Ich dachte sofort an Computerspiele wegen des "Pixels" und ich hab ja auch selber genug solcher Computerspiele gespielt um vertraut zu sein mit sowas. Zum einen kann man sagen, das ist im Computerspiel vermeidbar. Zum anderen hat ein Computer aber keinerlei Improvisationstalent - Es gibt keine andere möglichkeit die Tür zu öffnen als mit dem Schlüssel, und der Schlüssel ist nun mal winzig.
Das ist das Problem an
Trailblazing (was ich vorher im Thread mal "Plotschnitzeljagd" genannt habe) Das ist nämlich wenn die Struktur des ABs grundsätzlich Linear ist. Hält der SL die Gruppe nicht mittels seiner DM-Gewalt nicht auf Kurs, kann es vorkommen dass die Spieler am wichtigen McGuffin einfach vorbeilaufen. In so einer Situation ist es für alle beteiligten in der Regel besser, wenn der SL an der Stelle das AB zurück auf die Schiene bringt. Aber ein geschickter SL kann je nach dem auch Hinweise geben, ohne dass gleich der
GMPC das AB eigenhändig löst während die SC zuschauen.
Ich glaube das ist was ich (womöglich fälschlich) auch als Railroading bezeichne - ein lineares AB. Beim Trailblazing ist das AB grundsätzlich genauso linear wie beim Participationism oder Illusionism. Es gibt Schienen (auf denen gefahren wird) und Bahnstationen (an denen man aussteigen kann) aber grundsätzlich fährt man immer am gleichen Ort durch.
Ach, jetzt geh ich schon wieder in die Richtung "Was ist Railroading"
Wesentlich problematischer in P&P RPGs (als Vergleich zu Computerspielen) sind da andere Situationen, nämlich dass so ein Szenario prinzipiell
Unwinnable wird. Zum Beispiel weil sich die SCs bei einer Szene so unvorhergesehen verhalten, ob jetzt aus böswilligem versuch, das AB zu
derailen oder aus schierem Missverständnis / Ungeschick heraus. Wenn sie es sich mit einem NPC derart verscherzen, dass es unrealistisch wäre dass dieser ihnen ein einer (wesentlich späteren) Schlüsselstelle aus der Patsche hilft (z.B. weil er jetzt tot ist)
Also jetzt die Frage: Ist Railroading und "Lineares Abenteuer" das gleiche? Sind sie grundsätzlich unterschiedlich oder sind sie nur zwei Seiten der gleichen Medallie?
DSA-ABs orientieren sich idR an Büchern oder Filmen, Geschichten eben. Geschichten sind Linear. (Nichtlinear können sein, z.B.
Systeme) Railroading ist notwendig weil sonst das Lineare AB nicht zuverlässig funktioniert. Spieler verstehen das zumeist und kooperieren deswegen auch oft (participationism)
Um das zu verdeutlichen, stelle man sich ein System aus einer Kugel vor, das eine leichte Schräge hinabrollt. In einem Linearen System (wie es ein Lineares AB darstellt) wird angenommen dass wenn man die Kugel an Stelle X auf die Schräge legt, sie an Stelle Y und Z (deterministisch) in einer geraden Linie unterhalb von X (linear) vorbeirollt. In der Realität ist die Schräge ist aber holperig (nichtlinear), die genaue Holperigkeit ist unbekannt (nichtdeterministisch) und verändert sich auch selbst durch das hinabrollen einer Kugel (dynamisch)
Die Spieler verhalten sich unvorhersehbar.
Sobald die Spieler das DSA-AB ruiniert haben und man sich als SL sagt "ok, just go with it" stellt man fest DSA hat gar nichts geregelt was man ausserhalb des ABs braucht. Das ist
mein Kritikpunkt an DSA, mit der Einschränkung dass ich natürlich längst nicht jedes Regelwerk gelesen habe.
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Zu Markus' Punkt dass die ABs regelmässig die "Regeln brechen" - Das ist nicht ganz so einfach. Die Regeln mit denen man Dinge auswürfelt sind lediglich stochastische Annäherungen an real existierende Verhältnisse. Beispiel Die Charismaprobe ob NPC einen SC mag. Die Mary-Sue-Superhübschielfe mag CH16 haben und der Magier "bloss" CH13, und stochastisch könnte man behaupten dass die Mary 23% mehr Ausstrahlung als der Magier hat weil die chance, auf einen random NPC einen guten Eindruck zu machen, 23% höher ist. Aber Regeln sind lediglich eine Annäherung, eine Simulation, eine Abstraktion. Wieso hat die Elfe nicht 10% mehr charisma oder 300% mehr? Regeltechnisch ist das nicht möglich abzubilden - braucht man auch gar nicht. Man muss bei Regeln ein Zwischending zwischen usability und aussagekraft finden.
