Autor Thema: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen  (Gelesen 11712 mal)

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Offline Gummibär

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Thema ist folgendes Zitat (später noch zweites Zitat hinzugefügt):
Die Diskussionen werden nie aufhören, aber ich fände es entspannend, wenn man genauer anschaut, warum, auf welcher Motivationsgrundlage, welche Art von Spieler "Realismus" wollen und wie er bereits versucht wurde, im Hobby umzusetzen.
Das wurde nochmal präzisiert:
Mir geht es dabei nicht um das Mindestmaß, das für einen gemeinsamen Vorstellungsraum unumgänglich zu sein scheint, sondern um die Frage: Welche Spieler(typen) suchen aktiv nach möglichst realistischen Regeln auch jenseits unmittelbarer Charaktervorteile, in welchen Bereichen sollen diese Regeln "realistisch" sein (ich habe z.B. noch nie erlebt, dass soziologische Theorien über die Glaubwürdigkeit von Fantasy- oder Sci-Fi-Kulturen diskutiert wurden), welchen Detailgrad wünschen sie und was versprechen diese Spieler sich davon?



Ich fange nun an mit einer ersten Antwort zu diesem Thema:

Wenn ich in eine fremde Welt eintauchen will und ich erlebe dort, wie zwei Autos ineinandercrashen und daraufhin explodieren, dann entsteht für mich ein Glaubwürdigkeitsproblem, da ich das, was mir präsentiert wird, als unrealistisch empfinde. (Ja, das stört mich auch bei Actionfilmen. Ich habe einen Mangel an Fähigkeit, an Action als Genre Spaß zu empfinden. Ich wende meinen Realismus-Anspruch darauf an und denke mir, dass mir da ziemlich schlechte Realismus-Qualität präsentiert wird. Ich blende meinen Realismus-Anspruch dort nicht aus.)
Stichwörter sind hier Immersion und SIM.

Realismus kann auch Tacticians helfen. Eine realistische Welt ist leichter verständlich, da man weniger Abweichungen zur bekannten Realität berücksichtigen muss. Die Fantasie ist geübter darin, Situationen der Realität zu beurteilen. Und man kann taktische Kenntnisse aus der realen Welt direkt ins Spiel übertragen.
Vergleiche dieser Thread.
« Letzte Änderung: 17.11.2012 | 04:35 von Gummibär »
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Offline Turning Wheel

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Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #1 am: 16.11.2012 | 00:29 »
Ich will aus dem Rollenspiel etwas für die Realität mitnehmen.

Ich weiß nicht, ob das unbedingt auf einen bestimmte Art von Spieler (nach Laws) bezogen sein muss. Ich glaube nicht.

Offline Blutschrei

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Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #2 am: 16.11.2012 | 00:53 »
Also ich wil ein gewisses Maß an Realismus, da ich die Folgen meines Handelns einschätzen können möchte.
Wenn sich die Folgen meines Handelns null mit meiner Erwartung decken, ist meine Entscheidung im Bezug auf das Erreichen meiner Ziele irrelevant gewesen.

Beispiel:
Ich möchte einen Unfall des Geschäftswagens meines Konkurrenten vortäuschen.

Ich schnapp mir den Wagen, und möchte ihn an eine Hauswand fahren. Das Kennzeichen und Auto sollen erkennbar bleiben, Motorhaube und Mechanik sollte größtenteils zerstört sein, damit niemand die Karre vor Morgengrauen beseitigen kann.

Ich fahre also langsam auf die Wand zu, in der Erwartung, dass ich gleich HAuswand und/oder Motorhaube ordentlich zerschrubben würde.

Stattdessen beschreibt mein SL plötzlich, wie das Auto explodiert, schließlich spielt man ja "cineastisch" /rolleyes.
Mein gesamtes Vorhaben wurde also zunichte gemacht, weil mein SL sich denkt "scheiß auf die realistischen Erwartungen meiner Spieler".
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Offline rettet den wald

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Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #3 am: 16.11.2012 | 03:52 »
Persönliche Meinung von mir: Ein Setting sollte in sich schlüssig sein... Und da die meisten mir bekannten Settings das Prinzip haben "Ist im Prinzip wie die Realität, außer bei den extra erwähnten Ausnahmen", ist es wichtig zu wissen, wie etwas in "Realität" funktioniert. Wenn ich ein Fantasy-Setting spiele, das dieses Prinzip verfolgt, und der SL legt irgendwas fest, was ich als "unrealistisch" empfinde, und es ist keine der vom Setting explizit erwähnten Abweichungen von der Realität, dann ist das Setting nicht mehr in sich schlüssig. Das ist für mich die Bedeutung von "Realismus" im Rollenspiel.

...Wenn ich auf der anderen Seite von vornherein weiß, dass ein Setting nicht auf diesem Prinzip basiert, dann bleibt das Setting auch bei "unrealistischen" Ereignissen noch in sich schlüssig. Wenn ich Streetfighter oder ähnliches spiele, habe ich kein Problem mit explodierenden Autos oder Leuten, die nach einer Salve aus dem Sturmgewehr immer noch stehen und dir daraufhin einen Feuerball nachschmeißen. Das Setting ist trotzdem in sich schlüssig.
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Offline Drudenfusz

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Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #4 am: 16.11.2012 | 08:52 »
Ich fahre also langsam auf die Wand zu, in der Erwartung, dass ich gleich HAuswand und/oder Motorhaube ordentlich zerschrubben würde.

Stattdessen beschreibt mein SL plötzlich, wie das Auto explodiert, schließlich spielt man ja "cineastisch" /rolleyes.
Mein gesamtes Vorhaben wurde also zunichte gemacht, weil mein SL sich denkt "scheiß auf die realistischen Erwartungen meiner Spieler".
Deswegen sollte man sich als Spielgrupe vielleicht mal darüber unterhalten was man von dem Setting erwartet und nicht einfach drauf bauen das Realismus gemacht wird. Die Leute mit denen meine Person spielt wissen zum Beispiel das mir Realismus zu langweilig ist, aber meine Person sagt dann immer klar an das die nächste Kampagne halt Pulp, Cinematisch oder was auch immer werden soll (Spiele gerade Marvel Heroic Roleplaying, und da soll es dann natürlich möglichst Comicbuch-artig sein).
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Offline Crimson King

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Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #5 am: 16.11.2012 | 09:13 »
Ein Mindestmaß an Realismus, ein nicht zu geringes obendrein, will jeder Spieler, weil sonst die Spielweltkausalitäten auseinanderfallen oder zumindest undurchschaubar werden.

Effektiv wollen alle Spieler, dass die Physik in der Spielwelt genau so funktioniert, wie unsere, minus spezieller Genre/Settingkonventionen (Magie, überlichtschnelle Raumschiffe, explodierende Autos, durch die Luft fliegende Shaolin-Mönche etc). Und die Anzahl der speziellen Genre/Settingkonventionen ist endlich.
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Offline Oberkampf

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Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #6 am: 16.11.2012 | 13:50 »

Stichwörter sind hier Immersion und SIM.


Das glaube ich auch, dass "Realismus" vor allem von Spielern mit einer starken SIM-Leidenschaft eingefordert wird, aber eben einer bestimmten SIM-Richtung. Das Problem liegt nämlich tatsächlich darin, dass nicht wenige phantastische Genres (und sogar einige nicht ausdrücklich phantastische Genres, Action wurde ja schon genannt) ganz klar unrealistische Konventionen pflegen (z.B. explodierende Autos). Wenn man in dem Fall genretypische Welten simulieren will, kommt man mit "Realismus" nicht sonderlich weit. Auch das Versinken in einem Charakter kann für einige Leute, glaube ich, davon abhängen, ob Genrekonventionen im Spiel berücksichtigt werden. Trotzdem würde ich der Aussage generell eher zustimmen: Realismus ist was für SIM-Spieler und Immersionsspieler.

Ein Mindestmaß an Realismus, ein nicht zu geringes obendrein, will jeder Spieler, weil sonst die Spielweltkausalitäten auseinanderfallen oder zumindest undurchschaubar werden.


Da der Thread auf einer Frage von mir aufbaut: Mir geht es dabei nicht um das Mindestmaß, das für einen gemeinsamen Vorstellungsraum unumgänglich zu sein scheint, sondern um die Frage: Welche Spieler(typen) suchen aktiv nach möglichst realistischen Regeln auch jenseits unmittelbarer Charaktervorteile, in welchen Bereichen sollen diese Regeln "realistisch" sein (ich habe z.B. noch nie erlebt, dass soziologische Theorien über die Glaubwürdigkeit von Fantasy- oder Sci-Fi-Kulturen diskutiert wurden), welchen Detailgrad wünschen sie und was versprechen diese Spieler sich davon?
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Offline Gummibär

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Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #7 am: 17.11.2012 | 01:30 »
@ Spoiler

Ich denke, dieser Wunsch wurde bisher noch nicht in der Rollenspieltheorie formalisiert, ist aber natürlich trotzdem eine passende Antwort. Danke. :)



@ SLF

Ich habe deine Präzisierung des Themas auch im OP hinzugefügt.
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Offline Maarzan

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Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #8 am: 17.11.2012 | 01:43 »
Ein Mindestmaß an Realismus, ein nicht zu geringes obendrein, will jeder Spieler, weil sonst die Spielweltkausalitäten auseinanderfallen oder zumindest undurchschaubar werden.

