Autor Thema: [Stimmen] Innere Konflikte und die Entwicklung einer Geschichte  (Gelesen 2708 mal)

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Offline Gaukelmeister

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Kürzlich habe ich allgemein darüber nachgedacht, wie Charakterentwicklung und Plotentwicklung miteinander zusammenhängen und wie viel Geschichte notwendig ist, wenn man sich auf die Charakterentwicklung konzentriert (Charakterentwicklung wichtiger als Plot). Bei der Diskussion ist mir recht schnell klar geworden, dass es sinnvoller ist, darüber nicht abstrakt zu diskutieren, sondern konkret bezogen auf das System, an dem ich arbeite. Denn schließlich stellt sich mir hier die Frage, wie ich weitermachen soll. Im Folgenden skizziere ich kurz die Grundidee von Stimmen und erläutere dann meine Fragen zum Verhältnis von inneren Konflikten, Charakterentwicklung und Plotentwicklung. (Für die bisher ausführlichste Skizze dazu, worum es bei Stimmen geht und wie es abläuft, könnt ihr ins Diary von der ersten Testrunde schauen. Allerdings gibt es noch nicht einmal eine Vorabversion eines Regelwerks - ich arbeite noch daran.)

Das zentrale Thema von Stimmen sind innere Konflikte. Die Grundidee ist, dass man die widerstrebenden Gefühle, Neigungen, Überzeugungen etc., die jeder Mensch in sich trägt und die darum streiten, was der Mensch tut, auf die Bühne holt. Jeder Mensch trägt in sich verdrängte, unterdrückte oder vergessene Träume, Triebe und Ansichten. Bei Stimmen nimmt diese alltägliche Vielstimmigkeit dramatische Formen an: jeder Charakter muss darum kämpfen, dass die Stimmen in seinem Kopf nicht die Kontrolle an sich reißen. Denn die Stimmen verfolgen andere Ziele als der Charakter. Wo der Charakter verzeihen will, fordert die Brutalität Vergeltung. Wo der Charakter für seine Überzeugungen kämpfen will, drängt sich die Hoffnungslosigkeit in seine Gedanken und lässt ihn verstummen.

Das Spiel wird derzeit für drei Spieler + Spielleiter ausgearbeitet. Jeder Spieler erschafft sich einen Charakter. Zu den Charakteren der anderen erschafft jeder Spieler jeweils eine Stimme (also gibt es am Ende drei Charaktere mit jeweils zwei Stimmen). Der SL präsentiert die Welt.

In jeder Szene steht einer der drei Charaktere im Mittelpunkt. Die Szene thematisiert jeweils etwas, das für den Charakter von großer Bedeutung ist (also beispielsweise wichtige Hoffnungen & Ziele, Werte & Überzeugungen oder zwischenmenschliche Beziehungen). Die beiden Spieler, die die Stimmen zu dem Charakter führen, versuchen nun, die Kontrolle zu übernehmen und ihre eigenen Wünsche und Ziele realisieren. Sobald es einer Stimme gelingt, die Kontrolle zu übernehmen, verändert sich das Charakterverhalten entsprechend und der Charakter handelt so, dass seine eigentlichen Ziele vereitelt werden, er eigene Überzeugungen verletzt etc.

Die Charaktere und die Stimmen werden im Laufe des Spiels immer präziser ausgearbeitet, indem sie neue Aspekte bekommen und neue Episoden aus der Lebensgeschichte des Charakters festgelegt werden.

Nun zu dem Problem: Damit die Konflikte zwischen Charakter und Stimmen elektrisierend werden, muss für den Charakter etwas auf dem Spiel stehen. Deswegen ist es wichtig, dass die Charakter-Welt-Interaktion hinreichend lebendig ist und deutlich wird, welche Konsequenzen der Kontrollverlust hat. Bei der Charaktererschaffung (und im weiteren Verlauf des Spiels) legen die Spieler deswegen fest, was für ihre Charaktere von herausragender Bedeutung ist. Beim Sceneframing wird das dann aufgenommen, so dass also gewährleistet ist, dass in der Szene etwas thematisch wird, das für den Charakter wichtig ist.

