Nachdem hier noch 2 Seiten lang drüber diskutiert wurde, inwiefern DSA "Powergaming" macht, hier ein paar Definitionen zum freiwilligen Gebrauch. Ihr Leute müsst echt lernen, Sachen einfach zu definieren. Wenn eine Definition schlecht ist, nimmt man einfach eine bessere. Aber eine Schlechte definition ist immer noch besser als sich 2 seiten lang in Hermeneutik zu üben weil man sich nicht festzulegen getraut getraut was denn ein Begriff bedeuten soll.
Powergamer: Jemand der auf einem hohen Machtlevel spielen will. Macht steht hier in Relation zu den "Herausforderungen". Häufig eine Gegenreaktion auf Railroad-SLs, welcher den Powergamer zu Beginn mit "dein Machtlevel reicht nicht aus" davon abgehalten hat, die Schienen zu verlassen, und inzwischen zu immer mächtigeren Mitteln greifen muss. Gegenteil eines Bauerngamers.
Bauerngamer: Jemand der absichtlich auf einem niedrigen Machtlevel spielt, oft auch Zuckerbäcker genannt. Häufig aus "Gutes Rollenspiel(TM)" Gründen, weil selbiges sich laut einiger (älterer) DSATexte dadurch auszeichnet dass man nicht mal versucht, die Schienen zu verlassen oder einen Charakter zu haben der irgendwas kann.
Munchkin: Spieler der schlichtweg bescheisst weil er in dem kooperativen Rollenspiel immer "gewinnen" will. Er gibt sich zu viele Talentpunkte, er dreht würfel, er missbraucht irgendeinen obskuren Regelkomplex von dem nur er die Einschränkungen kennen würde. Praktisch immer ein Powergamer und Minmaxer.
Minmaxer: Spieler der den Crunch der Charaktergenerierung beherrscht, und dessen Charakter einen starken Fokus aufweist während andere Talentbereiche völlig ignoriert werden - häufig ist Kampf der Fokus, aber auch der pazifistische Schlossknackerstreuner oder der Elitezuckerbäcker mit magiedilletantisch unbewusstem Geschmackszauber können Minmaxed sein. Kann ein Powergamer sein.
(Auf antwort auf meine Aussage dass das Abenteuerprinzip Plotball-Abenteuer-Auflösung zwangsläufig zur Railroad führt.
Gut, dann sind nach deiner Motivation Dutzende Rollenspiele ebenfalls Railroadlastig, weil es auch dort nur Regeln für Abenteuerlastige Fertigkeiten.
So wie Midgard, Shadowrun, Vampire, DnD, Runequest, Traveller, etc. pp.
Und noch einmal: DAS IST KEIN RAILROADING !
Ich denke eben auch gerne dass es möglich ist auch in DSA nicht zu railroaden. Sprich, dass auch ohne
konflikterzeugende Regeln spannende dinge passieren können, d.h. auch nur wenn der Meister einen Konflikt über Willkür erzeugt.
Damit es überhaupt möglich ist, dass Railroading (im Sinne meiner vorherigen Definition) passieren kann, muss ein Spielsystem zwei Anforderungen erfüllen:
- Kontrolle (Konfliktresultate können vom SL gewillkürt werden)
- Vorbereitung (Konflikte werden vom SL geschaffen und ausgearbeitet)
Ohne Vorbereitung hat es keinen Sinn, die Spieler auf Schienen zu halten. Und ohne Kontrolle gibt es keine Möglichkeit dazu. DSA Erfüllt beide Anforderungen, wie viele andere Systeme auch.
Die Meiste Kritik in diesem Thread befasst sich mit dem 3W20 System und der Implizierten Eigenschaft, dies würde dem Spielleiter besonders viel Macht geben. Ich habe auch schon bei den einfachsten System beobachtet, dass sich die Leute nicht über die Erfolgschancen im klaren zu sein scheinen, selbst wenn es extrem einfache Berechnungen gewesen wären. Nein, 3W20 ist nicht einfach. Aber die schiere simplizität eines Würfelsystems hat meiner Erfahrung zufolge nur wenig Einfluss darauf wie gut diese Leute Erwartungswert und Chancen einschätzen können. Also, ich muss diese Kritik zurückweisen. Nein, 3W20 ist nicht Supertoll und es gibt wesentlich bessere Systeme. Aber schlussendlich ist das nicht der Teil, der DSA so schadet. "Kontrolle" hat der SL in DSA genug, auch wenn man auf D20 umsteigt. Natürlich wird in vielen (älteren?) DSA-Publikationen der SL dazu angehalten, in das SC-Verhalten einzugreifen und die Spieler kleinzuhalten. Kurz gesagt: Die Fähigkeit des SL, die Spieler zu Railroaden, ist nicht das Problem sondern die Absicht, welche aus der Notwendigkeit entsteht.
