Autor Thema: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?  (Gelesen 12249 mal)

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Offline גליטצער

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Was ist denn dran auszustetzen wenn die Flugmanöver eines Drachen als "unrealistisch" beschimpft werden? Immerhin hat das Vieh Flügel. Also irgendwelche Rechnungen von wegen Auftrieb und Tragkraft würde ich jetzt nicht verlangen. Aber, dass das Vieh einen Wendekreis hat und nicht Kehrtwenden ohne Immelmann oder ähnliches hinbekommen sollte, halte ich für durchaus angebracht.

Genau genommen könnte sie sogar explodieren. (Schlagwetter) Ja, die Realität ist schon was feines.
OK, das ist möglich, ich dachte jetzt an brennende Tropfsteine ;)
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Sehr schön, Ein.

Hier muss für die meisten Leser erst durch ein Wikipediaeintrag die Plausibilität hergestellt werden.
(Reicht der Realismus aus, so könnte das Wissen um Explosionen in Bergwerken als Begründung für die Explosion beim Kampf gegen den realistischen Drachen ausreichen, diese zu akzeptieren. Die meisten werden aber fragen, was das denn jetzt solle und wie unrealistisch das jetzt sei, obwohl eher das Wort unwahrscheinlich passen würde.
Ich stelle mir gerade den Drachen vor, in dessen Höhle ein "Rauchen und Feuerspucken nur draußen!" Schild hängt. Irgendwie unrealisitsch?)

@Glitzer
Die Spatzen haben in den letzten Jahren gelernt, in der Luft stehend die Libellenlarven aus dem Schilf zu picken. zum Wegfliegen kippen sie 90° nach hinten, drehen sich 90° um die senkrechte Achse und kippen dann 90° über den Flügel weg um sich ohne großen Höhenverlust davonzumachen.
Hätte nicht gedacht, dass das geht.

Drachen sind ja eh viel zufett zum Fliegen... außer sie funktionieren wie Luftschiffe.  ~;D
« Letzte Änderung: 23.02.2011 | 15:06 von Destruktive_Kritik »

Ein

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@Glitzer
Drachen sind keine Flugzeuge, warum sollten sie sich an Starrflügel-Aerodynamik halten? Darum können ja auch Hummeln z.B. fliegen, obwohl sie ein sehr ungünstiges Flügel/Gewicht-Verhältnis haben. Und selbst viele Vögel können auf der Stelle wenden, dafür muss man nichtmal den Kolibri heranziehen.

Offline גליטצער

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In den meisten RPG Settings, die ich kenne, haben Drachen keine Kolibri-Flugtechnik. Wenn sie die bei Euch schon haben, dann duerfen die das auch. ;)
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Ein

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Ich kenne spontan kein Rollenspiel, in dem ausdrücklich auf die Flugtechnik von Drachen eingegangen wird, im besten Fall wird da eine Manöverklasse festgelegt. Diese ist meist die beste. Außerdem können viele Vögel (fast) auf der Stelle drehen, vor allem Raubvögel. Bestimmte Adlerarten können auch durch enge Baumkrone (durch! nicht zwischen) fliegen und dabei erfolgreich jagen. Oder schon mal gesehen, wie wendig Fledermäuse sind?

Von daher kann unter dem Blickwinkel des Realismus eine Menge möglich sein, was das Flugverhalten von Drachen angeht, selbst ohne Magie zu bemühen.
« Letzte Änderung: 23.02.2011 | 15:10 von Ein »

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In den meisten RPG Settings, die ich kenne, haben Drachen keine Kolibri-Flugtechnik. Wenn sie die bei Euch schon haben, dann duerfen die das auch. ;)
Bei meinen Zeppilindrachen ist es auch kein Problem, wenn diese mal ein wenig Rückwärts oder seitwärts fliegen. ;D

Der mit wuchtigen Schlägen auf der Stelle fliegende Drache gehört allerdings zum Standardjargon der Fantasy. Man kann natürlich gerade an solchen Stellen, die bewusst phantastisch sind, eine belieibige Variante als Spielweltrealität festlegen.
"Drachen können nicht rückwärts fliegen" ist genauso plausibel begründbar (also eigentlich gar nicht), wie "Drachen können auch ohne Flügel fliegen... das ist deren Magie." oder "nur östliche Drachen können ohne Flügel fliegen"...

