Gerade wird in drei Threads unter anderem aktiv um das Thema „regelgetriebene und fiktionsgetriebene Rollenspiele” diskutiert:
http://tanelorn.net/index.php/topic,84980.0.htmlhttp://tanelorn.net/index.php/topic,84982.0.htmlhttp://tanelorn.net/index.php/topic,85002.0.htmlÄhnliche Diskussionen laufen z.B. auch hier:
http://story-games.com/forums/discussion/18579/color-first-/p1oder, etwas um die Ecke, hier:
https://plus.google.com/118131565520525592332/posts/LJ5CBGfvTVTDa scheint mir ein eigener Thread am Platz. Ich lege zuerst kurz meine Sicht der Dinge dar.
Rollenspiele sind für mich per Definition eine Verbindung von fiktiver Welt, Regeln und fiktiven Charakteren als gedankliche Extension mindestens zweier Spieler. (Computerrollenspiele möchte ich ausgrenzen) Zufallselemente sind stark verbreitet, geht aber auch ohne, solange die Regeln nur eine Möglichkeit zur Konfliktabhandlung vorsehen.
Rollenspiele vereinen also Fiktion und Regeln. Das kann in unterschiedlicher Weise geschehen, unterscheidet sie aber von purem Geschichtenerzählen einerseits (würfellose Rollenspiele sind immer noch Rollenspiele; sie haben ein System) und puren fiktionslosen Spielen andererseits (Dame z.B. hat keine fiktiven Elemente, Schach noch rudimentäre Reste in den Namen und der Gestaltung der Spielfiguren.)
Schematisch:
+fiktionsgetrieben +/−fiktionsgetrieben −fiktionsgetrieben
−regelgetrieben +/−regelgetrieben +regelgetrieben
<———————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————>
Interaktives | | Schach,
Geschichten- | ^—————————————————— Rollenspiele ——————————————————^ |
erzählen | |
| ^—————trad. RPGs————^ ^——————————Brettspiele—————————^
Die senkrechten Striche markieren die Punke, ab denen jeweils keine fiktionalen bzw. regeltechnischen Elemente mehr vorhanden sind. Die Klammern für Rollenspiele, traditionelle Rollenspiele (trad. RPGs) und Brettspiele geben schematisch den Bereich an, in dem diese Spiele sich meiner Ansicht nach meist bewegen. Brettspiele können also auch fiktive Elemente enthalten, sind aber prinzipiell regelgetrieben.
Traditionelle Rollenspiele sind in der Regel fiktionsgetrieben (das Regelwerk kann dabei beliebig kompliziert sein, solange es als „Weltsimulation“ agiert).
Der Grund dafür ist mein, daß regelgetriebenes Rollenspiel für viele Spieler die angestrebte Immersion zu sprengen scheint, da die Glaubwürdigkeit der fiktiven Welt für sie durch die konstant durch die Regeln erzwungene Deformation (Anpassung, Veränderung und Erschaffung) derselben leidet („wieso kann ich das jetzt nicht machen? Das ist aber net realistisch.“). Außerdem wird die Interaktion auf eine nicht-intuitive, sehr abstrakte Ebene gehoben. Kurz: Es werden Regeln explizit aufgerufen, die Fiktion wird hinterher angepaßt („colour last“). Die Interaktion erfolgt also mit den Regeln, nicht mit der Fiktion; da diese einen entscheidenden Teil des Rollenspiels ausmacht, ist für die meisten dieser Ansatz nicht befriedigend („das ist doch kein Rollenspiel, das ist ein Brettspiel“).
Fiktionsgetriebenes Rollenspiel muß, denke ich, keinem hier erklärt werden.
Meine Behauptung: Ein Rollenspiel kann sowohl regelgetrieben als auch fiktionsgetrieben zugleich sein. Es ist ein Spektrum. Es können sogar verschiedene Untersysteme in einem Rollenspiel eher regelgetrieben sein, während andere Teile eher fiktionsgetrieben sind (klassisch: Kampfsystem als taktisches Unterspiel, evtl mit Hexfeldern oder sonstwas, alles andere wird vorrangig in der Fiktion ausgehandelt). Nicht zuletzt können verschiedene Spieler in der selben Runde einen anderen Ansatz anstreben; das kann je nach System gut gehen oder zu Tränen führen.
In der Post-Forge-Ära ist inzwischen, scheint mir, auch bei nicht-traditionellen Spielen wieder eine Rückbewegung zum stärker fiktionsgetriebenen Ansatz zu beobachten; „colour first“ war bei vielen von der Forge geprägten Spielen nicht direkt der vorwiegende Gedanke. (Ich setze hier
colour first weitgehend mit
fiktionsgetrieben gleich. Widersprüche sind willkommen.)
Soweit meine Sicht als Diskussionsgrundlage. (Ich persönlich bevorzuge einen kräftigen Anteil Regeltrieb in meinen Spielen. Die meisten werden fiktionsgetrieben bevorzugen. Jemanden, der stark regelgetriebene Rollenspiele bevorzugt, kenne ich persönlich nicht – wer über sowas berichten kann, würde sicher die Diskussion bereichern.)
Ich bitte um Meinungen.
Bitte haltet euch halbwegs ans Thema; keine persönlichen Duelle, keine Realismus-Diskussion über das notwendige Maß hinaus. Vernichtende Kritiken am vorgeschlagenen Modell gerne, aber bitte konstruktiv.