Autor Thema: Storytelling in Abgrenzung zu anderen [v.a. storyorientierten] Stilen  (Gelesen 10704 mal)

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alexandro

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Story stand auch schon bei Sembiada und Stafford im Mittelpunkt, also müssten die Leiter dieser Spiele (nach deiner Logik) auch des öfteren in die "Giftkiste" gegriffen haben, oder?

Und wenn diese(r) die Realisierung eines bestimmten, "optimierten" Geschichts/Handlungsverlauf vorsieht, dann ist der Griff in die Giftkiste eben naheliegend bis zwingend.

Storytellerspiele versuchen aber nicht eine "optimierte" Geschichte zu erzählen, sondern eine, welche die Spieler fesselt und unterhält. Es gibt sogar einen Abschnitt darüber (in VdM 2. Ed., S.116) dass ein straffer durchgeplanter Geschichtsverlauf es dem Erzähler zwar erlaubt mehr Details auszugestalten (was die Welt plastischer und die Geschichte glaubwürdiger macht), aber auch die Wahlmöglichkeiten der Spieler einschränkt, weswegen man dies nach Möglichkeit vermeiden sollte.

Ein Storytellerspiel besteht einfach aus dem Gestalten von Herausforderungen und Hindernisse für die Charaktere, und dann sehen, wie die Spieler mit diesen interagieren:
Zitat von: VdM2, S.116
Sie sollten nicht versuchen, vorherzusagen, was die Charaktere tun werden: erfinden Sie einfach einen Konflikt und überlassen sie es den Spielern, mit dem fertigzuwerden, was Sie ihnen vorsetzen.

So weit also klassisches Rollenspiel.

Der Unterschied liegt in der Gestaltung der Konflikte:
Nehmen wir einmal an, wir hätten ein klassisches (D&D-like) Rollenspiel. Die Spieler sind in einem Raum gelandet, der (nach Planung) leer ist. Die Spieler realisieren das aber nicht und durchsuchen den Raum immer weiter. Das einfache wäre jetzt, den Spielern einfach OT zu sagen, dass der Raum wirklich leer ist, aber das will der SL (aus diversen Gründen) nicht.

1.) Im herausforderungsorientiertem Rollenspiel würde der SL die Spieler einfach machen und ihre Charaktere dort Zeit mit nutzlosen Strategien zum finden von nicht-vorhandenen Geheimtüren verplempern lassen.

2.) Ein Storyteller würde sich irgendetwas einfallen lassen, um diese dröge Szene etwas aufzupeppen: die Charaktere finden tatsächlich etwas (muss nicht unbedingt wichtig für das Abenteuer sein, Hauptsache interessant), die Charaktere hören seltsame Geräusche aus dem Nachbarraum, eines der Monster aus den anderen Räumen des Dungeons verirrt sich zufällig in diesen Raum... egal was, Hauptsache es passiert was.

Beide Ansätze sind vollkommen legitim und vernünftig (für ihren jeweiligen Spielstil und die Bedürfnisse der Spieler).

Offline Maarzan

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Falsch. Das Primat hat die Story des SL. Ob das die bessere Story ist, ist vollkommen unklar.

Für ihn wird es schon die "bessere" sein, und in seine Hände sind die entsprechenden Werkzeuge mit dem Hinweis auf die bessere Story gelegt, z.B. als Extremfall die goldene Regel.

Vielleicht habe ich ja bisher die Extremfälle getroffen, aber die erlebte Leitlinie ist, dass einer den anderen sagen will, was passieren sollte (was an sich als Vorschlag noch potentiell OK wäre), aber eben dann ein beiläufiges Übergehen von bisherigen Absprachen und Regeln sowie Fremdmeinungen vorsah und die Autorisation dazu mit "besserer Story" und globalisierter Definition von Fun legitimiert wurde. (Nicht nur von SLs, aber bei SLs sidn das dann eben nicht mehr nur Forderungen sondern geschaffene Fakten, mit denen man konfrontiert wird.)
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

alexandro

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Damit setzt er sich aber über das Regelwerk hinweg, in dem klar herausgestellt wird, dass er die Stimmungen, Erwartungshaltungen und Meinungen seiner Spieler in die Gestaltung einbeziehen soll ("Sie sind eigentlich eher Erzähler, als Autor von Geschichten.").

