@Nin
Ich hoffe mal, du hast das nicht von Hand abgetippt.
Ich hab auch schon mehrfach erwähnt, dass mich Zusatzbücher nicht interessieren. Das GRW ist nicht umsonst, es sollte schon reichen um vernünftig damit spielen zu können.
Deswegen hier auch mal kurz der erste (und damit prägende) Text zu Glamour in C:tL. Hervorhebungen meine:
Glamour is the magical energy that fuels a changeling's powers. Glamour allows her to employ her Contracts, aquire preternatual skills or perform a variety of astounding feats.
All changelings begin with a Glamour pool equal to ...
Unlike many other Traits, Glamour is rated only as a pool of points you can spend. There is no dot rating for Glamour that your character allways possesses.
Und jetzt erklär mir bitte, warum nicht jeder mit Fug und Recht und vollen Textsupport sagen kann, Glamour = Astralenergie. Es ist eine verwaltete Ressource, die zumindest an dieser Stelle nur den Zweck hat, Zauber und Feats damit zu bezahlen. Dass es dann später und in einem Zusatzbuch noch Atmo-Hinweise dazu gibt ist, mit Verlaub, irrelevant.
Aber ich will mal nicht so sein. Nehmen wir an, ich hätte auch noch das Zusatzbuch gekauft und gelesen (und alle anderen Spieler auch). Und wir würden sogar noch übereinkommen, dass "Rites of Spring" der entscheidende Text ist, und die im GRW nahegelegte Interpretation ignorieren. Damit komme ich dir schon extrem entgegen.
Nur leider muss ich dann feststellen, dass mir das auch nicht hilft: Es heißt sogar explizit
Spending a few moments describing the sensations of the harvesting and how it affects the changeling’s mood and even perceptions can add a new layer to your chronicle. Don’t overdo it, though: if every time a character regains Glamour the scene turns into a five-minute soliloquy on the Byronic beauty of it all, chances are you’ll end up boring your players to tears after a few times.
mit anderen Worten, mal soll den Ressourcengewinn nicht zu sehr ausschmücken.
Aber auch egal, weiter:
The sensation of harvesting Glamour from emotions varies greatly depending on the amount harvested and the feeling that generated it. Consuming
a single point of anger creates a vastly different sensation than gorging on lust or fear does. ...
A child’s Glamour, for example, often seems to taste ..., while Glamour drawn from a person with derangements may have a slightly “spoiled” taste....
Larger “doses” (three to five points of Glamour) carry with them correspondingly stronger tastes and aftereffects. Changelings often perceive ...: ..., as the changeling draws more Glamour he can feel it running down his throat.... For up to an hour afterwards, the changeling might feel ....
Glamour is more than just a “magic fuel” that makes changelings go. In the same way that a person feels different if he’s stuffed full of good food or hasn’t eaten in a while, .... A changeling who is full of Glamour ... feels .... . A changeling with less than one quarter of his maximum Glamour pool feels ... The more Glamour a changeling has in his system, the more likely his perceptions are to skew ...
Ich hab mal die "purple prose" rausgenommen. Wie man jetzt deutlich sehen kann, bekommt man nur Hinweise darauf, wie man sich das als Immersionist vorzustellen hat. Kein Wort dazu, wie das darzustellen wäre, wie man die Erfahrung mit anderen Teilen könnte. Das Ganze ist ungefähr so hilfreich wie DSA-Vorlesetexte.
Der einzige Vergleich, der explizit gezogen wird ist der zum Unterschied zwischen vollgefressen und hungrig. Das ist, sorry, eine Nuance, die allenfalls extrem Hartwurstige DSAler nach dem berühmten einfachen aber sättigenden Mahl in der Bauernstube rüberbringen.
Vor allem aber hat es nichts, absolut garnichts mit den Themen zu tun, um die es eigentlich gehen soll. Das ist einfach nur hirnlos vom Blut bei Vampire übertragen, bzw. halt über ein Ressourcensystem gemacht, weil das so üblich ist. Vielleicht auch wegen der bösen Powergamer. Anders als bei Vampire ist aber für Glamour keine körperliche oder zumindest seelische (Thralls) Gewalt notwendig, die dort einen Bezug zum Thema Mensch vs. Bestie schafft. Warum aslo steht es auf meinem Characterbogen? Warum wird es nicht einfach unter "Alltagsleben der Changelings" geführt, wo ich es benutzen kann, wenn ich ausschmücken möchte, was mein SC den lieben langen Tag tut?
Anderes Beispiel: Charaktergenerierung:
Riddle of Steel, ein zwar stark Forge-beeinflusstes Fantasy RPG, dass aber recht klassisch daherkommt: Attribute, Skills, Sozialstatus etc. und bei dem man auch recht klassisch Maiden rettet und das Böse bekämpft
Deceide who or what you want to play. This first decision will be the most important you make throughout all of character creation process. Formulate a concept, personality, belief system and background for your hero-in-the-making. As you do so, consult heavily with the SL and any others players that will be joining your group or party. Decide on relationships between the characters before you start creating them, as the Riddle of Steel is a deadly game in a deadly world - your characters will be mortal, though your obstacles may not be. A unified and complementary group spells life or death for each of your characters in the game and how much fun you have as a player.
