Autor Thema: Vier Prinzipien des Puppenspiels im Rollenspiel?  (Gelesen 1914 mal)

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Offline Nørdmännchen

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Hi Tanelornies,

seit einigen Tagen grüble ich (neben anderen Baustellen) an Spieler- bzw. SL-Tipps. Dabei möchte ich keine ganzheitlichen Modelle und Theorien entwickeln, sondern funktionale, praktische Instrumente finden, die einem das Spiel als Improvisation erleichtern und verschönern können.

Da ich in einem anderen Thread die von mir hoch verehrten Writing Excuses erwähnte (Season 7 hat grad gestartet :headbang:), kam ich auf die Idee, Euch hier eine Anregung aus dieser Folge vorzustellen, um Eure Kommentare und Meinungen zu erfahren.

Die großartige Mary Robinette Kowal, ihres Zeichens professionelle Puppenspielerin und Bestseller-Autorin, stellt darin vier Prinzipien des Puppenspielens vor und wendet sie (mMn recht überzeugend) auf das schriftstellerische Handwerk an. Ich persönlich habe das unbedingte Gefühl, dass man eben diese Grundsätze (fast noch besser) auf Rollenspielen und Spielleiten übertragen kann. Vieles davon ist sehr "basic"; aber schön bildhaft dargestellt und übersichtlich.
Hier kurz angerissen:

Prinzip 1 - Blickrichtung (Focus): Das was die Puppe anschaut, ist worüber sie nachdenkt
Als Spieler: Die vier Prinzipien eignen sich eindeutig um Deinen Mitspielern zu vermitteln, was in Deiner Figur vorgeht (ohne inneren Monolog aussprechen zu müssen). Mache Dir klar, dass Du ausdrücken kannst worüber Du nachdenkst, indem Du beschreibst wohin Du schaust bzw. womit Du Dich beschäftigst.
Als SL: Was für die Spieler gilt, gilt natürlich auch für Dich und Deine SLC. Vor allem aber "fütterst" Du die Sinnesorgane der SC. Du lenkst also die Gedanken der SC mit Deinen Entscheidungen darüber, was Du zuerst, am detailliertesten und eindrucksvollsten schilderst. (Zitat Howard Tayler: "It's not telepathy - it's mind control...")

Prinzip 2 - Atem (Breath/Rythm): Der Atem zeigt die Emotion an
Als Spieler: So wie Du mit dem Blick anzeigst was Deine Gedanken sind, zeigt Die Geschwindigkeit Deines Atmens an was Du fühlst. Versuche im Spiel den Atemrythmus Deiner Figur nach zu ahmen. Du wirst nicht nur Deinen Mitspielern mitteilen was Dein Charakter empfindet; Du wirst Dich auch selbst leichter in die Fiktion versetzen können.
Als SL: Entwickle ein Gespür dafür, wie Deine Beschreibungen die emotionale Atmosphäre beeinflussen. Je kürzer Deine Sätze und je schneller der Rythmus Deiner Schilderung, desto intensiver werden die angetriggerten Gefühle werden.

Prinzip 3 - Muskeln (Muscle): Wir brauchen die Illusion, dass sich die Puppe durch eigene Muskeln bewegt
Als Spieler: Dein Charakter ist kein reines Instrument der Problemlösung. Alle Handlungen müssen sich aus der Persönlichkeit des Charakters motivieren. Es gilt zu vermeiden, dass Du offensichtlich an den Fäden ziehst, nur um etwas zu bewirken was Du als Spieler (im Gegensatz zum Charakter) Dir wünschst. Mit anderen Worten: identifiziere Dich mit dem Charakter, aber indentifiziere nicht den Charakter mit Dir.
Als SL: Dieses Prinzip ist bei Dir noch kritischer, Da all die verschiedenen SLC ihre eigenen "Muskeln" benötigen. Wenn Du einen SLC handeln lässt helfen Dir die anderen Prinzipien. Über sie kannst Du ausdrücken was in der Figur vorgeht und warum sie tut, was sie tut.

