dafür allzuviel Hilfe zu bekommen ist das andere. Dass sie eine Fülle von Einzelszenen für Alle interessant gestalten müssen mag ja auch noch angehen. Aber die SL soll den Spielern auch noch das Gefühl der Hilflosigkeit vermitteln, sie immer wieder mit übermächtigen Kräften piesacken OHNE dass die Spieler irgendwann gefrustet oder orientierungslos das Handtuch werfen und ohne dass es zu Trotzreaktionen kommt. Nicht nur dass, es soll auch noch eine kooperative Atmosphäre herrschen.
Das kann funktionieren, wenn alle fest hinter einer Railroading-SL stehen. Vielleicht kann es sogar etwas freier funktionieren, wenn alle Spieler vollkommen damit einverstanden sind, dass sich ihre Freiheit auf Nebenschauplätze und Ausschmückungen beschränkt. Aber wehe die Spieler folgen dem Atmotext und fangen an, ihre Charakter individuell und autonom zu spielen, wollen sogar ein Stück vom kreativen Kuchen. Dann hat die SL eine Herde gereizter Katzen zu hüten und außer dem Holzhammer "totale Settingkontrolle" bietet das System dazu als Hilfestellung ... nichts.


Vielleicht fehlt mir aber einfach auch nur die korrekte Geisteshaltung.

Offline Haukrinn

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Re: [NWod/Changeling] Fehler im System/Setting
« Antwort #1 am: 7.02.2010 | 12:41 »
Vielleicht fehlt mir aber einfach auch nur die korrekte Geisteshaltung.

Vielleicht liegt es aber auch daran, dass die Gruppe Mist war? Vieles von dem, was Du ansprichst, steht so entweder garnicht in den Büchern drin oder lässt entsprechend viel Gestaltungsspielraum - auch ohne goldene Regel. Der Gruppenzusammenhalt ist meines Empfindens nach eigentlich bei allen Spielen und vor allem Changeling durchaus gegeben (Herrje, ich leite eine Crossoverrunde und selbst da funktioniert das ganz wunderbar - aber ich halte mich ja auch an Regel 0). Aber wenn die Spieler querschießen und keiner da was gegen unternimmt, kann das natürlich nur schief gehen - in jedem Spiel, nicht nur bei NWod.

Gerade bei all die Dingen, bei denen Du dem Setting die Schuld gibst, sehe ich den Fehler eher bei den Spielern. Horror funktioniert nicht, wenn die Charaktere (und damit auch die Spieler) sich rational verhalten - wenn ich rationales Verhalten will, warum spiele ich dann überhaupt ein Horrorrollenspiel? Das Abschätzen der eigenen Handlungskonsequenzen ist in der Tat ebenfalls ein Problem - aber auch hier sehe ich nicht, warum da Changeling das Problem ist? Das ist ein Spiel dass sich darum dreht dass man Konsequenzen eben nicht abschätzen kann (und so wird es auch ständig im Buch erklärt!)! Auch hier wieder die Frage - warum spiele ich das, wenn ich das eigentlich garnicht will?

Das mit den Einzeltouren finde ich auch nicht schlimm - fast alle nWoD-Linien ziehen ihren Reiz auch aus dem klassischen Horrorthema der Isolation und das sollte man nutzen (Einzeltouren nur zur narrativen Masturbation sind natürlich scheiße - aber wenn in einer Gruppe so etwas vorkommt, dann ist das auch nicht der Fehler des Spiels, sondern der Fehler der Leute, die da am Tisch sitzen). Ähnlich wie für dich die Skills ist für mich das klassische Gruppenspiel aber auch ein Relikt grauer Rollenspielvorzeit und alles andere als ein Muss. Aber auch auf solche Sachen muss man sich natürlich einlassen.

Die simulationistischen Relikte, die Du da ansprichst, sind nun einmal Teil des Spiels. NWod ist ein schnelles und optimiertes, aber vor allem immer noch ein klassisches Rollenspiel und da gehören diese Sachen dazu. Wenn man nicht auf sowas steht dann gibt es genügend forgige Alternativen, die das ersetzen können - aber mit denen verdient man nunmal kein Geld.

Zu den konkreten Problemen, die Du ansprichst: Willpower ist extrem mächtig und wenn Du Dich als Spieler darauf einlässt kannst Du ohne Ende Willpower regenerieren - aber in aller Regel heißt das, auch mal Schwäche zu zeigen. Regel-0-brechende Spieler können das natürlich meist nicht.

Wann worauf gewürfelt wird ist eine reine Entscheidung des SL. Wenn das die Spielatmosphäre stört, dann ist das nicht der Fehler des Systems, sondern des SLs.
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Offline Markus

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Re: [NWod/Changeling] Fehler im System/Setting
« Antwort #2 am: 7.02.2010 | 18:46 »
Also an der Gruppe lag es wohl nicht, auch wenn ich die Leute nicht wirklich kenne. Nach meinem Eindruck waren wir alle ganz normale Rollenspieler, keine Darstellungsvirtuosen, aber es war auch niemand dabei, der erkennbar destruktiv war. Außerdem, wie gesagt, die Erfahrung deckt sich vollständig mit oWoD Runden mit anderen Leuten. "Querschießen" in dem Sinne gab es nicht.

Beim den nicht-abschätzbaren Konsequenzen machst du es dir meiner Meinung nach zu einfach. Man muss schon Spieler und SC trennen, schließlich ist es absolut üblich, dass Spieler ihre SCs irrational handeln lassen, obwohl sie wissen, dass das Nachteile haben könnte. Das Problem beim Changeling-Setting ist aber, dass ich auch als _Spieler_ nicht weiß/wissen kann/wissen soll, was rational zu tun wäre. Ich bin völlig von meiner Wirkung auf die Spielwelt abgekoppelt. Es macht keinen Unterschied, ob ich meinen SC sich rational verhalten lasse oder ob ich ihn weinend zusammenbrechen lasse. "Dinge passieren", in der Regel auf Veranlassung mächtiger NSCs und was ich meinen SC tun lasse hat damit vielleicht etwas zu tun, vielleicht aber auch nicht.
Wenn das Grundbedingung beim Horrorrollenspiel sein soll, wäre das nichts für mich. Wie oben schon gesagt, ohne als _Spieler_ irgendwie zielgerichteten Einfluß auf den gemeinsamen Vorstellungsraum nehmen zu können ist die Sache für mich uninteressant. Ich frage mich allerdings, wie unter diesen Bedingungen ein massentaugliches RSP entstehen kann. Schließlich ist es schon sehr unwahrscheinlich, dass sich eine Gruppe findet, bei der alle Freude daran haben, den anderen bei ihren nicht-kontigenten Ausschmückungen zuzusehen.
Es könnte, ich hab das oben schon angedeutet, natürlich auch sein, dass Changeling nur gut funktioniert, wenn alle mit dem Railroading einverstanden sind. Unsere SL hat uns viel Freiraum gegeben, aber ohne Handlungs-Ergebnis Kontingenz ist der Freiraum nichts wert.

Zu den Einzelszenen: natürlich soll es die geben, aber in bisher jeder WoD Runde sind die Leute dabei über die simulationistischen Relikte gestolpert und es gab Hartwurst-Einzelszenen bzw. allgemein Einzelszenen, die dadurch motiviert waren, dass man (Spieler und SL) meinte, man müsse etwas als Einzelszene abhandeln, weil der SC gerade von der Gruppe getrennt ist. Wie du richtig sagst sollte die Einzelszene ein dramatischer Höhepunkt sein, der Spieler für die seine Mitspieler spielen, so dass alle Freude daran haben. Nur ist das bisher in jeder meiner WoD-Runden gescheitert. Es mag woanders klappen, aber das tut es dann trotz des Systems und nicht wegen des Systems. Sorry, aber das ist gutes Design 101, dass ich den Spielern, die aus eher simulationistischen Systemen kommen ganz genau erkläre, welche Funktion Einzelszenen in einer WoD-Runde haben, wann man sie setzen sollte, wann nicht, wie sie gestaltet werden sollten. Und sei es nur, dass diese Erklärung erfolgt, damit alle eine ähnliche Erwartungshaltung und einen Bezugspunkt haben. De facto gibt es aber jede Menge simulationistischen Krempel im System und vielleicht ein paar wolkige Worte im SL-Guide, die man sich aus dem ganzen anderen Geschwurbel irgendwie rausziehen muss. Andersrum wäre es richtig: dramatisches System zuerst, und dann ein paar Worte zu den Bereichen, in denen auch mal gewürfelt wird. So ist es Mist, und es ist System-Mist.

Zitat
Wann worauf gewürfelt wird ist eine reine Entscheidung des SL. Wenn das die Spielatmosphäre stört, dann ist das nicht der Fehler des Systems, sondern des SLs.
Quoted for repetition.
Sorry, nein. Wenn ich exakt die selben Probleme in verschiedenen Runden mit komplett anderen Leuten beobachte und diese Probleme sich auch noch auf Design-Entscheidungen zurückführen lassen dann reicht es nicht immer wieder zu sagen die Leute sind blöd und die SL hat Fehler gemacht.
In letzterem Fall ist es sogar explizit falsch. Die Regeln sind klar simulationistisch, es soll gewürfelt werden, wenn der Ausgang unklar ist, völlig unabhängig davon, ob es irgendwenn interessiert. (Und nein, das vage Geschwurbel von der Goldenen Regel oder etwas ähnliches, dass sich sicher am Anfang der Würfelregeln finden lässt reißt das nicht raus. Wenn ein Designer will, dass die Leute trotz simulationistischer Attribut+Skill+Feats Struktur nicht-simulationistisch würfeln dann muss er das mehr als einmal laut und deutlich sagen.)

