Ich glaube, die Regeln (gerade bei VtM) sollen die Spieler zum Drama hinführen und persönliche Veränderung deutlich machen. Außerdem soll dadurch eine gewisse Stimmung erzeugt werden - z.B. eben der tragische Kampf um die Humanity.
Leider funktionieren die Regeln nicht unbedingt so, wie sich die Autoren das vorgestellt haben. Das ist aber vermutlich der Tatsache geschuldet, dass die Autoren damals auf wenige Erfahrungen mit drama-unterstützenden Mechanismen hatten; außerdem sind das Regeln, die der Immersion entgegenstehen. Allerdings unterstützen sie natürlich in gewisser Weise Barbiespiel.
Hmmm. Gibt es hier jemanden, der die Moral-Regeln der WoD für nützlich erachtet? Benutzt die jemand, wie sie geschrieben stehen?
Persönlich sind mir diese Regeln verschleiert. Ich habe aber im Zuge dieser Diskussion eine alte
"Swar1* (Es war einmal...)" heraus geholt, in der ein spannender Artikel aus der Zeit steht:
"Liegt Mölln in Mittelerde?" Dort wird die Existenz von Regeln, die die völlige Identifikation mit dem Charakter verhindern, als
das wesentliche Kennzeichen des Storytelling propagiert (in etwa Anti-Mary-Sue). Im Sinne der Immersion kann ich mich damals an Diskussionen (im "Trivial-Book/Game-Shop, Hannover" erinnern), in denen der Ansatz formuliert wurde: "Identifiziere Dich mit Deinem Charakter, aber identifiziere Deinen Charakter nicht mit Dir."
Ich würde Bad Horse aber insofern zustimmen, dass diese hohe Ziel in vielerlei Spielrealität (auch in unserer) verpasst wurde. Insbesondere in der oWoD - eine der Erfolgsfaktoren von VtM war mMn die "ich wär so gerne ein Vampir" Romantik... Dennoch gab es den Anspruch hinter den Moralregeln definitiv.
CoC hingegen ist in meinen Augen deutlich erfolgreicher in der Mary-Sue-Prävention; und wird in besagtem Artikel übrigens als ST-Prototyp geführt.
Zur Unwichtigkeit von Regeln im Allgemeinen: ich glaube es gilt zu unterscheiden - Regelmechanik wird nicht als überflüssig sondern als austauschbar empfunden. Zumindest von der Seite vieler Spieler, die wahrscheinlich selbst mit der geringen Wirksamkeit der "Drama-Mechaniken" konfrontiert waren. Ich denke hier wurde das "system doesn't matter" zementiert, dem die Forge so vehement widerspricht. Hier festigt sich auch die Bedeutung der goldenen Regel und der "unaufdringlichen" Mechaniken, die dem Spiel nicht im Weg stehen sollen.
Ich vermute das Dilemma des ST darin, dass ein neuer Anspruch formuliert wurde, ohne dass die Notwendigkeit neuer (mechanischer) Methoden gesehen wurde bzw. werden konnte. (Ich glaube sogar, dass dieser Schritt unvermeidbar war.)
Also zu Beginn steht der Prioritäten-Wechsel: "Unser Spielplatz soll nicht mehr ein Haufen von Herausforderungen auf einem karierten Plan sein, sondern eine dramatisierter Handlungsbogen (AKA Geschichte)." - Hier vermute ich auch die Ursache der Ablehnung von Sandkisten - gerechtfertigt oder nicht.
Dies prallt dann unvermittelt auf die tradierten Spieler- und SL-Funktionen. Der SL verwaltet und stellt den gegebenen Spielplatz dar; die Spieler erfüllen ihn mit Leben. Da der Spielplatz nun aber nicht mehr lokal-organisatorisch ist, sondern kausal-chronologisch, entstehen die Schwierigkeiten. Die Entscheidungen der SC können nicht mehr 100% dem Ursache-Wirkungs-Prinzip folgen. Noch fataler wird dies in dem Moment, da die Regelmechaniken ebenfalls dem Ursache-Wirkungsprinzip folgen möchten.
Grüße, Henning