Autor Thema: Patzer (und Realismus)  (Gelesen 11845 mal)

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Achamanian

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Re: Patzer (und Realismus)
« Antwort #50 am: 12.05.2010 | 20:28 »
Ich habe allerdings den Eindruck, daß der DSA-Kampf um einiges "höher aufgelöst" wird als diese Fußball-Situation, wodurch sich natürlich auch die absolute Häufigkeit von "Patzern" verändert.

Kommt drauf an, in welchem Bereich. Du würfelst für einzelne Schläge und Paraden, aber nicht fürs Aufstehen, fürs Rennen oder fürs Ziehen einer Waffe oder für die Kommunikation mit Mitkämpfern, obwohl das alles Kampfentscheidende Aktionen sind, bei denen es theoretisch zu Fehlleistungen kommen kann. Umterm Strich kommt glaube ich eine ähnliche Auflösung wie in meinem Fußball-Beispiel raus.

Offline 1of3

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Re: Patzer (und Realismus)
« Antwort #51 am: 12.05.2010 | 20:53 »
@ 1of3
Ich halte diese Vorgehensweise für falsch.
Patzer ist ein Wort, dass es auch im allgemeinen Sprachgebrauch außerhalb des Rollenspiels gibt.

Falls also unklar wäre, was "Patzer" bedeutet, würde ich nicht über die RPG Schiene, sondern über die RL-Schiene versuchen, die Wortbedeutung herauszufinden. Aber das ist IMHO nicht nötig. Imho weiß jeder, was ein Patzer ist.[/quote]

Ich fürchte, du hast nicht verstanden, worauf ich hinauswollte. Klar, weiß jeder was ein Patzer ist. Aber das hat nichts mit der Umsetzung in der Spielmechanik zu tun. Die Charaktere können furchtbare Dinge erleiden, aber das liefert uns keine Aussagen über die Spielregeln.

Das wird hier aber versucht. Es entsteht eine Verwirrung der beiden Ebenen, also Fiktion und Mechanik, weil es zufällig Spiele gibt, die einen mit "Patzer" bezeichneten Mechanismus enthalten. Die beiden Ebenen haben aber nichts miteinander zu tun.

Man kann sich darüber unterhalten, ob die Charaktere schreckliche Dinge erleiden sollen. Und man kann sich darüber unterhatlen, ob man das von mir beschriebene Pattern benutzt. Und man kann sich darüber unterhalten, ob man für die schrecklichen Dinge das beschriebene Pattern benutzt. Das sind drei ganz unterschiedliche Fragestellungen. Die genaue Umsetzung des Patterns ist dann sogar noch eine vierte Frage.

Achamanian

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Re: Patzer (und Realismus)
« Antwort #52 am: 12.05.2010 | 21:07 »
@1of3:

das ist mal sehr schön sinnvoll aufgedröselt!

Offline Merlin Emrys

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Re: Patzer (und Realismus)
« Antwort #53 am: 12.05.2010 | 21:18 »
Kommt drauf an, in welchem Bereich. Du würfelst für einzelne Schläge und Paraden, aber nicht fürs Aufstehen, ...
Soweit ich weiß, gehört bei DSA "Aufstehen" durchaus zu den Dingen, für die im Kampf ein Wurf fällig wird (eine um die Behinderung erschwerte Gewandheitsprobe nämlich). Bei den andern Dingen bin ich mir über Probenwürfe nicht ganz sicher, in jedem Fall werden sie regeltechnisch behandelt (z.B. über die Anzahl möglicher Aktionen in einer Runde). Beim Laufen kann der Spielleiter darüber hinaus je nach Situation nach gelungener Körperbeherrschung fragen, d.h. Proben verlangen, die sich nicht aus dem Kampfreglsystem, sondern aus dem allgemeinen Regelsystem ergeben, deren Ablegen aber natürlich trotzdem zu "Patzern" führen kann. Das DSA-Kampf-System ist daher meines Erachtens feiner aufgelöst als das Fußball-Beispiel.

Klar, weiß jeder was ein Patzer ist. Aber das hat nichts mit der Umsetzung in der Spielmechanik zu tun.
Doch, denn der Sprachgebraucht gibt vor, daß "Patzer" sinnvoller(!)weise nichts anderes bedeuten kann, sondern allenfalls eine zusätzliche Einschränkung in seiner Anwendung erfährt. Daß dem sinnlosen Wortverdrehen keine Grenze gesetzt ist, ist zwar richtig, aber im Normalfall vernachlässigbar. Spielregeln sind auf Anwendbarkeit hin angelegt, und da hat Sprache einen starken Anteil - auch wenn man natürlich jeden beliebigen Unsinn formulieren kann.