Wie gesagt, es kann sein, dass WoD-Horror nichts für mich ist. Am Gängelband der SL langzulaufen und bei Zeiten ein bisschen Angst und Schrecken zu mimen ist nicht meine Vorstellung von einem unterhaltsamen Abend. (Und Grusel ist so ziemlich die letzte Reaktion, die mir bei der Lektüre eines WoD-Settings kommt.) Aber die genannten Problem konnte ich eben schon wiederholt beobachten und sie lassen sich fast vollständig aufs Design zurückführen. Mehr noch, eben gerade weil sie systemimmanent sind lassen sie sich schlecht diskutieren. Ich spreche da aus Erfahrung. Konkret am kleinsten Problem: wenn ich die simulationistischen Relikte rausnehmen will muss ich langwierige Diskussionen über Spielstil und Erwartungshaltungen führen und dann einen neuen Gruppenkonsens finden.*



* Anekdote am Rande: ich habe versucht, der SL das alte Designproblem Vorteile durch Min/Maxing bei der Generierung nahezubringen. Seine Antwort: man müsse eben den inneren Powergamer überwinden (=Der Kunde ist schuld.). Ich hab's dabei gut sein lassen, aber eigentlich hätte ich gerne gesagt, dass besser die Null, die die Generierungsregel macht, sie so gestalten sollte, dass ich dafür belohnt werde oder zumindest keine Nachteile daraus habe, wenn ich einen möglichst normalen und durchschnittlichen Charakter baue, so wie es der Atmo-Text vorgibt.

Offline Haukrinn

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Re: [NWod/Changeling] Fehler im System/Setting
« Antwort #3 am: 7.02.2010 | 18:53 »
Ich würde lügen wenn ich behaupten würde, dass ich die Probleme die Du ansprichst nicht kenne. Desweiteren könnte ich mir sogar vorstellen, dass diese Probleme vor allem bei WoD auftauchen, weil das System (wie Du schon sagst) ganz klar PG-Aspekte und Storytelling vermischt.

Aber ich muss sagen, dass ich neben vielen miesen WoD-Runden auch einige sehr gute WoD-Runden kenne (und schätze). Und die miesen Runden waren ausnahmslos immer hauptsächlich deshalb mies, weil die Gruppe mies war. Ich will nicht ausschließen, dass dies auch die Schuld der WoD ist, die den Durchschnittsspieler dank der extremen Diskrepanz von Flufftexten und Regelbeigaben gründlich verwirrt. Aber auch die WoD verbietet nicht mal über den Tellerrand zu schauen und schon garnicht mal darüber nachzudenken, was man am Spieltisch so tut - und ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass genau das das Problem ist.  ;)
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Nin

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Re: [NWod/Changeling] Fehler im System/Setting
« Antwort #4 am: 7.02.2010 | 18:57 »
Ich schließe mich Haukrinn an. Das was du an Kritikpunkten beschreibst, hat nichts mit dem Spiel RAW zu tun. In sofern sind sie nicht wie du schreibst "setting-immanent", sondern entsprechen der Welt, wie sie eure ST (mich euch zusammen) vorgegeben hat.

Mit einer Ausnahme, der Auswahl an Fertigkeiten, die "Simulationistische Relikte" angesprochen hast. Das ist natürlich eine Geschmacksfrage. Ich finde die nWoD gibt hier eine gesunde Auswahl vor - nicht zuviel, um sich darin zu verlieren, nicht zu wenig, um nicht mit einem Wert die unterschiedlichsten Dinge zusammen zu kleistern.

Ich bin mir auch nicht ganz sicher, ob ihr die Würfelboni intensiv genutzt habt. Boni bedingt durch Werkzeug, Vorbereitung etc. sind das taktische Moment, das den Würfelwurf beeinflusst. Und Willpower? Die Willpower füllt sich durch diverse Möglichkeiten wieder auf. Aus sie zu verzichten, ist wie in anderen Systemen auf Gummipunkte oder ähnliche Spielertools zu verzichten.

"Das eigentliche Problem aber ist, dass sehr oft auf Dinge gewürfelt wird, die - laut Atmo-Vorgabe - keinen interessieren sollten." Das ist weder durch das Setting noch durch das System so vorgegeben, daher kann es eigentlich nur durch eure ST ins Spiel eingebracht worden sein.

Und so geht es weiter mit Dingen, die so nicht in den Büchern stehen...

"Man soll normale Menschen spielen, die dann in mysteriöse Dinge hineingezogen werden. Nur hat das eben zur Folge, dass deren primäre Reaktion Flucht sein sollte." - 3 x Nein. Du kannst, aber du musst/sollst es nicht.

"Beim Gruppenzusammenhalt wieder das selbe Problem: alle Charakter haben eine eigene Agenda, das System fördert das sogar noch, durch das Clan-System." - Nein, auch hier gibt es keine Verpflichtung. Die Courts bei CtL wirken was du anreißt eher entgegen. Es gibt ja explizit die Möglichkeit auch bei anderen Höfen Einfluss zu haben, die Höfe wechseln sich i.d.R. mit ihrer Regentschaft ab etc.

"Erschwerend kommt hinzu, dass es kein gemeinsames Ziel gibt, aus dem sich Handlungsmaßgaben ableiten ließen (siehe auch nächster Punkt) und eben laut Atmo-Vorgabe die indivuellen Bedürfnisse stärker betont werden sollen als bspw. bei DnD." - Diese These lässt sich sofort mit dem Hinweis auf die Beispiele von offiziellen Abenteuern (SAS oder Quickstarts) widerlegen. Außerdem widerspricht es dem Storytelling Verständnis, schließlich soll ja eine gemeinsame Geschichte erzählt werden und nicht eine freie Sammlung unterschiedlicher Kurzgeschichten.

Unbekannte und gefährliche Welt = Hartwurst, Paranoia, reaktiver Spielstil - Ja und nein. Die Welt ist unbekannt und gefährlich. Aber dies bedeutet nicht, dass es zu einem reaktiven Spielführen muss, denn 1. die Spielwelt ist auch für die AntagonistInnen unbekannt und gefährlich; 2. mit Traumdeutung und Traummanipulation lassen sich Informationen sammeln und Vorbereitungen treffen; 3. je kreativer die SpielerInnen mit Schwüren und Eiden hantieren, desto mehr fördern sie die Improvisieren auf Seiten der/s STs; etc.

"Die arme SL" und "Das kann funktionieren, wenn alle fest hinter einer Railroading-SL stehen." Wenn alle Railroading spielen wollen, ist das natürlich okay. Aber deine Schlussfolgerung, dass Railroading die Voraussetzung ist, um nWoD/CtL spielen zu können, ist falsch und kann ich aus eigener Erfahrung mehrfach widerlegen.

Nin

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Re: [NWod/Changeling] Fehler im System/Setting
« Antwort #5 am: 7.02.2010 | 19:09 »
Dann sage ich mit dem selben Brustton der Überzeugung...

(...)
"Dinge passieren", in der Regel auf Veranlassung mächtiger NSCs und was ich meinen SC tun lasse hat damit vielleicht etwas zu tun, vielleicht aber auch nicht.
(...)
Railroading
(...)
Gängelband der SL
(...)
SL

... all das, hat mit WoD nichts zu tun.

Offline Markus

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Re: [NWod/Changeling] Fehler im System/Setting
« Antwort #6 am: 8.02.2010 | 02:25 »
@Nin

Simulationismus, Willpower:
Alles schön und gut, wir haben ja auch damit gespielt. Nur hatten wir eben konkret die Situation, dass ein Bär-Changeling mit Stärke als wichtigstem Attribut auch nach Einsatz eines Willpower Punkts einen großen Kessel nicht ordentlich umwerfen konnte. Ohne Willpower-Einsatz hätte sich das Ding überhaupt nicht bewegt. WTF? Ja, für einen Hänfling wie mich ist das eine schwierige Aufgabe, die vielleicht nicht gelingt. Wenn das aber einem Bären samt Willpower noch passiert wird's albern. Dementsprechend war die Reaktion am Tisch auch "das kann doch nicht wahr sein", aber eher als Immersions-Bruch, als "was soll der Mist, wir haben uns das alle anders vorgestellt". Die SL hat aber völlig regelkonform gehandelt, es ist ja eine Aktion, deren Erfolg ungewisst ist.


Normale Menschen, Clans (Gruppenzusammenhalt), gemeinsames Ziel:
Wie schon gesagt, ich denke es kann funktionieren, wenn sich diesbezüglich alle intuitiv auf einem Nenner befinden. Das Changeling Corebook erwähnt aber auf jeder zweiten Seite wie traumatisiert die SCs sind, dass alle Changelings im Grunde weiterhin auf der Flucht sind, dass sie einander nicht vertrauen (können), dass sie miteinander im Clinch liegen und viel Zeit damit verbringen, sich wechselseitig durch Päkte über's Ohr zu hauen. Demgegenüber steht - IIRC -  eine halbe Seite im Spielleiter-Abschnitt, dass Gruppenzusammenhalt irgendwie schon gut wäre.
Der Verweis auf ein übergeordnetes Storyteller-Prinzip reißt das nicht raus. Es genügt nicht, einfach darauf zu vertrauen, dass die Spieler schon selbst darauf kommen werden, dass sie hier was ändern müssen. Manche kommen nämlich nicht drauf, und dann passiert das, was ich nun schon mehrfach erlebt und oben beschrieben habe.
Lies dir vielleicht nochmal durch, was ich im zweiten Post zu Einzelszenen geschrieben habe, das gleiche gilt hier. Natürlich kann man ein Setting bauen, in dem die Spieler vor einem Hintergrund aus Paranoia und Misstrauen sehr indivuelle Ziele verfolgen. Nur muss man sich im klaren sein, dass das im Spiel in der Gruppe zu gewissen Problemen führt und diese dann entsprechend prominent ansprechen und Lösungsmöglichkeiten vorschlagen.


