Vorausschickend: Wir spielen hart, aber nicht unsinnig. Ein Spielleiter tötet nicht, er moderiert Ableben. Wenn in unserer Gruppe für einen SC die Würfel fallen, dann fallen sie und es ist vorbei, keine Absprachen, keine Rückfragen. Wir spielen Low-Power-High-Epic Fantasy ohne Raise Dead. Andererseits kommt kein Charakter bei Trivialitäten um, da wir darauf nicht würfeln.
Der FreiheitskämpferDie Aufgabe der Gruppe war es, das große Orkthing mit einem Dutzend Stämme zu beschleichen, um das Hauptopfer, einen besonders heiligen Elfen, zu retten. Unterwegs stießen sie auf die Höhlen mit den anderen vorgesehenen Opfern, ausgehungerte, abgemagerte Zivilisten. Das war noch so weit weg vom Ziel, daß eine Massenbefreiung die Chancen der Mission zerstört hätten (nach Auffassung der Gruppe, meiner auch).
Der Freiheitskämpfer blieb trotzdem zurück und mischte sich unter die Opfer, um sie zu befreien, er konnte nicht anders, würde aber erst auf magischen Kontakt hin losschlagen lassen. Es kam im Finish dann an beiden Stellen der gegnerischen Festung zu Szenen, die in ihrer Tragik, Dramatik und Spannung einzigartig waren und die
nahtlos ineinandergriffen, alsi sich die verzweifelten Gefangenen mit bloßen Händen auf ihre Bewacher warfen und dem Stoßtrupp den Weg freiräumten, weil unser Freiheitskämpfer sie davon überzeugt hatte, sowieso tot zu sein, aber dann wenigstens mit Würde und Sinn. Er selbst starb an der Spitze der Verzweifelten.
Effekt: Durchweg positiv. Eine gerne erinnerte Begebenheit, die auch als Trost an hoffnungslosen Passagen der Kampagne diente ("Dort waren wir vier gegen Vierzigtausend. Wir packen auch das."). Als in einer Entscheidungsschlacht um die Heimatstadt der SC die edlen Ritter eines Fürsten zu Hilfe kamen (auch das alles
nicht vorgeplottet, sondern mittels eines Massenkampfsystems und eines Strategie-TT, das im Hintergrund "läuft" ermitttelt), donnerten sie den letzten Schlachtruf des Gefallenen ("Für die Freiheit und den Norden") dem unausweichlichen Tod ins Gesicht, das war Gänsehaut pur.
Der Paladin (selber Spieler)Der Paladin starb in einem gegen ihn getürkten Ehrenkampf um das Leben eines Freundes, schleppte sich noch zum Geweihten der Gruppe um Heilung zu erlangen, dieser aber hatte aus persönlichen Gründen den Draht zu seinem Gott verloren. Er hielt den Sterbenden im Arm und weinte, während das Blut in den Sand rann. Sehr dramatisch, sehr brutale Vergeltung durch die Gruppe im Anschluß.
Effekt: Spontan hat die Gruppe beschlossen, die sich erst abzeichnende Wir-retten-die-Welt-Queste abzubrechen um den Leichnam dem Vater zu bringen. Was sehr gut war, da lange angelegte Hintergrundelemente dort schließlich einem weiteren Charakter seine Herkunft enträtselten. Die komplette Beerdigung war auch ausgesprochen würdevoll und gefühlig. Negativ war, daß der Gruppe für ein halbes Dutzend Sessions jeglicher moralische Kompaß abhanden gekommen war. Außerdem verlor der Spieler danach in rascher Folge zwei weitere Charaktere.
Die (Beinahe)-DrachentöterinEin Teil der Queste führte durch die Elfenwelt, die unter dem eisigen Hauch des Urdachens verdorrte und von den Elfen schon lange aufgegeben ward. Die Heldin schnappte Bruchstücke und geistige Impressionen eines mächtigen, aber toten Elfen auf, fand Teile seiner Ausrüstung und stellte sich am Schluß
alleine dem Urdrachen entgegen ("Lauft! LAUFT! Er ist zu stark für euch!"), während die Gruppe in die alte Schule der Hüter floh, um in ihre Welt zurückzukehren.