Prinzip 4 - Bedeutsamkeit der Bewegung (Meaningful Movement): Jede Bewegung soll eine Bedeutung transportieren
Als Spieler: Immer wenn Dein SC etwas tut, muss es eine Bedeutung haben. (Du kannst immer nur eine Sache zur Zeit beschreiben.) Bei der Schilderung von riskanten Handlungen ist dies recht selbstverständlich. Der Charakter geht das Wagnis nur ein, wenn er ein Ziel verfolgt. Aber auch wenn Du beschreibst, was Deine Figur an einem entspannenden Abend in der Taverne tut, solltest Du mehr aussagen, als nur einen bloßen Vorgang abzubilden. Wenn Deine Figur den Bierkrug in einem Zug leert, sagt das etwas über sie aus. Wenn Du beschreibst, dass Du Dich zum stillen Örtchen zurück ziehst, dann nur weil Du eine Absicht damit verfolgst. (Im Zweifel: "Der SL ist laaaaangweilig!")
ALs SL: Lerne so zu beschreiben, dass Du mehr als nur einen Zweck erfüllst. Jedes geschilderte Ereigniss soll eine Bedeutung für die Geschichte haben (auch wenn es nur darum geht, die SC ab zu lenken). Besonders wichtig ist das vierte Prinzip, wenn es um Proben geht. Riskante Handlungen sollten nur dann mit Regelmechaniken bewertet werden, wenn sie für den Handlungsbogen von Bedeutung sind (egal ob sie gut oder schlecht ausgehen).

Wie gesagt: das ist nur ein kurzer Anriss, von dem ich hoffe, dass er eine produktive Diskussion zur Folge haben kann. Gedanken? Meinungen? Erweiterungen? Ich freue mich auf Eure Kommentare,
Viele Grüße, Henning
»Gute Geschichten sind so gut aufgebaut, daß Lehrer natürlich denken, sie seien vorher geplant,
aber jede Geschichte hätte auch in eine Million andere Richtungen gehen können.«

– Keith Johnstone, Theaterspiele

Offline Bad Horse

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Re: Vier Prinzipien des Puppenspiels im Rollenspiel?
« Antwort #1 am: 5.01.2012 | 22:31 »
Prinzip 3 - Muskeln (Muscle): Wir brauchen die Illusion, dass sich die Puppe durch eigene Muskeln bewegt
....Dein Charakter ist kein reines Instrument der Problemlösung. ...

Find ich sehr schön ausgedrückt.

Innere Stimmigkeit einer Figur (Charakter oder NSC) ist mir sehr wichtig - ich mag es überhaupt nicht, wenn Charaktere nur als Instrumente dienen. :)
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
The best lack all conviction, while the worst are full of passionate intensity.

Korrekter Imperativ bei starken Verben: Lies! Nimm! Gib! Tritt! Stirb!

Ein Pao ist eine nachbarschaftsgroße Arztdose, die explodiert, wenn man darauf tanzt. Und: Hast du einen Kraftsnack rückwärts geraucht?

Offline Ghostrider

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Re: Vier Prinzipien des Puppenspiels im Rollenspiel?
« Antwort #2 am: 6.01.2012 | 02:01 »
Nur meine Meinung, aber:

(Ausgearbeitete) NSCs sind bei meiner SLerei nur über ihre Funktion bestimmt und definiert, alle anderen NSCs sind unwichtig, daher Statisten und werden bestenfalls improvisiert ausgebaut, ansonsten sind sie Pappkameraden, da sie zur Kulisse gehören, und keine Handlung tragen.

Zudem ist das im Anfangspost beschriebene Vorgehen nicht erwachsenengerecht, sondern führt im mittelmässigen Fall zu Langeweile, und im schlimmsten Falle zum "An der Nas' lang führen" ("Der Kamin sieht alt und ganz fürchterlich verstaubt aus, aber in dem Aschebehälter sind Fußspuren zu sehen")


Generell sind Handlungen meiner NSCs von Spielerseite aus nicht zu ergründen, da sie in einer black box ablaufen, daher ist das "Muskel"-Prinzip eigentlich für meinen Stil schon mal komplett untauglich.

Das Prinzip 2 ist meiner Ansicht nach auch komplett falsch, denn würde meine Version einer erzählten Bullet-Time als Spannungselement niemals funktionieren, und das tut sie aber. Zumindest in meinen bisherigen Gruppen. Für meine Runden also ebenso widerlegt.

Zu den "Prinzipien" 1 und 4 muss ich nichts sagen, die sind trivial und
der Betätigung "Roollenspiel" bereits offensichtlich immanent, zumindest Punkt 1.

Bei Punkt 4 würde ich sogar noch weiter gehen, und annehmen, dass auch eine gerade nicht ausschmückende Beschreibung eine Attributierung vornimmt, und zwar die der sachlichen Nüchternheit: Was ich bereits sowohl als SL oder Spieler gern als Mittel zum Understatement von Handlungen eines Charakters benutzte.