So weit so gut. Nun ist die Frage, wie wichtig es ist, dass man als SL Szenen bastelt, die sich zu einer Geschichte zusammenfügen. Es wäre ja nach dem bisher Gesagten problemlos möglich, nacheinander wichtige Aspekte zu thematisieren, ohne dass die Szenen sich zu einer Einheit zusammenfügen. Bisher gibt es im Regelwerk nur eine einzige Vorkehrung, damit das Ganze nicht völlig zerfasert: zu Beginn des Spiels einigen sich die Spieler auf ein Schlüsselereignis, das für jeden Charakter bedeutsam ist. Die erste Szene jedes Charakters muss dann Bezug nehmen auf das Schlüsselereignis.

Jenseits dessen setze ich bisher allein auf die kreative Kraft des SLs. Vielleicht sollte man aber noch mehr Vorgaben dazu machen, wie der SL die Szenen framed, so dass man im weiteren Verlauf des Spiels eine Geschichte entwickelt. Ich bin mir nicht sicher, ob das sein muss. Vielleicht reicht es auch, ein Schlüsselereignis zu haben, das einen Kontext für alle vorgibt, und dann die Szenen rund um Charakteraspekte zu entwickeln. Hier wäre der SL gefordert, sich relevante Szenen auszudenken und gleichzeitig die Entwicklung eines größeren erzählerischen Rahmens so weit voranzutreiben, wie es notwendig ist, damit das Spiel cool ist.

Was meint ihr, braucht es konkrete Vorgaben dafür, wie sich das Spiel Szene für Szene entwickeln sollte? Oder kann man da ganz auf die Einfälle des SLs (und natürlich der Spieler, die Ideen einbringen) vertrauen? Einerseits reizt es mich, ein strengeres Korsett vorzugeben. Andererseits sollte das Spiel auch nicht zu komplex werden.
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Offline scrandy

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Die Frage ist im Grunde, wie viel Plot willst du?

Ich fände das eigentlich als Anlehnung an diese Filme cool, die mit mehreren Personen getrennt starten, aber bei denen man weiß, dass ihre Geschichten sich irgendwann überlagern werden. Vielleicht wäre es auch cooler, wenn der Plot zu Beginn schon bekannt ist und jeder gegen jeden spielt und der SL Schiedsrichter ist.

Nach dem Motto: Brian(SC) ist verliebt in Veronika und führt mit ihr eine noch sehr frische aber glückliche Beziehung. Veronika arbeitet aber zusammen mit Jack(SC) in einer Medienfirma und Jack wird sie bitten mit ihm als Korrespondent ins Ausland zu gehen. Da der Chef Jack nur ins Ausland schicken wird, wenn Veronika ihn begleitet, wird er alles dran legen sie zu überreden. Filben(SC), der Vater von Veronika ist ein richtig konservativer Kerl, der es nicht erträgt, das seine Tochter nicht mehr unter seiner kontrolle ist und wird alles daran setzen, dass sie weder mit diesem Versager zusammen bleibt noch als Frau karriere macht.

Alles dreht sich also um ein klares Ziel. Der SL legt zu beginn die Szenen fest in denen die Charaktere den Plot versuchen in eine Richtung zu drängen. Dabei können sie Dinge vermasseln aber auch Dinge zum guten wenden. Erst am Schluss wird sich entscheiden, was Veronika tun wird.

Allerdings hättest du noch die Möglichkeit jenseits der regelmäßigen Stimmen-Szenen, zunächst erstmal normale Szenen spielen zu lassen und die Konkurrenten sich als Stimme einkaufen zu lassen (wenn es brenzlich wird). Man gibt dafür jeweils einen Chip aus. Diese Chips werden dann für besonderes Charakterspiel als Fanmail-Variante zurückgegeben (Nach welchen Kriterien müsstest du noch klären). So würde ich das jedenfalls mit der Story machen. Das würde sich dann ähnlich anfühlen wie Western City jedoch mit dem Fokus auf den Stimmen und den Konflikten im Kopf.
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Offline Dr.Boomslang

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Ah, es geht also gar nicht um einen Charakter und seine Stimmen, sondern um mehrere mit je zwei Stimmen. Das macht alles komplexer. Warum spielen nicht einfach alle nur eine Stimme und der SL den Charakter? Dann wäre zumindest eine Gemeinsamkeit völlig klar, und der Fokus der Geschichte vorhanden. Ich weiß allerdings nicht ob das nicht ein ganz anderes Spiel ist als das was du im Kopf hast.