Offline Teylen

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Re: Patzer (und Realismus)
« Antwort #54 am: 12.05.2010 | 21:27 »
Ich sehe nicht wo das Problem in der Definition ist.
Ergebnis Ausgangs Entsprechung:
Positive + Erfolg
Neutral = Fehlschlag
Negativ - Patzer
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Offline Merlin Emrys

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Re: Patzer (und Realismus)
« Antwort #55 am: 12.05.2010 | 21:32 »
Ich sehe nicht wo das Problem in der Definition ist.
Bei der von Dir jetzt gegebenen Zuordnung? In der Gleichsetzung von "Neutral" mit "Fehlschlag".

Offline 1of3

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Re: Patzer (und Realismus)
« Antwort #56 am: 12.05.2010 | 21:43 »
Doch, denn der Sprachgebraucht gibt vor, daß "Patzer" sinnvoller(!)weise nichts anderes bedeuten kann, sondern allenfalls eine zusätzliche Einschränkung in seiner Anwendung erfährt. Daß dem sinnlosen Wortverdrehen keine Grenze gesetzt ist, ist zwar richtig, aber im Normalfall vernachlässigbar. Spielregeln sind auf Anwendbarkeit hin angelegt, und da hat Sprache einen starken Anteil - auch wenn man natürlich jeden beliebigen Unsinn formulieren kann.

Ich mach mal ein Beispiel. Es gibt das wundervolle Spiel With Great Power. Da gibts zwei Ausgänge: Der Held hat Erfolg oder es passieren ihm schreckliche Dinge. Es gibt aber nicht das von mir beschriebene Pattern in den Spielregeln. Das läuft stattdessen über jene Methode, die jemand mal so schön als Counter Stakes bezeichnet hat.

Dieser Fehlschluss passiert irgendwie ständig, wenn sich Leute über Rollenspiel unterhalten. Ich mach nochmal ein Beispiel: Leute wollen in der Handlung Kämpfe und meinen dann - fälschlicher Weise - sie bräuchten sowas. Aber das ist nicht zwingend. Es ist auch nicht zwingend diese Art von Regeln für Kämpfe zu benutzen. Die beiden Ebenen haben a priori schlicht nichts miteinander zu tun.

Sinnlosigkeit (was nicht das Gleiche ist wie Unsinn) ist also exakt mein Vorwurf: Überraschend viele Leute begehen, sobald sie sich über Rollenspiele unterhalten, ständig Kategorienfehler, indem sie nicht zwischen Fiktion und Mechanik unterscheiden.

Offline Teylen

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Re: Patzer (und Realismus)
« Antwort #57 am: 12.05.2010 | 21:53 »
Bei der von Dir jetzt gegebenen Zuordnung? In der Gleichsetzung von "Neutral" mit "Fehlschlag".
Neutral ist vielleicht nicht das ideale Wort. Aber bei einem Fehlschlag gibt es kein Ergebnis.
Kein besonders positives, kein besonders negatives - es gelingt einfach nicht.
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Re: Patzer (und Realismus)
« Antwort #58 am: 12.05.2010 | 21:58 »
Neutral ist vielleicht nicht das ideale Wort. Aber bei einem Fehlschlag gibt es kein Ergebnis.
Das ist doch eine Bremse! Ein Stock in die Speichen.
GElingen sollte der normalfall sein und Scheitern das Ereignis, denn mit der Handlung, die getestet wird, wird schon Ereignis betrieben, während der Fehlschlag für sich stehen muss.

Naja, Jacke wie Hose, aber ich mag Spiele mit Erfolgschancen von 80+ % für durchschnittliche Dinge. ;)

Achamanian

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Re: Patzer (und Realismus)
« Antwort #59 am: 12.05.2010 | 22:00 »
Das DSA-Kampf-System ist daher meines Erachtens feiner aufgelöst als das Fußball-Beispiel.


So oder so wirst du niemals zu der bemängelten absurd hohen Patzerdichte kommen. Bei unserer DSA-Runde gibt es alle 2-3 größeren Kämpfe mal einen Patzer.
Das ist aber tatsächlich auch eine müßige Diskussion, da es hier ja nicht um eine konkrete Mechanik gehen soll, sondern um die Sinnhaftigkeit von Patzerregelungen an sich. Aus eben diesem Grund kann man aber die prinzipielle Unsinnigkeit von Patzerregeln nicht behaupten, indem man sagt, dass sie automatisch zu einer "unrealistisch" hohen Dichte katastrophaler Fehlschläge führen würden. denn erstens hängt ja genau das von der jeweils konkreten Mechanik ab, und zweitens ist "Realismus" ja nicht unbedingt der gewünschte Maßstab.