Offline Remus

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Re: Vier Prinzipien des Puppenspiels im Rollenspiel?
« Antwort #3 am: 6.01.2012 | 02:38 »
Hier meine Interpretation der Regeln. Ich werde vor allem durch die Erfassung des metasprachlichen Sinngehalts interpretieren.

Zitat
Prinzip 1 - Blickrichtung (Focus): Das was die Puppe anschaut, ist worüber sie nachdenkt
Bin um unklaren wie man das einfach auf Rollenspiel übertragen kann. Wenn man metasprachlich an die Regel geht, dann heißt der Satz: "Was du ausstrahlst, gibt deinem gegenüber Informationen über dein Inneres. Die Mitspieler können nur aus den Aussagen/Beschreibungen/Handlungen erfahren wie es in dem Charakter/NPC aussieht." Das ist allerdings schon fast eine Binsenweisheit und fast zu allgemein.

Zitat
Prinzip 2 - Atem (Breath/Rythm): Der Atem zeigt die Emotion an.
Diese Regel ist ebenfalls eine Substitutionsregel: Komplexes wird auf eine Eigenschaft reduziert. Komplexe Inhalte wird durch einfache oder Teile davon übermittelt: Emotionen durch die dabei vorkommende Atmung: Charakteremotionen durch die Sprache des Spielers, sein Gestus oder Mimik. Aber niemals die gesamte Palette der durch Gefühle ausgelösten Verhaltensweisen.

Zitat
Prinzip 3 - Muskeln (Muscle): Wir brauchen die Illusion, dass sich die Puppe durch eigene Muskeln bewegt
Eigene Muskeln heißt aus eigener Kraft, also als unabhängiges, lebendiges Wesen selbst bewegen. Charaktere und NPC sollen nicht nur hochgehaltene Pappfiguren oder Fingerpuppen sein, sondern es muss die Illusion eines autarken Lebewesens entstehen.

Zitat
Prinzip 4 - Bedeutsamkeit der Bewegung (Meaningful Movement): Jede Bewegung soll eine Bedeutung transportieren.
Keine Handlung eines SC oder NSC sollte ohne Bedeutung sein: Der NSC-Waldläufer in der Taverne steht auf und geht aus seiner dunklen Ecke aus dem Schankraum hinaus, um draußen auf die Gruppe zu warten und vor den Räubern zu retten, die dort ebenso lauern. Die Wirtsfrau ist in der Schenke, um im Schankraum zu bedienen. Die Dirnen hocken in der Ecke um Handlungsangebote zu machen oder um den unterirdischen Standard der Spelunke anzuzeigen. ...

Fazit

Unsere Interpretationen gehen zu weit auseinander. Die Regeln für Handpuppen scheinen aus einem Kontext zu kommen, der zu andersartig und weit vom Rollenspiel entfernt schein, als dass die Regeln aus dem einen ohne Einschränkung im anderen gelten könnten. Hier müsste dieser Kontextunterschied beleuchtet werden. Und dort zeigt sich schnell, wie gravierend die Unterschiede sind. Puppentheater folgt einer anderen Kommunikationsstruktur und Form als P&P-Rollenspiele. Als allgemeingültige Regeln können sie daher nicht gelten. Als Anregungen je nach Spiel- / Spielleiterstil eignen sie sich durchaus. Aber eben nur mit Einschränkungen.
« Letzte Änderung: 6.01.2012 | 17:19 von Remus »

Offline Turning Wheel

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Re: Vier Prinzipien des Puppenspiels im Rollenspiel?
« Antwort #4 am: 6.01.2012 | 06:38 »
Ich bin ja ein ganz großer Fan von Theorien für verwandte Medien und die hier übers Puppenspiel finde ich sehr bereichernd. Danke für den Blick über den Tellerrand.
Es ist immer wieder gut, diverse Grundsätze, so elementer sie sein mögen, mal aus anderer Richtung beleuchtet zu sehen.
Die Punkte 1 und 4 bezehen sich z.B. auf eine Disziplinierung der Erzählung, die man aus meiner Erfahrung heraus gar nicht oft genug erinnern kann.
Das mit dem Atem werde ich demnächst mal ganz bewusst ausprobieren bei direkten Reden.