Effektiv wollen alle Spieler, dass die Physik in der Spielwelt genau so funktioniert, wie unsere, minus spezieller Genre/Settingkonventionen (Magie, überlichtschnelle Raumschiffe, explodierende Autos, durch die Luft fliegende Shaolin-Mönche etc). Und die Anzahl der speziellen Genre/Settingkonventionen ist endlich.

Und wenn die Genre/Phantasie/whatever-Regeln entsprechend sauber und verlässlich formuliert sind, kräht in der Regel auch kein Hahn nach.
Das Problem taucht typischerweise am Spieltisch auf, wenn das gesetzte Abstraktionsniveau verletzt wird - wo es nur Trefferpunkte gibt, gibt es eben kein sauberers Kehle durchschneiden- viel öfter aber eben einfach eine Seite nicht nachgedacht hat oder es gerade zum eigenen Vorteil war einen Widerspruch in der Spielwelt erzeugt hat und jetzt beleidigt ist darauf hingewiesen zu werden oder (zum Teil zum Decken dieses Widerspruchs eben) sich in immer abstruse Wahrscheinlichkeiten hineinsteigert, um irgendeine Agenda am laufen zu halten.

Allesamt verhindern aber die relevante Beteiligung der anderen, da eben nicht mehr klar ist, auf welcher Basis die dazu gehörigen Entscheidungen für ihren Beitrag denn nun getroffen werden können.

Realismus ist zum Spiel nicht notwendig, muss aber dann entsprechend durch andere Regeln belastbar ersetzt werden, damit eine gemeinsame Grundlage für Handlungen im SIS bleibt. Ansonsten ist das Ergebnis Gehirnwichsen für einen und ein Ausschluss des Rests. Außer man veralbert das bewußt und verzichtet auf jegliche Struktur und reiht (dann mit eintsprechend gleichverteilten Erzählrechten) Nonsens aneinander. Dann wird zumindest ein lustiges Erzählspiel draus. Als Rollenspiel ist so etwas tot.
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Offline Oberkampf

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Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #9 am: 17.11.2012 | 12:59 »

Realismus ist zum Spiel nicht notwendig, muss aber dann entsprechend durch andere Regeln belastbar ersetzt werden, damit eine gemeinsame Grundlage für Handlungen im SIS bleibt. 

Zum Teil halte ich das auch für einen wichtigen Punkt, den ich - hoffentlich richtig verstanden - noch einmal hervorheben möchte: Realismus ist nicht das Gleiche wie Regeltreue!

Ganz im Gegenteil: Realismusdiskussionen (am Spieltisch, aber auch außerhalb) entstehen sich nicht immer, aber oft dadurch, dass regeltreues Spiel den Vorstellungsraum eines Spielers verletzt und "unrealistische" Ergebnisse bringt (z.B. wenn ein hochrangiger Charakter mit vielen HP einen 50 m Sturz ohne Magie überlebt).

Daraus entsteht für mich übrigens ein Problem, das ich mit Gummibärs Verbindung zwischen "Taktiker" und "Realist" habe (wobei ich kein Experte für Taktikerspieler bin): Man kann taktisch auch mit Spielregeln umgehen, selbst dann, wenn sie unrealistische Ergebnisse liefern, wenn bspw. der Spieler des Charakters an der Klippe überlegt: "Ich kann verhindern, dass mein SC gefangengenommen wird, indem ich ihn die Klippe 'runterspringen lasse, macht 15d6 Schaden - max 90, wahrscheinlich zwischen 50 - 60, das halte ich aus." In dem Fall ist eine Aushebelung der Spielregel durch Realismusüberlegungen ein klarer Strich durch die Rechnung des Taktikers.
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Offline Arldwulf

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Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #10 am: 17.11.2012 | 13:31 »
Der 50 Metersturz ist doch eigentlich ein gutes Beispiel dafür dass es bei diesen Regeldebatten nicht um Realismus selbst geht.

Weder der Realist noch ein anderer Spielertyp würde wirklich sagen dass es unmöglich ist so einen Sturz zu überleben. Tatsächlich gibt es ja gute Möglichkeiten wie dies funktioniert. Die Klippe ist nicht senkrecht, hat Stellen an denen der Fall abgebremst wird. Unten ist vielleicht ein Fluss oder Gebüsch. Und im Zweifel kann der Charakter auch selbst etwas tun, versuchen sich festzuhalten oder sonstwie sein Glück beeinflussen.

Das Problem hierbei ist nicht der Realismus solcher Umstände. Das Problem ist: Die Regel ist schlecht. Weder deckt sie Umstände ab noch gibt sie eine sinnvolle Abschätzung des üblichen Ergebnisses ab.

Aber der Spieler der beschreibt sein Charakter hält sich an einem verdorrtem Gestrüpp fest das dort an den Felsen wächst bis er abrutscht, über den Abhang rollt und sich alles aufschürft aber zum Glück es mit blutigen Wunden und ein paar Brüchen überlebt ist nicht weniger "realistisch" als derjenige der das ganze als "runtergefallen / tod" darstellt.

Offline Maarzan

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Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #11 am: 17.11.2012 | 13:37 »
Zum Teil halte ich das auch für einen wichtigen Punkt, den ich - hoffentlich richtig verstanden - noch einmal hervorheben möchte: Realismus ist nicht das Gleiche wie Regeltreue!

Yup. Oft bis meist ganz was anderes. Eigentlich sogar immer, wenn man halt annimmt, dass die meist notwendige Abstarktion von Regeln schon nicht mehr völlig realistisch ist.
Realitätsnähere Regeln sollten allerdings die Zahl der Konflikte reduzieren helfen.

Zitat
Ganz im Gegenteil: Realismusdiskussionen (am Spieltisch, aber auch außerhalb) entstehen sich nicht immer, aber oft dadurch, dass regeltreues Spiel den Vorstellungsraum eines Spielers verletzt und "unrealistische" Ergebnisse bringt (z.B. wenn ein hochrangiger Charakter mit vielen HP einen 50 m Sturz ohne Magie überlebt).

Das war der Abstraktionskonflikt oben. Und oft genug ist der SL schuld, weil er dann Situationen einführen will, welche eben nach den (abstrahierten) Regeln nicht mehr möglich sind. Wenn der Schlussmonolog 3 Minuten dauert, Allheilung aber nur 1min Zauberdauer hat, wird der Typ eben nicht an dem Bolzen in der Brust abnippeln und weitere Fragen beantworten / rechtmäßiger Thronfolger sein / whatever können.

@Arldwulf: Der Trick ist die Wahrscheinlichkeit, was u U dazu führt, dass dies wöchentlich passiert.
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Offline Arldwulf

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Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #12 am: 17.11.2012 | 13:48 »

@Arldwulf: Der Trick ist die Wahrscheinlichkeit, was u U dazu führt, dass dies wöchentlich passiert.


Natürlich, aber die Wahrscheinlichkeit definiert nur wie gut die Regel ist, nicht wie realistisch der Spieler spielen mag oder wie detailliert er sich Gedanken über die physikalischen Hintergründe der Spielwelt machen will.

Oder um es anders zu sagen: Der Spieler der mit der 15d6 Fallschaden Regel spielt, der Spieler der einfach gern "zu hoch, du bist tot" als Regel mag und der Spieler der selbst die Szene beschreibt und sie darüber modifiziert könnten alle entweder Realismus und physikalische Details mögen - oder auch nicht.

Und ein Grund warum viele Realismusdebatten hochkommen ist in erster Linie einfach nur: Manche Regeln machen nicht das was sie eigentlich tun sollten. Der andere ist meist am besten als "Leute die die Realität nicht so recht kennen" zu beschreiben, oder weniger überspitzt: "Leute die über ihre Aussagen nicht sonderlich tiefgründig nachgedacht haben und dabei Dinge als unrealistisch darstellen die eigentlich sehr wohl realistisch sind" aka "Das Kreaturen etwas ausscheiden verstößt gegen den Energieerhaltungssatz!" / "Einen endlosen Wasserspender in die Wüste bringen würde die doch begrünen!" oder ähnliches.
« Letzte Änderung: 17.11.2012 | 13:52 von Arldwulf »

Eulenspiegel

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Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #13 am: 17.11.2012 | 14:01 »
Und auch Rollenspiele, die bekannt dafür sind, dass sie unrealistische Regeln haben, halten sich noch größtenteils an Realismus.

