Wenn niemand in der Gruppe die passende Wissensfertigkeit hat, landet man doch in einer Sackgasse?! Ist das spielspaßfördernd? Und wenn man (hier ist der Bogen zu o.g. Faden), ja eh die Geschichte zusammen erzählt, sind dann Würfelwürfe nicht obsolet?
Meine Kampagne leite ich nicht mit multiplen möglichen Auflösungen. In diesem Falle wären deine Argumente schon richtig. Bei mir schaffst du etwas, was du selbst vor hattest, oder eben nicht. In Sackgassen sind die Spieler bisher nicht gelandet, wäre aber theoretisch denkbar. Es gibt unzählige Wege, ihre Ziele zu erreichen. Wege, die ich nichtmal selbst kenne, da ich sie nicht vorgebe. Die Sackgasse wäre eine Extremsituation. Es ist eher meistens so, dass sie mehr Schwierigkeiten haben, ihre Ziele zu erreichen, wenn sie diesen oder jenen Hinweis nicht erkannt haben.
Praktisches Beispiel von der vorletzten Spielsitzung. Die SCs sind bei einem Schwarzmagier, der ihnen für viel Geld oder Wissen (Untersuchungen an einem der Charaktere) selbst einiges an Wissen zur Verfügung stellt (namentlich seine Bibliothek). Hier kamen ganz unterschiedliche Fähigkeiten zum Einsatz, um an das Wissen heranzu kommen:
- Kooperationsbereitschaft: Ein Spieler spielt eine ziemlich einzigartige Kreatur, die der Magier untersuchen wollte, dafür hat er ihnen schonmal ganz gut geholfen (was eigentlich nicht sein naturell ist). Das war eher im metaspielbereich, weil es nicht die Fähigkeiten der Helden betraf, aber ich führe es mal der Vollständigkeitshalber auf.
- Charm: HÄTTE eingesetzt werden können. Eine der Magiergesellinnen des Schwarzmagiers hätte man durchaus so beeinflussen können, dass sie einem bei der Bibliotheksrecherche hilft. Nicht unbedingt im Sinne der dummen Gans, die sich in einen Helden verliebt (doofer Klassiker), sondern eher dahingehend, dass sie vom Charisma der durchaus mächtigen und ambitionierten Gruppe beeindruckt ist. Dummerweise hat sie der Randgruppen-, und gesellschaftsunfähigkeits-Typ angequatscht. Fähigkeit also negativ eingesetzt
- alle möglichen Wissenstalente wie Geographie, Geschichtswissen, Sagen+Legenden, Sternkunde, Rechtskunde etc.: Dadurch haben die Helden eine gute Vorstellung bekommen, wie die Stadt aussieht, in der der Feind sich festgesetzt hat. Sie haben in der Bibliothek dadurch eine Karte gefunden und einen Text über die Stadt. Sie hätten - für das Ziel wichtig - auch noch die Lage ruinierter Echsenstädte finden können sowie das, was sie in diesen Ruinen erwarten wird, wenn sie sich besuchen (was sie vorhaben). Dafür haben aber die Fähigkeiten nicht ausgereicht (ich mach mir vorher Listen oder Gedanken, welcher Hinweis mit welchem Wert erreicht werden kann).
Die Geschichte wird bei mir nicht gemeinsam erzählt, obwohl die Spieler Einfluss darauf haben. Wir entscheiden aus übergeordneter oder outgame-Sicht also, was als nächstes anstehen wird, danach forme ich zwar auch die Kampagne um, doch wir entwickeln nicht alle Details gemeinsam. Würde jetzt vermutlich zu weit gehen, das im Detail zu berichten.
Es ist also nicht dem Spielspaß abträglich. Ob er ihn mehr fördert als eine andere Herangehensweise, ist vom Geschmack abhängig. Mir machts so mehr Spaß und meine Spieler mögen das Gefühl, alles machen zu können, was ihm Rahmen ihrer Fähigkeiten und der Fähigkeiten ihrer Charaktere liegt. Davon ist halt der Verlauf der Kampagne extrem abhängig, mehr jedenfalls, als wenn man so spielt, dass die wichtigen Informationen sowieso zu den Spielern gelangen (Entwertung der (Un)Fähigkeiten der Charaktere und der Spieler).
Aus selbigen Grund sind die Würfelwürfe (oder die Abfrage der Fähigkeiten) auch nicht obsolet.
Wie gewährleistest Du denn, Othello sein Bruder, dass jede Fertigkeit in die ein Spieler investiert haben mag, sich auch mal auswirkt! Bei der Vielzahl von Optionen ist das doch unmöglich?
Kann ich nicht gewährleisten. Wenn die Spieler entscheiden würden, dass Überlandreisen ständig gekappt werden würden oder das sie nie eine Stadtbelagerung mitmachen wollen, werden Naturfähigkeiten und eventuell Kriegskunst nicht so häufig vorkommen (kleines Beispiel nur, schon klar, dass man für die Talente noch andere Einsatzmöglichkeiten hat).
Aber so wie es vermutlich laufen wird, werden im Laufe meiner längeren Kampagnen eigentlich schon (fast) alle Fähigkeiten abgefragt. Muss natürlich nicht jeder alles können. Jetzt gerade, im eisverfluchten Land, kommen natürlich die Naturfähigkeiten des Tierkriegers sehr gut zur Geltung. Bei der Verteidigung einer Stadt zu Anfang der Kampagne waren es die gesellschaftlichen Talente des Ritters. Bei der Suche nach einem Dimensionstor in einer besetzten Stadt waren die Talente des Dunkelelfen (jaja, wollte er halt
), was die Aktivitäten im Verborgenen angeht, gefragt.
Im Laufe der Kampagne wird so ziemlich alles dabei sein.
Bei kleineren Abenteuern (die z. b. als Stadt-, oder Wildnisabenteuer definiert sind) ist es natürlich anders, aber da sind es die SCs vermutlich auch.
Es gibt noch einen anderen, übergeordneten Grund: Der Spieler steigert in der Regel die Fähigkeiten, die er an seinem Charakter mag, die er ausspielen will. Ich lasse die Spieler ihre Charaktere gerne so ausspielen, wie sie das möchten. Wenn also einer gerne den leisen Schleicher, Fassadenkletterer und Dieb spielt, wird er Gelegenheit haben, leise zu sein, irgendwo rumzuklettern und zu klauen. Geht so ein bisschen in Richtung Flags.
Dadurch, dass sich Spielspaß und gute Fähigkeiten auch umgekehrt bedingen, bewirkt die Belohnung in einer Bibliotheksrecherche durch das Geschichtswissen des Helden, dass der Spieler dieses Talent noch mehr steigert. Er merkt ja, dass er davon was hat. Die Vorteile vom Wissensmanagement sind in meiner Kampagne meistens ziemlich offensichtlich und manchmal für die Helden lebenswichtig (wenn sie nun vollkommen unvorbereitet in die Echsenstadt tingeln und dort einer drauf geht, weil sie sich eben nicht richtig vorbereitet haben, dann liegt das vor allem daran, dass sie beim Schwarzmagier die Chance auf das Wissen um den Inhalt der Stadt verpasst haben). Dennoch haben die Spieler aufgrund der Offenheit der Kampagne auch meistens die Möglichkeit, verpasste Chancen nachzuholen. Sie haben beim Schwarzmagier einige Bücher übersehen, aber vielleicht suchen sie sich vor Ort erst noch Kundige oder Leute, die was wissen könnten...
ups, ist lang geworden, sorry