1of3 hat da total recht: Man kann die Vorliebe äußern, dass zufällige katastrophale Fehlschläge im RSP einfach nichts zu suchen haben, Realismus hin oder her, dann braucht man keine Patzerregeln. Man kann auch Systeme bevorzugen, die überhaupt keine Kampfregeln, sondern nur allgemeine Konfliktregeln haben, oder nur Regeln zur Zuteilung des Erzählrechts. Im letzteren Fall kann es ingame durchaus "Patzer" geben, auch ohne Patzerregeln, weil jemand sie erzählt. Die In-Game-handlung korelliert eben nur vermittelt mit regeltechnischen Abläufen.

In herkömmlichen Systemen mit Kampfregeln finde ich Patzermechaniken für meinen bevorzugten Spielstil sinnvoll, bevorzuge es aber, sie nicht als Fehlleistungen, sondern als Missgeschicke infolge ungünstiger Umstände zu unterpretieren. Das mag den Wortsinn etwas dehnen, aber es führt zu einer für mich guten Korrelation von In-Game-handlung und Regelmechanik: D.h. es gefällt mir, wenn widrige Umstände (Stolperwurzeln, blendendes Licht, eine sich lösende Rüstungsschnalle) unerwartete Wendungen ins Kampfgeschehen bringen können, und die Patzerregeln, die z.B. bei DSA zur Verfügung stehen, eignen sich hervorragend, um genau solche Widrigkeiten darzustellen - egal, ob das Wort "Patzer" nun eigentlich eher bedeutet, dass jemand selbstverschuldet großen Mist baut ...

ErikErikson

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Re: Patzer (und Realismus)
« Antwort #60 am: 12.05.2010 | 22:02 »
Naja, Jacke wie Hose, aber ich mag Spiele mit Erfolgschancen von 80+ % für durchschnittliche Dinge. ;)

Dann spiel DSA mit Powergamern.  :) Was ich damit sagen will, es kommt auch stark drauf an, wie man das Spiel spielt.

Wie man die Patzer interpretiert.

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Re: Patzer (und Realismus)
« Antwort #61 am: 12.05.2010 | 22:07 »
Dann spiel DSA mit Powergamern.  :) Was ich damit sagen will, es kommt auch stark drauf an, wie man das Spiel spielt.

Wie man die Patzer interpretiert.
Danke, nein. Das System passt nicht zu mir. Ich mag Poolsysteme und Fatederivate. ;)
zu Patzern habe ich weiter oben schon was geschrieben.

Es ist cool, wenn die Spieleransagen einen Erzählfluss erzeugen. Der wird dann halt von Fehlschlägen unterbrochen und das mag ich nicht.
Deswegen bin ich auch ein großer Fan des "ja, aber..." und sehe Patzer meist als etwas nerviges an, wenn sie gegen den Spieler gerichtet sind. Ich habe selten das Gefühl, dass Patzer ein Spiel bereichern, wenn sie erwürfelt wurden.
Wenn sie das Ergebnis anderer Entscheidungen sind, sieht die Sache wieder ganz anders aus. ;)

Offline Teylen

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Re: Patzer (und Realismus)
« Antwort #62 am: 12.05.2010 | 22:21 »
Ich finde zu einem dramatischen Spiel gehört ebenso "Nein", wie "Nein aber" oder auch "Nein und".
Immer nur "Ja" oder auch "Ja aber" fände ich langweilig und letzteres würde mich eher nerven. Da finde ich "Ja" und "Ja, und" besser.
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Re: Patzer (und Realismus)
« Antwort #63 am: 12.05.2010 | 22:25 »
@1of3
Ehrlich gesagt, glaube ich, hast du den Sinn von Design Patterns nicht verstanden.

Eulenspiegel

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Re: Patzer (und Realismus)
« Antwort #64 am: 12.05.2010 | 22:30 »
Ich fürchte, du hast nicht verstanden, worauf ich hinauswollte. Klar, weiß jeder was ein Patzer ist. Aber das hat nichts mit der Umsetzung in der Spielmechanik zu tun. Die Charaktere können furchtbare Dinge erleiden, aber das liefert uns keine Aussagen über die Spielregeln.
Das kann es auch gar nicht. Denn je nach angestrebten Ziel, sind ganz andere Regelmechaniken zur Umsetzung von Patzern sinnvoll.

Wenn ich Patzer simulieren will, weil sie realistisch sind, ist es traditionell möglich: Sprich, es gibt eine geringe Wahrscheinlichkeit, bei deren eintreffen dem SC ein patzer unterläuft.

Wenn ich Patzer aus dramaturgischen Gesichtspunkten haben möchte, könnte man Patzer als Ressource einführen: Immer wenn man einen Gummipunkt einsetzt, unterläuft dem Gegner ein Patzer. (Der SL hat am Anfang vielleicht 5 Gummipunkte und jeder Spieler hat zwei Gummipunkte.)