Offline Maarzan

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Damit setzt er sich aber über das Regelwerk hinweg, in dem klar herausgestellt wird, dass er die Stimmungen, Erwartungshaltungen und Meinungen seiner Spieler in die Gestaltung einbeziehen soll ("Sie sind eigentlich eher Erzähler, als Autor von Geschichten.").

Das fällt dann wohl Kraft selektierten Lesens unter den Tisch. Oder ist Teil des Grunds, warum solche Leute sich dann in traditionelle Runden drängen und sie zu bekehren versuchen, denn da können sie dann ja selber entscheiden, was von dem Storytelling sie mitnehmen.
Also ggf eher ein Vorwurf gegenüber dem Massenphänomen/Stil Storytellung, denn seiner formellen Urform.
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Offline 1of3

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Ich finde es sehr schade, dass man über diesen Spielstil so gar nicht reden kann, ohne dass es sofort ausartet.

alexandro

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Vielleicht habe ich ja bisher die Extremfälle getroffen, aber die erlebte Leitlinie ist, dass einer den anderen sagen will, was passieren sollte (was an sich als Vorschlag noch potentiell OK wäre), aber eben dann ein beiläufiges Übergehen von bisherigen Absprachen und Regeln sowie Fremdmeinungen vorsah und die Autorisation dazu mit "besserer Story" und globalisierter Definition von Fun legitimiert wurde.

Solche Extremfälle habe ich auch schon getroffen (und würde auch nicht mit ihnen spielen), aber noch häufiger hatte ich das andere Extrem:

Die sogenannten "DMs" (was in diesem Fall nicht für "Dungeon Master", sondern für "Dämlicher Meister" steht), welche beiläufig elementare Elemente des sozialen Miteinanders, der Fairness sowie Fremdmeinungen übergingen und die Autorisation dazu mit "Herausforderung" und einer auf alle Aspekte des Spiels globalisierten Definition des SL als "Widersacher der Charaktere" legitimierten.

Idioten gibt es in jedem Spielstil.
« Letzte Änderung: 9.12.2012 | 13:39 von alexandro »

Offline D. Athair

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Ich habe nochmal in Prince Valiant nachgelesen.
Was mir dabei aufgefallen ist: An einigen Stellen unterscheidet es sich erheblich von dem, was ich im Eingangsbeitrag über Storytelling Games geschrieben und wie ich z.B. V:tM wahrgenommen habe. Obwohl alles bis auf "Story > Rules" auch auf PV zutrifft.


Markante Unterschiede:
Winging it: Wenn die Spieler das Abenteuer verlassen gibt es zwei Möglichkeiten. 1. Illusionismus und 2. Pläne/Plot verwerfen bzw. abändern. (Variante 2 lässt, konsequent weitergedacht, das Spiel in einer offenen Welt zu, die eine gewisse Nähe zur Sandbox nicht verleugnen kann.)

Die Regeln: Haben Gültigkeit. Bei Regelstreitigkeiten soll das Spiel, bis kooperativ eine Lösung erreicht ist, unterbrochen werden.

Part-time Storyteller: Spieler können situativ die Rolle des Spielleiters übernehmen.


("Sie sind eigentlich eher Erzähler, als Autor von Geschichten.")
PV ging da noch einen Schritt weiter:

Cooperation als Spielprinzip.
Der Storyteller ist nicht omniscient, sondern wird "nur" als guide verstanden. In Bezug auf den tatsächlich gespielten Storyverlauf als primus inter pares.



... interessant. Ich merke gerade, dass ich in Prince Valiant immer nur die ergebnisoffenen Alternativen benutzt habe. Struktur und Pacing unter das Motto "Cooperation" gestellt habe. Jetzt wundert es mich gar nicht mehr, dass dabei ein ziemlich anderes Spielerlebnis bei rauskommt als z.B. bei (v.a. späteren Auflagen von) V:tM. Da ließen sich die Dinge, die für Storytelling als typisch anzusehen sind, nicht mehr einfach (= im Sinn der Regeln) rauskürzen.
« Letzte Änderung: 9.12.2012 | 13:44 von Athair »
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alexandro

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Ich habe nochmal in Prince Valiant nachgelesen.
Was mir dabei aufgefallen ist: An einigen Stellen unterscheidet es sich erheblich von dem, was ich im Eingangsbeitrag über Storytelling Games geschrieben und wie ich z.B. V:tM wahrgenommen habe. Obwohl alles bis auf "Story > Rules" auch auf PV zutrifft.