Man stelle sich nur mal Schach, das RPG vor:
SC1(General): Vorwärts ihr Bauern, mäht die gegnerische Kavallerie nieder.
*Bauern bewegen sich einen Schritt vor, gegnerischer Springer springt über die Bauern hinweg*
SC2(Späher): Mon Generale, die gegnerische Kavallerie ist über unsere Bauernmiliz hinweggesprungen. Zum Glück gab es keine Veletzten. Aber die Kavallerie steht jetzt im Rücken unsere Miliz. Ich schlage vor, dass wir unsere Beuernmiliz jetzt wenden.
SC1: Vorwärts immer, Rückwärts nimmer. Wir können unsere Miliz nicht wenden.
SC2: Und was schlagt ihr vor?
SC1: Wir rennen mit unserer Bauernmiliz bis zum Ende des Schlachtfeldes. Dort akstrieren wir die Bauern und als neue Eunuchen Damen werden sie dann spielend mit der Kavallerie fertig.

Oder man stelle sich mal Go, das RPG vor:
SC1: Unsere Gruppe am Flussufer ist fast eingekreist. Schnell, schickt noch mehr Truppen hin.
SC2: Wir haben 30 Einheiten dort stehen, und der Gegner hat nur 15 Einheiten. Sollten wir ihn nicht fertig machen?
SC1: Nein, denn er hat uns gleich eingekreist und ein Durchbruch ist immer unmöglich.
SC2: Anstatt weitere Truppen zu opfern, könnten wir doch stattdessen versuchen, mit den bestehenden Einheiten auszubrechen.
SC1: Niemals. Wenn ich einer Truppe einmal den Befehl erteilt habe, sich zu positionieren, bleiben sie auch dort stehen.
SC2: Und was schlagens ie jetzt vor?
SC1: Wir haben bereits ein Auge. Ich versuche, ein 2. Auge zu bilden, dann kann uns der Gegner nichts mehr anhaben.

Auch sehr beliebt Monopoly, das RPG:
SC1: Ha, ich muss nur noch die Schlosstraße kaufen, dann kann ich anfangen, Hotels zu bauen.
SC2: Wieso beginnt ihr nicht jetzt schon mit dem Hotelbau?
SC1: Das geht nicht. Erst muss ich noch die Schlosstraße kaufen.
SC2: Und wann kauft ihr die Schlosstraße? Ich meine, mit eurem Vermögen sollte das doch ein Einfache sein...
SC1: Das ist nicht so einfach. Ich muss viel Glück haben und mal zufällig durch die Schlosstraße kommen, ehe ich sie kaufen kann.
SC2: Zum Glück habe ich einen Stadtplan. Schaut her: Die Schlosstraße ist nur 1 Straße hinter uns. Das heißt, wir müssen einfach umkehren, und die Straße zurücklaufen, dann sind wir da.
SC1: Verdammt, das bedeutet, dass ich nochmal durch die ganze Stadt irren muss, ehe ich die Chance habe, nochmal durch die Schlosstraße zu ziehen.
SC2: Oooder... wir drehen einfach um und gehen eine Straße zurück.
*ein paar Züge später*
SC1: Verdammt, ich war so reich. Und nur weil ich in fremden überteuerten Hotels übernachtet habe, bin ich fast Pleite.
SC2: Ihr habt hier überall eigene Hotels stehen. Wieso übernachtet ihr nicht einfach in eurem eigenen Hotel.
SC1: Ich muss gestehen, ich kann euren Stadtplan nicht lesen. Und immer wenn die Nacht hereinbricht, muss ich halt in dem erstbesten Hotel übernachten, das in der Nähe ist.
SC2: Ich mache euch einen Vorschlag: Ich rufe ein Taxi und fahre euch zurück in eurer Appartement. Ihr könnt eure Geschäfte dann aus eurem Appartement heraus tätigen.
SC1: Niemals. Erstens fahre ich nie Taxi und zweitens will ich persönlich vor Ort sein, wenn ich ein Geschäft tätige.
SC2: Aber wieso übernachtet ihr dann nicht wenigstens abends zu Hause?

Mein absoluter Liebling ist aber Fuchs und Gänse, das RPG:
SC1(Gans): OK, wir müssen dahin, wo jetzt der Fuchs ist.
SC2(ebenfalls Gans): Aber kann uns der Fuchs dann nicht einfach essen?
SC1: Deswegen locken wir ihn ja auch hervor. Und wenn wir erstmal da sind, wo der Fuchs jetzt ist, dann kann der Fuchs nicht mehr zurück und wir sind sicher.
SC2: Wenn ihr das sagt. Aber wie locken wir den Fuchs heraus?
SC1: Gut dass ihr fragt: Ihr geht jetzt am besten vor, bis ihr zwei Meter vor dem Fuchs seid. Und wenn er vorgeht, um euch zu fressen...
SC2: Dann renne ich ganz schnell zurück!
SC1: Nein. Eine Gans tritt niemals den Rückzug an!
SC2: Äh ja... Dann springe ich also elegant zur Seite, damit mich der Fuchs verfehlt.
SC1: Nein. Du könntest zwar zur Seite springen, aber dann könnte der Fuchs dich trotzdem essen.
SC2: OK. Und wie verhindere ich dann, dass ich gefressen werde?
SC1: Gut dass du fragst: Also, du gehst nach vorne und lockst den Fuchs hervor. Und wenn der Fuchs kurz vor dir steht und versuch dich zu essen, dann renne ich schnell hinter dich. Solange ich hinter dir stehe, kann der Fuchs dich nicht essen.
SC2: Sehr vertrauenserweckend. - Aber was ist eigentlich, wenn ich mal ganz alleine irgendwo rumstehe und keine andere Gans mir Deckung geben kann?
SC1: Dann renne in eine Ecke. Solange du in einer Ecke stehst, kann dir der Fuchs nichts anhaben.

Und mit Mühle, das RPG fange ich jetzt lieber nicht an.
« Letzte Änderung: 17.11.2012 | 14:05 von Eulenspiegel »

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Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #14 am: 17.11.2012 | 14:08 »
Alter, Eugenspiegel, dass MUSS ins best of!

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Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #15 am: 17.11.2012 | 14:12 »
In der Diskussion kommen jetzt, glaube ich, zwei Punkte zusammen, die getrennt, zu mehr Einsichten verhelfen:

Ich habe das Beispiel mit den 15d6 eingebracht, um die Frage zu beleuchten: Welcher Spielertyp möchte realistische Regeln haben, insbesondere im Hinblick auf den Taktiker. meine Hypothese ist, dass Taktiker sowohl mit Realitätsannahmen als auch mit Regelkenntnis taktieren können - selbst unter der Bedingung, dass eine Regel auf den ersten Blick unrealistische Ergebnisse liefert. Wichtig ist, so meine Hypothese, für den Taktiker, dass die Regeln, die er in seine Überlegungen einbezieht, auch by the book - RAW- bespielt werden.

Die andere Diskussion dreht sich um den Realismus der Regel selbst, bzw. ihren Abstraktionsgrad. Bezogen auf diesen Thread spielt das vielleicht insofern eine Rolle, wenn man sich fragt: Welcher Spielertyp kommt denn mit einem hohen Abstraktionsgrad der Regeln gut zurecht? Ich behaupte mal (wieder nur Hypothese), dass es für eine bestimmte Sorte Storyteller (Storygamer) kein Problem ist, Regeln eines sehr hohen Abstraktionsgrades als realistisch einzustufen, weil sie die Spielweltbeschreibung nach der Ermittlung des regelkonformen Ergebnisses so anpassen, dass der Vorstellungsraum nicht verletzt wird. Wenn der SC den Sturz also überlebt, kommt eine Beschreibung, für die Arldwulf schon Beispiele aufgeführt hat.

Das funktioniert aber, würde ich behaupten, nicht bei Regeln, deren Abstraktionsgrad sehr niedrig ist und/oder die sehr detailierte Weltbeschreibungen vor der Anwendung voraussetzen, also beispielsweise eine Liste mit Modifikatoren der Sturzschäden hinsichtlich des Untergrundes, des Steigungsgrades, der Glattheit der Wand und der Windrichtung bzw. Windstärke. Genausowenig funktioniert das bei Spielern, die auf hohe Detailangaben vor dem Würfelwurf wert legen (und das können natürlich wieder Taktiker sein, die möglichst viele Faktoren kennen wollen, die in ihren Plan einfließen können).

Nebenbei: Eulenspiegels Argumentation ist ein ganz schönes Beispiel für einen Spieler, der nach der Regelabwicklung die Spielwelt so beschreibt, dass die Regelanwendung realistische Ergebnisse produziert hat.
« Letzte Änderung: 17.11.2012 | 14:19 von SLF »
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Offline Maarzan

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Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #16 am: 17.11.2012 | 14:24 »

Ein hoher Abtraktionsgrad ist hinderlich für Leute, welche nicht nur aufs Ergebnis schielen und sich das dazwischen zur Not nachträglich zusammen reimen, sondern den Prozess in der Spielwelt selber erfahren wollen.
Das kann der immersierende "Charakterfahrer" sein oder eben ein Taktiker, der seine Herausforderung eben auch auf dem spielweltnahen Detailniveau sieht.

