Ich sehe diesbezüglich also keinen Unterschied zwischen dem Fluff-Dämon und dem Crunch-Dämon.
Sehe ich auch so. Das ideale Regelwerk/Setting liefert entweder sehr abgeschlossene(n) Regeln/Fluff, bzw. dort wo dieser (aus Gründen des taktischen Anspruchs) verzahnt sind, sollten sie keinen zu großen Bereich abdecken und nicht in andere Regelresorts eindringen.
Fluff: "Zwerge sind 1,40 Meter groß."
Ein Satz, 5 Wörter.
Crunch:
Zwerge:[...]
Körpergröße: 1,25-1,40m
[...]
2 Worte, 2 Zahlen = eine Regel dass niemand einen Zwerg spielen darf, der kleiner als 1,25m und größer als 1,40m ist.
- Zwerge, die für Menschen konzipierte Waffen tragen, erleiden 2 Punkte Abzüge.
Fluff:
"Zwerge haben Probleme bei der Benutzung von Menschenwaffen. Bei Langschwertern und Äxten müssen sie beide Hände zur Hilfe nehmen, damit sie trotz dem längeren Heft die Balance dieser Waffe halten können. Bei Kurzschwertern, Streitkolben und ähnlich kurzen Waffen fehlt ihnen die nötige Armlänge, um wirklich effektive Trefferwucht zu entfalten (aus dem gleichen Grund fehlt ihnen auch die nötige Agilität im Umgang mit Dolchen). Piken und Hellebarden sind ihnen unheimlich, weil sie es nicht gewohnt sind einen solchen vertikalen Bewegungsradius in ihre Aktionen einzubeziehen."
Das wäre eine (Fluff-)Beschreibung darüber, was mit Zwergen passiert, welche Menschenwaffen benutzen (jetzt nicht an dem Beispiel aufhängen, ist nur locker aus dem Ärmel geschüttelt). (Guter) Fluff liefert normalerweise nicht nur einen Ist-Zustand, sondern auch einen Kontext für diesen Zustand (und das Zwerge nicht gut mit Menschenwaffen umgehen können ergibt sich keineswegs organisch aus ihrer Körpergröße).
Würde nur der erste Satz dastehen:
"Zwerge haben Probleme bei der Benutzung von Menschenwaffen."
dann wäre das viel eher eine Regel, als Fluff. Es gibt erstmal vor, wie die Fakten der Spielwelt sind (Zwerge können nicht gut mit Menschenwaffen kämpfen) - wenn ein Spieler fragt "Warum ist das so?", dann kann diese Regel mit Fluff aus dem Regelbuch begründet werden, oder mit einer persönlichen Interpretation des SL, oder mit dem GMV des Zwergenspielers - das ist erstmal egal.
Regeln bestimmen, was in der Spielwelt geht und was nicht (unabhängig davon, ob das im im System widergespiegelt wird).
Bei Engel-Arkana ist es die REGEL, dass das Schwert eines Gabrieliten brennt, dass aus den Fegefeuern Traumsaatkreaturen kommen und dass die angelitische Kirche fast ganz Europa beherrscht. Das sind FAKTEN innerhalb des Settings und sie können in kurzer Form gesagt werden, um zu zeigen "was ist möglich, und was nicht".
Wenn der SL dem Gabrieliten ein nicht-brennendes Schwert gibt, wenn Fegefeuer X-Men-mäßige Mutanten produzieren oder wenn die Kirche nur Roma Aeterna beherrscht und der restliche Kontinent von Mongolen überrannt ist, dann ignoriert der SL FAKTEN der Spielwelt und setzt sich damit über die gemeinsamen REGELN hinweg, daher sollte er das bitte VOR dem Spiel kommunizieren (ohne diese Ansage des SL, dass Hausregeln Anwendung finden, könnten die Spieler die Arkana-Karten in diesem Szenario nicht mehr effektiv einsetzen, weil sie vor jeder Beschreibung den SL fragen müssen, ob diese Beschreibung noch mit der alternativen Vision des SL konform geht).