Ohne PV schlecht machen zu wollen... aber was ist "Storytellers Fiat", wenn nicht die Goldene Regel in anderer Form (außerdem gibt es Abschnitte darüber, dass der ST sagen soll "Dein Charakter würde so etwas nie machen", was in VtM nicht drin ist).

Zitat
Markante Unterschiede:
Winging it: Wenn die Spieler das Abenteuer verlassen gibt es zwei Möglichkeiten. 1. Illusionismus und 2. Pläne/Plot verwerfen bzw. abändern. (Variante 2 lässt, konsequent weitergedacht, das Spiel in einer offenen Welt zu, die eine gewisse Nähe zur Sandbox nicht verleugnen kann.)
Ebenfalls in VtM (Spieler schafft Sportlichkeits-Wurf nicht und fällt - mitsamt plotwichtigen Gegenstand ins Feuer. Die vorgestellten Optionen wären
a) dass er sich doch noch irgendwo festhält (Illusionismus)
b) dass er daen Gegenstand vor seinem Tod einem anderen Charakter zuwirft (ergebnisoffen, von Kooperation des Spielers abhängig)
c) dass die Charaktere ohne den Gegenstand weitermachen müssen, was, ohne eine zündende Idee von Spielerseite, die Geschichte wahrscheinlich mit dem kläglichen Scheitern der Gruppe enden lässt(Pläne verwerfen) oder
d) dass die Spieler auch ohne den Gegenstand eine andere Quelle finden, welche sie zum selben Ziel führt (Pläne leicht abändern)
« Letzte Änderung: 9.12.2012 | 14:09 von alexandro »

Offline D. Athair

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@ alexandro. Du hast Recht.

Ohne PV schlecht machen zu wollen... aber was ist "Storytellers Fiat", wenn nicht die Goldene Regel in anderer Form (außerdem gibt es Abschnitte darüber, dass der ST sagen soll "Dein Charakter würde so etwas nie machen", was in VtM nicht drin ist).
Stimmt. Allerdings hatte ich beim Lesen von PV immer das Gefühl, diese Aussagen seien lediglich Mittel des SL den Gruppenvertrag ("shared fantasy experience"; "we expect everyone to contribute what they are able") zu schützen oder Spielern, die ihre SC in eine ausweglose Lage gebracht haben, doch noch weitere Teilhabe am Spiel zu ermöglichen.
Dennoch: PV muss man ehrlicherweise ankreiden, dass es diese Verbindung zwischen dem mit immenser Machtfülle versehenen SL und dem mindestens genauso wichtigen Prinzip der Kooperation nicht explizit benennt.


... kann es sein, dass genau diese Verbindung im Laufe der Publikationsgeschichte von Vampire noch weiter auseinander gefallen ist, als das schon in PV der Fall war? (Nicht zuletzt auch deshalb, weil über den Metaplot die SL Position noch in anderer Weise aufgewertet wurde und, weil die Vampirkräfte die Spieler mit Macht gegenüber dem SL ausstatten, welche die Ebene des "klassischen Erzählspiels" verlassen. Ich sehe beides als Spielelemente, die von der Kooperation wegführen. PV dagegen verweist - zum einen durch die Option des Teilzeit-SL und zum anderen durch Perönlichkeitsmerkmale, die bei rechtem Ausspielen "automatisch" XP generieren - immer wieder auf das Prinzip der Kooperation.)


Dann habe ich noch einen alten xErz-Faden im A!A! gefunden, der auch auf alte Blogeinträge von Vermi verweist. K.A. ob das in dieser Diskussion irgendwie weiterhilft.
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Offline Beral

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Unterscheiden kann man auch danach, ob eine Story erlebt oder erschaffen werden soll.

Wenn die Story erlebt werden soll, ist es gut, wenn die Story samt Dramaturgie vorher schon vorbereitet ist. Das konsumiert man dann als Spieler, so ähnlich wie einen Film, und ist gleichzeitig als ein Protagonist aktiv. Erleben hautnah, mittendrin statt nur dabei. Diese Vorliebe sollte theoretisch mit dem Auftreten von Immersion positiv korrelieren. Ein starker Spielleiter bietet sich für diesen Stil sehr an.