Wobei viel halt davon abhängt, wie eigentlich abstrakte Regeln dann in der Spielweltrealität reflektiert werden. Wenn in der Spielwelt anzunehmen ist, dass eine Aktion möglich ist, sie aber von den Regeln her nicht möglich ist, gibt es einen Konflikt. Theoretisch könnte die Spielwelt auch den Regeln angepasst werden und der Konflikt so wieder aufgelöst werden.
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Offline ArneBab

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Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #17 am: 17.11.2012 | 20:01 »
Ein Mindestmaß an Realismus, ein nicht zu geringes obendrein, will jeder Spieler
Sobald irgendjemand sagt „das will jeder“, gehen bei mir die Alarmglocken los.

Was definierst du als Realismus? Ist es schon Realismus, dass Sachen auf Planeten nach untern Fallen?
1w6 – Ein-Würfel-System — konkret und direkt, einfach saubere Regeln.
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Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #18 am: 17.11.2012 | 20:08 »
Alter, Eugenspiegel, dass MUSS ins best of!
Oh ja!

Der erste echte Lichtblick heute - danke dir!
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Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #19 am: 17.11.2012 | 20:20 »
Eulenspiegels Post hat mich gerade darauf gebracht, dass für mich ein wichtiger Punkt ist, dass im Rollenspiel die Vorstellung in klaren Fällen gegen die Regeln gewinnt.

Natürlich können sich Bauern rückwärts bewegen, und Rollenspieler würden das tun - es sei denn, das Genre ist sehr klar definiert (dann spielen sie explizit Schach-Bauern).

Unsere SL hat mal einen Ninja zwischen unsere Shadowrun-Charaktere springen lassen. Er begann seinen „ich bin mächtig“-Drohdialog. Bevor er fertig war, hatten wir ihm den Kopf weggeblasen. Im Vorstellungsraum der SL konnten Ninjas solche Reden halten (z.B. Anime). In unserem nicht. Da die Regeln auf unserer Seite waren, war der Kopf weg.

Unrealistische Regeln hätten hier geholfen, dass unsere Vorstellung mit der Vorstellung der SL zusammenpasst: Im Monolog kann ein Charakter nicht unterbrochen werden.
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Offline Arldwulf

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Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #20 am: 17.11.2012 | 21:42 »
Wobei das mit den Bauern durchaus auf realistischen Überlegungen basieren könnte. Nach dem Motto:

 
Zitat
"Wenn wir den ungelernten Bauern einen Rückzug befehlen rennen die doch ungeordnet davon! Das ist keine Option. Eine sich geordnet zurückziehende Bauerntruppe ist völlig unrealistisch!"

Das ganze ist natürlich inzwischen über Jahrhunderte gewachsen und verwaschen. Aber die Grundidee dahinter muss nicht zwingend auf Realismus pfeiffen, könnte sogar als Verbesserung der Stimmigkeit gedacht gewesen sein diese Zugweise mit dieser Entsprechung zu verbinden.

Und diese Überlegungen kann man natürlich bei vielen Regeln anstellen die auf den ersten Blick in ihrer jetzigen Form unrealistisch scheinen.

Offline dunklerschatten

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Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #21 am: 17.11.2012 | 22:13 »
Realismus im RGP hängt für mich in erster Linie von Konsentz bezüglich der Spielwelt ab.

Spiele ich DnD finde ich es völlig ok, das es diverse Mittel und Wege gibt die "Realworld" Physik zu umgehen. Aber dann doch bitte als in sich geschlossener Guss, eben konsistent.

Meine Vorliebe für "realistische Systeme" bzw. Systeme mit hohem Realitätsgrad wie z.b. THS gründet sich wohl primär in dem simplen Gedankengang "Back to the (reallity) roots"

An allen Ecken und Enden wird man imho mit abgedrehten Unrealistischen Aspekten bombadiert, da empfinde ich ein "Reales RPG" durchaus als erfrischend und klärend.

Quasi Purismus im Reich der aufgedonnerten Diven.
"Stellt Euch den Tatsachen, dann handelt danach!"
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Offline Gummibär

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Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #22 am: 20.11.2012 | 06:09 »
Daraus entsteht für mich übrigens ein Problem, das ich mit Gummibärs Verbindung zwischen "Taktiker" und "Realist" habe (wobei ich kein Experte für Taktikerspieler bin): Man kann taktisch auch mit Spielregeln umgehen, selbst dann, wenn sie unrealistische Ergebnisse liefern, wenn bspw. der Spieler des Charakters an der Klippe überlegt: "Ich kann verhindern, dass mein SC gefangengenommen wird, indem ich ihn die Klippe 'runterspringen lasse, macht 15d6 Schaden - max 90, wahrscheinlich zwischen 50 - 60, das halte ich aus." In dem Fall ist eine Aushebelung der Spielregel durch Realismusüberlegungen ein klarer Strich durch die Rechnung des Taktikers.

Ja. Deswegen sollten die Spielregeln von vorneherein was den Realismus angeht keine so großen Lücken lassen, dass ein Spieler sich beschwert.

Der innerweltliche Taktiker (Realismus + Tactician) ist natürlich nur eine Unterkategorie des Tactician. Es gibt Tacticians, die auch ohne Realismus zufrieden sind.

Der Taktiker möchte verlässliche Regeln. Das muss nicht „by the book“ sein, das können auch Hausregeln sein. Aber die Regeln müssen vorher klar sein. Zumindest im hier genannten Sinn.

"Ich kann verhindern, dass mein SC gefangengenommen wird, indem ich ihn die Klippe 'runterspringen lasse, macht 15d6 Schaden - max 90, wahrscheinlich zwischen 50 - 60, das halte ich aus."

Wenn SCs einen (nicht weiter steigerbaren) Lebenspunktewert von 70 haben und die Probe ohne gelungene Abrollen-Probe mehr Schaden machen würde, wäre das doch z.B. gar nicht unrealistisch (mal angenommen, der Abrollen-Wert ist entsprechend gut).



@ Eulenspiegel

Einfach köstlich.  :d
Du greifst Teichdragon & Co. an und äußerst jetzt Unverständnis, wenn sich einer von ihnen zu Wort meldet?

Gut gemacht.  :gaga:

Offline Jiba

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Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #23 am: 20.11.2012 | 09:09 »
Meine Ansicht zum Thema ist ja die folgende: Immersion und Realismus gehen nicht zwangsweise Hand in Hand. Ja: Ich kann sogar sagen, einem Haufen Spieler, die ich als Immersionisten bezeichnen würde (mich eingeschlossen; ich bin zwar eher der Storyteller, spiele aber auch mal gerne Vollimmersion), ist Realismus im Sinne des OP scheißegal. Oder zumindest insoweit egal, dass er sich mit einer realistischen Ausgestaltung der Spielwelt durch Regeln oder klein-klein-Settingelemente nicht befassen muss, um Immersion zu erreichen. Einige meiner intensivsten Immersionserfahrungen hatte ich in Settings, die cinematischen Grundsätzen folgten und ich denke der menschliche Geist ist in der Lage sowas auch zu leisten.

Würde ich ganz stark pauschalisieren wollen, könnte ich sogar sagen: Die Leute, die cinematisch spielen können und trotzdem Immersion erleben, sind talentierter darin, eine Gedankensynchronizität, die ja in einem anderen Thread als das Merkmal von Immersion postuliert wurde, mit ihrem Charakter zu erreichen: Wer seine suspension of disbelief zugunsten des Charakters ausschalten kann und damit den Gedankengang des SCs übernimmt, dass eine bestimmte Entwicklung wie die vielzitierten, explodierenden Autos eben nicht unrealistisch sind, sondern in dieser Spielwelt als realistisch angesehen werden, ist wohl stärker im Charakter drin, als jemand, der versucht seine eigenen OT-Realitätsansprüche in den Charakter zu pressen – bei dieser Darstellung übersehe ich natürlich vielleicht einige Faktoren, aber ich erkenne darin schon einen gewissen Widerspruch.

Was ich eigentlich sagen will: Immersion benötigt keinen Realismus! Immersion benötigt lediglich Kausalität. Und nicht mal die, sofern sich die Figur zusammen mit dem Spieler über Kausalitätsbrüche wundern soll und darf. Bestimmte Genrekonventionen können, wie Crimson King richtig sagt, realweltliche Kausalität aushebeln und beispielsweise durch Hollywood-Kausalität ersetzen. Letztlich sind die explodierenden Autos eben nichts anderes als eine Kausalkette:

(P1) Wenn zwei Autos gegeneinanderstoßen, explodieren sie.
(P2) Zwei Autos stoßen gegeneinander.
--------
(C) Die zwei Autos, die gegeneinanderstoßen, explodieren.


