Es gab gerade im Thread "Saldor Foslarin ist tot" einige Punkte, die offensichtlich nicht von allen Beteiligten einschließlich mir verstanden wurden. Deshalb hier eine kurze Erläuterung der beiden zentralen Punkte:
Der verlinkte Thread hat mich ein bisschen desillusioniert. Ich war bislang davon ausgegangen, dass die beinharten Railroader sich der negativen Effekte bewusster sind als das offensichtlich der Fall ist. Da weichen die Spieler mal ein bisschen von den Schienen ab und schon heißt es, dass die Spieler "die 7G versaut" haben. Das ist schon ziemlicher Irrsinn.
Ich mache aktiv im Tanelorn mit, verfolge andere Foren jedoch nur am Rande. Bislang war ich davon ausgegangen, dass sich die mehr als vielfältigen Diskussionen über Railroading, die Vor- und Nachteile freien Spiels oder auch die Unterscheidung zwischen Taktik- versus Erzählspiel hinreichend multipliziert hätten.
Also zumindest hier im Tanelorn ist es ja vollkommen offensichtlich common sense, dass Railroading/Partiziationismus keineswegs der Königsweg des Rollenspiels ist, sondern im Gegenteil ein äußerst schwierig zu handhabendes Instrument mit klaren, negativen Sekundäreffekten darstellt. Einige SL verzichten deshalb komplett darauf,
Boba verstehe ich beispielsweise so, ich verfolge da wie von Boba zitiert einen anderen Ansatz, den ich "pragmatischer" nennen würde. Da gibts halt ein recht breites Meinungsspektrum. Fair enough.
Aber: eigentlich hatte ich vermutet, dass sich die allermeisten, forenaktiven Rollenspieler so weit mit dem Thema auseinandergesetzt hätten, um sich zumindest ausreichend Informationen angeeignet zu haben, die die Bildung einer hinreichend fundierten Eigenmeinung zu dieser Frage ermöglichen. Dass das nicht der Fall ist, überrascht mich. Echt.
So siehst Du das. Offensichtlich verstehen diese Typen im DSA-Forum etwas vollkommen anderes unter einem gelungenen Rollenspielabend. Es geht da nach meinem Eindruck weniger um das Agieren und Vorantreiben von Handlung, sondern um möglichst korrekte, also metaplotgetreue Abbildung der Spielwelt mit allen Konsequenzen. Das war mir bislang noch nie so richtig klar und rückt auch Railroading als Methode in ein anderes Licht. Immer dann nämlich, wenn Entscheidungsfreiheit zu ungewollten Abweichungen vom Kanon führen könnte, wird halt durch eine Beschränkung der Freiheitsgrade nachgesteuert. Das muss ich mir noch mal durch den Kopf gehen lassen.
Daran finde ich so erstaunlich, dass Railroading eben nicht als dramaturgisches Element verwendet wird. Das wäre für mich nämlich als SL der Grund, um mit der gebotenen Behutsamkeit zu dieser doch sehr harten Technik zu greifen.
Nun ist es im Falle von Saldor Foslarins Tod und den sich daraus ergebenen Konsequenzen für die G7 aber ja nicht so, dass diesbezüglich SL-Eingriffe in Form von Railroading irgendwelche dramaturgischen Vorteile im weiteren Verlauf der Kampagne nach sich ziehen würden. Foslarin taucht kaum noch bzw. gemäß Erik gar nicht mehr auf und die diplomatischen Verwicklungen könnte ein auch nur einigermaßen fitter SL doch extrem leicht im Sinne von schönen Rollenspielszenen nutzen oder zumindest so herunterspielen, dass die Kampagne im gedachten Sinne weiterhin spielbar bleibt.
Wenn nun aber der Tod einer Nebenfigur wie Foslarin schon als so schlimm empfunden wird, dass nach Ansicht dieser Leute massivst korrektiv eingegriffen werden muss (ein Reset ist schon extrem krass), dann finde ich das echt seltsam. Es geht da ja nicht um einen Eingriff aus dramaturgischen Gründen. Der NSC taucht schließlich gar nicht mehr auf und die Konsequenzen sind vernachlässigbar.
Vielmehr scheut man nach meiner Wahrnehmung den Bruch mit der Spielwelt sogar bereits in einem so winzigen Detail, obwohl es gemessen am Stand der G7 mindestens die nächsten 30 Sitzungen vollkommen irrelevant sein wird. Im Anschluss an die G7 müsste man sich schon große Mühe geben, zwanghaft ein Abenteuer zu finden, in dem Foslarin eine zentrale Rolle spielt und nicht ersetzt werden kann. Nur dann wäre sein Fehlen überhaupt problematisch.
Meine aktuelle Interpretation dieses erstaunlichen Phänomens lautet, dass es den Leuten bei vielen Entscheidungen wohl vor allem darum geht, eine Konsistenz mit Spielwelt und Plot nicht nur im aktuellen Abenteuer, sondern darüber hinaus mit allen möglichen, zukünftigen Publikationen bzw. Entwicklungen der Spielwelt beizubehalten. Das Railroading wird damit also eingesetzt, um die Kompatibilität mit Folgeprodukten sicherzustellen. Puh, das ist schon eine krasse Nummer.