Nun kann man meines Erachtens durchaus festhalten das V:tM das Thema nicht verflacht, banalisiert, verwässert oder vereinfacht hat.
Ich sag nur ein Wort: Fischmalk!
Ansonsten Relativierung: Natürlich ist es richtig, dass es schon vor V:tM jede Menge Ironisierung und Banalisierung des Vampirmythos gab. Im einzelnen kann man sich streiten, wo das angefangen hat, und ob Vampire überhaupt zu etwas anderem taugen. Selbst wenn Stokers Dracula vielleicht mehr Schauerliteratur oder früher Horror war als Liebeskomödie, wird es bei Carmilla schon wieder etwas fraglich.
Der Punkt ist einfach, was der Begriff "Vampir"
beim Einzelnen unmittelbar für Konnotationen auslöst - und das ist
bei mir nunmal V:tM, Twillight, Anne Rice & ähnliche Vampirschnulzen, Tanz der Vampire etc. Wenn ich länger darüber nachdenken würde, käme auch sowas wie Sonja Blue heraus, was trotz vampirischer Hauptprotagonistin einigermaßen in meine Lesevorlieben passt, aber das ist (zumindest heute) nicht mehr das, was
man ich, aber auch andere Leute mit Vampiren verbinden. Nancy Collins hat nach eigenen Angaben von Verlagen jede Menge Absagen für eine Fortsetzung der Serie bekommen, weil Sonja Blue eben nicht in das Vampirprogramm der Verlage passt.
Leider liest sich MRHs Zombie-Entwurf
für mich (YMMV!) wie ein neuer Aufguss von V:tM. Nun sehe ich in Zombies auch nicht das Potential für Protagonisten eines Rollenspiels, und ich sehe auch den Unterschied zwischen den Funktionen von Zombies und (klassischen) Vampiren in der Horrorliteratur (und dadurch bedingt im Rollenspiel). Zombies sind eine Art von übernatürlicher Naturkatastrophe, der Zombiehorror liegt darin, was die Menschen angesichts der Katastrophe tun (und dass sie die Katastrophe evtl. selbst ausgelöst haben). Zombies glänzen durch Masse, nicht Individualität. Zombie-Horror ist Survival-Horror und deckt sich an vielen Stellen mit Endzeitfilmen. Der Vampir ist/war klassisch eher eine Art Aristokrat unter den Horrorviechern. Vielleicht ist es Wunschdenken, aber ich glaube, Vampire hatten früher einmal tatsächlich etwas Unheimliches, auch im Rollenspiel.
Wenn ich mir jetzt ausmale, dass MRH ein Spiel popularisiert, in dem man einen Meisterzombie spielt, der einer politisch intrigierenden Zombiemeisterfamile angehört und Menschlichkeit verliert, wenn er seinen Zombie-Virus in Umlauf bringt, und jede Nacht mit Hunger auf 500 g Menschenfleisch (und vielleicht etwas Gehirnflüssigkeit?) aufwacht, dann sehe ich schwarz für Zombiehorror. Aber das wird sich wohl ohnehin nicht durchsetzen.