Das könnte man sogar noch in entsprechende Regelmechaniken packen. Insofern sind explodierende Autos nichts anderes als Magiesysteme, Waffenwerte oder Ähnliches. Und wo ich Magiesysteme, die Regeln unterliegen, akzeptieren kann, sehe ich für mich nicht, warum ich nicht auch explodierende Autos oder Kung-Fu-Kämpfer, die über Wasser laufen, akzeptieren kann. Das kann ich auch ohne Schwierigkeiten aus der Figur heraus als diese Figur.

Eine These, die ich abschließend noch zu Immersion habe, möchte ich noch aus meiner Erfahrung heraus anbringen: Ich habe bei mir gemerkt, dass mich cinematische Tropen in der Immersion nicht behindern und ich einige der intensivsten Immersionserfahrungen in Settings hatte, die mit diesen Merkmalen arbeiten. Da hat mich mangelnder Realismus nicht behindert. Und vorhandener Realismus hat mich in meiner Immersion nicht befördert, wo es ihn gab. Letztlich glaube ich, liegt das daran:

Immersion ist prinzipiell bei mir (und ich denke das trifft auch auf viele andere Spieler zu) eine emotionale Sache. Es ist mehr ein "Reinfühlen" als ein "Reindenken".

Insofern habe ich die intensivsten Immersionsphasen auch in In-Game-Situationen gehabt, die meinen SC auf einer emotionalen, moralischen, sozialen Ebene angesprochen haben – und diese Szenen sind in den meisten RPGs weit abseits dessen, was mit dem realistischen Regelwerk abgebildet wird: Wo man einen Gefallenen beweint, einen ehemaligen Freund verstößt, den ersten Kuss mit der Liebsten hat, eine Entscheidung zwischen zwei undenkbaren Alternativen abwägen muss, einen Plan aufgehen oder verfallen sieht... da schlägt die Immersion bei mir gnadenlos zu. Einfach weil ich das Gefühl habe: Diese Figur, die ich gerade verkörpere ist menschlich. Sie hat Ziele, Wünsche, Hoffnungen. Sie hat Dinge, die ihr wichtig sind. Sie hat Dinge, die sie hasst. Dieses Gefühl von Verbundenheit und Identifikation mit der Figur und mit der Synchronisation ihrer Gedankenwelt mit der meinen erreiche ich nicht darüber, dass das Schwert der Figur realistischerweise +3W Schaden macht. Das erreiche ich voll über den Faktor des "Hineintauchens" als eines "Hineinfühlens" und nicht eines "Hineinrationalisierens". Sämtliche denkwürdigen Szenen, in denen ich starke Immersion verspürte, waren von dieser Art.

Möglicherweise ist meine Beobachtung von oben doch korrekt: Spieler, deren SoD ihnen bei der Immersion in den Weg kommt, denken zu stark auf einer übergeordneten Ebene (und damit genauso außerhalb der Figur wie die Meta-Regel-Fans). Ob ein Auto explodiert oder jemand Superkräfte hat oder Magie in der Welt ist: Das macht keinen Unterschied für die Gedanken- und Gefühlswelt der Figur, in die ich mich hineinversetze. Immersion geht ohne Realismus, weil die Bereiche, in denen ich, und viele andere, mit denen ich das Vergnügen hatte zu spielen, ihren immersionistischen Zugang außerhalb der Regeln finden. Wenn man merkt, dass es der Figur um was geht, dann findet man auch in sie hinein.

Zum OP würde ich daher folgendes sagen: Alle Spielertypen können Realismus wollen! Oder eben auch nicht! Genauso wie Method Actors auf Realismus pfeifen, können Storyteller eine stark realistische Verankerung der Spielwelt in den Regeln bevorzugen. Aber die Tendenzen, die hier gesetzt werden, kann ich für mich so nicht bestätigen.   

Engel – ein neues Kapitel enthüllt sich.

“Es ist wichtig zu beachten, dass es viele verschiedene Arten von Rollenspielern gibt, die unterschiedliche Vorlieben und Perspektiven haben. Es ist wichtig, dass alle Spieler respektvoll miteinander umgehen und dass keine Gruppe von Spielern das Recht hat, andere auszuschließen oder ihnen vorzuschreiben, wie sie spielen sollen.“ – Hofrat Settembrini

El God

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Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #24 am: 20.11.2012 | 09:29 »
Zitat
Zum OP würde ich daher folgendes sagen: Alle Spielertypen können Realismus wollen! Oder eben auch nicht! Genauso wie Method Actors auf Realismus pfeifen, können Storyteller eine stark realistische Verankerung der Spielwelt in den Regeln bevorzugen. Aber die Tendenzen, die hier gesetzt werden, kann ich für mich so nicht bestätigen.   

Das.

Offline Crimson King

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Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #25 am: 20.11.2012 | 10:45 »
Was definierst du als Realismus? Ist es schon Realismus, dass Sachen auf Planeten nach untern Fallen?

Ja. Oder ist das für dich unrealistisch?
« Letzte Änderung: 20.11.2012 | 10:51 von Crimson King »
Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen
Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
Wenn hinten, weit, in der Türkei,
Die Völker aufeinander schlagen.
Man steht am Fenster, trinkt sein Gläschen aus
Und sieht den Fluß hinab die bunten Schiffe gleiten;
Dann kehrt man abends froh nach Haus,
Und segnet Fried und Friedenszeiten.

J.W. von Goethe

Eulenspiegel

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Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #26 am: 20.11.2012 | 11:07 »
(P1) Wenn zwei Autos gegeneinanderstoßen, explodieren sie.
(P2) Zwei Autos stoßen gegeneinander.
--------
(C) Die zwei Autos, die gegeneinanderstoßen, explodieren.
Hier liegt es daran, dass wir keine Ingenieure, Chemiker oder dergleichen sind und keine Ahnung haben, was nun zur Explosion führt oder nicht.

Aber nehme doch mal folgendes:
1) Wenn ein Schwert gegen einen Kopf schlägt, dann explodieren die Beine des Kopfgetroffenen.

Das ist durchaus auch eine Kausalität. Aber eine, von der wir sofort sehen, dass diese unrealistisch ist und auch verstehen, warum. Würde diese deine Immersion stören?

Offline Jiba

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Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #27 am: 20.11.2012 | 11:10 »
Nein, solange das einheitlich im gesamten Setting auch so durchgezogen wird. Und eventuell Regelverankerung hat. Es ist kontraintuitiv und unrealistisch (und im Übrigen auch keine Genrekonvention). Aber mit vorheriger Erklärung, sodass alle on the same page sind, nicht per se immersionsstörend.
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“Es ist wichtig zu beachten, dass es viele verschiedene Arten von Rollenspielern gibt, die unterschiedliche Vorlieben und Perspektiven haben. Es ist wichtig, dass alle Spieler respektvoll miteinander umgehen und dass keine Gruppe von Spielern das Recht hat, andere auszuschließen oder ihnen vorzuschreiben, wie sie spielen sollen.“ – Hofrat Settembrini

El God

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Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #28 am: 20.11.2012 | 11:12 »
Eulenspiegel: Aaaachso. Realismus ist also nur dazu da, ganz offensichtlichen und totalen Schwachsinn zu verhindern? Dann ist es natürlich alles gar nicht so schlimm. Dumm nur, dass es um sowas nie Diskussionen gibt. Stattdessen drehen sich diese Debatten immer um Fragen, die eben nicht so einfach als Vollspack zu entlarven sind, weil sie entweder durch Genrekonventionen getragen werden oder weil zu diesen Dingen praktisch niemand wirklich Ahnung hat.

Aber letztlich gibst du Jiba Recht: Schwachsinn will keiner, also kann man Realismus auch nach deiner Lesart nicht an Spielertypen festmachen.

Offline gunware

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Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #29 am: 20.11.2012 | 11:14 »
Aber nehme doch mal folgendes:
1) Wenn ein Schwert gegen einen Kopf schlägt, dann explodieren die Beine des Kopfgetroffenen.
War das so nicht in der Drachenlanze? Wenn mich mein altersschwaches Gedächtnis nicht trügt, explodierte zwar der ganze Körper, aber egal. Da kam mir das gar nicht so unrealistisch vor. Wie hießen die denn? Drakonier?
Ich bin der letzte Schrei der Evolution, als sie mich erschaffen hatte, schrie sie: "Oh Gott, was habe ich denn gemacht?!"

Eulenspiegel

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Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #30 am: 20.11.2012 | 11:17 »
Realismus ist also nur dazu da, ganz offensichtlichen und totalen Schwachsinn zu verhindern?
Nein. Wie kommst du denn darauf? Wozu Realismus da ist, ist von Spielertyp zu Spielertyp unterschiedlich:
- Die einen mögen Realismus, um offensichtlichen Schwachsinn zu vermeiden.
- Die anderen mögen Realismus, weil es ihnen bei der Immersion hilft. (Nicht Jiba, aber anderen Spielern.)
- Wieder andere mögen Realismus, weil es ihren SoD senkt.
- Wieder andere mögen Realismus, weil sie so spielend etwas über die Realität lernen.