Zum reaktiven Spielstil ist deine Antwort im wesentlichen, dass in deiner WoD-Runde "unbekannt" nur sehr bedingt zutrifft und Nicht-Kontingenz kaum vorkommt. Klar, dass dann auch das oben von mir beschriebene Problem nicht auftaucht.
Auch beim Railroading glaube ich dir gerne, dass es bei euch auch ohne geht. Selbstverständlich. Meine Erfahrung (exakt die gleichen Probleme in völlig verschiedenen Runden und WoD-Systemen) lässt mich aber vermuten, dass das bei euch trotz des Systems klappt. Oder vielleicht richtiger: Dass es bei euch funktioniert, weil ihr Gruppenkonsens über eine Reihe wichtiger Elemente hergestellt habt, die (a) so nicht im System stehen und (b) von denen einem das System auch nicht sagt, dass sie wichtig sind.


Dazu nochmal das konkrete Problem des Gruppenzusammenhalts bzw. des überhaupt gemeinsam agierens. _Ich_ kenne das Problem aus früheren Runden. Man kommt wahnsinnig schnell dahin, dass der SC eigentlich wegziehen und Kellner im Schwarzwald werden müsste oder die Beziehung unter den SCs so dysfunktional ist, dass es fast zwingend wäre, sich zu trennen (es sei den, man legt Wert darauf, kaputte "abusive relationships"/Mißbrauchsbeziehungen auszuspielen.) Deswegen habe ich ja auch angeboten, ein neues Konzept zu machen, eben einen SC, der einen Grund hat sich auf diese Welt einzulassen und mit den anderen rumzuziehen. Nur, das steht nicht in den Regeln. Da kommt der Gruppenzusammenhalt irgendwo weit hinten, als Zusatzüberlegung, wenn man Konzept und Werte schon fertig hat. Im konkreten Fall kann man sagen, die SL hat einen Fehler gemacht, weil ich das Problem ja angesprochen hatte. Eine solche Argumentation ignoriert aber völlig, dass das System dabei versagt, den Spielern (inkl. SL) dieses Problem bewußt zu machen und es so zentral anzusprechen, wie es seiner problemträchtigkeit im Spiel entspricht. (Dass das System dann für alte Hasen taugt, die alle diese Probleme schon kennen, lange miteinander spielen etc. ist nicht überraschend. Aber eben kein Verdienst des Systems.)

Offline Sequenzer

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Re: [NWod/Changeling] Fehler im System/Setting
« Antwort #7 am: 8.02.2010 | 02:36 »
- Die arme SL
Changeling ist eine Strafe für Spielleiter. Dass sie sich die Welt in weiten Teilen selbst ausdenken müssen ist das eine. Dass sie von den Charakterbögen zur Detail-Simulation angehalten werden ohne dafür allzuviel Hilfe zu bekommen ist das andere. Dass sie eine Fülle von Einzelszenen für Alle interessant gestalten müssen mag ja auch noch angehen. Aber die SL soll den Spielern auch noch das Gefühl der Hilflosigkeit vermitteln, sie immer wieder mit übermächtigen Kräften piesacken OHNE dass die Spieler irgendwann gefrustet oder orientierungslos das Handtuch werfen und ohne dass es zu Trotzreaktionen kommt. Nicht nur dass, es soll auch noch eine kooperative Atmosphäre herrschen.
Das kann funktionieren, wenn alle fest hinter einer Railroading-SL stehen. Vielleicht kann es sogar etwas freier funktionieren, wenn alle Spieler vollkommen damit einverstanden sind, dass sich ihre Freiheit auf Nebenschauplätze und Ausschmückungen beschränkt. Aber wehe die Spieler folgen dem Atmotext und fangen an, ihre Charakter individuell und autonom zu spielen, wollen sogar ein Stück vom kreativen Kuchen. Dann hat die SL eine Herde gereizter Katzen zu hüten und außer dem Holzhammer "totale Settingkontrolle" bietet das System dazu als Hilfestellung ... nichts.


Vielleicht fehlt mir aber einfach auch nur die korrekte Geisteshaltung.

So schlimm ist das eigentlich nicht zum meistern man besorgt sich noch von Exalted 2nd Ed. den Erweiterungsband "The Fairfolk" das ist so das "orginal" wenn man sich da ran hält bekommt man ein besseres Spiel hin. Die Regeln von Changeling waren schon in der oWoD seltsam.. wie so einiges. Alternativ haben wir das so gemacht das wir uns "Fairfolk"/Exalted Regeln dafür genommen haben und es im Setting von Changling verwendet haben. Aber generell brauch mal für die Changling Geschichte eine SL der kreativ ist und einen weiten Bogen um die Standard ARS Sache macht ^^ Zu den Regeln die nWoD ist nur ein verkorkster ableger von den Exalted Regeln geworden allein was schon die Standardwürfe angeht...
« Letzte Änderung: 8.02.2010 | 03:09 von Sequenzer »
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Offline Haukrinn

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Re: [NWod/Changeling] Fehler im System/Setting
« Antwort #8 am: 8.02.2010 | 08:19 »
Simulationismus, Willpower:
Alles schön und gut, wir haben ja auch damit gespielt. Nur hatten wir eben konkret die Situation, dass ein Bär-Changeling mit Stärke als wichtigstem Attribut auch nach Einsatz eines Willpower Punkts einen großen Kessel nicht ordentlich umwerfen konnte. [...] Die SL hat aber völlig regelkonform gehandelt, es ist ja eine Aktion, deren Erfolg ungewisst ist.

Verschärft, mit Willpower, Strength und Athletics müsste der doch locker 10 Würfel gehabt haben.   :o Und dann schafft der nicht einen einzigen Erfolg (denn ein Erfolg reicht ja laut Regeln immer)? In der Tat ist das schon extremes Pech.

Normale Menschen, Clans (Gruppenzusammenhalt), gemeinsames Ziel:
Wie schon gesagt, ich denke es kann funktionieren, wenn sich diesbezüglich alle intuitiv auf einem Nenner befinden. Das Changeling Corebook erwähnt aber auf jeder zweiten Seite wie traumatisiert die SCs sind, dass alle Changelings im Grunde weiterhin auf der Flucht sind, dass sie einander nicht vertrauen (können), dass sie miteinander im Clinch liegen und viel Zeit damit verbringen, sich wechselseitig durch Päkte über's Ohr zu hauen. Demgegenüber steht - IIRC -  eine halbe Seite im Spielleiter-Abschnitt, dass Gruppenzusammenhalt irgendwie schon gut wäre.

Courts und Freeholds zeigen ganz klar, dass die Prämisse des Spiels "Ihr müsst zusammen arbeiten, sonst geht ihr unter" ist. Was bitte kann man daran denn falsch verstehen?

Zum reaktiven Spielstil ist deine Antwort im wesentlichen, dass in deiner WoD-Runde "unbekannt" nur sehr bedingt zutrifft und Nicht-Kontingenz kaum vorkommt. Klar, dass dann auch das oben von mir beschriebene Problem nicht auftaucht.

Keine Ahnung, wo Du das aus Nins Post heraus liest. Sehe ich jetzt nicht. Ob man proaktiv oder reaktiv spielt ist nun wirklich keine Frage des Systems. Das die Gruppe in der Du mitgespielt hast, da ein Problem bzgl. der Kontingenz und der Unplanbarkeit hatte liegt wohl eher auch daran, dass sie ihre Möglichkeiten nicht genutzt hat, wie Nin ja schon schrieb. Contracts und Träume sind zentrale Spielelemente und wenn man die nicht einbringt, selbst schuld.

(Gruppenzusammenhalt...) Nur, das steht nicht in den Regeln.

Tut es nicht. Ich bin jetzt nicht daheim und kann es dementsprechend nicht nachlesen, aber ich würde vermuten, dass da sogar schon im Corebook was zu drin steht. Und im Storytelling-Kapitel von Changeling steht es wahrscheinlich gleich nochmal.
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Offline Markus

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Re: [NWod/Changeling] Fehler im System/Setting
« Antwort #9 am: 8.02.2010 | 09:21 »
Zitat
Courts und Freeholds zeigen ganz klar, dass die Prämisse des Spiels "Ihr müsst zusammen arbeiten, sonst geht ihr unter" ist. Was bitte kann man daran denn falsch verstehen?
Wieder etwas, was eine erfahrene Runde aus dem Corebook herauslesen kann, was aber eben _nicht_ drinsteht. Drin steht, dass sich die Changelings je nach Temperament zusammenrotten und dass die Freeholds primär den Zweck haben, dass man sich dort halbwegs sicher fühlen kann. Für den Zusammenhalt der SC-Runde gibt beides nichts her.
Die einzige mir erinnerliche Stelle, an der das Corebook tatsächlich Gruppenzusammenarbeit fordert und fördert ist die zu den Hovels (IIRC), wo ausführlich auf die Möglichkeit eingegangen wird, dass die SCs ihre Ressourcen zusammenwerfen. Das ist ein wirklich guter Abschnitt. Er zeigt klar auf, worin die Vorteile der Kooperation bestehen und unterstützt sie mechanisch. Aus der Beschreibung eines einzelnen Merits heraus jetzt aber zu schließen, dass das System als Ganzes der Problematik gerecht wird halte ich für gewagt.