Wenn die Story erschaffen werden soll, sollte sie natürlich nicht schon im Detail ausgearbeitet sein. Erschaffen impliziert außerdem viel mehr Handlung als es Erleben tut. Die Spieler sind demnach keine Konsumenten, sondern Produzenten der Story. Diese Vorliebe sollte theoretisch mit dem Auftreten des Flow stärker korreliert sein als mit Immersion. Für diesen Stil brauchen die Spieler viel Stärke im Sinne von Entscheidungsmacht.

Was diese Stile eint und gegenüber anderen abgrenzt, ist die hohe Gewichtung von Story.
Spielertyp: Modellbauer. "Ich habe das Rollenspiel transzendiert."

"Wir führen keinen Krieg...sind aber aufgerufen eine friedliche Lösung auch mit militärischen Mitteln durchzusetzen." Gerhard Schröder.

alexandro

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Es ist auch möglich, dass ein SL die Story erschafft, während die Spieler diese erleben. Es wird in VtM sogar explizit darauf eingegangen, dass das Erlebnis (der Spieler) um so intensiver ist, je interaktiver die Geschichte ist und das man "so viel wie nötig, so wenig wie möglich" vorbereiten sollte.

Allerdings wird auch eingeräumt, dass nicht jeder SL ein Genie beim improvisieren ist, und dass man in diesem Fall lieber etwas mehr vorbereiten sollte, statt sich zu "verzetteln" und damit das Erlebnis der Spieler komplett zu ruinieren.
« Letzte Änderung: 9.12.2012 | 15:11 von alexandro »

alexandro

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Dennoch: PV muss man ehrlicherweise ankreiden, dass es diese Verbindung zwischen dem mit immenser Machtfülle versehenen SL und dem mindestens genauso wichtigen Prinzip der Kooperation nicht explizit benennt.
PV hatte den Vorteil, dass es relativ kompakt und mit einem Buch abgeschlossen war. Insofern hatte der ST nicht mit den zahlreichen Auswüchsen des Munchkinismus zu kämpfen, welche Vampire zum Verhängnis wurden.

Dort wurde gefühlt mit jeder Edition versucht, Regellücken zu schließen (was aufgrund der bewusst offen gehaltenen Natur der Regeln natürlich nicht gut funktionierte), die Spielwelt "geschlossener" darzustellen und die Handlungsmöglichkeiten der SC zu beschränken, während gleichzeitig immer heftigere Vorteile/Dsiziplinen eingeführt wurden, damit die Munchkins auch brav die Bücher kauften (das was Ron Edwards als die "supplement treadmill" bezeichnet hat).

Da versteht man, warum sich Rein-Hagen irgendwann aus dem Business zurückgezogen hat.
« Letzte Änderung: 9.12.2012 | 15:24 von alexandro »

Offline Bad Horse

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Storytelling, wie es heute betrieben wird, hat doch nur noch sehr bedingt etwas mit VtM zu tun, oder?

Ich kann doch auch mit einem herkömmlichen System wie Pathfinder oder Warhammer Storytelling betreiben - das einzige, was dafür gegeben sein muss, ist eine Gruppe, die einen dramatischen Bogen im Spiel sehen möchte und es wichtig findet, eine coole Story zu be- bzw. erspielen.
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
The best lack all conviction, while the worst are full of passionate intensity.

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Ein Pao ist eine nachbarschaftsgroße Arztdose, die explodiert, wenn man darauf tanzt. Und: Hast du einen Kraftsnack rückwärts geraucht?

Offline D. Athair

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... ok. Lasst mich mal versuchen das Ganze zusammenzufassen.

Storytelling ist nicht eigentlich EIN Spielstil* sondern eine Sammlung von Stilen, die Fiktion und darin begründte Charakterinteraktion mit der Spielwelt in den Mittelpunkt rückt.

Das Problem, das sich schon bei PV andeutet und bei V:tM zur Blüte gelangt ist, ist, dass die Spiele, die solche Stile propagieren eine (modulare) Sammlung von unspezifischen Werkzeugen und Techniken mit auf den Weg geben, aus denen - will man funktionales Spielen erreichen - sorgfältig ausgewählt werden muss. Die Regelwerke und ihre Erweiterungen treffen bewusst keine Auswahl, verpassen aber zu erklären, DASS man eine sinnvolle Auswahl hinbekommen muss und WIE geht, wenn man z.B. sowas oder sowas umsetzten will.