Wenn ich Patzer als Slapstick-Einlage benutzen will, könnte man es auch genau andersrum machen: Ich als Spieler entscheide selber, ob mein SC patzt oder nicht. Wenn ich mich dazu entscheide, meinen SC patzen zu lassen und das besonders farbenfroh erzähle, bekomme ich dafür einen Gummipunkt, den ich anderswo einsetzen kann.

Du siehst: Über die Regelmechanik kann ich gar keine Aussage treffen. (Weil je nach beabsichtigen Zweck von Patzern ist eine andere Regelmechanik sinnvoll.)

Man kann höchstens sagen:
Wenn ich Ziel A verfolge, sollte ich Patzer mit Regelmechanik X umsetzen. Und wenn ich Ziel B habe, sollte ich Patzer mit Regelmechanik Y umsetzen.

Zitat
Das wird hier aber versucht. Es entsteht eine Verwirrung der beiden Ebenen, also Fiktion und Mechanik, weil es zufällig Spiele gibt, die einen mit "Patzer" bezeichneten Mechanismus enthalten.
Nein. Es gibt Spiele, wo (N)SCs patzen können.
Natürlich ist es intuitiv, die Mechanik, die regelt, ob ein (N)SC patzt oder nicht, "Patzerregel" zu nennen.

Aber primär hat das System keine Regel, die Patzerregel genannt wird, und diese Regel hat irgendeinen Einfluss.
Primär stellt dieses System eine Regel zur Verfügung, die darstellt, ob ein (N)SC patzt oder nicht. Und erst sekundär nennt man diese Regel dann Patzerregel.

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Re: Patzer (und Realismus)
« Antwort #65 am: 12.05.2010 | 22:37 »
"Nein, aber" hat den Nachteil, dass man als SL anfängt Spieleraufgaben zu übernehmen, nämlich das "Probleme lösen" und "Drama schaffen". Und mit "Ja, aber..." meine in der Regel, was man als erstes mit "Nein, aber" assoziiert.
Man gibt, aber hält den Erfolg erstmal zurück, bis man als SL das Gefühl hat, den Spieler gefordert zu haben. Wahrs. liegen wir da sehr eng beieinander.

Patzer als Möglichkeit zu verwenden, dass Spieler es sich schwerer machen, um dann im richtigen Moment den Erfolg zu haben finde ich pers. sehr interessant.

Offline 1of3

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Re: Patzer (und Realismus)
« Antwort #66 am: 12.05.2010 | 22:53 »
@Eulenspiegel: Ich finde es wunderbar, dass wir also ganz einer Meinung sind.

Offline Teylen

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Re: Patzer (und Realismus)
« Antwort #67 am: 12.05.2010 | 23:06 »
"Nein, aber" hat den Nachteil, dass man als SL anfängt Spieleraufgaben zu übernehmen, nämlich das "Probleme lösen" und "Drama schaffen". Und mit "Ja, aber..." meine in der Regel, was man als erstes mit "Nein, aber" assoziiert.
Er beschreibt in beiden Fällen lediglich die Auswirkung des Würfelwurf respektive der Handlung.
Einmal unter einer positiven Prämisse (Ja) die dann jedoch in negativer Weise abgemildert wird (aber).
Ein anderes mal unter einer negativen Prämisse (Nein) die dann in positiver Weise aufgemildert wird (aber).

Ich sehe nicht wo das eine oder andere jeweils stärker in die Aufgaben des Spielers eingreift.
Das schaffen des "Drama" sehe ich als ganzeinheitliche Aufgabe bei welcher der Spielleiter einen steuernden Anteil hat.

Ob  die Spieler es sich absichtlich probieren leichter oder schwieriger zu machen berührt nach meinem Verständnis den Begriff des Patzers nicht. Es sei den man nimmt Aktionen hin zu bei welchen die Spieler die Charakter über aus unvorteilhaft handeln lassen. (Schwupps da war die Taschenlampe weg ^^; )
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Re: Patzer (und Realismus)
« Antwort #68 am: 12.05.2010 | 23:08 »
Ah, OK. Wir reden aneinander vorbei.

Das "Ja, aber" beschreibt eine Leittechnik. Das hat erstmal mit Würfeln nichts zu tun, funktioniert aber besser, wenn die Charaktere in der Regel auch schaffen, was sie sich vornehmen.
(Spieler fragt: "geht das so?" SL sagt: "Ja, aber *interessante Komplikation*")
dann gibbet kein Prob hier.

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Re: Patzer (und Realismus)
« Antwort #69 am: 12.05.2010 | 23:10 »
Einmal unter einer positiven Prämisse (Ja) die dann jedoch in negativer Weise abgemildert wird (aber).
Ein anderes mal unter einer negativen Prämisse (Nein) die dann in positiver Weise aufgemildert wird (aber).

Der Effekt ist ein psychologischer, man könnte fast sagen, es ist Augenwischerei. Man freut sich, wenn man "Ja!" hört.