Zitat
Ob man proaktiv oder reaktiv spielt ist nun wirklich keine Frage des Systems.
Jein. Nicht deterministisch, aber wie oben ausgeführt spielt das Setting hier schon eine Rolle. Und es gibt einen Trade-off: in Nin's Runde sind die Spieler offenbar weniger hilflos fremden Mächten ausgeliefert und können halbwegs vernünftig planen. Der Preis dafür dürfte sein, dass der Aspekt der Hilflosigkeit (immerhin ein konstituierendes Element von Horror) eben eine geringere Rolle spielt. Kann man machen, und ich glaube auch, dass es so besser ist. Aber das ist eben teils Erfahrungswert, teils Vorliebe und es ist vollkommen nachvollziehbar, dass meine SL die vielen Verweise auf Hilflosigkeit im Corebook eben anders interpretiert hat.

Zitat
Contracts und Träume sind zentrale Spielelemente und wenn man die nicht einbringt, selbst schuld.
Contracts klar, ist offensichtlich. Wir hatten dabei das Problem, dass die SCs schwach waren und SC und Spieler kaum abschätzen konnten, was ein bestimmter Contract mit sich bringt. Zusammen mit der Prämisse, dass die andere Partei praktisch immer versucht, einen über's Ohr zu hauen war das den Contracts nicht förderlich.
Träume kommen nach den Courts und den ganzen Superkräften. Ich gestehe gern, dass es mir an diesem Punkt zu viel wurde, vor allem weil mir die Mechanik unklar war, und ich (keine Ahnung wie's bei den anderen war) sie unter "noch eine Superkraft" verbucht habe. Ich hatte vor, mich wieder damit zu beschäftigen, wenn ich den Rest flüssig kann. Dass es sich hier um ein zentrales Spielelement auf Höhe der Contracts handelt und dass sie ein zentrales Informationsbeschaffungs-Instrument sein sollen wurde mir nicht klar. Allerdings, mal zynisch formuliert, hätte es evtl. geholfen, wenn auf meinem Bogen beispielsweise "Traumreise" statt "Animal Ken" gestanden hätte.


Gruppenzusammenhalt: Bitte lies meinen ganzen Abschnitt nochmal. Es ist unstrittig, dass dazu was im Buch steht. Aber es steht unter "ach, übrigens ..." und nicht unter "Achtung! Aufgepasst! Sehr wichtig! Wenn sie das nicht berücksichtigen könnten sie folgende Probleme im actual play bekommen!"

Nin

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Re: [NWod/Changeling] Fehler im System/Setting
« Antwort #10 am: 8.02.2010 | 10:34 »
Auch beim Railroading glaube ich dir gerne, dass es bei euch auch ohne geht. Selbstverständlich. Meine Erfahrung (exakt die gleichen Probleme in völlig verschiedenen Runden und WoD-Systemen) lässt mich aber vermuten, dass das bei euch trotz des Systems klappt. Oder vielleicht richtiger: Dass es bei euch funktioniert, weil ihr Gruppenkonsens über eine Reihe wichtiger Elemente hergestellt habt, die (a) so nicht im System stehen und (b) von denen einem das System auch nicht sagt, dass sie wichtig sind.

Ein Gruppenkonsens ist natürlich immer notwendig, um gemeinsam Spaß am Tisch zu haben.

Die WoD und speziell CtL unterstützt auf unterschiedliche Weise Spielarten. Nur zwei Beispiele:
1) WoD "Damnation Cities" ist das Tool für all diejenigen, die das Spiel in der Sandbox bevorzugen;
2) Talecrafting in CtL "Swords at Dawn" steht für Player Empowerment. Mit der Methode können SpielerInnen bestimmte Muster im Geschehen entdecken oder erzeugen und dadurch den Ablauf der Story lenken.

Verschärft, mit Willpower, Strength und Athletics müsste der doch locker 10 Würfel gehabt haben.   :o Und dann schafft der nicht einen einzigen Erfolg (denn ein Erfolg reicht ja laut Regeln immer)? In der Tat ist das schon extremes Pech.

Nicht zu Vergessen, dass ein kräftiger Ast oder ähnliches einen weiteren Bonus auf den Pool gegeben hätte.

Aber ich habe den Eindruck, dass Markus nicht überzeugt werden will. Er hat seine Erfahrung gemacht und sich eine Meinung gebildet (auch wenn mir 1 Runde oWoD und 1 Runde nWoD nicht reichen würde, um mir eine wirkliche Meinung zu bilden). Das ist dann auch okay. Für mich bleibt es aber eine sehr subjektive Erfahrung, in der ich fast jede Kritik mit einer Quelle im Buch zurückweisen könnte. Aber wozu? Im Zweifelsfall wird dem Geschriebenen interpretiert oder kritisiert, dass es interpretierbar und auf den pers. Geschmack abstimmbar ist.

Es ist unstrittig, dass dazu was im Buch steht. Aber es steht unter "ach, übrigens ..." und nicht unter "Achtung! Aufgepasst! Sehr wichtig! Wenn sie das nicht berücksichtigen könnten sie folgende Probleme im actual play bekommen!"

Ein Zitat muss ich aber zum Schluss meiner Beteiligung an dieser Diskussion doch noch los werden, die betrifft die Sache mit dem "nicht ordentlichen" Umkippen des Kessels. Im Grundregelwerk auf Seite 127 bzw. Page 122 steht folgendes:

Zitat
Im Grunde hat der Erzähler zwei Möglichkeiten, wenn er im Verlauf der Geschichte eine Entscheidung fällen muß. Er kann einfach selbst bestimmen, ob eine Handlung erfolgreich durchgeführt wird oder nicht, wobei er häufig die Eigenschaftswerte Ihres Charakters als Grundlage für seine Entscheidung heranzieht. Vielleicht braucht man Körperkraft 2, um einen Reifen anzuheben und nach jemandem zu werfen, und Ihr Charakter weist in diesem Attribut einen Wert von 4 auf. Dieser Ansatz minimiert wie gesagt die Zahl der Unterbrechungen im Erzählfluß.
Die andere Möglichkeit für einen Erzähler, die weitere Entwicklung einer Geschichte festzulegen, besteht darin, einen Wurf von Ihnen zu verlangen

Mit anderen Worten:
1) Unwichtige Dinge muss der Erzähler nicht entscheiden!
2) Unabhängig davon gibt es für den Erzähler immer die Option Entscheidungen von den Werten abzuleiten und nicht Würfeln zu lassen. (Gerade dann, wenn es für die Geschichte nicht entscheidend ist und ein Würfeln eher aufhalten würde.)
« Letzte Änderung: 8.02.2010 | 11:03 von Nin »

Offline Bad Horse

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Re: [NWod/Changeling] Fehler im System/Setting
« Antwort #11 am: 8.02.2010 | 22:17 »
Da das hier doch eher eine Kritik am und Diskussion über das Changeling-System ist, hat das im Diary of Sessions eher weniger verloren. Ich verschiebe den Faden daher mal zu den Spielsystemen

Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
The best lack all conviction, while the worst are full of passionate intensity.

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Offline Markus

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Re: [NWod/Changeling] Fehler im System/Setting
« Antwort #12 am: 9.02.2010 | 04:43 »
@Nin
Es ist schon lange her, aber das neulich war meine dritte oder vierte Runde. In einer Gruppe könnte es an den Spielern gelegen haben, einmal haben wir schnell wieder damit aufgehört haben dann aber mit einer anderen oder der selben Gruppe ungefähr zwei Jahre an System und Spielstil geschraubt und sind nicht recht vorwärtsgekommen (Es gab etwa jeden Abend ein-zwei nette Szenen und viel Quälerei und quartalsweise mal einen gelungenen Abend.) Und eben neulich. Die Erfahrung war dabei eben immer so frappierend ähnlich (schlecht) wie ich das von keinem anderen System kenne.

Schön dass es zusätzliche Bücher gibt, hier geht es aber ums Grundregelwerk (und, ganz offen, ich traue weder deinem Urteil noch den Designern).

Dein Zitat ist sehr lustig, vor allem weil dein Punkt 1 exakt dem widerspricht, was im Text steht: "wenn er im Verlauf der Geschichte eine Entscheidung fällen muß". Von wichtig und unwichtig steht da kein Wort. Wenn der Bezug zwischen dem Text und dem was bei dir ankommt überall so ist dann (a) wundert es mich nicht, dass es für dich funktioniert und (b) können wir nicht über den Text reden.
Aber unabhängig davon ist der Text ein schönes Beispiel für die schrägen Prioritäten: Er sagt weder dem Spieler noch der SL, wann gewürfelt werden soll. Genau hier sollten Roß und Reiter genannt werden, und eben erklärt, ob man für "unwahrscheinlich" (Skill-Ansatz) oder für "wichtig" (Drama-Ansatz) würfeln soll. Der Fertigkeitswert als Referenz deutet in Richtung Skill, aber die Implikationen für's Drama (Versagen entgegen der Stimmigkeit, unnötige Würfe auf uninteressante Dinge) werden nicht diskutiert.
Oder, wenn man sich als Designer schon um die Entscheidung drückt, den Leuten wenigstens sagen, was sie machen müssen, wenn sie einen der beiden Ansätze fördern wollen.
(Dazu kommt dann noch der letzte Satz: Die SL legt die weitere Entwicklung _fest_ in dem sie würfeln lässt. Das ist Blödsinn. Entweder sie entscheidet, meinetwegen entscheidet sie auch noch würfeln zu lassen aber dann - das ist ja der Sinn von Würfeln - hängt die weitere Entwicklung vom Zufall ab. Außer natürlich hier würde explizit der Alibi-Wurf propagiert, der für das Ergebnis irrelevant ist.)
Auf einer Meta-Ebene gibt ein Text, in dem die SL dreimal "entscheidet", einmal sogar trotz Würfelwurf, ein gutes Argument dafür ab, dass Railroading/Illusionism der intendierte Spielstil ist. Für ein solides Argument ist der Ausschnitt zu klein, aber wenn man sich das mal unvoreingenommen und isoliert durchliest, ist es eigentlich ziemlich krass, was da steht.


