Nachdem ich schon im Vorwort zu dem Spielbericht etwas weitschweifend gewesen bin und mich zudem Alriks beeindruckende zornige Schlussabrechnung so schön inspiriert hat, scheint es mir nur angemessen, auch das Nachwort etwas weitschweifiger zu fassen:
So vor etwa drei Jahren, als für mich persönlich die Leiche DSA4 schon lange unter der Erde lag und ich gerade dabei war zu vergessen, wo ich diesen miesen Bastard eigentlich überhaupt verscharrt hatte, sollte sich ganz unerwartet in eben dieser Leiche erneut Leben zeigen.
Eines Abends hatte es sich irgendwie ergeben, dass ich mit Chaosdada, Alrik, Phantom und Thorgun (das war der Bursche, der eigentlich auch als fünfter Mitspieler für "Der Unersättliche" vorgesehen war) am Tisch saß, um den DSA2-Klassiker "Xeledons Rache" zu leiten. Ich glaube der Grund, warum wir uns entschieden hatten, das Teil nach DSA4 zu spielen, war schlicht und einfach der gewesen, dass das die einzige Version war, von der wir gerade die Regelbücher in Reichweite hatten. Das Teil versprühte eine gute Portion DSA-Uralt-Charme, war idiotensicher zu leiten und hatte allen Beteiligten ordentlich Spaß gemacht. Die Kampfregeln erwiesen sich als gar nicht so hemmend, denn die Kämpfe waren nicht unspannend und liefen sogar recht zügig ab.
Nach "Xeledons Rache" hatte ich DSA4 wieder urplötzlich auf meiner Rechnung stehen. Ich war beinahe gewillt, dem DSA4-Regelwerk erneut eine faire Chance zu geben.
Unter Chaosdadas Leitung folgten mit dieser Runde übrigens - wie ich bereits in der Einleitung geschrieben habe - einige weitere Ausflüge in die Welt von DSA, diesmal mit den Regeln der dritten Edition. Eine der Gründe hierfür dürfte die Tatsache gewesen sein, dass sich unter den bespielten Kaufabenteuern einige echte Klassiker befanden, die halt leichter in DSA3 als DSA4 konvertiert werden konnten. Auch hierbei offenbarten sich wider Erwarten einige echte Perlen der Rollenspielunterhaltung.
Dann, vor etwa anderthalb Jahren, leitete ich das DSA4-Abenteuer "Brennender Frost" (das war dieses Selfmade-Abenteuer mit dem Utulu-Menschenjäger), an dem Chaosdada und zwei weitere Spieler beteiligt waren.
Wenn "Xeledons Rache" so etwas wie eine Generalprobe für eine Rehabilitierung von DSA4 in meinen Augen war, dann war "Brennender Frost" definitiv ein Manifest. Es war ein absolut atmosphärisches, düsteres und brutales Abenteuer, in dem nahezu alles wie am Schnürchen lief und die zahlreichen Kämpfe durchweg spannend und rasant waren. Oh ja, uns sind literweise Blut, Eingeweide, Knochensplitter und abgetrennte Körperteile nur so um die Ohren geflogen.
Spätestens nach "Brennender Frost" zog ich die Möglichkeit in Betracht, dass das DSA4-Regelwerk doch zu etwas taugen könnte.
Das führte mich schließlich zu "Der Unersättliche". Die nähere Vorgeschichte dazu habe ich bereits in meiner Einleitung gebracht und wie die Sache gelaufen ist, konntet ihr ebenfalls ausgiebig nachlesen.
Wenn ich die letzten drei erlebten DSA4-Abenteuer "Xeledons Rache", "Brennender Frost" und "Der Unersättliche" rückblickend vergleiche - größtenteils mit denselben Mitspielern, derselbe Spielleiter, dasselbe Regelsystem -, dann komme ich in meiner Analyse zu dem Schluss, dass die Hauptursache des Debakels tatsächlich bei den Kampfwerten zu suchen sein muss.
Das Grundgerüst der Kampfregeln selber fördert zwar mitnichten stimmungsvolle und schnelle Kämpfe, ich sehe in ihnen allein aber auch keinen automatischen Hemmfaktor.
Dass die Regeln einem rasanten Kampf nicht zwingend im Wege stehen müssen, habe(n) ich / wir ja erlebt. Diese Behauptung würde ich nicht nur auf die anderen beiden genannten Abenteuer sondern sogar auf "Der Unersättliche" selbst beziehen: Bolotonongos Arenakämpfe empfand ich nicht als langweilig - nicht zuletzt auch dank Chaosdadas enthusiastischer rollenspielerischer Untermalung derselben.
Problematisch wird bzw. wurde es dann, wenn dieses holprige Kampfsystem mit schlecht justierten Kampfwerten interagiert. Denn genau dieses forciert die - zweifellos vorhandenen - Schwächen des Kampfsystems bis jenseits aller Schmerzgrenzen. In diesem Detail sehe ich einen ganz erheblichen Mangel.
Welche Schlussfolgerung ziehe ich jetzt aus all dem?
Das wird jetzt einige von euch überraschen, manche gar entsetzen, aber für mich ist DSA4 noch nicht komplett gestorben. Aber die (metaphorische) Schaufel liegt wieder in greifbarer Nähe.
Warum ich dieses vergleichsweise milde Urteil über DSA4 fälle?
Ich kann nun mal die Tatsache nicht ignorieren, dass ich mit diesem System auch ein bis zwei Abenteuer erleben durfte, die ich absolut grandios fand (und wenn ich bedenke, dass das schon fast die Hälfte all meiner erlebten DSA4-Abenteuer repräsentiert, ist das doch eigentlich eine zufriedenstellende Quote).
Ansonsten hat die ganze Angelegenheit nur mein seit meiner frühesten DSA-Zeit tief verwurzeltes Misstrauen gegenüber Kaufabenteuern erneuert.
Und das möchte ich hier auch nochmal in aller Deutlichkeit festhalten: Auch mir hat trotz alledem "Der Unersättliche" eine Menge Spaß bereitet. Und dass die Helden mitten im Abenteuer auf diese unsagbar ärgerliche Weise ums Leben gekommen sind, muss dazu nicht im Widerspruch stehen. Seht die Sache mal so: Wenn das nicht passiert wäre, hätte mich vermutlich niemand auf die Idee gebracht, den ganzen Kram hier im
niederzuschreiben, und keiner hätte jemals etwas von Großmauls beachtlichen Heldentaten oder dem legendären Mendener Freibieraufstand erfahren.
Zu guter Letzt möchte ich abermals allen danken, die durch geäußerte Kritik und Ratschläge gezeigt haben, dass sie Anteil an unserem tragischen Schicksal genommen haben, sowie allen, die diesen Spielbericht mit so viel Lob bedacht haben.
Sha'Wush wünscht einen frohen Feiertag!