(Entsprechend kommen vermutlich auch Eins Vorschläge, die für mich allesamt keine Spielstile sind, die zwingend Freiheit erfordern - sowohl Intrigen, Dungeoncrawls, Eroberungen als auch Erkundungen lassen sich anhand von Eisenbahnschinen bespielen).
Hervorhebungen v. mir.
Zuerstmal nur zum Thema "Dungeoncrawls" ein paar Eindrücke von mir.
- Dungeoncrawls machen generell nicht jedem Rollenspieler Spaß. In Deutschland haben sie generell mit dem Image des "niederen Rollenspiels" zu kämpfen, besonders wenn sie Kämpfe enthalten (pardon the pun). Da der Begriff "Freiheit" positiv besetzt ist, "Dungeon" aber negativ, klingt es erstmal ungewöhnlich, Dungeons mit Freiheit in Verbindung zu bringen.
- Vom "optischen Eindruck" her sehen Dungeons auch erstmal "unfrei" aus. Schließlich ist die Spielwelt klar durch sichtbare Barrieren begrenzt. Die Bewegungsfreiheit ist (auf den ersten Blick) durch eine Karte mit Gängen und Räumen eingeschränkt. Bei Wildnisabenteuern, vor allem aber sogenannten "Stadtabenteuern" scheint das offensichtlich erstmal nicht so der Fall zu sein. Tatsächlich hindert in einem Stadtabenteuer meistens kein SL die SCs daran, sich nach Belieben zu bewegen, wodurch der Eindruck der größeren Freiheit verstärkt wird.
- Gewissermaßen enthalten die Stadtabenteuer oft (nicht immer) oberflächlich bereits eine Vorstufe des "Player Empowerment": Wenn ein Spieler will, dass sein Charakter sich an eine bestimmte, bisher nicht genannte Örtlichkeit bewegt oder mit nicht genannten, aber potentiell vorhandenen Personen interagiert, wird dies oft gestattet, "weil es glaubwürdig ist". In der Stadt kann man zur Stadtwache gehen, selbst zu korrupten Mitgliedern derselben, zur Universität, zum Paten/Verbrecherboss usw. - alles lässt sich mit einem Wurf auf entsprechende Fertigkeiten begründbar finden, und die wenigsten SL sagen dann "Das gibts in meiner Stadt nicht". Schlimmstenfalls wird so eine Initiative zeitlich verzögert, aber selten komplett abgeblockt. Im (klassischen) Dungeon sagt dagegen kein Spieler "Ich gehe jetzt mal zum Orchäuptling im Nordgebäude".
- Die Bewegungsfreiheit (evtl. auch die "Ergänzungsfreiheit") ist natürlich im Dungeon genauso enthalten wie im Stadtabenteuer. Die SCs können jederzeit das Dungeon verlassen (von den generell eingeschränkt freien Ausbruchsabenteuern abgesehen) und woanders hin gehen. Macht bloß niemand (außer zur Rast), weil es klar ist, dass die spannenden Angelegenheiten sich innerhalb des Dungeons abspielen (ich verzichte jetzt natürlich
nicht darauf, zu betonen, dass wirklich gute Dungeons in ihre Umgebung eingebunden sind, aber ich bitte, zur Vereinfachung davon mal abzusehen).
- Im Stadtabenteuer ist das letzten Endes genauso, dass sich abenteuerrelevante Situationen in der Regel auch nur an den Orten stattfinden, die der SL dafür ausgearbeitet hat (ortsbasierte Herangehensweise) bzw. sich dort ereignen, wo immer sich die Spieler befinden (ereignisbasierte Herangehensweise). Die vollständige Bewegungsfreiheit ist also letztlich nur eine Illusion, aber eine ziemlich glaubwürdige. Tatsächlich sind ereignisbasierte Herangehensweisen "unfreier" als ortsbasierte, die ja wenigstens mit dem Dungeon die Möglichkeit gemein haben, dass SCs eben
nicht zu den Orten gehen. Wenn die SCs egal wo sie hingehen in Szene 2 einen Informaten treffen und auf sie in Szene 3 egal wo sie sind ein Anschlag verübt wird, dann ist die Bewegungsfreiheit reine Selbsttäuschung. (Nebenbei kann die Qualität der Szenen leiden, weil der SL die Örtlichkeit aus dem Ärmel schütteln muss, was gerade bei Kämpfen den Eindruck entstehen lässt, dass sie nur hingeschludert sind).
- Natürlich kann man sowohl Stadtabenteuer als auch Dungeons "freier" spielen, wobei Freiheit hier viel mit Auswahl zu tun hat (ich habe das bei Stadtabenteuern lange bezweifelt, bin aber mitlerweile optimistischer). Im klassischen Dungeonabenteuer stehen den SCs erstmal mehrere
Wege (Türen, Gänge) zur Auswahl - im Stadtabenteuer könnte man mehrere Spuren/Ortsverweise nehmen. Dungeons sind häufig mit mehreren
Zielen ausgestattet, zwischen denen man entscheiden/auswählen/
selbst setzen kann, ggf. muss, wenn sie sich widersprechen - theoretisch wäre das auch in einem Stadtabenteuer möglich, z.B. durch konkurrierende Fraktionen (ähnlich wie im Dungeon). Außerdem gibt es im Dungeon Hindernisse (ja, auch Monster), die auf
verschiedene Weise bewältigt/umgangen/überwunden werden können (ja, auch durch Kämpfe), um weitere Wege zu öffnen oder Ziele zu erreichen - selbst das ginge im Stadtabenteuer.
- Das sind die drei Ebenen der Freiheit (als Wahlfreiheit begriffen), die mir auf die Schnelle zum Dungeon einfallen. Das ist
sicherlich unvollständig, und es wird gewiss noch mehr geben, wenn man etwas gründlicher sucht, aber ich glaube, diese drei Freiheitseindrücke sind eine Art von rollenspielerischen "Urfreiheiten", die prinzipiell auch in Wildnis- oder Stadtabenteuern möglich wären.
- Man kann Dungeons aber auch aller drei Freiheiten berauben, wenn es z.B. nur ein Ziel ("Dungeonausgang") gibt, das schlimmstenfalls von NSCs aufgedrückt wurde ("Gefangenenausbruch"), es keine Wege zur Auswahl gibt, sondern nur eine Kette an Gängen und Räumen und jedes Hindernis nur auf eine einzige Methode bewältigt werden kann.
- Die drei Ebenen sind (meiner Meinung nach) nicht gleichwertig. Eine Beschränkung auf ein einziges Ziel (ein MacGuffin) ist zwar etwas bedauerlich, aber noch kein schwerwiegender Verlust. Eine Beschränkung der Wege wird von vielen Spielern nach meinem Eindruck auch noch nicht als starker Freiheitsverlust empfunden (wobei hier mein Spinnensinn bereits anschlagen kann), aber die Beschränkung der Herangehensweisen an die Hindernisse kann frustrieren. Ein bisschen liegt das, glaube ich, daran, dass die Auseinandersetzung mit den Hindernissen traditionell der Kerninhalt eines (Dungeon-)Abenteuers ist. Hier erwartet man als Spieler einfach eine gewisse Freiheit der Möglichkeiten, ein "Problem" zu lösen, die man vielleicht außerhalb eines Dungeons nicht im gleichen Ausmaß verlangen würde. (Und hier ärgert man sich auch am Meisten, wenn es nur eine zulässige Lösung gibt.)