Die Untersuchung ob DSA zu railroadlastigem Spiel führt kann sich also nur auf die Notwendigkeit zum Railroaden beschränken.
Warum ist es allgemein notwendig, zu Railroaden? Was gibt es da für motivationen? Ist das, und wenn ja warum, in DSA speziell so?
Das DSA-Regelwerk beschränkt sich wie gesagt in seiner Regelung auf Aspekte eines "Abenteuers", also das was Vagabundierende Gutmenschen tun nachdem ihnen ein Plotball zugeworfen wurde. Für alles andere gibt es keine zufriedenstellende Regeln. Das heisst DSA ist, um spielbar zu bleiben, darauf angewiesen dass die Spieler ständig einen Plotball in den Händen halten. Es ist nur sehr begrenzt möglich für Spieler, selbst Plots zu generieren. Beispielsweise kann ein Einbrecher zum Meister sagen: Ich würde gerne mal wieder irgendwo einbrechen. Aber dabei würde der Rest der Gruppe womöglich nicht mitmachen wollen. Der Spielermagier könnte sagen: Ich würde mir gerne Mondsilber besorgen um mir ein magisches Artefakt zu bauen. Es gibt nicht wirklich Regeln für die beschaffung von Mondsilber und es gibt keinen Grund weshalb die anderen SCs da mitmachen sollten. In einer anderen Gruppe einigt man sich vielleicht darauf, in die Schwarzen Lande einzudringen um dort die Widerstandsbewegung zu unterstützen oder im Guerilla-Feldzug Dorf um Dorf zu befreien mit einer sich ständig vergrössernden Heerschar von bewaffneten Unterstützern. Jetzt fehlt es wieder an Regeln und selbst wenn man sich innerhalb der Runde auf gute Regeln einigt, dekonstruiert man damit weswegen der KGIA das noch nicht versucht hat.
Soweit unterscheidet sich DSA also nicht im geringsten von vielen anderen System, welche sich auch darauf beschränken, Abenteueraspekte zu Regeln und deswegen auf "Abenteuer" angewiesen sind, und gleichzeitig einen Allmächtigen Meister haben.
Beim zugeworfenen Plotball mit dem 08/15-Quest für die Gruppe gibts andere Probleme. Damit der Plotball zuerstmal effektiv ist, muss es
- Die SC zu Handlungen animieren
- Wenigstens einen Lösungsweg anbieten
Ein Plotball den die SCs nicht annehmen ist offensichtlich problematisch. Das Regelwerk sagt quasi: Die SCs müssen Gutmenschen sein und ein Gutmenschen-Plotball muss angenommen werden. Besser kann man die SCs mit der Aussicht auf Ruhm und Reichtum locken. Das grössere Problem ist aber der Lösungsweg. Ein Plot der für die SCs schlussendlich nicht auflösbar ist, ist enorm frustrierend für die Spieler. Also muss sich ein Abenteuerdesigner einen Lösungsweg einfallen lassen. Umgekehrt darf das Abenteuer nicht zur Farce werden (Man holt sich ein paar Riesenadler und fliegt mit denen zum Vulkan um den Ring reinzuwerfen) muss man auch Herausforderungen und Hindernisse Einbauen. (Hängebrücke zu den Adlern kaputt / unbesiegbare fliegende Gegner patrouillieren den Luftraum über dem Vulkan)
Der Lösungsweg ist also (wenn überhaupt) das Problem. Ohne vom Meister zugeworfenen Plotball gibt es keine Notwendigkeit für einen Lösungsweg. Spielergenerierte Konflikte müssen nicht zwangsläufig auflösbar sein, bzw. der Spieler entscheidet über den Parameter der Auflösbarkeit. ("Ich will ein Auto!" - "Aber du bist in Aventurien, einer Mittelalter-Fantasywelt!" - "Na gut, dann halt ein Pferd")
Was macht den Lösungsweg bei DSA (wenn überhaupt) besonders Railroadlastig? Vielleicht ist es die extrem dicht beschriebene, kanonische Welt. Die erfordert nämlich von einem Kaufabenteuerautor, dass er recherchiert. Nehmen wir ein Reiseabenteuer das durch den halben Kontinent führt um am ende den Ring in einen speziellen Vulkan zu werfen. Der Abenteuerautor müsste sich durch ein halbes dutzend Regionalspielhilfen und einen riesigen haufen an Abenteuern prügeln, um mehrere mögliche Routen abzudecken und gleichzeitig nicht zu riskieren, dass sein Abenteuer an einer Stelle einer anderen Quelle widerspricht. Aufgrund der technischen Begrenztheit von Kaufabenteuern (niemand will dass die dinger 1000 Seiten haben) muss er sich also auf eine Route beschränken und diese Detailieren.