Wie interagieren die Stimmen? Oder interagieren immer nur Stimme und zugehörige Person? Sind die Stimmen Antagonisten oder warum sollen es zwei sein?

Zur Sache mit dem Plot. Du musst nicht zwangsläufig eine Szenen- oder Themenfolge vorgeben um eine Geschichte zu forcieren. Wenn du es ganz geschickt machst ist die Geschichte eher emergent und geht aus einem Mechanismus hervor, ohne das es offensichtlich ist. Die Struktur ist also dann implizit nicht explizit.
Z.B. die Transzendenz bei TSoY hängt von einem Würfelwurf ab der wiederum mit Fertigkeiten zusammen hängt, die wiederum mit der Entwicklung der Figur zusammenhängen, die wiederum mit den Keys zusammenhängt. Das ist implizite Struktur. Das Ziel wird vorgegeben, aber der Weg dahin entsteht durch zwingende Zusammenhänge, die individuell ausgestaltet werden müssen. Es wird nicht einfach nur eine Struktur nach dem Muster Szene 1: Exposition, Szene 2: Konflikt etc. abgearbeitet.
Ähnlich ist es bei Shades. Da entsteht die Gemeinsamkeit der Charaktergeschichten daraus dass Spieler gezwungen sind Widersprüche zu Erzählung der anderen Spieler zu erzeugen und diese dann wieder aufzulösen, bevor es zu einer Lösung kommen kann. Dadurch entwickeln sich Kreuzungen in ansonsten unabhängigen Storylines. Und das ganze ohne direkte Kommunikation unter den Spielern!
Man kann sich da eine ganze Menge raffiniertes überlegen, auch ohne hohe Komplexität.
« Letzte Änderung: 31.08.2009 | 22:12 von Dr.Boomslang »

Offline Gaukelmeister

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Ich fände das eigentlich als Anlehnung an diese Filme cool, die mit mehreren Personen getrennt starten, aber bei denen man weiß, dass ihre Geschichten sich irgendwann überlagern werden. Vielleicht wäre es auch cooler, wenn der Plot zu Beginn schon bekannt ist und jeder gegen jeden spielt und der SL Schiedsrichter ist.
[...]

Pragmatisch gesehen, wäre es sicherlich besser, verschiedene Storylines zusammenlaufen zu lassen. Denn das bisherige Design erschwert Charakterinterkation erheblich. Wenn nämlich ein Charakter gerade im Zentrum steht, sind die beiden anderen Spieler für die Stimmen verantwortlich. Wenn nun also zwei Charaktere in derselben Szene wären und beide gleichberechtigt sein sollen, dann würden die beiden Spieler nicht nur ihre Charaktere, sondern gleichzeitig auch noch wechselseitig eine Stimme spielen. Das ist mindestens kompliziert, vielleicht aber auch einfach nur Quark.

Natürlich könnte man das dadurch auffangen, dass man Charakterinteraktionsszenen einbaut, in denen die Stimmen nicht vorkommen. Dadurch könnte man die Charakterdynamik beobachten, ohne die Überfrachtungsprobleme zu bekommen. Allerdings wäre jede solche Szene nicht auf das Thema (innere Konflitke) fokussiert. Man müsste deswegen nachdenken, ob es insgesamt wirklich zu einem besseren Spielerlebnis wird, wenn man viele Szenen ohne Stimmen einbaut.

Alternativ wäre es möglich, Charakterinteraktionen zwischendurch nur kurz zu erzählen (ohne sie auszuspielen). Die Stimmenkonflikte hätte man hier dann auch nicht drinnen, man würde aber nicht so viel Zeit verlieren. - Aber letztlich bleibt eben die Frage, ob man das überhaupt benötigt.

Ah, es geht also gar nicht um einen Charakter und seine Stimmen, sondern um mehrere mit je zwei Stimmen. Das macht alles komplexer. Warum spielen nicht einfach alle nur eine Stimme und der SL den Charakter? Dann wäre zumindest eine Gemeinsamkeit völlig klar, und der Fokus der Geschichte vorhanden. Ich weiß allerdings nicht ob das nicht ein ganz anderes Spiel ist als das was du im Kopf hast.

