Ich sehe das auch so wie etwa schon in den Beispielen von Zwart u. Hotzenplotz beschrieben wurde, dass es oft bestimmte Gegebenheiten in den Settingbeschreibungen gibt, die mit dem Regelwerk im Widerspruch stehen, also sich daraus nicht erklären lassen - d.h. mangelnde Plausibilität bzw. Inkonsistenz.
Aber in der Tat muss man sich da nicht zwangsläufig dran stören, kommt halt immer auf die Spielerwartungen an. Bei einem humoristischen Setting bzw. einem Setting, dass z.B. bewusst nur Klischees verarbeitet und nen bissel lockeres Hack&Slay-Gaming anstrebt o.ä., kann das ja durchaus amüsant sein
In einen Setting, das eher "seriös" sein will, also etwa mehr in Richtung spannende Spielsequenzen mit drohendem Charaktertod, dramatisches Charakterspiel o.ä. geht, sollte IMHO auch die Logik des Settings plausibel mit den Regeln zusammenspielen (sonst nervt mich das).
Stell dir Shadowrun nach Gurps-Regeln vor. Kein Straßensam würde mehr (als einmal) mit einer Katana auf eine Wache mit Sturmgewehr losgehen. [...] Ich habe eine High-Fantasy Runde in Gurps begonnen. Sie endete als Low-Fantasy. [...]
Vermutlicher Grund: Gurps-Handlungen sind durch eine starke Glockenkurve beim Würfeln sehr berechenbar. Dadurch berechnen die Spieler dann auch, was sie tun wollen. 1w6-Handlungen sind durch lineare Chancenverteilung (in einem begrenzten Bereich) weit weniger berechenbar, so dass die Spieler einfacher mal die Würfel sprechen und sich vom Schicksal tragen lassen (und Schicksalsschläge halt auch einfach als Pech akzeptieren).
Ich hab' tatsächlich schon mal einen Streetsam bei GURPS:Shadowrun gespielt und hab da andere Erfahrungen gemacht, das hat cool funktioniert!
Die Sache ist halt, dass man in solchen Settings auch die ganze "awesomeness" von Advantages, Magie u.ä. raushauen muss, um dieses Power-Feeling zu kriegen
Damals hatte ich z.B. entsprechend kräftige Reflexbooster, die v.a. mit dem "Alternate Time Rate"-Advantage gebaut wurden, das ist ziemlich nah an dem wie es etwa bei SR4 auch umgesetzt ist, weil man zusätzliche Move-/Attack-Manöver erhält. In dem speziellen Fall war es besonders cool, weil der Mage den "Haste"-Zauber drauf hatte und mir als "Buff" noch nen zusätzliches Manöver draufgepackt hatte - das Ganze mit sowieso erhöhtem Basic Speed und Extra Attacks, erlaubt Dir dann auch richtig übel schnell in Nahkampfreichweite zu kommen. Soweit ich mich erinnere konnte mein Streetsam dann 18m pro Kampfrunde zurücklegen - das reicht oft schon direkt und wenn man sich von Deckung zu Deckung bewegt, kann man auch in 2-3 KR in Distanzkämpfen seine Messerklauen oder das Katana einsetzen. Nichtsdestotrotz ist es auch im Original-SR fast immer besser in den ersten 1-2 KR Blei spucken zu können, in meiner aktuellen SR4-Runde haben die Leute, die Nahkämpfer spielen immer erstmal Probleme bis sie rangekommen sind - is ja auch kein Wunder...
(und bei dem Streetsam in der GURPS:SR-Runde damals hatte ich darum auch MPs für die Distanz, weil man "unterwegs" einfach mehr Spaß hat
).
Aber wenn man wenig krasse Features nehmen kann, bzw. nicht soviel Punkte hat oder einfach nicht das Richtige auswählt, wird es in der Tat sehr schnell "hart u. dreckig" und extrem ungemütlich für Nahkämpfer, das entspricht dann genau Deiner Beschreibung... - Bei GURPS ist das dann halt nen besonderer Fall weil es ein Regel-Framework und nicht "fix" ist, das eigentliche System begrenzt selten, es hängt fast immer von der individuellen Abstimmung ab.
Mit dem High Fantasy finde ich es jedenfalls echt interessant, dass Du diese Erfahrung gemacht hast. Da es wiederum viele Spieler gibt, die sehr zufrieden sind mit entsprechenden GURPS: High Fantasy-Runden liegt es wohl entweder daran, dass Du irgendwie andere Erwartungen oder nicht die richtige Systemanpassung gefunden hast. Auf jeden Fall bemerkenswert, dass in Deiner Runde das High Fantasy-Feeling mit Unberechenbarkeit zusammenhängt, das hätte ich jetzt so nicht damit assoziiert. Ich weiss andererseits auch von Leuten, die z.B. von D&D her zu GURPS gekommen sind und den d20 und seine hohe Zufälligkeit lieben und den einfach mit ein paar kleinen Tweaks weiterverwenden und damit sehr zufrieden sind... ^^ (das ist allerdings schon eine extreme Hausregelung und i.d.R. nicht so günstig).
Grundsätzlich glaube ich, dass wahrgenommene Konflikte zwischen System u. Setting in vielen Fällen stark subjektiv bzw. geschmacksabhängig sind (sofern es nicht um grundsätzliche Plausibilität geht o.ä.). Oft wird da mit einer bestimmten "Brille" sehr eine etwas andere Färbung als Konflikt wahrgenommen, obwohl meistens der Kern eines Settings entsprechenden Interpretationsspielraum zulässt. Ich denke, dass verlangt dann (wie fast immer) einfach nach einem guten GM, der das entsprechend als funktionierendes und stimmiges Gesamtpaket vermitteln kann