Offline Beral

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Ich kenne spontan kein Rollenspiel, in dem ausdrücklich auf die Flugtechnik von Drachen eingegangen wird, im besten Fall wird da eine Manöverklasse festgelegt.
Genau das ist der Grund, dass man etwaige Manöver als unrealistisch wahrnimmt. Wir erinnern uns: Mit Realismus wird all das gefüllt, was nicht explizit anders vorgegeben ist.

Schon die Tatsache, dass ein tonnenschweres Vieh mit so kleinen Flügeln fliegen kann, erscheint unrealistisch, wird aber nicht so wahrgenommen, weil eben explizit festgelegt ist, dass Drachen fliegen können. Wenn nun weiter nichts über die Flugkünste ausgesagt wird, nehmen wir intuitiv an, dass solch schwere Vieher einer gewissen Trägheit unterliegen und nicht so wendig wie schnittige Falken oder Kolibris sind. Wenn der Drache dann doch einem Kolibri gleich manövrieren kann, wirkt es unrealistisch. Das Problem lässt sich sehr einfach beseitigen, indem man in die Regeln schreibt, dass Drachen so wendig wie Falken sind. Damit ist dieser Bereich dem Realismus entzogen und wird nicht als unrealistisch empfunden. Es ist laut Regeln plausibel, Punkt.
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a) ist unmöglich => a) muss sich dann wenigstens noch an b) halten?

Wir kloppen gerad erechts und links am SoD herum, um ihn in Form zu bringen, dass er die Spielweltrealität tragen kann.
Die Loslösung der Spielwelt von Plausibilitätsüberlegungen auf Basis  von Alltagserfahrungen ist hier ein Mittel.
« Letzte Änderung: 23.02.2011 | 15:35 von Destruktive_Kritik »

Offline Terrorbeagle

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Der Witz ist doch, dass Suspension of Disbelief je funktioniert, destoweniger notwendig das ganze ist. Umso häufiger man effektiv sein Hirn abschalten muß, um die Logiklöcher und Logikbrüche zu ignorieren, desto strapaziöser ist es effektiv auch.
SoD ist etwas, worum man höflich bittet, nichts was man anderen mit gezogener Waffe (im übertragenen Sinn) abverlangt
Und im Idealfall fällt es gar nicht auf.
Würde ich tatsächlich jedes Mal, wenn ich sinnbildlich Lehrgeld bezahlen würde, tatsächlich Geld verteilen, wäre ich arm.

Offline Blechpirat

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Hier werden ja zumeist Fantasybeispiele diskutiert. Gibt es Unterschiede, wenn man SciFi betrachtet? Traveller z.B. wird ja oft als Hard-SciFi gehandelt, weil so viel Physik korrekt abgebildet wird - es also besonders "realistisch" ist.

Offline Funktionalist

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@LM
Stimme Dir voll und ganz zu!
Je häufiger, desto anstrengender.
Je unnötiger, desto frustrierender.
Und je überraschender einem SoD abverlangt wird desto schwieriger wird es ihn wohlwollend aufrecht zu erhalten.

Ein abstruses Setting, wie Planescape oder Opus Anima, verlangt einem eine enorme Umstellung ganz offen und direkt zu Anfang ab.  Für viele ist dies direkt zu Anfang zu viel.
Für mich geht es ganz gut, wenn ich später nicht mehr allzuoft überrascht werde. Aber ich bin vorgewarnt und solange die Plausibilität gewahrt bleibt bin ich zufrieden.
Es geht aber noch einen Schritt schwächer:
Solange die neuen Eskalationen der Realitätsferne (Limbo? REisegeschwindigkeit in den Ebenen?) im Geschmack zur Spielweltrealität passen, also den Stil teilen und thematisch stimmig sind, fällt mir eine ausweitung des SoD leicht.

Man lockert seine Bereichtschaft für weiteren SoD, wenn dieser neue Bruch mit der Erfahrungswelt zu bereits etablierten Eigenheiten passt, sei es als logische Folgerung, assoziative Nähe oder Erweiterung spielwelteigener Prinzipien.
Als Beispiel möchte ich die REisegeschwindigkeit auf den Planescape'schen Ebenen anführen: Je schneller und einfacher, je passender der Glaube ist.
Völlig Banane, aber im Stil des Settings.

Was es mir auch erleichtert, meinen Zweifel hintenanzustellen ist ein attraktives Prinzip hinter den Brüchen.
So bin ich bereit ein Setting auszuprobieren, in dem Gegenstände durch Verwendung entstehen, ein Holzklotz durch besitzen zum Sessel und ein Stück Erz durch Schneide/Reibearbeit zum kunstvollen Messer wird. (die Idee stammt von Nukite.)
Ich bin bereit, diesen Bruch zu akzeptieren, wenn die Idee schön genug ist. Ich bin auch bereit, nicht über die GRenze zwischen Verschleiß und Abrieb nachzudenken und ob nicht alle Berghänge voller Räder sein müssten, wenn genug Menschen Steine lostreten...