Offline Teylen

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Re: Patzer (und Realismus)
« Antwort #70 am: 12.05.2010 | 23:20 »
Ich empfände es zuerst als in balanced, denke ich.
Nun und so nach einigen "Ja, aber", würde ich meiner Vermutung nach, das Gefühl haben um den positiven Aspekt betrogen fühlen. Ist doch wie eine Möhre vorgehangen bekommen, das freut selbst den dümmsten Esel nicht ewig ^^;

Wegen dem Leitstil hatte ich es so verstanden das es halt ein Stufen Programm gibt von:
Ja, und.
Ja.
Ja, aber.
Nein, aber.
Nein.
Nein, und.

Womit man für die Dramafans und Simulationisten die komplette Bandbreite des möglichen abgedeckt hat.
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Re: Patzer (und Realismus)
« Antwort #71 am: 12.05.2010 | 23:21 »
Mammutpost!  :gasmaskerly:

Ich halte Patzer fuer ein wichtiges dramatisches Element.
Ohne sie hat der Charakter lediglich erfolgreiche Handlungen oder fehlgeschlagene Handlung, tatsaechlich fehlerhafte Handlungen wuerden fehlen.
...
Neutral ist vielleicht nicht das ideale Wort. Aber bei einem Fehlschlag gibt es kein Ergebnis.
Kein besonders positives, kein besonders negatives - es gelingt einfach nicht.

Ich würde den Großteil aller Patzerbeispiele, die du, Teylen, in verschiedenen Posts gebracht hast, als normale Fehlschläge einordnen, sowohl aus RL-Perspektive wie auch spielmechanisch.

Auch kann ich mich der Aussage vom "ergebnislosen" Fehlschlag nicht anschließen - das hängt immer von der Situation und der Absicht des Handelnden ab.

Wenn z.B. ein Rennfahrer (um mal das Formel 1-Beispiel wieder aufzugreifen) ansagt "Ich versuche zu überholen" und schafft seinen Wurf nicht, dann hat er eben nur nicht überholt und es passiert weiter nichts.
Sagt der Spieler aber an: "Ich fahre die Kurve im absoluten Grenzbereich, um möglichst viel Zeit gut zu machen" und schafft den Wurf nicht, dann fliegt der Wagen aus der Kurve, und das wohlgemerkt bereits bei einem "normalen" Fehlschlag.
Hoch gepokert und verloren...


Mir fällt dabei gerade die großartige Engineer-Trilogie von K.J. Parker ein, die ich derzeit lese. Da gibt es Haufenweise hochkompetente Figuren, die dann doch immer mal wieder durch grandiose Fehlleistungen oder schlichtes Pech, insbesondere in Kämpfen, in schreckliche Situationen kommen. Und das völlig Slapstick-Frei (wenn auch nicht ohne lakonischen Humor) und völlig glaubwürdig. Für diese Art von "Gritty-Setting", bei dem die meisten Leute durch dumme und vermeidbare Fehler zu Fall gebracht werden, kann man im RSP durchaus Patzerregeln gebrauchen.

DAS ist genau so was, wo ich für mich mittlerweile zu dem Ergebnis gekommen bin, das gerade nicht über Patzer zu machen.
Die kommen dann nämlich je nach Regelsystem wirklich, wie hier öfter bemängelt wird, hirnrissig oft, oder so selten, dass ich die beabsichtigte Stimmung damit nicht erzeugen kann.
Da erzähle ich lieber gleich die regulären Fehlschläge etwas dramatischer, als mich dafür auf das Auftauchen eines Patzers "verlassen" zu müssen.
Insbesondere Systeme mit unterschiedlichen Erfolgs- und Fehlschlagsgraden abseits von Patzern und kritischen Erfolgen sind da recht dankbar.


In Systemen mit hohem "Whiff-factor" erzähle ich auch ganz gerne große und kleine Katastrophen, um den Eindruck zu vermeiden/abzuschwächen, dass da zwei Leute unter Idealbedingungen gegeneinander kämpfen und ohne wahrnehmbaren Grund nichts auf die Reihe bekommen.

Wenn es schon spielmechanisch nicht vorwärts geht, kann man wenigstens auf narrativer Ebene ein gewisses (spielmechanisch folgenloses) Auf und Ab einbringen - wenn es das System hergibt und die Spieler das so wollen (ist ja u.A. problematisch, weil man dann den selben Ablauf einmal in spielmechanisch folgenloser und einmal in spielmechanisch wirksamer Variante haben kann).


Mal eine grundlegende Überlegung:

Es gibt im echten Leben Fehler, die entweder eine besondere Fehlleistung darstellen oder das zwar nicht tun, aber große Auswirkungen haben.
Diese will man aus verschiedenen Gründen (Dramatik, Realismus etc.) auch im RSP abgebildet wissen.

