Hallöle,
in Moment beschäftige ich mich, angesichts seines baldigen Endes, ein wenig mit dem Rollenspiel
Engel und merke, dass mich gerade das Arkanasystem gar nicht so richtig überzeugt, wie früher. Es gab zwar schon früher im Internet viele schöne Ansätze für Rollenspiel mit den Arkana-Karten (z.B. auf DieKetzer.de, die aber leider down ist). An sich halte ich die Grundüberlegungen des Arkanasystems für außerordentlich gelungen, aber an der praktischen Ausführung haperts - das GRW zu „Engel“ erklärt so gefühlt
überhaupt nicht welche Möglichkeiten und Spielweisen das Arkanasystem fördert oder fordert. Zornhau hat es im Nachbarforum
HIER auf den Punkt gebracht. Man erhält quasi die Grundausstattung für eine Regelmechanik, ohne dass die Regelmechanik erklärt wird...
Ich will mir also ein paar Gedanken darüber machen, wie man das Arkana-System verbessern kann, was es ausmacht, was es leisten kann und was nicht und wie man daraus tatsächlich eine Spielmechanik entwickelt – Fernziel ist das Arkanasystem als ein vollwertiges Regelsystem bei „Engel“. Dabei bin ich auf euren Input angewiesen und freue mich auch über Erfahrungsberichte... Mit dem
Lichtbringer habe ich dahingehend schon einen interessanten Austausch gehabt und auch
Grobag hat mir bei ein paar Bierchen einige schöne Impulse gegeben - ich hoffe, dass ihr euch auch hier einbringt.
Grundsätzlich habe ich gerade bei „Engel“ erkannt, dass das Arkanasystem teilweise höchst problematisch ist, gerade in zwei Punkten:
1. Uneindeutigkeit: Für viele
die große Schwäche des Arkanasystems. Bei Würfelsystemen werfe ich ein paar W, lese die Erfolge ab oder vergleiche mit einem Schwierigkeitswert und weiß dann, ob ich es geschafft habe oder nicht. Das Arkanasystem leistet so etwas nicht (sofern man es nicht als W2-System spielt, was ich persönlich vermeiden wollen würde) – hier ist es, und da wird es schwierig, hauptsächlich das Interpretationsgeschick des Spielers gefragt. Positiv und negativ gibt es nach meinem Verständnis von Arkana nicht, aber definitiv Kontraste oder entgegenstehende Ausgänge. „Engel“ schiebt auch von sich aus als System Spielern, die jede noch so ungewünschte Bedeutung zum eigenen Vorteil auslegen, keinen Riegel vor – hier muss man als SL an seine Spieler appellieren, sich da etwas zusammenzureißen. Das Arkanasystem kann also allein dann Komplikationen erzeugen, wenn die Spieler bereit sind, ihrem Charakter auch Schlechtes zustoßen zu lassen und zwar durch eigene Interpretationen. Klar kann man hier Regeln finden: Einschränkungen in dem Sinne „Umgekehrt
ist negativ“ oder „Jede Auslegung darf immer nur den eigenen Charakter einbeziehen, nicht Nebenumstände oder den Gegner – für diese wird extra gezogen“ kann man draufpacken, oder einfach sagen „Grundsätzlich interpretiert der SL“ – letzteres wäre nicht so mein Ding. Auch von mir kritisch gesehen: Im GRW von „Engel“ wird eine Szene beschrieben, in der ein Spieler eine Karte zieht, ihm eine Assoziation dafür kommt, er diese aber dann verwirft und die Karte für seinen Charakter positiver interpretiert – das halte ich für ungünstig, denn ich würde das Arkanasystem so verstehen, dass die erste situativ passende Assoziation auch die sein sollte, die die Bedeutung mit Wert versieht.
Fazit: Hier ist recht viel Klärungsbedarf.
2. Systemanbindung: Für mich eigentlich der kritischere Punkt. In „Engel“ nach Arkanasystem schreibt der Spieler munter Vorzüge und Nachteile nieder... damit diese dann auf dem Blatt ruhen und nie mehr in der Spielmechanik vorkommen. Lahm eigentlich. Das Problem ist nämlich, dass Kartenbedeutungen absolut sind: Ob der Gabrielit nun „Exzellenter Nahkämpfer“ ist oder nicht... wenn er dem Ketzer mit dem schartigen Messer gegenübersteht und die „Schwäche“ zieht, während beim Ketzer „Sieg“ liegt, dann nützt ihm das nicht viel. Das war vielleicht kein gutes Beispiel, denn sicherlich würden viele SLs dann die Karten ignorieren oder gar nicht erst ziehen lassen... aber selbst diese Methode wird im GRW von „Engel“ nicht angesprochen oder wenn nur am Rande. Mein Ziel wäre es eigentlich, Vorzüge und Nachteile direkt in den Zugvorgang einzubeziehen, als mechanische Faktoren (wobei ich davon absehen würde einfach mehr Karten ziehen zu dürfen, denn dann laufen die Karten Gefahr, sich inflationär auf dem Tisch zu sammeln. Umdrehen dürfen wäre eine zweite Variante, die aber letztlich die Interpretation ein stückweit entwertet, da sie auf die W2-Schiene aufspringt.
Letztlich glaube ich im Sinne der Uneindeutigkeit des Systems auch nicht, dass Arkanakarten eine reine
Task Resolution gut regeln können – dafür sind sie im Sinne von
Conflict Resolution aber sehr brauchbar, finde ich. Vielleicht ein bisschen wie bei „Fiasko“: „Wie geht eine Situation für wen aus – und warum?“ Insofern braucht man auch keine Fähigkeiten, sondern hat so was wie
Fate-Aspekte oder
WuShu-Merkmale, die etwas über den Charakter aussagen und zwar in Richtung der Dramatik und nicht seiner konkreten Befähigungen. Wenn man die in den Zugprozess dann einbaut wäre das zweifellos ein Gewinn. Ich könnte mir auch eine Art Punktesystem zusätzlich zu dem Kartenziehen vorstellen – oder vielleicht sind diese Punkte auch selbst Arkanakarten, die von Spielern willentlich im Stile von
Plot Points oder
Fanmail eingebracht werden können – jeder Spieler hat also ein eigenes „Deck“. Stelle ich mir spaßig vor.
Okay, soweit zu den Grundüberlegungen. Jetzt hoffe ich auf euch... Habt ihr Erfahrungen mit dem Arkanasystem gemacht? Konkrete Ideen dazu wie man die Umsetzung verbessern kann? Weitere Probleme, die das System mit sich bringt, die ich noch nicht genannt habe?
Auf eine gute Zusammenarbeit,
Jiba
P.S.: Was ich in diesem Thread bitte nicht hören will sind Kommentare wie „Arkanakarten sind scheiße: Benutzt Würfel!“ oder „Engel ist scheiße: Spielt was anderes!“, denn das wäre nicht sehr zielführend. Mir geht es darum das Arkanasystem zu verbessern, nicht zu ersetzen. Daher will ich auch möglichst bei der Grundmechanik bleiben (eine Karte mit einer Haupt- und zwei Nebenbedeutungen ziehen und interpretieren).