Zitat
Aber letztlich gibst du Jiba Recht: Schwachsinn will keiner, also kann man Realismus auch nach deiner Lesart nicht an Spielertypen festmachen.
Richtig! (Bzw. es gibt bestimmt auch Spielertypen, die Schwachsinn mögen.)

El God

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Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #31 am: 20.11.2012 | 11:20 »
(Bzw. es gibt bestimmt auch Spielertypen, die Schwachsinn mögen.)

Jawohl.

Gaaaaanz bestimmt. 8)

Eulenspiegel

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Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #32 am: 20.11.2012 | 11:23 »
@La Dolge Vita
Lese dir doch nochmal gunwares Post zum Thema Drachenlanze durch. (Drachenlanze wird ja von einigen Leuten durchaus gerne gespielt.) Oder informiere dich bitte darüber, wieso einige Trash-Sachen so hohen Kultstatus genießen.

Btw, finde ich es bezeichnend, dass der einzige Punkt meines Postes, auf den du eingegangen bist, ein Nebensatz war, der in Klammern stand.
« Letzte Änderung: 20.11.2012 | 11:24 von Eulenspiegel »

Offline Jiba

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Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #33 am: 20.11.2012 | 11:28 »
Naja, du gehst aber auch nur auf ein Einzelbeispiel aus meinem langen Post ein.  :)

Und...

Zitat
Oder informiere dich bitte darüber, wieso einige Trash-Sachen so hohen Kultstatus genießen.

Die Sachen werden entweder aus humoristischen Gründen geschätzt oder fußen auf Genrekonventionen oder sind nicht unrealistischer als andere Romane oder Filme auch.
« Letzte Änderung: 20.11.2012 | 11:30 von Hank Scorpio »
Engel – ein neues Kapitel enthüllt sich.

“Es ist wichtig zu beachten, dass es viele verschiedene Arten von Rollenspielern gibt, die unterschiedliche Vorlieben und Perspektiven haben. Es ist wichtig, dass alle Spieler respektvoll miteinander umgehen und dass keine Gruppe von Spielern das Recht hat, andere auszuschließen oder ihnen vorzuschreiben, wie sie spielen sollen.“ – Hofrat Settembrini

Eulenspiegel

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Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #34 am: 20.11.2012 | 11:48 »
Hmm, ich hatte das für die Kernaussage deines Posts gehalten. (Könnte evtl. daran liegen, dass du den Teil fettgedruckt hast und nicht in Klammern geschrieben hattest.)

Und inwiefern man die Trash-Sachen nun aus humoristischen Sachen liebt oder wie (un-)realistisch Trash ist, ist für den Tatbestand, dass Leute diesen Swachsinn mögen, irrelevant.
Bezüglich Genrekonventionen: Trash ist ja mittlerweile sogar ein eigenes Genre.

El God

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Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #35 am: 20.11.2012 | 11:50 »
Trash ist noch lange kein Schwachsinn. Und auch da kann man sagen: Alle Spielertypen können Spaß mit Trash haben.

Eulenspiegel

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Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #36 am: 20.11.2012 | 12:20 »
Was ist der Unterschied zwischen Trash und Schwachsinn? Und dein zweiter Satz würde mir doch erst Recht zustimmen: Wenn alle Spielertypen Spaß mit Trash hätten, dann würde doch erst recht gelten, dass einige Spieler Spaß mit Trash haben.

El God

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Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #37 am: 20.11.2012 | 12:22 »
Und Trash ist jetzt nur dadurch definiert, dass er nicht realistisch ist?

Eulenspiegel

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Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #38 am: 20.11.2012 | 12:24 »
Nein. Trash ist definiert wie in Trashfilm. Kann unrealistisch sein, muss aber nicht.

El God

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Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #39 am: 20.11.2012 | 12:30 »
Achso. Aber ich lese auch da nichts von Schwachsinn.

Offline Necoras

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Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #40 am: 21.11.2012 | 09:36 »
Wenn ich das jetzt richtig verstanden habe, dann ist mit Realismus gemeint, dass das, was im Rollenspiel passiert, dem Wissen der Beteiligten angemessen ist (Wissensadäquanz). Dann ist Realismus ein relativer Begriff, der sich nach dem Wissensstand der Spieler richtet.
Das bedeutet, dass eine Runde von Physikern vermutlich sehr viel Wert legt auf mechanisch adäquate Spielinhalte (bspw. Schadensregeln von Belagerungswaffen), eine Runde von Medizinern Wert legt auf möglichst schulmedizinisch konforme Wundenregeln und es einer Gruppe von Philosophen sehr wichtig ist, dass die Charaktere in einem Mittelalter-Setting auch ein mittelalterliches Weltbild verinnerlicht haben...

Dass viele Rollenspieler hingegen bestimmte Dinge akzeptieren, die unrealistisch sind (z. B. Drachen), ist auch mehrfach genannt worden und wird auch von niemandem angezweifelt. Die Frage stellt sich dann aber doch, warum man bereit ist, diese Dinge zu „glauben“. Unter welchen Bedingungen ist man bereit, den Unglauben auszusetzen (suspension of disbelief)? Viele sagen dann: „Das liegt an den Genre-Konventionen; wer Drachen für unrealistisch und blöd hält, der spielt halt nicht in einem Fantasy-Setting.“ Ist das wirklich nur eine Geschmacksfrage?
Dennoch: Wann akzeptiere ich Genre-Konventionen als hinreichende Gründe für ein bestimmtes Phänomen und wann wird mir das zu viel und ich halte das für unrealistisch?
Ich zum Beispiel mag Fantasy und Drachen. Bei DSA können viele Drachen fliegen. Eigentlich sind sie unter mechanischen Gesichtspunkten dazu nicht in der Lage, weshalb es die offizielle Setzung gibt, dass sie auch mit Hilfe von Magie fliegen. Eine willkürliche Setzung, die ich ohne Probleme akzeptiere. Es wäre mir interessanterweise auch egal, wenn sie nicht zaubern könnten und somit keine deus-ex-machina-Erklärung gegeben würde. Ich mag einfach fliegende Drachen. Nichtsdestoweniger gehe ich natürlich davon aus, dass ein Stein auch im DSA-Universum zu Boden fällt, wenn man ihn fallen lässt. Diesen Widerspruch halte ich aber ohne Probleme aus.
Bei Dungeonslayers (klassisch) können Heiler ständig heilen, weshalb es eigentlich keine Heilkunderegeln gibt. Für mich als Soziologen stimmt dann auf einmal das gesamte Setting nicht mehr, weil ich mir dann Gedanken mache, wie anders Kriege geführt werden würden, wenn man ständig heilen könnte, wie anders die Rolle der Kirchen wäre, wenn Tod und Verderben dadurch in vielen Hinsichten zurückgedrängt werden könnten, wie anders der soziale Status von Heilern wäre etc. Vollkommen orthodox kann ich daher Dungeonslayers nicht spielen, weil ich mich in diese Welt nicht widerspruchsfrei einfühlen kann.
Was ist bei den beiden Widersprüchen bei DSA und Dungeonslayers anders? Ist der Widerspruch bei Dungeonslayers vor dem Hintergrund meines Wissens für mich größer als der bei DSA und dann auch auf einmal zu groß? Liegt es also wieder nur am Vorwissen?

Ich hatte aber bei einigen Diskutanten den Eindruck, es gehe ihnen eher um die Höhe der Auflösung der Regeln (Granularität): Regulieren die Regeln alles bis ins kleinste Detail (z. B. DSA) oder operieren sie auf einer abstrakten dramaturgischen Ebene (z. B. Fate)? Erstere legen zum Beispiel fest, dass Seitenwind einen Zuschlag von +2 beim Bogenschießen verlangt, letztere legen fest, dass der Konflikt zugunsten des NSCs ausgegangen ist und es liegt nun an den Spielern zu erzählen, warum und auf welche Art und Weise der NSC gewonnen hat.
Granularität lässt sich aber unendlich hoch drehen. Ab wann sind Regeln also realistisch? Auch die elaborierten DSA-Regeln geben keine Auskunft darüber, wie die Aufschläge aussehen, wenn man nicht mit seinem gewohnten Bogen schießt und der leichte Regen die Flugbahn beeinflusst...
Die geringe Granularität von abstrakt-dramaturgischen Regeln bedeutet aber nicht, dass sie im obigen Sinne unrealistisch sind: Wenn der NSC gewinnt, können Spielleiter oder Spieler genauso darauf verweisen, dass der Seitenwind verhindert hat, dass der NSC getroffen wurde etc.

Offline Crimson King

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Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #41 am: 21.11.2012 | 19:30 »
Normalerweise existiert ein gravierender Unterschied zwischen der Wahrnehmung in Rollenspielen von Dingen, die es in unserer Realität gibt, und solchen, die es hier nicht gibt, die also fürs Spiel dazuerfunden werden. Von Dingen, die in unserer Realität gewissen Gesetzmäßigkeiten unterworden sind, erwartet man, dass sie es auch im Spiel sind, sofern nicht begründet eine andere Aussage getroffen wird.