Man hat aber gerade bei vielen klassischen Systemen mit Patzermechanik mMn nicht erkannt, dass die allermeisten "RL-Patzer" bereits im normalen (z.B. Kampf-)System enthalten sind und nur entsprechend erzählt werden müssten - spielmechanisch "normale" Fehlschläge entsprechen hier oft RL-Patzern.
Weil man das nicht erkannt hat, hat man diese Ereignisse nachträglich durch eine gesonderte Mechanik für Patzer eingebracht, die dann aber natürlich in der Häufigkeit ihres Auftretens und der Schwere ihrer Auswirkungen sehr leicht total neben der Spur sind.

Dazu auch:
Es ist okay, dass es mal einen Patzer gibt (selbst in DSA wegen Bestätigung nicht gerade so häufig). Das ist Drama und verdeutlicht einen Rest unkalkulierbares Risiko.
(Das Folgende ist nicht auf dich, Adanos, bezogen und auch nicht sonstwie böse gemeint; die zitierte Aussage dient mir nur dazu, meine Überlegung zu verdeutlichen:)

Wenn ich das Konzept "unkalkulierbares Restrisiko" in Verbindung mit Patzern, insbesondere im Kampf, lese, rollen sich mir die Zehennägel auf.

Das ist genau das, was ich oben meinte:
Da hat man irgendein Kampfsystem zusammengestoppelt, selber nicht ganz verstanden, was dieses System liefert und nicht liefert (bzw. liefern kann) oder auf welchem Detailgrad es überhaupt arbeitet, und weil man dann die RL-Patzer nirgends einzuordnen weiß, klebt man sie nachträglich an, weil "Das gibts ja im echten Leben auch und unser System soll das entsprechend darstellen können".

Mit dem Ergebnis, dass bei allen Würfen, die keine Patzer sind, nicht so viel passiert wie bei Patzern oder kritischen Erfolgen, sprich, dass diese als relativ ereignislos wahrgenommen werden und dass sie im Vergleich zu den Patzern und kritischen Erfolgen viel berechenbarer sind.

Was ja auch stimmt, weil man bei 30 HP und einem nicht explodierenden Schadenswürfel von 1W6 eben an einem einzelnen Treffer nicht sterben KANN.
Das weiß der Spieler, und selbst bei weichsten Ausprägungen des Ansatzes "Regeln als Settingphysik" wissen das auch die SCs und NSCs.

Also muss eine Patzer- und kritische Treffer-Mechanik rein, damit man mit völlig verdrehten Wahrscheinlichkeiten ein Risiko wieder bekommt, das man SELBST durch offensichtlich nicht am Designziel ausgerichtete Kampfregeln auf ganz grundsätzlicher Ebene ausgelassen hat/ nicht da eingebracht hat, wo es bei einem gewissen Realismus-/Simulationsanspruch hingehört hätte - und diesen Anspruch dokumentiert man ja eben gerade damit, dass man die Patzermechanik anklebt...

Da hilft es aber nichts, mit Patzermechaniken rumzufummeln, da muss das ganze Kampfsystem auf den Müll und etwas her, das von Grund auf, quasi in natürlicher Weise, das liefert, was ich mit der Patzermechanik notdürftig zusammenstoppeln/ künstlich nachliefern will.

Oder andersrum:
Heißt "Patzer sind "Drama" und (unkalkulierbares Rest-)Risiko" nicht:
Das reguläre Kampfsystem ist ziemlich undramatisch und vergleichsweise harmlos?
Warum sollte man denn das "Drama" und das Risiko auf die Patzer und Kritischen Treffer beschränken wollen?

Da nehme ich doch lieber gleich z.B. ein Kampfsystem, das grundsätzlich gefährlich ist und nicht erst durch die (i.d.R. recht verpeilte) Patzermechanik gefährlich für die SCs wird.
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
- Pyromancer

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Re: Patzer (und Realismus)
« Antwort #72 am: 12.05.2010 | 23:48 »
Mammutpost!  :gasmaskerly:

Ich würde den Großteil aller Patzerbeispiele, die du, Teylen, in verschiedenen Posts gebracht hast, als normale Fehlschläge einordnen, sowohl aus RL-Perspektive wie auch spielmechanisch.

Auch kann ich mich der Aussage vom "ergebnislosen" Fehlschlag nicht anschließen - das hängt immer von der Situation und der Absicht des Handelnden ab.