Das sind aber alles nur Nebenschauplätze, ich denke auch es bringt wenig, wenn wir uns hier gegenseitig Textstellen um die Ohren hauen. Ganz besonders wenig bringt es, wenn du mir auf mein Argument, dass der Gruppenzusammenhalt nicht entsprechend prominent (also ganz vorne) platziert ist, einen Ausschnitt zur Task-Resolution vorlegst.
Der Punkt ist, weder ich noch irgendein Mitspieler hatten zu irgendeiner Zeit den Eindruck, dass wir oder die SL die Regeln falsch anwenden oder grundsätzlich missverstanden haben. Weder bei der Entscheidung wann gewürfelt wird, noch bei der Entscheidung keine Gruppe zu formen, noch bei der Entscheidung eine unbekannte und nicht-kontingente Welt zu präsentieren.
Es kann natürlich sein, dass wir das alle falsch verstanden haben. Nur, und damit wäre ich wieder bei meinem Ausgangspost, es ist schon ein seltsamer Zufall, dass so viele intelligente, erfahrene und willige Leute die _selben_ Verständnisschwierigkeiten haben.

Offline Haukrinn

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Re: [NWod/Changeling] Fehler im System/Setting
« Antwort #13 am: 9.02.2010 | 08:11 »
Was spielt ihr denn sonst so? Die Kritikpunkte, so wie Du sie anbringst, könnte ich jetzt eigentlich auf so ziemlich jedes klassische Rollenspiel beziehen - egal ob das jetzt nWoD, Warhammer, D&D3, DSA, Cthulhu oder Schnarziparz heißt.
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Offline Caralywhynn

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Re: [NWod/Changeling] Fehler im System/Setting
« Antwort #14 am: 9.02.2010 | 08:13 »
Hi Markus,

Was ist jetzt eigentlich dein konkretes Problem - oder wie man hier auch so schön fragen würde: Deine Agenda?
Was möchtest du mit diesem Fred bewirken? Ich habe ihn mir durchgelesen und bin immer noch nicht ganz sicher, worauf du eigentlich hinaus willst.
Willst du einfach Changeling ein bisschen Bashen? ... Es sei dir gegönnt, dann sag´s aber auch.
Willst du ein wenig Mitleid für verkorkste Runden? ... Auch dies sei dir gegönnt, du musst nur Laut geben...
Willst du offene Türen einrennen und stelltst fest, dass andere da schon durch sind und bist nun verwirrt ... kein Problem, alles wird gut.
Willst du einfach nur kundtun, dass dir die o/n WoD nicht zusagt - ist auch ganz schick.

Wir sind hier ja alle schon groß  ;) und diskutieren lang und viel.
Nur wird das "Diskutieren" enorm erschwert, wenn man schon auf der ersten Seite eines Freds nicht so genau sagen kann, "was will der Themensteller eigentlich"? Die Reaktionen der anderen User haben ja bereits den Busch etwas abgeklopft, und deine Reaktionen sind ein wenig inkonsistent.... daher wäre ich dir für die Beantwortung meiner Eingangs gestellten Frage sehr dankbar, damit ich entscheiden kann, ob ich diesen Faden weiter verfolge, oder nicht.

... HÄ? ... wie jetzt?

Und dann nahm ich das Schleif und machte das Schneid.
Und ich sah, dass es gut war.


Zitat von: Laurie
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Offline Markus

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Re: [NWod/Changeling] Fehler im System/Setting
« Antwort #15 am: 9.02.2010 | 16:53 »
@ Caralywhynn & Nin

Ausgangspunkt war, dass mir eben bei WoD-Spielen und nur da* in all meinen Runden die selben Probleme aufgefallen sind. Und zwar eben nicht primär Problem der Art "aktive Parade führt zu langen und langweiligen Kämpfen" oder "diese und jene Feat-Kombination erlaubt es härter zuzuschlagen als ein Schuß aus einer Pistole", also mechanische Sachen, sondern eben Probleme mit dem Spielablauf.
Ich dachte, das gibt's doch nicht, dass so systematisch die selbe Art von Fehler und teilweise noch exakt die gleichen ... und von da an habe ich dann einfach weitergedacht und es eben in fast allen Fällen darauf zurückführen können, dass die WoD die Besonderheiten ihrer Settings und ihres Spielstils fast nur über Feats und Clans etc. abhandelt. Augenscheinlich wird den Auswirkungen auf den Spielablauf, die sich aus Setting und Atmo-Vorgabe ergeben im Regelwerk nur minimalst Rechnung getragen.

Damit meine ich jetzt nicht, dass exotische Forge-Mechaniken fehlen, sondern so ganz banale Dinge wie dass man nicht (aus nachvollziehbaren Gründen) die Axt an den Gruppenzusammenhalt legt, ohne den Spielern gleichzeitig zu sagen: passt auf, wenn ihr das macht wird es sehr wahrscheinlich dass X passiert und dann müsst ihr Z.**

Um das vielleicht mal kurz von der WoD zu lösen: Nehmen wir an, ich bastle ein tödliches grim & gritty Fantasy-Setting. Der erste wichtige Schritt im Hinblick auf den Spielablauf wäre dann, nicht einfach ungeprüft die Annahmen aus der heroischen Fantasy, bspw zur SC-Motivation ("für Ruhm und gute Worte") zu übernehmen, sondern den Spielern (inkl. SL) Anregungen zu geben, wie sie unter diesen Umständen ihre SCs motivieren. Der zweite Schritt wäre, mir auch Gedanken dazu zu machen, wie sich höhere Sterblichkeit und geringere Erfolgschancen auf den Spielablauf auswirken. Ad-hoc würde ich erwarten, dass die Spieler dann mehr planen, mehr Informationen einholen, Hinterhalte anzulegen versucht etc. Dementsprechend müsste man dann als Designer (a) die SL darauf hinweisen, dass sie auf solche Initiativen vorbereitet sein sollte und die entsprechende Info und Gelegenheiten auch rausrücken soll und (b) allen Spielern klar machen, dass die Gefahr besteht, dass sich die Runde in endlosen Planungen verliert und was man dagegen machen kann. Es besteht auch die Gefahr, dass das eigentliche Ausspielen der Planung langweilig wird, weil man den Vorgang ja schon einmal im Kopf hat ablaufen lassen und mehr gibt's halt im RSP nicht. Also auch hier wieder explizite Hinweise, wie man mit einem Problem umgeht, dass sich in einer heroischen Fantasy-Welt/Runde in dieser Form nicht stellt.

Was jetzt genau der Sinn des Threads ist .. ääh, außer "das gibt's doch nicht" und "hit post" war da nicht viel ;-)
Wenn ich's theoretisch einordnen müsste, war das für mich die dritte Stufe von "System does matter". "Mechanics matter" war klar, "Roles and distribution of power matter" war auch klar, aber "Setting matters for Spielablauf" war eher eine theoretische Größe. Dass das Setting für die Atmosphäre wichtig ist, ist ja trivial.




* Ganz konkret: DSA hat meiner Erfahrung nach primär mechanische Macken und ein paar unsystematische Probleme im Spielablauf. Es kann aber gut sein, dass ich die dicken Brocken in DSA schon vor so langer Zeit zu umschiffen gelernt habe, dass sie mir nicht mehr auffallen. DnD andererseits liefert nach meiner Erfahrung (primär 3.5) ein extrem konsistentes Spielerlebnis über alle Gruppen hinweg. Das ist dann natürlich eine sehr eingeschränkte Spanne, aber nach meiner Beobachtung macht es das, was es macht (und wohl auch machen will) sehr gut. Shadowrun habe ich noch nie länger gespielt und die Runden waren auch alle irgendwie seltsam, da könnte ich nichts dazu sagen. Bei den Indy-Systemen war ich zu oft SL und hab die einzelnen Spiele andererseits zu selten gespielt als dass ich dazu groß was sagen könnte.

**für X=(mehr Einzelszenen) passiert und dann müsst ihr Z (diese auf die für alle interessanten beschränken und Spieler und SL müssen aufpassen, dass sie nicht nur miteinander spielen, sondern auch für den Rest der Gruppe. Wenn die Gruppe sehr auf Immersion, also im-SC-bleiben steht, dann wird es schwierig das zu berücksichtigen. Wenn das auf eure Gruppe zutrifft, probiert es mal ein Weilchen aus und redet hinterher miteinander darüber, wie ihr speziell die Einzelszenen fandet. Wenn ihr damit nicht recht glücklich werdet, verwendet einen der Vorschläge auf Seite 338 um eure SCs enger aneinander zu binden. Dann könnt ihr wieder mehr als Gruppe spielen.)