Genau, das Ganze ist zurzeit schon ziemlich komplex. Deswegen will ich ja auch nur sehr behutsam die Komplexität weiter erhöhen, indem ich zusätzlich noch Strukturvorgaben für die Geschichte etc. einbaue.

Ich möchte gerne, dass jeder Spieler einen Charakter spielt, weil es andernfalls (wenn also alle Spieler jeweils eine Stimme desselben Charakters spielen würden) zu eng an dem dran wäre, was man sonst so spielt - man hätte dann wieder die Situation: Charakter in der Welt - wobei die Welt dieses Mal einfach ein anderer Charakter wäre. Ich finde es aber gerade spannend, dass man einerseits die "normale" Charakter-Welt-Interaktion hat, andererseits aber in den Kopf des Charakters hineinzoomt. Als Spieler bin ich auf beiden Seiten des Konfliktes. Wenn jeder einfach nur eine Stimme spielen würde, wäre mir erstens der Unterschied zu anderen Spielen nicht deutlich genug. Und zweitens würde das Thema dadurch weit weniger fühlbar.
 

Wie interagieren die Stimmen? Oder interagieren immer nur Stimme und zugehörige Person? Sind die Stimmen Antagonisten oder warum sollen es zwei sein?

Zwei Stimmen soll es geben, weil ja die Vielstimmigkeit die Ursprungsidee ist. Natürlich wären mehr als zwei Stimmen rein von der Fiktion her gedacht noch spannender (vgl. bspw. Matt Ruff "Set this house in order"). Aber das ließe sich mMn auf gar keinen Fall im Spiel abbilden. Zwei ist dann das Minimum, um Pluralität einzufangen.

Die Stimmen liegen im Konflikt miteinander. Allerdings weiß ich zurzeit noch nicht genau, wie viel Raum diese Konflikte am Spieltisch einnehmen sollen. Einerseits ist es natürlich extrem verlockend, Stimme vs. Stimme-Konflikte auszuspielen und über solche Dinge wie Allienzen zwischen den Stimmen gegen den Charakter oder dem Charakter und einer Stimme gegen die andere Stimme nachzudenken. Aber das macht es erneut wesentlich komplexer - und ich will das Spiel spielbar halten.

Mein Problem ist es eben, dass drei Charaktere + je zwei Stimmen ziemlich viel Personal sind, das ordentlich in Szene gesetzt werden muss. Da muss ich sehr vorsichtig mit zusätzlichen Vorgaben sein.

Zur Sache mit dem Plot. Du musst nicht zwangsläufig eine Szenen- oder Themenfolge vorgeben um eine Geschichte zu forcieren. Wenn du es ganz geschickt machst ist die Geschichte eher emergent und geht aus einem Mechanismus hervor, ohne das es offensichtlich ist. Die Struktur ist also dann implizit nicht explizit.

Das ist ja auch schon der Hinweis von Haarald gewesen, der bei mir sofort klick gemacht hat. Ich könnte dadurch den Fokus behalten und mich auf mein Thema konzentrieren, hätte aber andererseits den gewünschte Einbettung der Charaktere in einer geschichtlichen Zusammenhang. In dieser Richtung werde ich mir in der nächsten Zeit verstärkt Gedanken machen.

Man kann sich da eine ganze Menge raffiniertes überlegen, auch ohne hohe Komplexität.

Dein Wort in Gottes Ohr - möge er mein Denken entsprechend anregen :)
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Offline Dr.Boomslang

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Also wenn Charakterinteraktion ohnehin schwierig ist, weil alle dann Stimmen und Charaktere spielen müssen, dann würde ich doch als erstes da ansetzen: Weniger Charaktere. Also warum nicht nur einer?
Was ich auch noch nicht ganz verstehe ist warum die Stimmen gegen den Charakter als solches stehen und dann auch nochmal gegeneinander. Ist der Charakter selbst dann nicht sowas wie eine eigene Stimme, die Hauptstimme sozusagen? Da ist irgendwas doppelt gemoppelt, denn eine Pluralität hätte man dann allein schon durch Charakter + Stimme.