Faszination für den Hintergrund eines zweifelhaften Elementes kann helfen den Zweifel zu unterdrücken.

@SF
Die hat enorme Probleme. Da sie um verstäöndlich zu sein, die Menschen in der Gegenwart abholen muss, ist es schwer Brüche plausibel zu erklären.
Es kommt bei nachlässig produzierter SF also oft und überraschend zu Momenten des Zweifels.

alexandro

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In DSA 1 etwa kann es nach Regeln keine Meuchelmörder und keine Schmerzmittel geben. Nun die stärkste Waffe erzeugt geführt vom stärksten Charakter 19 Punkte Schaden. Damit kann man einen Anfangscharakter nicht töten. Mal abgesehen vom Problem eine zweihändige schwere Axt zu verstecken. Der so verwundete Charakter hat keine Abzüge aufgrund seiner Verletzung. Das bedeutet ja wohl auch das er keine Schmerzen hat.
Aus dem gleichen Grund kann man etwa auch nicht schnell hingerichtet werden.
Das dürfte sich auch deutlich auf den Hintergrund auswirken. Ein klassisches Detektiv Abenteuer etwa dürfte regelfirme Spieler etwa vor Probleme stellen.
Regeln=!Realismus. Das ist ein häufoges Problem, von Leuten welche die Regeln nach irgendwelchen (angeblich) realistischen Kriterien organisieren wollen (oder, angeblich, realistische Schlüsse daraus ziehen wollen).

Wie Beral schon sagte, decken Regeln den Grenzfall ab, wo die Spielrealität "schwammig" und dadurch vielfältig interpretierbar wird, wo man aber KLARE Angaben BENÖTIGT, damit das Spiel weitergeht (etwa im Kampf).

Die o.g. Regeln sagen, wie schnell man einen Gegner im offenen Kampf besiegen kann (nicht unbedingt realistisch, aber das müssen sie ja nicht sein). Man kann sie natürlich auch für das Meucheln verwenden, wenn das nicht mit dem GVR der Spielteilnehmer kollidiert (was in deinem Fall offensichtlich der Fall ist).

Will man das nicht, so muss man sich überlegen, was bezüglich "Meucheln" nun Spielwelt-Realität sein soll, z.B.:
a) wenn jemandem die Kehle durchgeschnitten wird, so ist dieser sofort tot
b) wenn jemandem die Kehle durchgeschnitten wird, dann kann dieser noch eine schnelle "Reflexhandlung" durchführen (z.B. den Meuchler einmal angreifen), bevor er stirbt
c) wenn jemandem die Kehle durchgeschnitten wird, so lebt dieser noch lange genug, um z.B. einige Minuten einen verzweifelten Stellungskampf gegen den Angreifer zu führen oder zwei Treppen nach oben zu robben und dort sie Alarmglocke zu betätigen, bevor er stirbt

Welches davon ist jetzt "realistisch"? Für alle drei Varianten gibt es Belege, die Entscheidung darüber, was jetzt "Spielrealität" ist, wird durch das definiert, was die Gruppe als PASSEND (entsprechend Genre, Stimmung, Weltphysik...) erachtet.

Offline Tudor the Traveller

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Wie Beral schon sagte, decken Regeln den Grenzfall ab, wo die Spielrealität "schwammig" und dadurch vielfältig interpretierbar wird, wo man aber KLARE Angaben BENÖTIGT, damit das Spiel weitergeht (etwa im Kampf).

M.E. ist sie immer schwammig, zum einen weil sie eben fiktiv ist, zum anderen, weil Details zumeist keine Rolle spielen. Die Spielrealität ist in ihrer Fiktionalität nur soweit verbindlich, wie die Fiktion sie ausdefiniert oder wo Regeln Verbindlichkeiten schaffen.

Eine Regel stellt eine Gesetzmäßigkeit her. Insofern fließt jede Regel in die Spielwelt-Realität ein und schafft Verbindlichkeiten. Die Frage ist: welches Element der Spielweltrealität macht die Regel verbindlich? Oder anders gefragt: was will die Regel abbilden? Nur weil ein Regelsystem mit Lebensenergie arbeitet, erzeugt diese Regel keine "spielwelt-reale" Lebensenergie. Sie bildet lediglich einen Zustand ab; vereinfacht: LE vorhanden = lebendig, LE weg = tot. Der Zustand ist aber spielwelt-real und damit "Realität".
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alexandro

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Spielrealität als solche ist schwammig, da gebe ich dir recht.