Das ist der komplette erste Absatz. Insgesamt nicht ideal, aber immerhin, im dritten Satz der Chargen wird auf die Mitspieler verwiesen. Für ein Spiel mit weitaus weniger hochtrabenden Ansprüchen als Changeling nicht schlecht.
Jetzt Changeling
Creating a character is about .... blablalbla (1. Absatz)
Where art an science blend is in the allocation of Traits. ... blablabla und nebenbei WTF? (2. Absatz)
When creating a character, consider not just your own ideas but those of your fellow players and Storyteller. This sort of communication is vital to ensuring that your character will get along reasonably well with the others. Talking with the Storyteller can help you make sure your character fits well into the chronicle and that you have plenty of stuff to do.
Im dritten Absatz statt im dritten Satz. Der genannte Zweck "get along well" ist irreführend, deutet eher in Richtung klassisches Gruppenspiel und wird im Regelwerk überall dort widerlegt, wo von den unterschiedlichen, widerstrebenden Motiven der einzelnen SCs die Rede ist. Die Regeln sagen klar, dass man seinen SC so machen soll, dass er gut in die Story der SL passt, nicht etwa andersrum. Beziehungen unter den SCs werden überhaupt nicht erwähnt.
Jetzt können die Verteidiger natürlich sagen Ja, aber man kann doch .... Stimmt, man kann. Können ist nicht das Problem. Das Problem ist, man muss. Also zumindest wenn man dramatisches/thematisches Rollenspiel will, wie es der Atmo-Text vorschlägt. Dann muss man die niedergeschriebenen Regeln mit viel Fingerspitzengefühl behandeln. Weite Teile anders gewichten, manche ignorieren. (So zum Beispiel die SL Anweisung auf Seite 242, bei der das
Ende der Kampagne vorgeskriptet wird. Soll nochmal einer sagen, Railroading/Illusionism wäre nicht der intendierte Standard-Spielstil. RTFM.) Man muss viele der dann auftauchenden Probleme selbst lösen (bspw. Einzelszenen) bzw. wahrscheinlich erstmal bemerken, dass das Problem besteht und dann gemeinsam eine Lösung suchen. Das GRW (und offenbar auch die Zusatzbücher) bieten eine interessante Prämisse und viel, viel Atmotext aber keine Anleitung für "a game of
personal horror". Was ein bisschen blöd ist, schließlich meint man, eine solche Anleitung gekauft zu haben.
Alles schön und gut, aber was wenn's in der eigenen Runde wunderbar funktioniert? Dann ist meine Kritik natürlich erstmal furchtbar abstrakt, man hat ja selbst kein Problem. Es ist verständlicherweise anstrengend, sich in etwas reinzudenken, was "natürlich" funktioniert. Es sieht so aus, als würde da jemand Probleme generieren, wo keine sind. Das ist aber nicht so. Es sind Probleme, die man selbst nicht hat. Ich hab' sie aber, und dass nicht nur einmal, sondern mehrfach reproduzierbar in unterschiedlichen Gruppen. Wenn der Standard nur ist "ist das bei mir auch so", dann können wir uns nicht allgemein über Regelwerke unterhalten. Dann sind wir alle kostbare kleine Schneeflocken und unsere Erfahrungen haben nichts miteinander und mit der Textgrundlage zu tun.
Die Konsequenz aus dieser Sicht ist, dass alle, bei denen es nicht funktioniert - inklusive mir - selbst schuld sind. Vielleicht fehlt uns gar noch die nötige "Reife". Wenn das eure Meinung ist, ist das halt so, nichts was ich sage kann das ändern. Wenn ihr aber zumindest die Möglichkeit in Betracht zieht, dass die wiederholt aufgetretenen Probleme auch von woanders her rühren könnten, dann bietet der Thread mehr als genug Beispiele für Elemente des Textes, der Anleitung, die Probleme produzieren können. Das heißt nicht, dass sie das zwangsläufig müssen. Eine einzige funktionierende Gruppe wäre dafür ja der Gegenbeweis*, der aufzeigt, dass das Problem eben nicht auftauchen _muss_. Aber ich denke, der Thread bietet mehr als genug Beispiele für Stolpersteine auf dem Weg zum thematischen/dramatischen Rollenspiel die aus dem Regelwerk, dem Text, selbst kommen. Wenn ihr zumindest einige davon sehen könnt, war's das eigentlich.
*Bei ein paar Sachen gilt dies nicht: Wenn Seite 242 klar sagt, das Ende der Kampagne soll vorgeskriptet werden und ihr ignoriert das, dann spielt ihr nicht mehr nach den Regeln. Dann kann eure Erfahrung keine Bestätigung mehr dafür sein, dass die Regeln funktionieren, sondern nur noch dafür, dass eure Gruppe funktioniert. Logisch ist das bereits bei einer einzigen Abweichung der Fall, aber in der Praxis ist der Standard ein anderer. Sagen wir einfach, wenn ihr ein schwer modifiziertes Homebrew spielt könnt ihr nicht mehr auf eure Gruppe verweisen und sagen die Originalregeln funktionieren super.