Das macht es einfach, Magie oder persönlich für alle sichtbar auftretende Götter zu akzeptieren, aber schwierig, diese Akzeptanz aufzubringen, wenn normale Menschen nicht in der Lage sind, sich eine warme Mahlzeit zuzubereiten.
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Offline Necoras

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Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #42 am: 22.11.2012 | 13:24 »
Wenn das, was Du sagst, richtig ist, dann müsste allen Beteiligten immer klar sein, was konkret als dazuerfunden zu gelten hat und was als "real". Das mag zwar oft der Fall sein, ich würde aber bezweifeln, dass das allen ständig klar ist. Wichtig ist vermutlich, dass man ein "anstößiges Phänomen" als dazuerfunden empfinden kann, so dass man die Inkonsistenz mit dem Setting zu rechtfertigen in der Lage ist.

[…] Von Dingen, die in unserer Realität gewissen Gesetzmäßigkeiten unterworden sind, erwartet man, dass sie es auch im Spiel sind, sofern nicht begründet eine andere Aussage getroffen wird.
Das Wissen über diese Gesetzmäßigkeiten ist ja genau das Vorwissen, das ich meinte, weshalb es ein relatives Kriterium ist. Natürlich gibt es da aber erhebliche Schnittmengen.

Schließlich erklärt Dein Argument zwar, warum ich fliegende Drachen akzeptiere, aber nicht, warum ich mit unbegrenzten Heilkapazitäten in einem "klassischen" Fantasy-Setting Probleme habe. Hier zieht die Rechtfertigung durch das Setting dann nicht mehr.

Ich habe immer mehr das Gefühl, dass es lediglich um graduelle Widersprüche zwischen Rollenspielinhalten und spielerspezifischem Vorwissen geht. Ist der Widerspruch hinreichend groß, fühlt er sich "unrealistisch" an.

Offline Maarzan

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Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #43 am: 22.11.2012 | 13:44 »

Ich habe immer mehr das Gefühl, dass es lediglich um graduelle Widersprüche zwischen Rollenspielinhalten und spielerspezifischem Vorwissen geht. Ist der Widerspruch hinreichend groß, fühlt er sich "unrealistisch" an.

Klar fühlt es sich unrealistisch an, manche Leute haben ihr Weltbild z.B. generell aus dem Kino.

Wichtig ist wegen der abweichenden Auslieferungszustände des "gesunden Menschenverstands" dann eben, dass ein Regelwerk eine breite Basis an Elementen vordefiniert, welche sich dann jeder vorher anlesen kann. Auch um die auch schon erwähnte Problematik des auf unterschiedlichem Abstraktionsgrad agierens abzufangen. In voller Auflösung realistisch ist halt oft spielerisch unpraktikabel.

Bleibt also die Frage für den Autor, was nehme ich als Grundlage und da hat in den meisten Fällen halt realitätsnäher wohl bessere Karten bei mehr Leuten eben das richtige Gefühl auszulösen .
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Offline Necoras

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Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #44 am: 22.11.2012 | 13:56 »
[…] wegen der abweichenden Auslieferungszustände des "gesunden Menschenverstands" […]

Bleibt also die Frage für den Autor, was nehme ich als Grundlage und da hat in den meisten Fällen halt realitätsnäher wohl bessere Karten bei mehr Leuten eben das richtige Gefühl auszulösen .

Ich persönlich würde jetzt eher von unterschiedlichem Vorwissen sprechen als von "abweichenden Auslieferungszustände[n] des 'gesunden Menschenverstands'" – nur, damit wir nicht aneinander vorbeireden...

Deinem letzten Absatz stimme ich voll zu.

Zurück zum Thema.
Ich widerspreche dem Eingangsbeitrag in zwei Hinsichten:
1. Der Detailgrad der Regeln ist unabhängig vom Realismusgefühl beim Rollenspiel.
2. Auch bspw. Soziologen haben (bisweilen erhebliche) Vorbehalte bei bestimmten Rollenspielen.

Offline Maarzan

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Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #45 am: 22.11.2012 | 14:07 »
Das war, weil man des öfteren hört man braucht gar nicht so viele Regeln, man entscheidet einfach naqch GutemMenschenVerstand, der natürlich mit der eigenen Meinung überein fällt ... .

Der Detailgrad/Abstraktionsgrad bestimmt, welche Elemente aus der Spielwelt man wirklich anspielen kann, weil es auf dem gegebenen Detailgrad dazu Entscheidungen gibt.
Wenn die gewünschte Handlung bzw. die von ihr beeinflußten oder zu berücksichtigenden Parameter der Abstraktion zum OPfer gefallen sind, steht diese Entscheidung eben nicht mehr an.
Da aber gewisse Parameter von Leuten als unterschiedlich wirkend erwartet werden und so eine Abweichung von ihrem plastischen, analogen Realitätsverständnis darstellt, wird auch dies als unrealistisch empfunden.

Das mit den Soziologen habe ich nicht verstanden.
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Offline Oberkampf

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Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #46 am: 22.11.2012 | 18:54 »

Das mit den Soziologen habe ich nicht verstanden.

Frag Dich mal, wie glaubwürdig eine raumfahrende (wissenschaftstreibende) Kultur wie die Klingonen ist. Die sind nämlich Quatsch.
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Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #47 am: 22.11.2012 | 18:59 »
Schließlich erklärt Dein Argument zwar, warum ich fliegende Drachen akzeptiere, aber nicht, warum ich mit unbegrenzten Heilkapazitäten in einem "klassischen" Fantasy-Setting Probleme habe. Hier zieht die Rechtfertigung durch das Setting dann nicht mehr.

Das Problem mit unbegrenzten Heilkapazitäten dürfte keines des mangelndem Realismus, sondern mangelnder Plausibilität sein. Wenn eine ausreichend große Menge Priester mit magischen Heilfähigkeiten existiert, dürften Menschen nur noch an Altersschwäche sterben.
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Offline Maarzan

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Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #48 am: 22.11.2012 | 20:15 »
Frag Dich mal, wie glaubwürdig eine raumfahrende (wissenschaftstreibende) Kultur wie die Klingonen ist. Die sind nämlich Quatsch.

Hab den sozio-Hinweis im Quote-Beispiel eben erst entdeckt. Und ich hab einige solche Diskussionen erlebt, aber primär halt live.
Im Internet schießen zu schnell Leute quer, die sich alleine durch die Diskussion anderer Leute bereits provoziert sehen diese zu sprengen.
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Offline Oberkampf

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Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #49 am: 22.11.2012 | 20:28 »
Hab den sozio-Hinweis im Quote-Beispiel eben erst entdeckt. Und ich hab einige solche Diskussionen erlebt, aber primär halt live.
Im Internet schießen zu schnell Leute quer, die sich alleine durch die Diskussion anderer Leute bereits provoziert sehen diese zu sprengen.

Ich hoffe, Du hast meine Antwort nicht als Provokation oder Überreaktion aufgefasst. Das ist nur mein Standardbeispiel für eine Gesellschaft, die ich weder für realistisch noch für in irgendeiner Form glaubwürdig halte, Postmoderne hin oder her.
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Offline Maarzan

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Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #50 am: 22.11.2012 | 20:39 »
Ne, das war eine zweigeteilte Antwort.  Alles im grünen Bereich.
Jetzt verstehe ich dein Beispiel und der zweite Satz war dann die Antwort zu der Aussage an dem Originalbeispiel, welches mir erst durchgegangen ist.
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Offline Gummibär

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Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #51 am: 25.11.2012 | 18:05 »
@ Hank Scorpio

Danke für deinen guten Beitrag. :) Immersion benötigt nicht bei allen Spielern Realismus, das stimmt. Manche Spieler haben die Fähigkeit und den Willen, Genrekonventionen als Spielweltrealität zu akzeptieren. Dabei könnte ich mir vorstellen, dass manche Spieler (fast) alle möglichen Genrekonventionen akzeptieren und manche Spieler nur bestimmte Genrekonventionen. Für manche Spieler hilft Realismus also der Immersion im Gegensatz zu allen oder manchen Genrekonventionen.

Genrekonventionen sollten klar kommuniziert und als solche benannt werden. Wenn der SL sagt, er bietet ein Spiel im Genre Action an, dann hat man die Möglichkeit, sich auf die entsprechende Spielweltrealität einzustellen. Wenn der SL sagt, er hat ein Abenteuer mit viel Action, dann ist nicht klar, ob auch das Genre Action ist.

(Das mit dem „Fühlen“ wurde auch schon im Thread mit der Gedankensychronizität eingebracht, letztere ist evtl nur eine Technik(?) um ersteres, das eigentliche Ziel, zu erreichen. Allerdings müssen die Gefühle nicht zwangsläufig stark sein.)



Unter welchen Bedingungen ist man bereit, den Unglauben auszusetzen (suspension of disbelief)? Viele sagen dann: „Das liegt an den Genre-Konventionen; wer Drachen für unrealistisch und blöd hält, der spielt halt nicht in einem Fantasy-Setting.“ Ist das wirklich nur eine Geschmacksfrage?
Dennoch: Wann akzeptiere ich Genre-Konventionen als hinreichende Gründe für ein bestimmtes Phänomen und wann wird mir das zu viel und ich halte das für unrealistisch?