Auch da habe ich nochmal nachgesehen:
Legend of the five Rings 4th benennt zumindest verschiedene Werkzeuge sehr genau. Erläutert verschiedene Aufrisse, wie Abenteuer gestaltet werden können und macht deutlich, dass eine Auswahl getroffen werden muss. Kurz: Es stellt dem SL/der Gruppe den Werkzeugkasten hin und skizziert immerhin grob, welches Teil wofür nützlich ist, bzw. sein könnte.



* Na gut. Ganz so kann man das sicher auch wieder nicht sagen. Ich glaube schon, dass V:tM (rev.) an den Spieltischen eine mehr oder weniger bestimmte Art zu Spielen hervorgebracht hat. Eine Art, die V:tM-ler meinen, wenn sie von Storytelling reden. Nur: Um da Genaueres drüber sagen zu können, bräuchte es Möglichkeiten in deren Diskurse und Spielrunden schauen zu können. K.A. ob in der Richtung Beobachtungen angestellt werden können und ob darauf basierend überhaupt Erkenntnisse formuliert werden können.






Storytelling, wie es heute betrieben wird, hat doch nur noch sehr bedingt etwas mit VtM zu tun, oder?
Gut möglich. Aber firmiert das dann auch unter dem "Trademark" Storytelling?

Ich kann doch auch mit einem herkömmlichen System wie Pathfinder oder Warhammer Storytelling betreiben [...]
Gerade WFRP 3 scheint mir durchaus ein sehr erzähl-fixiertes Rollenspiel zu sein. Aber eines, das EINEN bestimmten Weg gewählt hat, in der Fülle der Möglichkeiten.
« Letzte Änderung: 9.12.2012 | 16:49 von Athair »
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Offline Bad Horse

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Möchtest du Storytelling à la VtM eingrenzen bzw. herausfinden, was für verschiedene Möglichkeiten dieser Stil bietet? Oder interessierst du dich dafür, wohin sich der Stil in den letzten Jahren hinentwickelt hat und was ihn im Gegensatz zu anderen Stilen abgrenzt?

7th Sea hat mMn auch einen sehr storytelling-artigen Spielansatz (vermischt mit anderen Elementen, aber ich hatte das Spiel schon immer als Storytelling-Spiel eingeordnet).
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
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Offline D. Athair

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Eigentlich geht es mir darum das Pänomen "Storytelling" zu verstehen.
(Die Leute, die Storytelling zum hl. Gral des Rollenspiels erklärt haben
und die Konzepte die hinter dem Begriff stehen.)
Warum V:tM so im Mittelpunkt steht? Naja, dadurch wurde ST doch erst zum Phänomen.

Und: Um verstehen und einordnen zu können müssen natürlich andere Spiele als Referenzen herhalten,
denen es ebenfalls um "Story/Fiktion" geht.



7th Sea hat mMn auch einen sehr storytelling-artigen Spielansatz (vermischt mit anderen Elementen, aber ich hatte das Spiel schon immer als Storytelling-Spiel eingeordnet).
Das wäre auf jeden Fall interessant. Diese anderen Elemente müsste man wohl versuchen irgendwie rauszufiltern.
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Offline Roland

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Storytelling ist nicht eigentlich EIN Spielstil* sondern eine Sammlung von Stilen, die Fiktion und darin begründte Charakterinteraktion mit der Spielwelt in den Mittelpunkt rückt.

Ich würde sagen, Storytelling ist ein Schlagwort, dass auch durch Einflüsse der Storyteller-Systeme geprägt wurde, aber im allgemeinen Gebrauch kaum zu fassen ist. Passende Merkmale können ein starker Spielleiter, Dramatik als Ziel, Rule of Cool (allerdings mehr so im Subtext  ;)), der Vorrang von Gruppen-/SL-Entscheidungen vor Regeltreue u.v.m. sein.
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Offline Jiba

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7th Sea hat mMn auch einen sehr storytelling-artigen Spielansatz (vermischt mit anderen Elementen, aber ich hatte das Spiel schon immer als Storytelling-Spiel eingeordnet).

7te See ist definitiv ein Storytelling-Spiel, würde ich sagen. Interessanterweise liefert das SL-Buch hinten allerdings auch einige zaghaft untergegangene Tipps und Techniken für Player Empowerment. Von "Erzählonkeln" (dies meinen viele Leute, wenn sie Storytelling negativ verstehen wollen) ist das weit entfernt. "Engel" wäre auch noch ein deutsches Produkt, das dem Storytelling-Spiel zumindest nahesteht.

