Eine Regel ist ja nur eine Regel, wenn sie in gleichartigen Fällen auch in etwa gleich zur Anwendung kommt. Also wenn eine Wiederholbarkeit und Verlässlichkeit gegeben ist. (Natürlich kann man Regeln auch ändern, wenn man sie aber bereits nach einer Anwendung wieder ändert, sind es keine Regeln.)
Wenn eine Person am Spieltisch (z.B. der SL) diese Wiederholbarkeit und Verlässlichkeit für alle gewährleistet, dann kann man bestimmte Regeln observieren, die auf Spielerentscheidungen angewendet werden. Fraglich bleibt dann, ob die Konsequenzen auch für den Spieler vorhersehbar sind. Und zwar einerseits im Hinblick auf die IC-Situation (Forgesprech: „Positioning“), und andererseits im Hinblick auf Spielwerte (Forgesprech: „Currency“). Bei Spielwerten sind zu unterscheiden einerseits Spielwerte, die sich in fiktionale Inhalte übersetzen lassen, und andererseits Spielwerte, die das nicht tun.
Wenn ein Spieler (z.B. der SL) bestimmte Regeln konsequent anwendet, die übrigen Spieler dies aber nicht überblicken und bei ihren Entscheidungen nicht berücksichtigen, spielt dann die Gruppe noch „nach den Regeln“? Welche Art von Regeln funktionieren in einem solchen Kontext und welche tun es nicht?
Ich denke, „simulierende“ Regeln, die direkt an die fiktionale Situation anknüpfen, funktionieren nahezu reibungslos in einer solche Gruppe: Die Spieler entscheiden anhand der vorgestellten Situation, was sie machen wollen, und die Regeln sorgen für eine konsistente Abwicklung dieser Aktionen. Demgegenüber funktionieren Meta-Regeln (insbesondere ausgefeilte Belohnungssysteme) sowie Regeln, die aktiv eingesetzt werden müssen (irgendwelche Kräfte, die man aktivieren kann, Punkte, die man einsetzen kann usw.) nur, wenn alle Spieler sie jedenfalls dem Grunde nach beherrschen. Tut ein Spieler dies nicht, so liegen diese Regeln entweder brach, oder der Spieler bekommt gelegentlich den Hinweis von einem Mitspieler, jetzt doch mal einen Benny einzusetzen, und macht das dann: Letztendlich spielt er insoweit gar nicht mit, sondern andere spielen für ihn. Das muss nicht als störend empfunden werden, ich halte es aber keinesfalls für wünschenswert.