Wenn z.B. ein Rennfahrer (um mal das Formel 1-Beispiel wieder aufzugreifen) ansagt "Ich versuche zu überholen" und schafft seinen Wurf nicht, dann hat er eben nur nicht überholt und es passiert weiter nichts.
Sagt der Spieler aber an: "Ich fahre die Kurve im absoluten Grenzbereich, um möglichst viel Zeit gut zu machen" und schafft den Wurf nicht, dann fliegt der Wagen aus der Kurve, und das wohlgemerkt bereits bei einem "normalen" Fehlschlag.
Hoch gepokert und verloren...
Ja, aber wäre sowas wie:
"Du fährst durch die Kurve, machst Zeit gut, weil du aber über die Bordsteinbegrenzung geschlittert bist zeigt sich beim Reifen was abrieb"

Nein, aber wäre sowas wie:
"Du fährst durch die Kurve, machst keine Zeit gut, landest aber in einer guten Position für die Beschleunigung auf der Geraden"

Ein Fehlschlag (Nein) wäre für mich dort eher, "Du schaffst es nicht entsprechend zu beschleunigen, der Wagen macht nicht mit und du kommst mit normaler Geschwindigkeit durch die Kurve" oder "Du fährst am Grenzbereich durch die Kurve während das Feld das du verfolgst aber ebenso Zeit gut macht."

Erst bei "Nein und" (schwerer) heißt es: "Du bretterst in die Kurve rein, dein Wagen dreht sich, du kommst nicht auf die Strecke zurück, sondern knallst gegen die Wand und wenn du nicht schnell rauskommst siehst du aus wie Nicki Lauda oder darfst dir n neuen Char machen"

Zitat
Da erzähle ich lieber gleich die regulären Fehlschläge etwas dramatischer, als mich dafür auf das Auftauchen eines Patzers "verlassen" zu müssen.
Imho kann man selbst mit Erfolgen, Fehlschlägen und Patzern noch im Rahmen dessen was zur Gruppe passt feinskalieren.
Da muß nicht bei jedem Patzer gleich der Wagen explodieren und darf bei Fehlschlägen nix passieren (die "aber" kann man imho auch noch dazu zählen).

Zitat
Man hat aber gerade bei vielen klassischen Systemen mit Patzermechanik mMn nicht erkannt, dass die allermeisten "RL-Patzer" bereits im normalen (z.B. Kampf-)System enthalten sind und nur entsprechend erzählt werden müssten - spielmechanisch "normale" Fehlschläge entsprechen hier oft RL-Patzern.
In wie weit sind die im Kampfsystem enthalten?

Zitat
Heißt "Patzer sind "Drama" und (unkalkulierbares Rest-)Risiko" nicht:
Das reguläre Kampfsystem ist ziemlich undramatisch und vergleichsweise harmlos?
Nein. Es bereichert nur das Kampfsystem.
Das man die Möglichkeit auf Fehlschläge und Patzer aller Art haben will heißt doch auch nicht das man ein grundsätzlich gefährliches System haben mag?
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Re: Patzer (und Realismus)
« Antwort #73 am: 13.05.2010 | 00:13 »
Zum Formel-1-Beispiel:

Da denke ich wohl zu simulationistisch - durch die Ausgangssituation vor dem Wurf und die erklärte Absicht inkl. Risikobereitschaft ist da für mich der Ausgang eines Fehlschlages bereits weitgehend festgelegt; mit "du kommst durch die Kurve, aber...XYZ" kommt mir da keiner mehr davon  >;D

In wie weit sind die im Kampfsystem enthalten?

Dazu greife ich mal auf einen älteren Post von dir zurück:
Das heisst ich wuerde es beim Kumite, als Beispiel, als Patzer werten wenn die Fussstellung dergestalt unsicher wird das der Fussfeger einen tatsaechlich von den Fuessen hebt.
Ebenso wenn man sich den falschen Moment aussucht um einen Treffer beim Gegner zu landen und dadurch nicht nur den Gegner nicht trifft sondern selbst getroffen wird.
Auch wenn man nach einem Schlag nieder geht weil irgendwas beim "soaken" offensichtlich schief lief.
...
Auch das nach fehlgeschlagenen Angriff offene darstehen - immerhin hat der Gegner dafuer wenig getan.

Das ist z.B. mMn in den allermeisten Systemen vom normalen Kampfablauf abgedeckt.
 
Auch die "Klassiker" Stolpern, stürzen, irgendwo hängenbleiben usw. kann man als normalen Ablauf interpretieren, insbesondere, wenn die Kampfrunden recht lang sind und solche vergleichsweise kurzen Schwächen keine ausreichende Begründung für einen freien Angriff oder eine verlorene Handlung sind.

Das ist eben der große Unterschied zwischen RL-Patzern und spielmechanischen:
Situationen und Ereignisse, wo ich mir im echten Leben denke "Ach du Scheiße" oder hinterher bei der Auswertung sage "DARAN hats gelegen, wegen diesem einen kleinen Fehler hab ich verloren", sind im Rollenspiel nicht zwingend spielmechanische Patzer, sondern können von vielen Systemen sehr gut als normaler Ablauf dargestellt werden - besonders die "Ach du Scheiße"-Momente stehen aber eben nicht so aus dem allgemeinen "Würfelfluss" heraus, wie sie dem Betroffenen im RL selbst auffallen.
Und gerade wegen dieser Eigenwahrnehmung im RL wird dann eben in manchen Systemen der Fehler gemacht, diesen Situationen/Ereignissen auch spielmechanisch eine Sonderstellung einzuräumen.