Übrigens erkenne ich auch in der Gestaltung vieler offizieller DSA-Abenteuer den Hang zum Storytelling (obwohl das Spiel mit seinen Regeln natürlich ganz woanders hinwill). Aber die dramatische Storyline mit Höhen und Tiefen spielt hier doch viel eher eine Rolle als Simulation oder gar Sandboxing – das sind in den offiziellen DSA-Modulen eher Randphänomene.

Auch finde ich es schade, dass Storytelling prinzipiell so einen schlechten Ruf hat. Klar, ich betreibe auch lieber Storygaming, aber letztendlich habe ich auch viele gute Erfahrungen mit Storytelling gemacht und würde sogar sagen, dass meine Faszination für's Rollenspiel hauptsächlich durch diesen Spielstil begründet wurde: DSA- oder Shadowrun-Abenteuer "durchzuspielen" und dabei Werte zu optimieren, waren mir damals in meiner rollenspielerischen Anfangszeit nicht genug... das war einfach nicht mitreißend. Als ich dann aber angefangen habe die Storytelling-Spiele von White Wolf zu spielen ging es plötzlich... bumms... um Geschichte, Dramatik und Figurenkonstellationen. Das hat mir den Weg zum Player Empowerment geebnet. In der Tat habe ich nur wenig wirklich miese Storytelling-Runden erlebt: Und die, die mies waren, waren mies, weil der SL auch jeden anderen Spielstil wahrscheinlich vermurkst hätte. Außerdem schließt kein Storytelling-Spiel explizit die Absprache der Spieler außerhalb des Spiels über Inhalte der Story von vornherein aus.

Dass Storytelling also ein Spielstil sei, der irgendwie unfairer oder autoritärer ist als anderes klassisches Rollenspiel, wage ich zu bezweifeln. Und jeder Sandboxer, der behauptet eine Zufallstabelle sei ja soooooooo viel unparteiischer, übersieht, das das Ergebnis einer solchen Tabelle immer interpretiert wird und zwar im Zweifelsfall vom SL. Ich will wirklich kein Spielerkleinhalten unterstützen, aber man sollte sich, wie alexandro richtig sagt, auf jeden Fall vor Augen führen, dass es wohl keinen Spielstil gibt, der sich von willkürlichen Entscheidungen (gerne auch zugunsten der Dramaturgie) freisprechen kann.
Engel – ein neues Kapitel enthüllt sich.

“Es ist wichtig zu beachten, dass es viele verschiedene Arten von Rollenspielern gibt, die unterschiedliche Vorlieben und Perspektiven haben. Es ist wichtig, dass alle Spieler respektvoll miteinander umgehen und dass keine Gruppe von Spielern das Recht hat, andere auszuschließen oder ihnen vorzuschreiben, wie sie spielen sollen.“ – Hofrat Settembrini

Offline Naldantis

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Genau, und ob er sie nutzt hängt von seinem präferierten Spielstil bzw. seiner Spaßquelle ab.
Und wenn diese(r) die Realisierung eines bestimmten, "optimierten" Geschichts/Handlungsverlauf vorsieht, dann ist der Griff in die Giftkiste eben naheliegend bis zwingend.

...oder er sieht sich als Dienstleister in DIESER Kampagne, bietet das an was ihm als (mittlerer) Wunsch der Spieler präsentiert wird, und baut für sein Vergnügen in den Nischen und Grauzonen etwas nach seinem Geschmack sein.

Zitat
Daher versuchen Storyspiele solche Ungleichgewichte nach Möglichkeit zu minimieren, damit alle ihre gleichwertige Chance bekommen ihre Vorstellungen einbringen zu können, auch wenn dann nicht jeder einzelne exakt sein Ideal realisieren kann und bunter Mischmasch bei rauskommen könnte.

Was natürlich schon wegen der oft sehr unterschiedlichen Charakterstruktur der Spieler begrenzte Aussicht auf Erfolg hat, und im schlimmsten Falle mit je nach akuten Erzählrechten wild zwischen Comedy und Tragik, Moschen und Intrigen hin- und herspringen endet.

Sprich: diese Strathegie mach es im Endeffekt auch nicht allgemein leichter.

