Ich bin ja ein überzeugter Verfechter der „keine Geheimnisse“-Philosophie. So diese ach so geheimen Hintergrund-Sachen, wegen derer ständig der SL mit irgendwem vor die Tür geht, und dann irgendwann (wenn überhaupt) wird es enthüllt, und echt niemand hat es kommen sehen… näh, bleib mir wech! Ich sag nur damals, als ich zwei Stunden mit nem alten Playboy-Heft auf dem Klo verbringen musste… ich schweife ab.
Seit langem vertrete ich also in diesem Forum die Auffassung, dass alle mehr davon haben, wenn man auf Geheimnisse möglichst verzichtet. Wenn ich
weiß, dass der Charakter meines Mitspielers schwul ist und sich nicht traut, es den anderen zu sagen, kann ich erstens bewusst erleben, wie er diesen Konflikt ausspielt (ggf. einschließlich OOC-Kommentaren / innerem Monolog). Getreu diesem Motto lasse ich meine Mitspieler auch oft OOC wissen, was mein Charakter gerade denkt oder fühlt. Und zweitens kann ich auch als Mitspieler den Konflikt ggf. durch das Spiel meines Charakters aktiv befeuern – warum sollte das immer nur der SL tun? So weit, so gut.
Nun begab es sich auf dem letzten großen Treffen, dass wir beim Jeepform zwei Varianten spielten, eine, bei der alle alles über die anderen Charaktere wussten, und davor eine, in der man nur das wusste, was der eigene Charakter auch weiß. Und hier war es schon interessant und auch eine echte Herausforderung, bestimmte Dinge
darzustellen, ganz ohne OOC-Kommentar, so dass die Mitspieler es tatsächlich merkten, obwohl sie es vorher nicht wussten. Das macht schon Spaß, und wenn bei den Mitspielern dann hinterher tatsächlich das ankam, was ich rüberbringen wollte, empfinde ich das durchaus als befriedigend.
Ein anderes Beispiel kam mir gerade in den Sinn, als ich über meine alten Tage als Star Wars d6-Illusionisten-SL nachdachte. Dort hatte ich einen NSC aus der Vorgeschichte eines weiblichen SCs aufgegriffen, ein grober Kerl, der ein Interesse an ihr entwickelte und vor dem sie schließlich floh. Der NSC, so wie ich ihn ausarbeitete, war recht kampfstark und hatte gelernt, andere einzuschüchtern, doch er war dumm, naiv und leicht zu manipulieren. Und genauso spielte ich ihn auch. Anfangs sahen die SCs ihn als gefährlichen Gegner und hatten mächtig Respekt vor ihm. Aber im Verlauf des Abenteuers bekamen sie mit, dass er genauso viel Angst vor ihnen hatte wie sie vor ihm, und dass sie ihn durch ein paar geschickte Lügen leicht ausnutzen konnten. Ich fand das super, die Spieler auch.
Fazit: Es muss nicht immer Full Disclosure sein. Wenn du etwas darstellen kannst und willst, stell es ohne OOC-Hilfen dar, das macht Spaß. Es sollten aber Dinge sein, die nicht lange geheim bleiben. Faustregel: Wenn deine Mitspieler innerhalb einer Sitzung bereits merken, dass da irgendwas los ist, ist es gut. Sonst nicht.