Die Definition von Rollenspiel und Spiel, die 1of3 hier verwendet, ist freilich sehr stark verengt. Ich mag das nicht von der Anwesenheit einer Gewinnbedingung abhängig machen, gerade weil Rollenspiel ja in der Regel kein Nullsummenspiel ist wie das angeführte Beispiel Volleyball, sprich: im Volleyball kann nur einer gewinnen. Das kann auch auf Rollenspiele zutreffen, muß aber nicht.
Auf viele Rollenspiele trifft hingegen ganz offensichtlich dieses zu: Sie sind nicht vollständig kodifiziert. D.h., es fehlt einfach ein wichtiger Teil des Systems, der nicht im Regelwerk steht und den der traditionelle SL bzw. die ganze Gruppe hinzufügen muß, damit es funktioniert. Es fehlt sehr oft der Teil, der erklärt,
wie man dieses Spiel eigentlich spielt, und dazu gehört oft genug auch das Ziel, das im Spiel anzustreben ist, wenn es funktionieren soll.
Das ist manchmal intuitiv: Goldstücke raffen kapiert jeder. Manchmal steht es auch explizit im Text: Ritter sammeln möglichst viele Glory-Punkte. Manchmal steht da aber auch nichts, und die Gruppe folgt dann ihren ungeschriebenen Erwartungen und Erfahrungswerten: Rausfinden, was das Geheimnis im Abenteuer des SLs ist; den Fiesling in der Fiktion zur Strecke bringen; oder einfach nur überleben.
Viele gut konstruierte Systeme verwenden einen (oder mehrere!) interne Zyklen, die als Rückkopplungsmechanismus fungieren. Erfahrungspunkte oder Goldstücke sind klassische Beispiele. Wer coole Scheiße macht, kriegt dafür EP oder Kohle, kann damit sein Männchen dicker machen und mehr coole Scheiße machen, für die er wieder EP oder Kohle kriegt, und so weiter.
Diese Währungssysteme funktionieren auf zweierlei Art.
(a) Sie sollen ganz einfach die leckere Karrotte sein. Spieler macht was und wird dafür belohnt? Dann macht er das sicher öfter, wenn ihm die Belohnung gefällt. Daher der Powergamer-Gedanke von 1of3. Das finden allerdings manche Spieler etwas … herabsetzend. „Bin doch kein Hund, der Männchen macht!“
(b) Hier kommt der andere Punkt ins Spiel: Diese Währungszyklen sollen als Mittel der Kommunikation dienen. Der Spieleautor teilt dem Spieler dadurch mit,
wie das Spiel gespielt werden soll. Die Belohung sind also eigentlich nicht 5 AP oder 10 Dukaten, sondern
das intensivierte Spiel, das sie ermöglichen. Dadurch, daß man das Währungssystem in Gang setzt, wird das Spiel besser – das ist die eigentliche lockende Möhre. Das Belohnungssystem zeigt, wo’s lang geht.
So jedenfalls der Grundgedanke. Im abgespaltenen
Powergaming-Thread wird das gerade in einige Richtungen durchdiskutiert. Alles, was ich hier gerade nochmal erzählt habe, ist ja nicht neu.
So weit ist das alles auch am Thema etwas vorbei. Der Punkt ist halt der – für ein gutes Spiel müssen die ganzen Komponenten eines Spiels so verknüpft werden, daß am Schluß die Maschine brummt. Würfelwürfe, Belohnungen, Rückkopplungsmechanismen, Konfliktlösungssysteme, Hintergrund, fiktives Geschehen etc etc, das muß alles so ineinander geklinkt werden, daß es technisch läuft und für die Spieler am Tisch ein befriedigendes Spiel ist. Die verschiedenen Möglichkeiten sind nahezu unendlich.
Damit die Maschine brummt, muß sie aber auch in Gang kommen und laufen. Eine Möglichkeit, sie anzukurbeln und am Laufen zu halten, sind Zufallsproben – in der Regel Würfelwürfe. Angesichts der vielen verschiedenen Maschinen kann es nicht nur eine wahre Methode geben, wann gewürfelt wird. Wer würfelt und wer nicht, und wann, ist wichtig, weil durch Würfeln die Maschine in Gang gesetzt wird. Am Tisch wird gewürfelt, in der daran gekoppelten Fiktion tut sich etwas, die technischen Teile bewirken etwas. Das alles muß zusammenspielen.
Wie genau das zusammenspielt, und was wodurch ausgelöst wird und womit zusammenhängt, das ist die Kunst des Spieldesigners. Und ein nicht unwichtiger Teil des Designs ist halt auch die Handhabung von Zufallsproben.
Für viele Leute ist das ein alter Hut, aber ich denk mich da seit einiger Zeit neu durch. Entschuldigt bitte, wenn ich hier dauernd mit ollen Kamellen ankomme und Romane verfasse.