Allerdings sollte die Spielrealität der Gruppe doch über ein paar Fixpunkte verfügen, an denen sich die Vorstellung der Teilnehmer orientiert (und sei es nur durch einen grober Anspruch). Eine 100%ige Übereinstimmung wird man dadurch nicht erreichen, aber es ist besser, als auf "Realismus" zu pochen.

Offline Tudor the Traveller

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Allerdings sollte die Spielrealität der Gruppe doch über ein paar Fixpunkte verfügen, an denen sich die Vorstellung der Teilnehmer orientiert (und sei es nur durch einen grober Anspruch).

Ich denke, dass genau da der Haken ist. Selbst wenn die Fixpunkte für alle übereinstimmen, entsteht dadurch kein einheitlicher Rahmen für die restliche Spielweltrealität. Und diese Fixpunkte geben dann eventuell sogar ein falsches Gefühl von Übereinstimmung, wodurch offenbar werdende Abweichungen als um so größer wahrgenommen werden und entsprechend sauer aufstoßen. Der Schrei nach Realismus bedeutet doch letztlich nichts anderes als "das was du da der Spielweltrealität hinzufügst, passt nicht zu meiner Sicht der Spielweltrealität (und droht, mir mein Spiel kaputt zu machen)."

Ich stelle mir zunehmend die Frage, ob das überhaupt vermeidbar ist. Ich fürchte nicht. Denn "Realismus", "Plausibilität", "SoD" etc. sind trotz der verschiedenen Wortbedeutung und Ansätze imo nur Formen ein- und desselben Problems.
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Ich denke, dass einige Fälle vermeidbar sind, allerdings wird die Fähigkeit, seinen Unglauben beiseite schieben zu können immer Bestandteil aller Rollenspiele sein.
Dazu sind wir zu verschieden und zu großes Wissen, wie auch Unwissen führt zu solchen Momenten selbst in der Realität.
In der Wirklichkeit lässt sich ein solches unvorhergesehenes Verhalten dann studieren und man erreicht vielleicht ein neues Verständnis der Umwelt... man forscht. Andere nehmen hin. Jeder wie er will.

Diese Momente sind im Spiel etwas sperriger. je nachdem, ob man den "Fehler" dem SL/Abenteuer, dem Mitspieler, Dem Regelwerk oder der Spielwelt anlastet ist man unterschiedlich bereit ihn einfach zu akzeptieren, denn das muss, man, um weiter in der Spielwelt bleiben zu können.

Eine kurze Erklärung oder auch nur Motivation hilft hier schon sehr.
Und wenn die Begründung heißt: "Was würde der Streetsam denn machen, wenn er nicht auf Dich zusprinten und gleichzeitig volle Defensive ansagen könnte? Dann gäbe es doch keine Nahkampfwaffen und wir wollen diese Coolness ja."
Woraufhin man grummelnd zustimmt. ;)

Eulenspiegel

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@ Destruktive Kritik
Dein letztes Beispiel macht es imho recht deutlich:
Wir haben hier einen Clash zwischen Realismus und Coolness/Nahkampfwaffen sind effektiver als Feuerwaffen.

Spieler 1 ist Realismus lieber. Diesen Spieler stößt es nun sauer auf, wenn man "Nahkampfwaffen sind effektiver als Feuerwaffen" in den gemeinsamen Vorstellungsraum (SIS oder Spielweltrealität) integrieren möchte.

Spieler 2 legt jedoch auf Coolness mehr wert. Er fände es daher blöd, wenn man "Nahkampfwaffen sind weniger effektiv als Feuerwaffen" in den SIS oder Spielweltrealität integrieren würde.

Es kommt hier also die Frage, was einem wichtiger ist: Coolness oder Realismus.

Offline Teylen

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Eigentlich wäre da die Frage Spielrealität A oder Spielrealität B
Weil besonders Realwelt realistisch ist vermutlich beides nicht.
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Auch im RL gebe ich mich nicht mit Axxxxxxxxxx ab #RealLifeFilterBlase

Offline D. M_Athair

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Weil besonders Realwelt realistisch ist vermutlich beides nicht.
Die Realität ist häufig auch alles andere als realistisch (im Sinne von nachprüfbar).