Beispiel Attentäter mit der Zauberzwangsrolle oder was es war: Es geht glatt durch die Magieresistenz durch! Schiebung, das AB hält sich nicht an die Regeln! Aber was ist Magieresistenz denn? Es ist wiederum eine Abstraktion die in Regelform ausdrückt, dass sich nicht jeder gleich verzaubern lässt. Hexenflüche ignorieren die MR vollständig, tun die Regeltechnischen Hexenflüche die Regeln brechen? Regeln dieser Art sind keine wissenschaftlichen Modelle die auch in Extremsituationen der Überprüfung standhalten muss, wie z.B. das Standardmodell der Teilchenphysik gegenwärtig im CERN in eine extremsituation gebracht und getestet wird. Regeln sollen helfen Antworten zu finden. ABs müssen Regeln brechen können, genauso wie SLs das können müssen und -keuch!- Spieler das tun können müssen, wenn es denn Sinn macht. DSA ist kein Fussballspiel und keine olympische Disziplin.
Natürlich ist Attentäter besonders hervorragend wenn es darum geht, Railroadig beim AB-Einstieg zu demonstrieren. Und auch sonst von A bis Z grottenschlecht. Aber, sagen wir ein Spieler spielt einen Perricumer Seelenheilkundigen Praiosgläubigen Antimagier mit Zwergisch-Firnelfischen wurzeln - plusminus etwa der magieresistenteste Charakter im Spiel, auch wenn er wohl sonst nicht viel kann. Dieser Charakter kommt sich natürlich verschaukelt vor wenn er genauso leicht verzaubert wird wie der Thorwaler Seefahrer. Charaktere unterscheiden sich, sie haben eigenheiten, vorteile und nachteile, und die wollen die Spieler ja spielen. Natürlich sind derartige MR-Monster in einem erststufen-AB nicht vorgesehen, und ein kluger Meister würde einem derartigen Charakter einen MR-Wurf gönnen können.
Es geht nicht um das Regeln-brechen. Regeln sind dazu da, dinge zu erklären oder zu beschreiben und Fragen zu beantworten. Regeln sind für die Spieler und die SLs (und auch für die AB-Schreiber) da um Fragen zu beantworten wie: "Rennt mein Charakter jetzt Angsterfüllt vor der Untotenarmee davon?" oder "Hat mein Kniehieb die Familienjuwelen getroffen?"
Das Universum von
Aventurien läuft nicht nach den Regeln ab. Die Regeln sind eine Annäherung daran, wie Aventurien abläuft und wie sich die Spieler und die SL die Chancen auf ein Unterfangen ausrechnen können. Aber sobald die Regeln nicht mehr ausreichen um Extremfälle zu beschreiben, sind sie nicht mehr gültig. Deswegen braucht man sich auch nicht an die Regeln zu halten.
Das Problem bei "Die Attentäter" ist nicht der vermeintliche Regelbruch. (Als Magifizierter Hexenfluch in einer permanenten Variante lässt sich Zauberzwang mit einem ausreichenden Machtlevel halt so einsetzen) Das Problem ist dass ein MR-Monster-Charakter nicht seinen MR-Monster-Charakter ausspielen kann sondern genauso mit 100% wahrscheinlichkeit verzaubert wird. Dabei hat er den Charakter vielleicht genau mit dem Gedankengang erschaffen dass er in gewissen Situationen der einzige sein wird, der der Gruppe aus einer magischen Patsche helfen kann. Es geht darum dass der Spieler eine Entscheidung getroffen hat (z.B. gegen Magie möglichst unverwundbar zu sein, so ähnlich wie ein Dosenkrieger halt gegen Waffengewalt) und diese Entscheidung vollständig ignoriert wird. Der menschliche Spieler hat überhaupt keinen Einfluss und diese Machtlosigkeit über das was am Tisch vorgeht ist was Railroading so eine unangenehme Erfahrung werden lässt.
Die anderen beiden kenne ich nicht. AlAnfa mag von jemandem geschrieben (gemeistert?) worden sein der sowieso keine Ahnung vom Magiesystem hat, und sobald Götter im Spiel sind, lässt sich ohnehin nichts mehr in Regeln ausdrücken. Die sind halt besoffen oder so.