@ Ghostrider: Deine Argumentationsführung folgt nicht der hier gebotenen formalen Logik. Es geht nicht darum, eine immergültige Theorie durch Fehlerbeispiele zu widerlegen, sondern es geht (wie im ersten Absatz des Startpostings gesagt wurde) um Tipps, die in manchen Situationen zu besserem Spiel führen.
Die Tatsache, dass Du Dir die Anwendung für keine Situation vorstellen kannst, schmälert die inhaltliche Qualität der vier Punkte in keiner Weise. Sie zeigt nur, dass Du eine Art von Rollenspiel machst, die davon noch nicht profitiert.
« Letzte Änderung: 6.01.2012 | 06:59 von Das Nichts »

Offline asri

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Re: Vier Prinzipien des Puppenspiels im Rollenspiel?
« Antwort #5 am: 6.01.2012 | 08:48 »
Ich finds hübsch (aber mehr auch nicht). Vermutlich sollte es aber auch gar nicht mehr sein; Nørdmännchen schreibt ja selbst, dass es eher "basic" sei.

Meiner Vermutung nach kann man für jede erzählende Darstellungsform (Roman, Theater, TV-Serie, Hörspiel, Filmmusik) Prinzipien aufstellen und daraus etwas fürs Rollenspiel lernen. Genauso könnte man vermutlich Prinzipien fürs Rollenspiel aufstellen, die für Puppenspieler, Impro-Schauspieler, Kurzgeschichtenschreiber usw. lehrreich sind.

Das heißt nicht, dass man es deswegen lassen sollte - im Gegenteil! Ich bin sehr dafür, von einander zu lernen. (Und ich selbst sehe mich durchaus auf der Lerner-Seite, nicht bloß belehrend.) Im konkreten Fall finde ich: die vier Prinzipien können alle hilfreich sein, aber sie wirken nicht besonders neu oder überraschend auf mich, und sie sind unterschiedlich gut anwendbar und natürlich auch nicht mit allen Spielstilen kompatibel. Außerdem sind jeweils Ausnahmen, Ergänzungen etc. denkbar. Deswegen: hübsch (aber mehr auch nicht). Danke dafür! :)

Offline Ghostrider

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Re: Vier Prinzipien des Puppenspiels im Rollenspiel?
« Antwort #6 am: 6.01.2012 | 17:50 »
@ Ghostrider: Deine Argumentationsführung folgt nicht der hier gebotenen formalen Logik. Es geht nicht darum, eine immergültige Theorie durch Fehlerbeispiele zu widerlegen, sondern es geht (wie im ersten Absatz des Startpostings gesagt wurde) um Tipps, die in manchen Situationen zu besserem Spiel führen.
Die Tatsache, dass Du Dir die Anwendung für keine Situation vorstellen kannst, schmälert die inhaltliche Qualität der vier Punkte in keiner Weise. Sie zeigt nur, dass Du eine Art von Rollenspiel machst, die davon noch nicht profitiert.

Naja, Formallogik hat im Praxisbereich ja auch nichts verloren, meines Erachtens, und in dem befinden wir uns in dieser ganzen Diskussion, da es um direkte Anwendung geht.
Natürlich schmälert eben gerade die Nichtanwendbarkeit besagter 4 Prinzipien für meine Runde deren universale Gültigkeit, die hier ja behauptet wurde. Puppenspiel ist kein RPG und RPG kein Puppenspiel. Wer das ignoriert, der handelt grob fahrlässig.

Ich bestreite zusätzlich, dass meine Art des Leitens jemals von diesen 4 Punkten profitieren würde, weil RPG eben doch grundsätzlich anders funktioniert als Puppenspiel.


Offline Tudor the Traveller

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Re: Vier Prinzipien des Puppenspiels im Rollenspiel?
« Antwort #7 am: 6.01.2012 | 18:19 »
Ich denke, dass man die 4 Prinzipien bedingt (!) auf das Rollenspiel übertragen kann. Problem: Beim Puppenspiel werden die Sinne des Publikums direkt angesteuert. Man sieht die Puppe mit den Augen und hört die Stimme mit den Ohren.
Das ist beim Rollenspiel anders, weil die Kommunikation indirekter ist. Vor allem nimmt das Publikum in der Regel nichts vom Geschehen direkt wahr, sondern konstruiert es im Geiste (Stichwort Kopfkino) gemäß der gegebenen Beschreibung.

Da ist der Punkt 3 (Muskeln) in dieser Hinsicht eben schwierig, weil es ein rein visueller Ansatz ist, der im RPG schwierig zu bedienen ist. Übersetzt beziehen sich die "Muskeln" auf die Glaubwürdigkeit, die Echtheit, die Lebendigkeit der Figur. Als Hauptansatz würden mir dazu die Motive bzw. die Agenda und das Konzept des Charakters einfallen. Eine gewisse Übertragbarkeit würde ich den "Muskeln" insofern einräumen. Ähnliches gilt für Prinzip 4, das ebenfalls erstmal ein visuelles Prinzip ist. Es fällt in der Übersetzung imo mit dem Fokus beinahe zusammen.