Das ist, glaube ich, eine Schlüssel-Frage, aus der man einen neuen Thread machen kann. Dabei würde ich folgendermaßen differenzieren:

Normalerweise existiert ein gravierender Unterschied zwischen der Wahrnehmung in Rollenspielen von Dingen, die es in unserer Realität gibt, und solchen, die es hier nicht gibt, die also fürs Spiel dazuerfunden werden. Von Dingen, die in unserer Realität gewissen Gesetzmäßigkeiten unterworden sind, erwartet man, dass sie es auch im Spiel sind, sofern nicht begründet eine andere Aussage getroffen wird.

Das macht es einfach, Magie oder persönlich für alle sichtbar auftretende Götter zu akzeptieren, aber schwierig, diese Akzeptanz aufzubringen, wenn normale Menschen nicht in der Lage sind, sich eine warme Mahlzeit zuzubereiten.

Bei Dingen, die es in der Realität nicht gibt, ist es klar, dass sie irgendeiner Genrekonvention unterliegen müssen. Selbst wenn der Drache nicht fliegen kann: Realisisch ist er nicht. Man kommt gar nicht in die Gefahr, zu überlegen, ob ein Drache realistisch ist, denn Drachen gibt es in der Realität einfach nicht.

Die Flugfähigkeit von Drachen kann man natürlich als unrealistisch bewerten, wenn das Setting die Regeln der Aerodynamik als Begründung angibt (und das tut es, wenn es nichts anderes angibt). Da der Drache an sich aber schon unrealistisch ist, gibt es überhaupt kein Problem, die Flugfähigkeit mit Magie zu begründen. Unrealistischer wird der Drache dadurch nicht, denn er ist ja eh schon unrealistisch.

Kritisieren kann man natürlich weiterhin, warum der Drache mit den Flügeln schlägt, falls er das tut...

Wenn das, was Du sagst, richtig ist, dann müsste allen Beteiligten immer klar sein, was konkret als dazuerfunden zu gelten hat und was als "real". Das mag zwar oft der Fall sein, ich würde aber bezweifeln, dass das allen ständig klar ist.

Ich denke schon, dass das klar ist, so lange die Genrekonventionen klar sind. Ich spiele normalerweise irgendeine Art von Fantasy, es ist also klar, dass Magie, Götter und fantastische Kreaturen "dazuerfunden" sind. Hast du ein Gegenbeispiel?



Ich widerspreche dem Eingangsbeitrag in zwei Hinsichten:
1. Der Detailgrad der Regeln ist unabhängig vom Realismusgefühl beim Rollenspiel.
2. Auch bspw. Soziologen haben (bisweilen erhebliche) Vorbehalte bei bestimmten Rollenspielen.

Ich glaube nicht, dass das dem OP widerspricht. Letzteres sehe ich genau so.
Du greifst Teichdragon & Co. an und äußerst jetzt Unverständnis, wenn sich einer von ihnen zu Wort meldet?

Gut gemacht.  :gaga:

Offline Skiron

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Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #52 am: 26.11.2012 | 11:29 »
Danke für deinen guten Beitrag. :) Immersion benötigt nicht bei allen Spielern Realismus, das stimmt. Manche Spieler haben die Fähigkeit und den Willen, Genrekonventionen als Spielweltrealität zu akzeptieren. Dabei könnte ich mir vorstellen, dass manche Spieler (fast) alle möglichen Genrekonventionen akzeptieren und manche Spieler nur bestimmte Genrekonventionen. Für manche Spieler hilft Realismus also der Immersion im Gegensatz zu allen oder manchen Genrekonventionen.

Vielleicht wäre es hilfreich, wenn Du Realismus unterteilst?

Also versuchst aufzuschlüsseln in welchen Bereichen jemand Realismus möchte.
Am auffälligsten finde ich bisher die Diskrepanz zwischen Realismus (Betonung auf Glaubwürdigkeit der Charaktere/NSC)
und Realismus (Naturgesetze).

Ich nehme an, beim ersten geht es um das "Mitfühlen können" und beim zweiten um das "Handeln können".

Ich schätze, dass man das auch noch unterteilen kann.
Ein sehr gutes Beispiel ist das des Soziologen, der sich Gedanken um die Gesellschaftsstruktur macht,
wenn man tatsächlich Heiler hätte, die immer heilen könnten.

Was mich zu einem weiteren Punkt von Realismus bringt.
Man kann einen Zusammenhang zwischen Phantastischer Literatur und Geisteswissenschaftlichen Erkenntnissen ziehen,
wenn ersteres, die Erkenntnisse aufgreift und mit dem Gedanken spielt, was passiert, wenn es möglich ist.

Das bedeutet eine bestimmte Idee ist jetzt noch nicht real, aber die Technik/Erkenntnisse lassen annehmen,
dass sie möglich sein werden/könnten.

Als Beispiel kann man Stanislaw Lem anführen, der in den Weltraumtagebüchern mit diesen Erkenntnissen spielt,
sich also einzelne Beispiele herausgreift und durchspielt, was wäre wenn?

Bei dem Drachenbeispiel kann man anführen, dass es Flugdinosaurier gab, Biologen würden sich ev. dafür interessieren,
welche Bedingungen nötig sind, damit sich fliegende Drachen entwickeln könnten. Hierbei würden sie sich natürlich an der Realität
orientieren und könnten vermutlich sehr genau angeben, wie diese Drachen aussehen würden und welches Mittel sie zum fliegen nutzen würden.

Im Prinzip kann man sagen, dass es inzwischen schon einen eigenen Bereich gibt, der sich mit den Fähigkeiten von Tieren befasst (Bionik)
und nicht umsonst wirkt dies inspirierend auf z.B. die Gestaltung von Technik oder auch Superhelden.

Offline Arldwulf

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Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #53 am: 26.11.2012 | 12:04 »
Kritisieren kann man natürlich weiterhin, warum der Drache mit den Flügeln schlägt, falls er das tut...

Selbst das wäre schon fragwürdig als Kritik - schließlich hilft Flügelschlagen durchaus auch dann wenn der Drache sich mit Magie leichter macht (und dadurch eben doch mit seiner Flügelspannweite ausreichend bestückt ist)

Pyromancer

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Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #54 am: 26.11.2012 | 12:54 »
Im Grundregelwerk des "Engel"-Rollenspieles haben die Macher eine ganze Seite dem Thema "Flugfähigkeit" spendiert, mit Abschätzungen von Tragflächen und Vergleich von real existierenden Vogelflügeln, mit der Folgerung, dass ein ausgewachsener Engel eine Flügelspannweite von 12-14 Metern haben müsste - und die hat er in der Spielwelt-Realität auch. Aber warum macht man sich diesen Aufwand, wo es doch eh keine Engel gibt und andere Setting-Aspekte mit "mei, is halt Magie" oder GAR NICHT erklärt werden? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass ich es richtig gut fand, und ich mir gewünscht hätte, dass die Macher alle anderen Aspekte der Spielwelt-Realität genauso gut durchdacht hätten.

Offline Arldwulf

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Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #55 am: 26.11.2012 | 13:36 »
Das Problem ist ja auch nicht nur die Spannweite, sondern viel mehr die niedrige Geschwindigkeit.

So ein D&D Drache fliegt teilweise mit 40km/h...da hilft auch mehr Spannweite nur sehr bedingt (bzw. müsste dann schon sehr viel mehr sein)

Gleichzeitig ist es eigentlich unrealistisch derart niedrige Geschwindigkeiten für fliegende Kreaturen anzunehmen, diese haben letztlich vor allem Balancing Gründe. Eine Lösung ist also auch einfach die echte Fluggeschwindigkeit deutlich höher anzunehmen und stattdessen die angegebene Geschwindigkeit eher als eine Art sehr kurzfristig (und anstrengend) aufrecht zu erhaltender "Kampf" Geschwindigkeit gegen Ziele am Boden zu werten. Mit höherer Geschwindigkeit reduzieren sich die notwendigen Flügelspannweiten.

Offline ArneBab

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Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #56 am: 26.11.2012 | 18:03 »
Genrekonventionen sollten klar kommuniziert und als solche benannt werden. Wenn der SL sagt, er bietet ein Spiel im Genre Action an, dann hat man die Möglichkeit, sich auf die entsprechende Spielweltrealität einzustellen. Wenn der SL sagt, er hat ein Abenteuer mit viel Action, dann ist nicht klar, ob auch das Genre Action ist.
Die meisten Rollenspielbücher enthalten doch eine ganze Reihe Kurzgeschichten. Sie sollten die Konventionen der Spielrealität vermitteln.

Meiner Ansicht nach sollten die Regeln diese Geschichten widerspiegeln. Wenn das nicht passt, stört mich das im Spiel. So zum Beispiel geschehen bei Witchcraft.
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