Offline Oberkampf

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Re: [NWod/Changeling] Fehler im System/Setting
« Antwort #16 am: 9.02.2010 | 20:00 »
Hallo Markus,

ich weiss nicht, ob Du hier in erster Linie Deinem begründeten Ärger Luft machen willst, oder ob Du auch Lösungsvorschläge durchdiskutieren willst. Vor ein paar Monaten habe ich ernsthaft in Erwägung gezogen, mal wieder ein "Rollenspiel" aus dem Hause White Wolf in die Hände zu nehmen. Jedenfalls danke ich dir für die Warnung, die meinen Befürchtungen Auftrieb gibt, dass die nWoD am Tisch doch nur eine oWoD in grün ist. (*Tümpelritter schiebt seine nWoD-Bücher wieder weiter nach hinten in den Schrank*)

Soweit ich Deine Ausführungen bisher verstehe, stören Dich vor allem die in der WoD angelegten Anreize zum Solospiel und der Umstand, dass alle Aktionen der Spieler beliebig sind, da sie unvorhersehbare Folgen haben. Außerdem nerven - wie schon in der oWoD - übermächtige NSCs.

Ich bin mir nicht sicher, ob Dir meine Überlegungen weiterhelfen, aber schaden kann es - glaube ich - nicht, wenn ich sie Dir mal vorstelle.

Als ich im Sommer über eine Kampagne in der nWoD nachgedacht habe, drehten sich meine Gedanken um die Frage, ob nicht das XP-System (das fast komplett aus der oWoD übernommen wurde) an diesem Schlamassel mitschuld ist. Das XP-System belohnt dabeisitzen, zuhören und nichtstun ("lernen"), anstatt zielgerichtetes Handeln der Charaktere. Meine Überlegung war es, den Spielern von vorne herein zu sagen, dass es nur XP für die erfolgreiche (gemeinsame) Bewältigung von Aufgaben gibt. Das setzt natürlich voraus, dass die Spieler wenigstens einen kleinen Funken von einem Rollenspieler in sich tragen, ihre Charaktere verbessern/verstärken wollen und sich nicht nur fürs Verzählches treffen.

Zu den Aufgaben: ich wollte zwischen individuellen Zielen, Gruppenquests und NSC-Missionen unterscheiden.

Konkreter sahen meine Überlegungen so aus:

Individuelle Ziele - um dem individuellen Grusel gerecht zu werden.
Der Sinn des Ganzen ist, jedem Spieler seine individuelle Story zu geben, die aus ihm selbst kommt (also nicht aufgedrückt ist), und die anderen SCs einbezieht.
Jeder Spieler entwirft sich eigene Ziele. Danach skizziert er die Hindernisse, die ihn davon abhalten, seine Ziele zu erreichen. Das alles entwirft er alleine und teilt es der SL mit, oder entwirft es zusammen mit der SL.

Die Hindernisse müssen in Spielszenen überwunden werden. Hier kommen jetzt die anderen Spieler ins Spiel: die Spielszenen sollen vom betreffenden Spieler und der SL so angelegt werden, dass die Fertigkeiten/Kenntnisse/Skills usw. der anderen SCs gebraucht werden. Dazu muss man natürlich vorher was über die anderen Charaktere wissen.

Jeder Charakter, der sich an der Erreichung eines Ziels beteiligt, erhält die XP, wernn das Ziel erreicht wurde. Der Gag ist natürlich an der Sache, dass die anderen Spieler+Charaktere das individuelle Ziel ihres Mitspielers+Gefährtencharakters nicht kennen, aber notwendigerweise im Spielverlauf erfahren. Das kommt diesem "Mein Charakter hat ein dunkles Geheimnis, höhöhö"-Bedürfnis entgegen, das ich in einigen WoD-Gruppen beobachtet habe.
(Wer hier noch auf gut gemeintes Charakterspiel mit Intrigen steht, kann sich überlegen, ob es XP gibt, wenn andere Spieler mit ihren Charakteren versuchen, das Ziel zu sabotieren, weil es dem Konzept des eigenen Charakters entgegensteht. Aber meiner Meinung nach führt das nur zu den üblichen WoD Dysfunktionalitäten...)

Die Gruppenqueste - um den Zusammenhalt zu fördern:
Die Gruppenquest ist der Anker, der die ganze Gruppe zusammenhält, gewissermaßen das Kampagnenziel. Das grundlegende Ziel wird mit der Gruppe gemeinsam ausgemacht. Jeder Spieler teilt dem SC ein Hindernis / eine Szene mit, in der er mit seinem Charakter glänzen will, und eine Szene, in der ein (ausgeloster) anderer Charakter glänzen soll.

Schließlich die NSC-Missionen:
Grob gesprochen die üblichen Hol- und Bringaufträge von allmächtigen NSCs mit unklaren Zielen und düsteren Geheimnissen. Die sind vor allem für die Spieler da, die anfangs noch Schwierigkeiten haben, sich selbst Ziele zu setzen, und können von der Gruppe angenommen oder abgelehnt werden. Die Ziele/Siegbedingungen und Hindernisse legt hier der SL fest. (Wer unbedingt ein WW-Politikspielchen spielen will, kann dann Sympathie- und Antipathiepunkte vergeben, je nachdem, für/gegen welchen NSC die Gruppe gearbeitet hat. Die Sympatiepunkte kann man dann vielleicht in Gefallen umtauschen?)

Pi mal Daumen gibt es für je 3 überwundene Hindernisse (Hindernisszenen) vor einem Ziel 1 XP bei Zielerreichung. Eine Hinderniszene mit Kampf/Lebensgefahr ersetzt 2 "normale" Hindernisse. (Ob man als Hindernisszenen auch Szenen gelten lässt, die nur verlabert werden, bleibt den Gruppen überlassen. Ich persönlich bin kein Freund von Entscheidungen am Würfel vorbei, aber jeder hat da so seine Geschmäcker...) Außerdem bestimmt die Anzahl der beteiligten Mitspieler, wieviel XP am ende vergeben werden: + 1 XP pro beteiligtem Mitspieler.

Der Witz ist, dass man bei den Hindernissen auch Scheitern kann - und Scheitern zählt nicht als Überwinden. Für die spieler besteht also der tatsächliche Grusel, scheitern zu können. (Hier ist das Ganze noch nicht ausgereift: kann man nach dem Scheitern bei einem Hindernis das Gesamtziel trotzdem erreichen? Usw.)

Durch diese 3 Wege hoffte ich, den individuellen Spielerneigungen einen Platz zu geben, aber gleichzeitig in der Mechanik der XP-Vergabe einen Anreiz zur Zusammenarbeit zu liefern. Es erfordert natürlich ein paar (im umgangssprachlichen Sinne) Metagaming-Elemente, z.B. dass man eine Regelung abspricht, wer an einem bestimmten Spielhabend wieviel Screentime hat und seine individuellen Ziele vorantreiben kann.

Das ganze Mechanische mal in ein C:tL-Beispiel übersetzt (bei dem ich den beautiful madness Aspekt außer acht lasse):
Alle Gruppenmitglieder sind als gemeinsamer Anker dem gleichen Feenlord entkommen. Die Gruppe setzt sich als Gruppenquest das Ziel, einen Fänger zu töten, den der Feenlord in ihre Heimatstadt geschickt hat, um seine entlaufenen Wechselbalge zurückzubringen. Spieler X spielt einen Antiquar, Spieler Y einen Rennfahrer. Spieler X möchte, dass sein Beitrag zur Überwindung des Fängers darin besteht, in einem verschollenem Buch eine geheime Schwäche des Fängers recherchieren zu können. Außerdem entwirft er für den SL eine Szene, in welcher der Diebstahl des Buches mit anschließender Flucht und Verfolgung vorgesehen ist. (Beides Szenen der Gruppenquest. Scheitern bedeutet, dass die Gruppe die Schwäche nicht erfährt und die Charaktere im Kampf gegen den Fänger einen Trumpf weniger haben.)

Spieler X ist außerdem von den Fetches fasziniert und möchte gerne eine herzzereißende Geschichte über den Fetch, der seinen Charakter in dessen Familie ersetzt. Der Fetch ist ein kompletter Kontrollfreak, der die Familie überwacht und terrorisiert. Manchmal schleicht sich die Ehefrau davon, um bei externen Stellen Hilfe zu suchen - damit der Charakter unseres Spielers X sie ohne Überwachung durch den Fetch treffen kann, muss man ihr unauffällig mit dem Auto dorthin folgen, wo sie ihren Unterschlupf hat. Eine Aufgabe für einen Profiautofahrer. (individuelle Story, Hindernis, mit vorgesehener Beteiligung des Charakters von Spieler Y. Scheitern bedeutet, dass der Charakter die Ehefrau auf einem anderen Weg kontaktieren muss. Wenn der Charakter bei drei Versuchen/Szenen scheitert, ist dieses Ziel nicht mehr erreichbar, denn die Ehefrau nimmt aus Verzweiflung Tabletten - hey, es ist ein Horrorspiel.)

Nebenbei gibt es natürlich noch einen Winterkönig, der auf eine besonders süße Frucht aus der Hecke steht, die - leider, leider - nur in einem verborgenen Territorium wächst, in dem ein garstiger Oger haust. Wenn man dem König eine solche Frucht bringt, würde man sicher Unterstützung bei einem eigenen Ziel erhalten (und natürlich XP). Aber Vorsicht, das ist gefährlich und sicherlich keine Mission für einen einzelnen Wechselbalg. (NSC-Mission; Der König kann übrigens dann wieder ein dunkles Geheimnis haben, wofür er die Frucht wirklich braucht...)