Was folgte, war ein epischer Kampf, an dessen Ausgang leider
nie ein Zweifel bestand, denn Drachen sind die mächtigsten Wesen der Welt (ist der Gruppe seit langem bekannt). Um es in D%D 3.5-Analogie zu beschreiben: Ranger 10th (Allerdings mit Gear ordentlich hochgepimpt) gegen Fighter/Mage 35/25 (so ungefähr) in Drachengestalt. Da der Drachen aber die ersten beiden Runden sehr hochnäsig agierte, konnte die Waldläuferin ordentlich was reinhauen und sich gut positionieren, was zu einem verlängerten, harten Zweikampf führte, der der Gruppe die Flucht erlaubte. Es war ein äußerst zufriedenstellendes Ende für den Charakter, weil er zeigen konnte, was er draufhatte (bis dato war er eher unauffällig gewesen) und für die Gruppe ein Ansporn
Die IdiotenUnd dann kanns auch schief gehen. Die Orks marschieren an, Zehntausende stark, im Zentrum ihr Totem, das den Schamanen erlaubt, Disziplin aufrechtzuerhalten, da Orks doch wilde und taktisch eher unversierte Kämpfer sind. Hier zeigte sich ein Hybris-Knacks der Veteranen-SC aus Beispiel 1. Da sie nie kapiert hatten, wieviel (echtes) Glück sie gehabt hatten, hatte sich bei ihnen langsam dieses Eins-zu-einer-Million-Denken herauskristallisiert, das Terry Pratchett in
Guards so schön persifliert. So lautete der Plan: Wenn die endlosen Kolonnen durch die Schlucht ziehen, greifen wir das Totem an und zerstören es.
TPK befürchtend versuchte ich die ganze Session über sie mit Sidequests aufzuhalten. Da sie hochrangige NSC aus dem Planungsprozeß fernhielten, konnte ich keine qualifizierten In-Game-Kommentare abgeben, die abgeraten hätten. Irgendwann war es soweit. Natürlich endete es in einem Desaster, wenn auch das Totem zerstört wurde. Die Überlebenden des Debakels wurden geschnappt und gepfählt. Es war ruchlos und brutal. Der einzige Trost war, daß mehr als die Hälfte dieses TPK (4 von 6) aus der zweiten Garnitur bestand und die Kampagne nicht total entgleiste (1 toter SC ist immer mal wieder zu verkraften, aber alle?)
Effekt: Negativ. Wütende Diskussionen untereinander, ein Spieler von sechsen hat sich aus dem Spiel verabschiedet, Vorwürfe an die Spielleitung, es habe keine Warnungen gegeben, Probleme neue Charaktere zu integrieren, und In-Game die Auswirkung, daß der Krieg verloren schien. Als die Wogen sich glätteten (außer bei besagtem Einen) wurde zugegeben, daß ich nur durch rüde Willkür das hätte aufhalten können und In-Game konnte das Ruder in der Entscheidungsschlacht noch herumgerissen werden. Trotzdem insgesamt sehr negativ, wenn auch eine Rettungsaktion meinerseits als deutlich schlimmer empfunden worden wäre.
Zusammenfassend
- Ungeplanter, fairer Tod ist Teil des Geschäfts und sorgt für Spannung während der Situationen und danach für tolle Erinnerungen, die langfristig motivieren und begeistern. Bereicherung, ohne Frage.
- Unter besagten fairen Bedingungen kann allerdings nicht jeder Tod so heroisch sein wie oben beschriebenen, manchmal ist es auch einfach ein eigentlich ausgeglichener, gewinnbarer Kampf, der sehr schlecht läuft. Schade, aber kein Beinbruch, da die Spieler zumindest wissen, daß dies der Preis für wirklich epische Spielmöglichkeiten ist.
- SC bei einer dichten, lang laufenden Kampagne zu ersetzen is a major pain in the ass.
- TPK ist immer Scheiße, In-Game wie Out-Game. Sollte sich so etwas noch einmal abzeichnen, werde ich auch auf Metaebene zumindest einen Hinweis geben.