Mit Punkt 2 habe ich jedoch so meine Probleme. Ich würde nicht behaupten, ein beschleunigter "Atem" intensiviert die emotionale Reaktion. Ich würde eher sagen, dass der "Atem" die Grundemotion vorgibt. Ist die Schilderung ruhig, wirkt die Situation ruhig. Ist sie hastig, ist die Situation drängend. Aber eine emotional intensive Szene muss nicht immer drängend sein. Tiefe Trauer z.B. bedingt eher einen langsamen "Atem", denke ich. Der "Atem" nimmt hier vielleicht eine ähnliche Funktion ein wie Musik.
« Letzte Änderung: 6.01.2012 | 18:21 von Tudor the Traveller »
NOT EVIL - JUST GENIUS

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Offline Nørdmännchen

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Re: Vier Prinzipien des Puppenspiels im Rollenspiel?
« Antwort #8 am: 9.01.2012 | 20:24 »
Vielen Dank erstmal für all die Antworten,

auch die klare Kritik ist ziemlich hilfreich. Das die visuelle Natur des Puppenspiels im RSP nur noch sinnbildlich ist, hatte ich angenommen. (Entsprechend dem Eingangs erwähnten Podcast.) Aber es scheint mir nun klar, dass bei einer eventuellen Nutzung der Prinzipien die Abgrenzung und Denotation deutlich strukturierter vorgenommen werden muss. In diesem Sinne werde ich weiter überlegen.

Puppenspiel ist kein RPG und RPG kein Puppenspiel. Wer das ignoriert, der handelt grob fahrlässig.
Immer gerne  ;D

Grüße,
Henning
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Offline Hooviee

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Re: Vier Prinzipien des Puppenspiels im Rollenspiel?
« Antwort #9 am: 9.01.2012 | 21:20 »
Das Problem was ich hierbei sehe ist eben die reine akustische Wahrnehmung bei Rollenspiel und die Art und Weise, wie die meisten Spieler und teilweise auch Spielleiter agieren.

SC "Mein Charakter ist wütend und geht zur Tür, ich mache einen Willenskraft test, meinem Gegenüber nicht vor die Füße zu speien"

SL "Dein Charakter befindet sich in einer dunklen Gasse, er siehst etwa 5 Meter weit, in der Ferne hört er eine Eule, weil ich deinen Wahrnehmungswurf nur 1 Erfolg zuschreiben konnte"

Nicht das es so überall oder oft abläuft, das ist ein Auszug aus Runden, bei denen ich dabei war und selbstverständlich nicht repräsentativ.

Die genannten Punkte lassen sich meiner Meinung nach bedingt transportieren, wenn an meiner "schlechten Beispielszene" kleine Dinge ändern.

Zunächst ist die erste Person Singular zu wählen. "Ich tue dies..., ich kann mich kaum beherrschen..." ggf. kann der Spieler selbst durch den Tonfall seine Emotion transportieren, in extremfällen mit der Faust auf den Tisch hauen, schnauben, alles was die Rolle und die Umgebung hergibt (man muss ja nicht gleich auf den Teppich rotzen und die Softair ziehen).

Auch der SL kann bei der Situationsbeschreibung persönlich werden. "Du siehst das..., der wind bläst dir kalt um die Ohren..., deine Aufmerksamkeit richtet sich auf das grelle "uhuuu-hu-uhuu" einer Eule in der Ferne..."

Wobei hierbei Grenzen gezogen werden sollten, wenn der SL schon emotionen des Charakters impliziert.

Ich persönlich wäre nie auf die Idee gekommen, Rollenspiel mit Puppenspiel zu vergleichen geschweige denn, mögliche Wege zu finden voneinander zu lernen.

Am Ende ist Rollenspiel eine Umsetzung von dem, was man in den Charakter interpretiert in dem System, welches einem am ehesten einen Anreiz gewährt. Und wie man zusammen mit den anderen Spielern und Spielleiter zurecht kommt. Von daher ist eine gut funktionierende und harmonierende Gruppe gar nicht in der Bedarfssituation etwas von dem zu berücksichtigen. Wenn es aber konfliktpotential oder andere unzufriedenheiten gibt und man selbst nach einer Lösung suchen möchte, sein eigenes Spiel zu verbessern, könnte ich mir schon vorstellen, dass der eine oder andere hier etwas für sich mitnehmen kann.

just my 2 cents
greets,
Hoov.