Der Spielleiter, der Konsument des Kaufabenteuers, hat jetzt selbst wieder mehrere möglichkeiten:
- Er arbeitet sich selbst durch die 6 Regionalspielhilfen
- Er kümmert sich nicht um die Detailierung der Reise sondern Improvisiert -> Es macht für die Spieler weniger Unterschied wo sie lang gehen
- Er sorgt für dass die Spieler auf der Route bleiben -> Es macht für die Spieler keinen Unterschied wo sie lang gehen
Jemand mag den Einwand aufbringen dass dies ja nur für Reiseabenteuer gilt. Aber spieltechnisch unterscheidet eine "Route durch Aventurien" nicht wirklich etwas von einer "Route durch den Plot" wo man sich auf Plotschnitzeljagd befindet während man sich physisch vielleicht nur in einer Stadt aufhält. In beiden Fällen wird man notwendigerweise in sequentieller Reihenfolge auf gewisse Situationen, Vignetten, Begegnungen usw stossen.
Das heisst aber das im Kaufabenteuer beinahe zwangsläufig gerailroadet werden muss. Denn die Wege abseits sind nicht detailiert ausgearbeitet, alternative Lösungswege können 70 der 100 Seiten des Abenteuers umgehen. Damit widerspreche ich denjenigen, welche behauptet haben, "Abenteuer" sei nicht das gleiche wie "Railroading" denn niemand wolle HarvestMoon spielen. Aber in diesem Zusammenhang heisst "Abenteuer" eben nicht "Abenteuerlich" (als Gegensatz zu Harvest Moon) sondern beschreibt die Kombination aus zugeworfenem Plotball, das bei den SCs irgendwelche vorhersehbaren Handlungen auslöst und schliesslich auch ein ausgearbeiteter Lösungsweg welche eine Auflösung des Plots erlaubt.
Schlussendlich wird in den DSA-Begleittexten der Spielleiter auch immer wieder angehalten, die Spieler klein zu halten (Ihre Fähigkeiten, die Geleise zu verlassen einzuschränken) und sie mittels Charaktervorschriften auf den Geleisen zu halten. Die Abenteuer selbst gehen nur selten auf alternative Lösungswege ein, und bieten stattdessen nur zu oft Handwedeleien und Regelfuchsereien für den Spielleiter um diese Alternativen überzeugend zu unterbinden.
Alle meine Punkte zu DSA & Railroading:
1. Es gibt kaum relevante Mechanismen, wie DSA ausserhalb von "Konfliktlösung" (Abenteuer..lich) funktioniert
2. Es gibt kaum relevante Mechanismen, wie die Spieler selbst Konflikt generieren können
3. Die Spieler sind wegen 1 und 2 auf den Spielleiter zur Konflikterzeugung angewiesen
4. Der Spielleiter ist auf einen ausgearbeiteten Lösungsweg angewiesen für besagten Konflikt
5. Der Spielleiter muss die Spieler auf dem Lösungsweg halten können (Was er kann - er ist Gott)
6. Kaufabenteuer müssen kanonisch sein, was den Ausarbeitungsaufwand pro Lösungsweg erhöht und dadurch die anzahl der angebotenen ausgearbeiteten Lösungswege reduziert
7. Die Spieler und Leiter werden durch Kaufabenteuer und Begleittexte dahingehen sozialisiert, dass 5 richtig und gut ist.
Die Punkte denen ich nicht zustimme sind:
1. 3W20 verschafft dem Spielleiter mehr Macht, irgendwie
(Gegenargument: Kaum jemand hat ahnung von Stochastik. Ich habe genug Leute gesehen die es hinkriegen sich auch bei 1d6 völlig zu verschätzen)
2. Die Regeln sind sonstwie zu kompliziert, was dem Spielleiter mehr Macht verschafft, irgendwie
(Gegenargument: Ja, die Regeln sind zu kompliziert. Aber: Komplizierte Regeln helfen niemandem. Sie stören den Spielfluss und schaffen Eintrittsbarrieren für Anfänger und erzeugen Regelfuchser welche undurchschaubare Regelsubsystem missbrauchen)
3. DSA Spieler sind sowieso alle doofe Railroader, aus irgendeinem Grund
(Selbst wenn das nachweisbar so wäre, wäre doch der interessante Part die Frage nach dem Warum?)
Edit: Ich meinte 5, nicht 6 bei der vorherigen Aufzählung