Mal drüber nachdenken.
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Offline Tudor the Traveller

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Die Realität ist häufig auch alles andere als realistisch (im Sinne von nachprüfbar).

Mal drüber nachdenken.

Das sagen die Philosophen. Naturwissenschaftler sagen, dass es nur eine Frage der Zeit / des Fortschrittes ist (sprich: der Messmethode).  ;)
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@Eulenspiegel
Oder der Spieler denkt sich gerade:
"Oh Mist, da rennt ja ein Streetsam auf mich zu! Verdammt, wieso habe ich nicht aufgepasst?  Ich schieße ihn ab! haha!.... wie, der kann rennen und gleichzeitig die Würfe für full defense werfen? Dann kommt der ja direkt an mich ran und lebt....ich bin so tot!"

Und nach der Erklärung.

"Jaja, anders würde es in dem Setting ja gar keinen Sinn ergeben, einen Streetsam zu spielen und die haben ja den Ruf gefährlich zu sein...Dann bin ich wohl tot."

Das kann sehr unabhängig vom Realitätsanspruch der Spieler sein.

Offline D. M_Athair

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Das sagen die Philosophen. Naturwissenschaftler sagen, dass es nur eine Frage der Zeit / des Fortschrittes ist (sprich: der Messmethode).  ;)
Und meinen dabei etwas sehr Unterschiedliches.  >;D
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Eulenspiegel

  • Gast
Eigentlich wäre da die Frage Spielrealität A oder Spielrealität B
Weil besonders Realwelt realistisch ist vermutlich beides nicht.
[Vorwort]
Ein Kommentar vorneweg: Auch nach offizieller Shadowrunregelung sind Feuerwaffen effektiver als Nahkampfwaffen. Hier stimmen Regelung und Realismus also überein. Ich werde im folgenden also einfach davon ausgehen, dass der SL in einem hauseigenen Shadowrun spielt, in dem Nahkampfwaffen effektiver sind. (Und "Nahkampfwaffen sind effektiver" sind dort auch Teil der Spielweltrealität.)
[/Vorwort]

Also ich finde "Feuerwaffen sind effizienter als Nahkampfwaffen" realistischer als das Gegenteil.

Klar, du wirst jetzt erwidern, dass Magie, Drachen und Essenz auch furchtbar unrealistisch sind. Aber das sehe ich nicht so. Klar, in unserer Realität gibt es keine Magie oder Drachen. Aber mir würde kein naturwissenschaftliches Argument einfallen, das per sé gegen Drachen sprechen würde. Daher: Drachen sind realistisch.

Und zur Magie: In unserer Welt gibt es keine Magie. Die Frage lautet aber: Wenn man die Naturgesetze an einigen Stellen ändern würde, könnte es Magie geben? Und wenn es Magie geben könnte, wie würde sie aussehen? Hier kann man dann einschätzen, ob die verwendete Magie realistisch ist oder nicht.

Disclaimer:
Ich sage nicht, dass "Nahkampfwaffen sind effizienter als Feuerwaffen" per sé unrealistisch ist.
  • Wenn man in Europa des 16. Jahrhunderts spielt, ist es durchaus realistisch, dass die dortigen Nahkampfwaffen effektiver als die Arkebusen sind.
  • Dune hat sich auch eine tolle Möglichkeit einfallen lassen, um die höhere Effektivität von Nahkampfwaffen realistisch darzustellen: Ihre dortigen Schilde sind sehr effektiv gegen schnell fliegende Objekte (z.B. Gewehrkugeln). Wenn sich jedoch etwas langsam bewegt (z.B. eine Handbewegung), dann kann diese den Schild durchdringen. Und auch eine extrem schnelle Handbewegung ist zigmal langsamer als eine Gewehrkugel.

Bei Shadowrun ist dies jedoch nicht der Fall. "Nahkampfwaffen sind effizienter als Feuerwaffen" kann dort zwar auch der Spielweltrealität sein, aber es gibt keine Begründung dafür. Daher ist in diesem Punkt Shadowrun auch unrealistischer als Dune. (Es gibt einige andere Punkte, wo Dune unrealistischer ist. Aber im Punkt "Nahkampfwaffen sind effektiver als Feuerwaffen" wäre Dune realistischer.)

@ Destruktive_Kritik
Klar, es gibt auch noch die Erwartungshaltung. Es ist ziemlich ärgerlich, wenn man eine bestimmte Erwartungshaltung hatte und dann erst im nachhinein feststellt, dass diese Erwartungshaltung ("Ich kann den Streetsam mit meinem MG wegrotzen") falsch ist.