Nein. Es bereichert nur das Kampfsystem.
Das man die Möglichkeit auf Fehlschläge und Patzer aller Art haben will heißt doch auch nicht das man ein grundsätzlich gefährliches System haben mag?
Worin besteht denn genau die Bereicherung?
Doch in (gegenüber einem patzerlosen Kampfsystem) erhöhter Dramatik und höherem gefühlten Risiko, oder gibt es da noch andere Zielsetzungen?

Es ist durchaus mein Eindruck, dass sehr oft durch Patzer und kritische Treffer Systeme nachträglich gefährlicher und dynamischer gemacht werden sollen, die man besser von Grund auf entsprechend ausgelegt hätte.
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
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Offline Merlin Emrys

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Re: Patzer (und Realismus)
« Antwort #74 am: 13.05.2010 | 00:19 »
Überraschend viele Leute begehen, sobald sie sich über Rollenspiele unterhalten, ständig Kategorienfehler, indem sie nicht zwischen Fiktion und Mechanik unterscheiden.
Es ist aber ein ebenso gewichtiger Fehler, eine Trennung zu postulieren, wo keine ist. Und das ist das Problem mit dem Sprachgebrauch: Die Worte sind ja eben der Umgangssprache oder einer Fachsprache entnommen und damit in ihrer Bedeutung vorgegeben. Die Bedeutung vom Wort trennen zu wollen, widerspricht dem Sinn von Sprache, die ja gerade beides verbindet und damit ein unglaublich erfolgreiches Konzept ist :-) . Dies Konzept rückgängig machen zu wollen, halte ich insofern für kein erfolgversprechendes Vorgehen, vor allem nicht bei so einem sprachbezogenen Hobby wie Rollenspiel.

So oder so wirst du niemals zu der bemängelten absurd hohen Patzerdichte kommen.
Man könnte - da es ja um einen Vergleich mit dem Kampfsystem geht - durchaus die DSA-Kampfrundenlänge in den Vergleich mit hineinnehmen. Eine Kampfrunde sind, wenn ich mich recht entsinne, 2 Sekunden. Ein Fußballspiel dauert also 2700 Kampfrunden. Bei einer Patzerwahrscheinlichkeit von etwa 0,25% käme man auf 675 Patzer je Spiel, wenn in jeder Kampfrunde nur ein einzelner Spieler eine Probe ablegt (und dann wieder 21 2-Sekunden-Runden aussetzt, um auszugleichen, daß nicht jeder immer aktiv mitmischt). Selbst wenn nur jeder zwölfte von denen eine Verletzung bedeuten würde, wären das bei 22 Spielern also mehr als zwei Verletzungen je Person...
Und natürlich kann man, indem man die Patzertabelle anders füllt, jeden Fehlschlag als Patzer betrachten und jeden Patzer als Kleinigkeit. Das Problem ist nur eben, daß die bei DSA mitgelieferte Patzertabelle eine andere Wertung vornimmt und man nicht (wie Teylens Modell) auf 3, sondern auf 4 Fälle kommt:
besonders gut = 2 oder mehr Einser
gut = geschafft = Erfolg
schlecht = nicht geschafft = Mißerfolg
besonders schlecht = 2 oder mehr Zwanziger = Patzer

Da sind dann, denke ich, auch die "Patzer", die regelmechanisch keine Patzer sein sollten, um die es YY ging: Im "Mißerfolg". "Nicht geschafft zu überholen" heißt eben nur genau das, und daß dem ein "Patzerchen" zugrundelag, wird dazuerzählt. Oder es wird eben etwas anderes dazuerzählt, da hat man durchaus Freiheiten: etwa, daß der andere Fahrer geschickt manövrieren konnte, um das zu verhindern, oder daß ein ungünstiges Element der Situation den Erfolg verhindert hat.

"Patzer" im DSA-Sinn haben andere Folgen als eine "nicht geschaffte" Probe - im Extremfall kann man z.B., wenn man sich an alle geschriebenen Regeln hält, einen Zauber nicht weitersteigern, wenn man einen Patzer gewürfelt hat. (Kann man weglassen, und es ist vermutlich auch das beste, diese Regelung wegzulassen - aber im Regelwerk kann man sie finden, wenn man nur lange genug sucht...) Das ist eben kein "ich hab' mir den Kopf gestoßen, reibe die Stelle zwei Sekunden und dann mache ich weiter"...
« Letzte Änderung: 13.05.2010 | 00:31 von Merlin Emrys »