Vielmehr haben sie einen anderen Spielstil und für diesen Spielstil sind RPGs wie DSA geradezu geschaffen. Für diese Spieler gibt es Spiele, die Railroading, Spielergängelung, Goldene Regel und all jene Dinge beinhalten, die in Foren wie dem Tanelorn und den Blutschwertern verachtet werden, denn damit zu spielen, macht ihnen Spass.
Deshalb denke ich und finde ich, dass diese schlimmen Werkzeuge kein Anzeichen von schlechten RPG-Design sind.
"Diese schlimmen Werkzeuge" sind mE genau dann verpönt bzw. schlimm, wenn mir als Spieler oder Spielleiter was anderes "versprochen" wird. Aufs Design bezogen: Wenn ich Kunden damit locken möchte, dass ich ein Spiel "schnell, unkompliziert, ohne große Vorbereitung" spielen kann, die Regeln dann aber z.B. in bestimmten Situationen ausschließlich Miniaturen und Pläne verlangen, damit man sie regelgemäß spielen kann, sind diese Regeln in einem nicht stimmigen Verhältnis zum angekündigten Ziel.
Konkreter: Wenn es hieße "Erlebe die Welt Aventurien/WoD/Mittelerde/Hogwarts/Wasauchimmer und bestehe epische Abenteuer ungeheuren Ausmaßes. Innerhalb von nur 15 Minuten, hast du deinen persönlichen SC erstellt und kannst direkt loslegen. ..." und dann kommt ein Charaktererschaffungssystem wie das von DSA 4.x und nur Abenteuer im Low-Fantasy-Bereich, dann sind die Werkzeuge (hier: Charaktererschaffungsregeln und Abenteuer) Mist, oder zumindest stark unpassend.
Der Fall DSA: Wenn ich mich recht erinnere, soll man bei DSA eher "Helden" spielen. Eine Heldengeschichte lebt z.T. von der sogenannten Heldenreise, der Entwicklung eines Helden. In Heldengeschichten gibt es dabei im Mittelteil sehr häufig Rückschläge. Nun möchte ich diese Heldengeschichte präsentieren: Ohne (forcierte) Rückschläge (zur rechten Zeit!) wird das Schema Heldengeschichte kaum aktiviert, das Spielgefühl ist ein anderes. Spiele ich mit Railroading, entwerte ich die Einflüsse der Spieler teilweise (ein bisschen Rücksicht kann man immer auf die Handlung der Spieler nehmen), habe nun aber die Kontrolle über die Handlungsprogression. Damit ist die Heldengeschichte aber erst zum Teil gerettet. Wenn nämlich aufgrund unglücklicher und unpassender Umstände (Nicht-Krieger, -Magier, -Geweihte sollen ein Problem lösen, für das man Krieger / Magier / Geweihte benötigt) einige "Helden" vorzeitig sterben, leidet häufig auch die Heldengeschichte darunter. Auftritt Goldene Regel: Jetzt kann der SL willentlich eine ansonsten passable Regel dem Einzelfall unterordnen und den Verlauf der Heldengeschichte beibehalten.
Dass das den Spielern häufig Spaß macht, ist nun auch nicht gerade ein Wunder: Man erlebt erst Rückschläge, dann einen mehr oder weniger klaren Erfolg, meist aufgrund von Handlungen, die man sich selbst zusprechen kann (es spielt keine Rolle, dass diese Handlungen genau dieser Position zugesprochen werden, sich der Spieler also ggf. gar nicht anstrengen müsste). Und Erfolge tun dem Ego gut, selbst wenn der Input nicht unbedingt zum Output passt. Ein zwickender Schuh wird nur draus, wenn der Spieler viel Input investiert, das Output aber deutlich unter den Erwartungen zurückbleibt (bei gelegenheit finde ich noch die passende Theorie dahinter).
Was also das Heldenspiel betrifft, erfüllt DSA mit Hilfe des RR und der GR ein selbst gestelltes Ziel.
Anders siehts beim häufig (mW in letzter Zeit weniger) beschworenen "fantastischen Realismus" aus. Die Regeln sind nicht wirklich realistisch, vielleicht nur plausibel. Vielen fällt das evtl. gar nicht auf, weil unser Alltagsleben manchmal mit Formularen wie dem DSA4-Charbogen bestanden werden muss, z.B. bei der Steuererklärung, Schulklausuren, für die man nicht vorbereitet ist, oder ähnlichem.
Wobei: Manchmal ist es schon ein Belohnungsgefühl, wenn man einen (müh)selig endlich nach Anwendung aller Steigerungsregeln auf dem neusten Stand hat
Wie also schon angedeutet wurde, Werkzeuge können schon falsch oder schlecht sein, wenn ich ein bestimmtes Ziel erreichen möchte und sie dieses Ziel eher verhindern oder bremsen, statt zu fördern.
Soviel dazu, Gruß p^^