Hier hilft es aber meistens, wenn der SL den Spieler nach Ankündigung der Aktion darauf hinweist und dem Spieler die Möglichkeit lässt, die Aktion zu ändern.
Unterschiedliche Erwartungshaltung/Vorstellungen habe ich daher nie als ein Problem gesehen, da sich die Vorstellung relativ einfach angleichen lässt.

Was halt ein Problem ist, sind Prioritäten, was den Realismus angeht:
Mir persönlich stößt zum Beispiel die Essenz sauer auf: Ich weiß, dass es die Essenz gibt. Wenn ich einen Streetsam, Ricgger oder Hacker spiele, richte ich mich darauf ein und plane es in mein Charakterkonzept ein. Und ichw eiß, dass die Essenz ein teil der Spielweltrealität ist. Aber ich finde diese Essenzsache trotzdem Scheiße! Warum? Weil ich sie für unplausibel halte.
Klar kann man mir sagen:
- Die Essenz ist Teil der offiziellen Spielweltrealität.
- Die Essenz ist fürs Balancing notwendig.
- Essenz ist cool und gibt der Cyberware einen mystischen Touch.

Und die Leute mögen damit auch Recht haben. Und es ist ihr gutes recht, diese drei Gründe auch furchtbar wichtig zu finden und deshalb die Essenz beizubehalten. Aber ich finde die Essen eben dennoch schlecht aus dem einfachen Grund: "Ich finde sie unplausibel."

Offline גליטצער

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SR als Beispiel für Schusswaffenrealismus finde ich jetzt nun schon sehr gewagt. In SR 2.01D udn 3.01 waren aber immer Einzelschusswaffen tödlicher als eine Schnellfeuerwaffe, udn letztere hat immer nur mit allen oder keinem einzigen Schuss getroffen, was sogar SJ Games dazu gebracht hat einen Cartoon darüber in dem Buch mit den setsamsten RPG-Regeln zu bringen (zusammen mit anderen, wie dass in AD&D ein erststufiger Krieger mit Spezialisation Darts viel mehr Schaden anrichtet, als einer mit Kurzschwert, oderd ass Katzen einen Magicuser in einer Runde töten können)

Mal im Ernst all diese Verstöße gegen die Realität wurden von allen anderen, die ich kenne, als genauso lächerlich empfunden. Also mal ein Aufruf an die Spieledesigner: Hockt Euch auf den Hosenboden und entwerft vernünftige Simulationsmodelle. Für mich sind solche Schnitzer nämlich immersionshinderlich.

Jede Abweichung von der realen Realität braucht eine Erklärung. Je mehr Erklärungen das werden, desto abstruser wird es meistens. Dass ein Spiel in sich unrealistischer wird, nur weil es etwas, das in der Realität als gesichert gilt, übernimmt und dort nicht nochmal extra erklärt, macht für mich keinen Sinn.
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Ein

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Zitat
In SR 2.01D udn 3.01 waren aber immer Einzelschusswaffen tödlicher als eine Schnellfeuerwaffe, udn letztere hat immer nur mit allen oder keinem einzigen Schuss getroffen
Shadowrun war ein cinematisches Rollenspiel und wollte Actionfilme abbilden und das ist mit diesen Regeln ja auch gelungen, da sich Feuerwaffen genauso in Actionfilmen (vor allen denen der 80er) verhalten.

In diesem Sinne war Shadowrun "realistisch" nur dass die zugrunde liegende Realität nicht die Wirklichkeit war, sondern die Vorstellungen des Actionfilm-Genres dieser Zeit.

Viele Spiele sind auf diese Art designt, denn Designer wollen in der Regel in bestimmtes Spielgefühl erreichen, dass sich nach einer bestimmten Vorlage richtet, die nicht zwingend die Wirklichkeit ist. Und selbst wenn es sich um die Wirklichkeit handelt, dann heisst das noch lange nicht, dass die Kenntnis über das Funktionieren dieser auch in irgendeiner Weise fundiert sein muss.

Oftmals ist die exakte Abbildung der Realität sogar kontraproduktiv für das Spielerlebnis, sei es weil die allgemeine Vorstellung von bestimmten Punkten schlicht nicht stimmt oder weil bestimmte realweltliche Umstände einfach im Spiel keinen Spaß machen (Realistische Wundheilung wird zB in kaum einem RPG umgesetzt).