Leider bin ich noch nicht dazu gekommen, das Konzept an einem WoD Spiel auszuprobieren, sonst wäre es sicherlich ausgereifter und ich könnte schon die Fallen und Schwierigkeiten benennen.
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Nin

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Re: [NWod/Changeling] Fehler im System/Setting
« Antwort #17 am: 9.02.2010 | 20:34 »
Als ich im Sommer über eine Kampagne in der nWoD nachgedacht habe, drehten sich meine Gedanken um die Frage, ob nicht das XP-System (das fast komplett aus der oWoD übernommen wurde) an diesem Schlamassel mitschuld ist.

Welches Schlamassel meinst du?

Das hier?
Soweit ich Deine Ausführungen bisher verstehe, stören Dich vor allem die in der WoD angelegten Anreize zum Solospiel und der Umstand, dass alle Aktionen der Spieler beliebig sind, da sie unvorhersehbare Folgen haben. Außerdem nerven - wie schon in der oWoD - übermächtige NSCs.

Oder das?
Das XP-System belohnt dabeisitzen, zuhören und nichtstun ("lernen"), anstatt zielgerichtetes Handeln der Charaktere.

Nin

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Re: [NWod/Changeling] Fehler im System/Setting
« Antwort #18 am: 9.02.2010 | 20:40 »
Ausgangspunkt war, dass mir eben bei WoD-Spielen und nur da* in all meinen Runden die selben Probleme aufgefallen sind. Und zwar eben nicht primär Problem der Art "aktive Parade führt zu langen und langweiligen Kämpfen" oder "diese und jene Feat-Kombination erlaubt es härter zuzuschlagen als ein Schuß aus einer Pistole", also mechanische Sachen, sondern eben Probleme mit dem Spielablauf.

Ich sehe nicht, dass ich dich hier davon überzeugen könnte, dass das nicht im Spielsystem begründet ist.
Falls du in der Nähe von Hamburg oder München wohnen solltest, kann ich gerne versuchen dir das praktisch zu zeigen.

Offline Haukrinn

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Re: [NWod/Changeling] Fehler im System/Setting
« Antwort #19 am: 9.02.2010 | 20:56 »
Hallo Tümpelritter,

Deine Ideen finde ich nicht schlecht. Allerdings sehe ich da wenig bis nichts WoD-Spezifisches drin. Zudem verstehe ich Deine Kritik an dem XP-System nicht. Nicht das ich das toll fände (ich mags nicht), aber

Das XP-System belohnt dabeisitzen, zuhören und nichtstun ("lernen"), anstatt zielgerichtetes Handeln der Charaktere.

stimmt einfach nicht. Laut Regelbuch gibt es exakt einen Punkt pro Session automatisch. Alles andere musst Dir (natürlich gemessen an der Willkür des SL) hart verdienen: Learning Curve, Roleplaying, Heroism. Auch die XP für's Storyende sind verteilt zwischen puren Erfolgs-EP und der Tatsache, wie klug man sich angestellt hat. Insofern sehe ich hier ehrlich gesagt kein Problem. Wie bereits angemerkt halte ich das XP System trotzdem für Mist, aber besser oder schlechter als das anderer RPGs oder gar so dysfunktional wie Du es darstellst ist es defintiv nicht.

Außerdem nerven - wie schon in der oWoD - übermächtige NSCs.

Die es dank fehlendem Metaplot in der nWoD erstmal garnicht gibt, es sei denn man baut seine Kampagne auf sowas auf?  Ich sehe jede Menge NSC in diversen Quellenbüchern, aber den Kontakt zwischen diesen und den SC provoziert letztendlich der SL.

Auf den hier würde ich auch noch gerne eingehen:

Soweit ich Deine Ausführungen bisher verstehe, stören Dich vor allem die in der WoD angelegten Anreize zum Solospiel und der Umstand, dass alle Aktionen der Spieler beliebig sind, da sie unvorhersehbare Folgen haben.

Letzteres ist auch wieder eine Beliebigkeit. Diese Unvorhersehbarkeit wird duchrs System nicht verhindert, ohne jede Frage. Sie wird aber ebenso wenig forciert. Das was ich dem Spiel definitiv nachsagen kann ist, zumindest bei WoD Core und Changeling, der Kontrollverlust - der ist aber ein zentraler Aspekt des jeweiligen Settings, die ohne so etwas garnicht funktionieren würden. Und schlimm ist das auch nicht.

Bezüglich des Solospiels kann ich dieses Gejammer auch nicht nachvollziehen. Ich mag Solospiel - sehr sogar. Das funktioniert ganz wunderbar in jedem Spiel und ganz besonders bei der WoD (bei uns z.B. nimmt das Solospiel schätzungsweise gut die Hälfte des gesamten Spiels ein) - natürlich nur unter der Vorraussetzung, das diese Szenen auch für alle anderen Spieler interessant bleiben und trotz aller Alleingänge alle mal zum Zuge kommen. Aber das ist wieder eine Aufgabe der Gruppe, so etwas zu erreichen. Natürlich funktioniert das nicht, wenn alle hochimmersiv spielen wollen. Aber auch das wieder fordert die WoD nicht. Denn die versteht sich als Erzähl-, nicht als Immersionsspiel, was man in den Büchern auch prima nachlesen kann.
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Nin

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Re: [NWod/Changeling] Fehler im System/Setting
« Antwort #20 am: 9.02.2010 | 21:12 »
(...) XP-System (...) (ich mags nicht) (...)

Ich auch nicht.

Davon mal ab, wird ein Handeln der Charaktere durch mehrere Dinge belohnt (wenn es denn etwas zum Belohnen gibt):
1) XPs als längerfristigen Effekt,
2) Willpower als unmittelbaren (und ebenfalls individueller) Indikator für (konsequentes) Handeln.

Offline Oberkampf

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Re: [NWod/Changeling] Fehler im System/Setting
« Antwort #21 am: 10.02.2010 | 08:29 »

Das Schlamassel ist alles zusammen  ;D
Und als analytischer Begriff völlig unbrauchbar  ;)

Kurz zum Solospiel:

Wer Solospiel mag (es gibt solche Spielertypen), der hat sicherlich weniger Probleme mit WoD. Ich mag es nicht, weder als SL, noch als Spieler (als Spieler vor allem deswegen nicht, weil ich dann stundenlang herumsitzen muss, während die anderen drei Spieler ihre Einzelaktionen durchziehen, als Sl nicht, weil ich es nicht gut finde, wenn drei Spieler ewig auf ihre Aktionsmöglichkeiten warten müssen.)

Nun ist Solospiel kein Problem, das nur bei White Wolf Spielen auftaucht, aber gerade bei V:tR und C:tL besteht - hier teile ich die Ansicht von Markus - vom Fluff her ein richtiger "Anreiz" zum Solospiel. Wechelbälger durchleben eben sehr persönliche Tragödien (Verlust der Familie, Isolation...). Dazu kommt noch diese Supernatural-Politk, die in der Gruppe fast zwangsläufig Friktionen erzeugt (besonders bei den VAmpirspielen, obwohl das ein bisschen besser geworden zu sein scheint). Um mal für WW eine Lanze zu brechen: W:tF bietet da ganz andere Anreize, weil das Rudel im Mittelpunkt steht.

Aber ansonsten habe ich den (zugegeben sehr subjektiven) Eindruck, dass ein Zerfasern der Gruppe (was ich, wie oben gesagt, persönlich beim RSP nicht leiden kann) gerade bei WW-Spielen häufiger auftritt als bei anderen Systemen. (Ja, ich habe schon D&D in "Storytelling Mode" mit den genannten Problemen gespielt, aber das schien mir eine Ausnahme zu sein.)

Das XP-System war für mich der Ansatzpunkt, an dem ich ansetzen wollte, um einige der Probleme anzugehen. Bei C:tL und V:tR fehlt nach meinem Einschätzen eine (am besten in der Regelmechanik verankerte) Belohnung für teamorientiertes Zusammenspiel. Und so eine Verankerung kann man gut beim XP-System anbringen. (Ein ander mal dazu, warum ich das XP-Vergabe-System nicht so dolle finde.) Die meisten Mainstream-Rollenspiele belohnen Zusammenspiel, denn XP gibt es entweder für das Überwinden von Gefahren (Monstern), die ein Charakter allein nicht bewältigen kann, oder das Lösen von Aufgaben, für die erstens das Gleiche gilt und zweitens ein sehr aktives Spiel erforderlich ist. Hinzu kommen noch einige Spiele, in denen Gruppenbildung und Teamwork regelmechanisch (vom Crunch her) gefördert wird (z.B. D&D4E, Warhammer 3E, komischerweise Spiele, die in der deutschen Rollenspiellandschaft oft schlechte Presse haben...) WW hat sowas ansatzweise bei W:tF, aber bei den anderen beiden mir bekannten nWoD-Spielen vermisse ich das.

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Re: [NWod/Changeling] Fehler im System/Setting
« Antwort #22 am: 10.02.2010 | 09:08 »
Nun ist Solospiel kein Problem, das nur bei White Wolf Spielen auftaucht, aber gerade bei V:tR und C:tL besteht - hier teile ich die Ansicht von Markus - vom Fluff her ein richtiger "Anreiz" zum Solospiel. Wechelbälger durchleben eben sehr persönliche Tragödien (Verlust der Familie, Isolation...). Dazu kommt noch diese Supernatural-Politk, die in der Gruppe fast zwangsläufig Friktionen erzeugt (besonders bei den VAmpirspielen, obwohl das ein bisschen besser geworden zu sein scheint). Um mal für WW eine Lanze zu brechen: W:tF bietet da ganz andere Anreize, weil das Rudel im Mittelpunkt steht.