Anders sieht es bei Fluff aus: möglicherweise liefert der eine Begründung, warum ausgerechnet Gabrieliten das Flammenschwert bekommen, und nicht Michaeliten, warum die Traumsaat aus dem Fegefeuer kommt oder wie es die Kirche geschafft hat, mächtigste Kraft in Europa zu werden. Wenn diese BEGRÜNDUNG verändert wird, ändert das erstmal nichts an dem, was die Spieler innerhalb des Settings machen können. Bspw. ist eine Settingwirklichkeit bei Engel, dass es fünf Engelsorden gibt (Regel: Dein Engel-SC muss einem dieser fünf Orden angehören) - später erfährt man, dass diese Settingwirklichkeit kein Fakt ist (es gibt noch mehr Orden), aber das nimmt den Spielern keine ihrer grundlegenden Handlungsoptionen (die Auswahl eines der fünf Orden als SC), noch ändert es etwas daran, dass die Standardregeln vorsehen, dass der SC einem der fünf Orden angehört. Diese Änderung hat möglicherweise Auswirkungen in der Ausgestaltung (color) (hier allerdings nur auf Seiten der Abenteuerplanung durch den SL, nicht innerhalb der Spielrunde), nicht aber auf die Fakten.
Würde dagegen die Regel eingeführt "Alle Gabrieliten sind 15cm groß und versprühen Feenstaub", dann hätte das Auswirkungen auf das, was im Spiel geht und wäre damit kein Fluff mehr.
Um wieder zu deinem Beispiel zurück zu kommen:
Die REGEL wäre: §Der Zwerg ist 1,40m groß." (Fakt)
Der FLUFF wäre: "Dieses Langschwert ist für Menschen gemacht." (Kontext)
Die INTERPRETATION des Kontext wäre (ohne klare Regelung): Kann der Zwerg ein Menschenschwert verwenden, obwohl er kleiner ist?" -->Antwort (Fluff): "Ja, aber es fällt ihm schwerer. Er muss beide Hände zur Hilfe nehmen, um die Balance zu halten."
Die VERREGELUNG (wenn ein abstraktes Zufallsystem und keine Beschreibungssystem Verwendung findet) der Interpretation wäre: "Hmm, der Abzug bei Ungelernt-Schwerter ist -4...ich denke ein erfahrener Zwergenkämpfer ist auch mit einer ungewohnten Waffe immer noch besser, als ein Amateur. Der Abzug für improvisierte Waffen ist -1, aber etwas heftiger sollte es schon sein. Ein Abzug von -2 erscheint mir passend."
Die REGEL wäre: "Zwerge lieben Gold." (Fakt)
Der FLUFF wäre: "Dort ist ein Drachenhort, der Drache ist gerade nicht zu sehen." (Kontext)
Die INTERPRETATION des Kontext wäre (ohne klare Regelung): "Würde sich der Zwerg den Goldschatz schnappen?" -->Antwort: "Er hatte schonmal mit Drachen zu tun. Er wird wahrscheinlich den Hort nicht ohne das Gold verlassen, aber er wird sicherstellen, dass der Drache wirklich weg ist." (diese Antwort wird am Besten vom Spieler geliefert).
Die VERREGELUNG (wenn ein abstraktes Zufallsystem und keine Beschreibungssystem Verwendung findet) der Interpretation wäre: "Hmm, das entscheidende ist hier nicht, ob der Zwerg den Goldschatz nimmt oder nicht (der Spieler hat schon mehr oder weniger gesagt, dass der Zwerg diesen haben MUSS), sondern ob der Zwerg das vorsichtig genug anstellt oder ob seine Goldgier ihn blind gegenüber der Gefahr macht. Ich würde sagen das ist ein Wahrnehmungswurf - erstmal ohne Abzug, der Spieler hat ja gesagt dass er vorsichtig ist und das ist ja auch vernünftiges Rollenspiel - um zu bemerken dass der Drache wirklich weg ist. Dann wird der Zwerg wahrscheinlich den Goldschatz wegräumen, der Drache kommt in etwas 1,5 Stunden zurück - wenn der Zwerg zu diesem Zeitpunkt noch da ist (das Räumen einer so großen Goldmenge dauert nunmal, wenn er keine kreative Idee hat wie es schneller geht), dann muss er nochmal Wahrnehmung würfeln, um den zurückkehrenden Drachen zu bemerken. Diesmal ist er allerdings in schwere körperliche Arbeit vertieft und die macht es schwierig gleichzeitig noch nach Gefahren zu lauschen. Ich würde sagen, es ist unter diesen Umständen "sehr schwer (-6)" den Drachen so schnell zu bemerken, dass man noch Zeit zum fliehen hat."