Offline Jiba

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Was natürlich schon wegen der oft sehr unterschiedlichen Charakterstruktur der Spieler begrenzte Aussicht auf Erfolg hat, und im schlimmsten Falle mit je nach akuten Erzählrechten wild zwischen Comedy und Tragik, Moschen und Intrigen hin- und herspringen endet.

Spekulation.
Engel – ein neues Kapitel enthüllt sich.

“Es ist wichtig zu beachten, dass es viele verschiedene Arten von Rollenspielern gibt, die unterschiedliche Vorlieben und Perspektiven haben. Es ist wichtig, dass alle Spieler respektvoll miteinander umgehen und dass keine Gruppe von Spielern das Recht hat, andere auszuschließen oder ihnen vorzuschreiben, wie sie spielen sollen.“ – Hofrat Settembrini

Online Teylen

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Könnt ihr euch den Merkmalen, die ich gesammelt habe, anschließen?
Ein Versuch meinerseits (vorallem geprägt durch V:tM) dem Storyteller-System Merkmale zuzuordnen
  • Der Fokus liegt auf den Spieler-Charakteren die als Handlungszentrum betrachtet werden.
  • Der Spieler agiert innerhalb des Spiels durch den Charakter, Meta-Ressourcen sind an den Charakter gebunden.
  • Der Crunch wird in der Regel dazu genutzt die Charaktere weiter auszugestalten.
  • Die Hintergründe des Charakter wird detailliert und es wird versucht die Hintergründe einzubinden
  • Der Spielleiter (Storyteller) hat die Rolle eines Unterhalter. Das heißt er ist im Grunde Dienstleistungs-SL
  • Der Spielleiter (Storyteller) steuert die Welt sowie ggf. die Handlungsausgänge, die Spieler bestimmen Handlungen [ihrer Charaktere]
  • Die Regeln kommen dann zur Anwendung wenn die Gruppe sie anwenden möchte.
    Das heißt die Regeln dienen dazu zu entscheiden wie ein Konflikt ausgeht, und nicht / weniger der Weltsimulation
  • Die Regeln sind relativ offen gegenüber Änderungen, auch sehr spontanen
  • Die Regeln werden hinter den Charakteren, der Geschichte und den Spielern hinten angestellt
  • Die Stimmung sollte durch eine explizite oder implizite Absprache hinsichtlich des gewünschten Hintergrund entstehen und resultiert letztlich auf den Spielerhandlungen sowie den Entscheidungen des SL

Zitat
Wo agieren nun Storygames oder ältere Erzählspiele grundlegend anders?
Meiner persönlichen Meinung beziehungsweise Beobachtung nach vorallem dadurch das die Spieler weniger auf der Character Stance agieren.
Das heißt das die Spieler das Spiel auf der "Meta"-Ebene beeinflussen.
Meine Blogs:
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Offline 1of3

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Zitat
Die Hintergründe des Charakter wird detailliert und es wird versucht die Hintergründe einzubinden

Sehr guter Punkt. Bei Storygames dagegen ist Charakterhintergrund anders herum häufig nur so weit existent, wie er auch eingebunden wird, und wird häufig on the fly entwickelt.

Offline Bad Horse

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Ich vermute auch, dass sich Storytelling besser für Kampagnen eignet, wo die Charaktere sich in allen ihren Eigenheiten entfalten können, als Storygames, die relativ stringent auf die Issues der Charaktere losgehen und versuchen, diese in einem dramatischen Bogen aufzulösen.

Das ist nicht absolut zu sehen - es gibt sicher Storygames, die man als Kampagnen spielen kann; aber ich denke, Storytelling eignet sich dafür besser. (Wobei ich mit "Kampagne" schon eine längere Abenteuerserie meine und nicht nur fünf oder sechs Sitzungen. ;) ).
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
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Das ist nicht absolut zu sehen - es gibt sicher Storygames, die man als Kampagnen spielen kann; aber ich denke, Storytelling eignet sich dafür besser. (Wobei ich mit "Kampagne" schon eine längere Abenteuerserie meine und nicht nur fünf oder sechs Sitzungen. ;) ).

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Ich sag ja: Nicht absolut zu sehen. Außerdem kenn ich Burning Wheel gar nicht, aber du hast insofern recht, dass TSoY ja auch für Kampagnen geeignet zu sein scheint.
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
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