Stimmt, W:tF ist diesbezüglich klarer auf Gruppenspiel ausgelegt und sicherlich auch das, was der Gewohnheitsgruppe in dieser Hinsicht am ehesten entgegen kommt (zumal es ja auch andere Standardrollenspielaspekte wie z.B. Kampf sehr betont). Vielleicht liegt da auch das Problem? Ihr (also z.B. Markus und Du) wollen einfach ganz "normales" klassisches Rollenspiel spielen, mit einer Gruppe, mit Herausforderungen, mit Kämpfen, in denen Einzelstories vor dem Gruppenabenteuer zurückstehen?

Falls ja, leuchten mir jetzt auch eure Kritikpunkte ein und wenn ich das mit den ganzen dysfunktionalen Vampiregruppen vergleiche, die ich so kenne, auch da versucht man eigentlich immer ein Spiel, dass für so etwas nur bedingt gemacht ist, in diese althergebrachte "Gruppe erlebt Abenteuer"-Schiene hinein zu pressen. Das geht durchaus (z.B. in dem alle Charaktere zu einer Fraktion gehören und eine spezifische Aufgabe erfüllen - "Coteries" und der "Chronicler's guide" erklären das auch lang und breit), erscheint mir aber nicht der eigentliche Sinn eines Spiels zu sein, dass mit dem Untertitel "A game of personal horror" wirbt. Ähnlich sieht das auch bei CtL aus - da kann man sich auf die Freeholds und Courts konzentrieren und bekommt ein brauchbares (dann meist auftragsbasiertes) Gruppenspiel - zu dem Preis, dass man das Spiel eines ganz zentralen Aspekts, nämlich dem Schicksal einer gebrochenen Person, beraubt.

Auch CtL und VtR haben Gruppenspielelemente, die regelmässig eine Rolle spielen. Aber ich habe die immer als Kontaktpunkte zwsichen den Charakteren verstanden, als sicheren Hafen (wir spielen schließlich Horror und wenn die Charaktere in entscheidenden Momenten nicht zusammen an einem Strang gehen, dann sind sie weg vom Fenster), aber nicht als das zentrale Spielelement.

PS: Nur mal so eingestreut, Promethean sehe ich tatsächlich als Gruppenuntauglich an. So ein Promethean lässt sich zwar problemlos in eine Crossover-Gruppe integrieren (und da passt er von der Thematik sogar gut rein!), aber eine Gruppe Golems fände ich dann doch extrem seltsam.
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Offline Markus

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Re: [NWod/Changeling] Fehler im System/Setting
« Antwort #23 am: 10.02.2010 | 10:34 »
Ihr (also z.B. Markus und Du) wollen einfach ganz "normales" klassisches Rollenspiel spielen, mit einer Gruppe, mit Herausforderungen, mit Kämpfen, in denen Einzelstories vor dem Gruppenabenteuer zurückstehen?
Beim Tümpelritter habe ich auch diesen Eindruck, aber bei mir ist das definitiv nicht der Fall. Im Gegenteil.
Ich will V:tM Stripped
http://tanelorn.net/index.php/topic,23376.0.html
Ich will eine Spielanleitung, die die Spieler nicht dazu verführt, Glamour wie eine Ressource (ASP, LE) zu handhaben, sondern sich so Glamour zu holen, wie man als normaler Mensch ein langes entspannendes Bad mit Kerzenschein, gutem Buch und Weinglas nimmt: Weil es einfach alles ein bisschen viel war heute, die Arbeit, der soziale Streß, der ganze Krempel der einem - vermeintlich - bei der Entwicklung der eigenen Persönlichkeit im Weg steht. Meinetwegen auch wie Drogen: bisschen Glamour und schon ist alles besser.

Aber ich sehe ein, dass V:tM Stripped vielen zu radikal wäre. Kein Problem, ich bin ja flexibel. Aber wenn schon die Mechanik nur wenig, meist nur nominellen Support für die Art von Spiel bietet, die laut Atmo-Text, Klappentext und SL-Hinweisen gewünscht ist, dann hätte ich gerne solide Hinweise zum Spielablauf. Also eben, wie schafft man es, dass "personal horror" für alle am Tisch interessant bleibt? Natürlich wird das nicht mit jeder Runde gehen. Selbst wenn alle ein Rollenspieldiplom haben sind manchmal einfach die Interessen zu verschieden. Aber es gibt Abstufungen, und man kann schon einiges dafür tun, dass die Einzelszenen für alle interessant sind (bspw. bei der gmeinsamen Generierung Raum zu lassen um zu sagen Du, das spricht mich nicht so an, könntest du vielleicht ...?). Aber das steht, wenn überhaupt, unter "Sonstiges", nachdem mir erklärt wurde, wie weit ich mit Athletics 3 springen kann und wievel Glamour welcher Zauberspruch kostet. Das Problem fängt ganz vorne an, wo ich meinen SC nach _meinem_ Konzept bastle und die Gruppe allenfalls ein nominelles Vetorecht hat (wenn nicht eh nur von der SL die Rede ist, bin jetzt zu faul nachzusehen). Stattdessen sollte dort nicht nur stehen, dass alle in SC interessant finden müssen, es sollte auch klar erklärt werden, worum es geht: "Wenn dein Mitspieler ein SC-Konzept vorschlägt, schau nicht bloß ob es kein offensichtlicher Quatsch ist. Schau ob es dich interessiert. Du wirst bei vier Stunden Rollenspiel insgesamt etwa 30 Minuten damit zubringen, nur diesem Spieler und der SL bei Einzelszenen zuzusehen. Wenn du jetzt schon ahnst, dass dich das langweilen wird, hab den Mut es gleich anzusprechen."

Ohne das funktioniert das Game of personal horror eben nur zufällig, weil alle auf der gleichen Wellenlänge liegen oder diese per Zufall finden. White Wolf hat daran keinen Anteil, sie haben auch nichts dafür getan. Das einzige was die WoD past und present leistet ist einen Rahmen für den personal horror zu bieten. Das machen sie gut, die Settings sind interessant. Sie grenzen die anspielbaren Themen gut ein, ohne sie in ein Korsett zu pressen. Gleichzeitig sorgen sie dafür, dass es nicht zerfasert, dass sich die Themen der einzelnen SCs potentiell berühren und dadurch Synergien möglich werden. Die Settings sind im Großen und Ganzen gut gemacht. Changeling ist diesbezüglich ein Ausreißer, weil es thematisch viel breiter ist als bspw. Vampire und noch ein paar andere Sachen macht (siehe OP) die problematisch sind. Hier wäre der Bedarf an Unterstützung durch Mechanik und Hinweise zum Spielablauf besonders groß. Und dementsprechend fällt auch deutlicher auf, dass es davon nicht viel gibt.

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Re: [NWod/Changeling] Fehler im System/Setting
« Antwort #24 am: 10.02.2010 | 10:52 »
Vielleicht liegt da auch das Problem? Ihr (also z.B. Markus und Du) wollen einfach ganz "normales" klassisches Rollenspiel spielen, mit einer Gruppe, mit Herausforderungen, mit Kämpfen, in denen Einzelstories vor dem Gruppenabenteuer zurückstehen?


Primär möchte ich tatsächlich ein Rollenspiel spielen und frage mich halt, ob C.tL oder V:tR das hergeben würden. ;D


Falls ja, leuchten mir jetzt auch eure Kritikpunkte ein und wenn ich das mit den ganzen dysfunktionalen Vampiregruppen vergleiche, die ich so kenne, auch da versucht man eigentlich immer ein Spiel, dass für so etwas nur bedingt gemacht ist, in diese althergebrachte "Gruppe erlebt Abenteuer"-Schiene hinein zu pressen. Das geht durchaus (z.B. in dem alle Charaktere zu einer Fraktion gehören und eine spezifische Aufgabe erfüllen - "Coteries" und der "Chronicler's guide" erklären das auch lang und breit), erscheint mir aber nicht der eigentliche Sinn eines Spiels zu sein, dass mit dem Untertitel "A game of personal horror" wirbt. Ähnlich sieht das auch bei CtL aus - da kann man sich auf die Freeholds und Courts konzentrieren und bekommt ein brauchbares (dann meist auftragsbasiertes) Gruppenspiel - zu dem Preis, dass man das Spiel eines ganz zentralen Aspekts, nämlich dem Schicksal einer gebrochenen Person, beraubt.

Kann sein, dass der persönliche Horror sich wirklich mit der Idee des Gruppenspiels beißt, dann sollte ich von den meisten WW-Produkten die Finger lassen. Für Verschwörungsstorys mit Hol- und Bringaufträgen allein würde ich kein V:tR bzw. C:tL spielen wollen. Mal abgesehen davon, dass die Politikregeln aus den Grundbüchern allein dafür nicht ausreichen, können das andere RSPs besser, glaube ich.

Der persönliche Horror soll ja spürbar sein. Deswegen habe ich bei meinen Überlegungen zur XP-Vergabe der individuellen Story einen so prominenten Platz eingeräumt. Sowas mache ich bei anderen Rollenspielen in deutlich abgeschwächterer Form. Noch weigere ich mich bloß, zu akzeptieren, dass der persönlicher Horror von drei von vier Spielern aus stundenlangen Warteschleifen bestehen muss. Meine Anforderung an ein "personal Horror"-Rollenspiel-Spiel ist eben, dass man die Rollenspielelemente (Spieler- bzw. Charakteraktion, Gruppenspiel) nicht hinter die Storyelemente zurückfallen lässt.
Dans un quartier qui est triste à tuer
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