Dazu fallen mir zwei Sachen ein:
Erstens: Was wenn man den eigenständigen Charakter komplett weg lässt? Das hieße den Charakter in dem Sinne gibt es gar nicht, sondern es gibt nur Stimmen im Konflikt. Dieser Konflikt ergibt erst den Charakter. Die Stimmen kämpfen untereinander um Kontrolle. Die Handlungen des Charakters ergibt sich durch Kompromisse, Siege und Niederlagen der Stimmen.
Der SL würde ganz normal die Umwelt spielen, den Charakter selbst spielt niemand exklusiv, sondern alle Spieler zusammen durch ihre Stimmen. Das ist dann schon ein Unterschied zu Spieler->Charaktere SL->Umwelt. Die Spieler wären quasi durch einen Charakter zu einer natürlichen Gruppe geformt und hätten was die Umwelt angeht sogar nur eine Identität (und einen Körper). Sie sind also egal wie stark die Konflikte sind auch voneinander abhängig. Man könnte das Spiel auch mit 2-4 oder gar 5 Spielern spielen, und wäre etwas variabler.

Zweitens: Man könnte auch eine Variante mit mehreren Charakteren machen, aber hier hat man das Problem der Interaktion von Charakteren. Für diese Variante würde ich dann die Stimmen zu einem Spieler zusammen fassen der gegen den Charakter steht, also eine "böse" Stimme gegen den "guten" Charakter selbst. Das wäre soweit ich das kenne sehr nahe am Konzept von Ron Edwards Sorcerer, wo jeder Charakter einen Dämon hat.
Man könnte das auch so machen dass die Stimmen wechselnd gespielt werden und eventuell gar keine eigene Persönlichkeiten sind, sondern grundsätzlich gegen den "guten" Willen des Charakters stehen. Also würden z.b. alle Spieler die keinen Charakter in der Szene haben spontan Stimmen übernehmen.

Eine dritte Variante wäre noch dass die Stimmen gar nicht zu einzelnen Charakteren gehören, sondern eigene Persönlichkeiten sind, die verschiedene Charaktere beeinflussen. Aber ich glaube das geht zu weit weg vom Konzept. ;)

Offline Gaukelmeister

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Vielen Dank fürs Mitdenken!

Also wenn Charakterinteraktion ohnehin schwierig ist, weil alle dann Stimmen und Charaktere spielen müssen, dann würde ich doch als erstes da ansetzen: Weniger Charaktere. Also warum nicht nur einer?

Charakterinteraktion ist zwar schwierig, aber Spielerinteraktion gibt's die ganze Zeit. Das ist ähnlich wie bei Polaris, wo es ja schwierig ist, die Hearts der beiden gegenüber sitzenden Spieler in einer Szene zu haben, weil die ja wechselseitig auch Mistaken sind. Meine Erfahrungen mit Polaris sind überschaubar, hatten aber eindeutig eine Tendenz zu Null Charakterinteraktion. Die Frage ist nun, ob das letztlich ein No go ist. Ich glaube, dass dem nicht so ist. Das w
Wichtige beim Spielen ist, dass alle Spieler etwas zu tun haben, und nicht, dass Charaktere aufeinander treffen.

Was ich auch noch nicht ganz verstehe ist warum die Stimmen gegen den Charakter als solches stehen und dann auch nochmal gegeneinander. Ist der Charakter selbst dann nicht sowas wie eine eigene Stimme, die Hauptstimme sozusagen? Da ist irgendwas doppelt gemoppelt, denn eine Pluralität hätte man dann allein schon durch Charakter + Stimme.

Es ist richtig: wenn man das Abstraktionslevel anhebt, ist auch der Charakter eine Stimme unter vielen. Aber ich bleibe hier stärker an unserem alltäglichen Erleben dran: irgendwer hat normaler Weise das Sagen und bestimmt, wo es lang geht. Was ich nun erzeugen will, ist eine Situation, in der diese natürliche Stabilität zu zerbrechen droht.

Der Charakter wird detaillierter ausgearbeitet als die Stimmen. Es ist seine Geschichte, der wir folgen. Für den Charakterspieler ist eine starke Identifikation mit dem Charakter möglich. Die Identifikation mit den Stimmen ist, glaube ich, weniger intensiv. Denn die Stimmen repräsentieren einseitige, verzerrte, kompromisslose, dysfunktionale Standpunkte. Im Spielfluss werden sie klar als Eindringlinge wahrgenommen. Und ich glaube, dass man diese Dynamik und die damit verbundene Dramatik verlieren würde, wenn man einfach nur noch gleichberechtigte Stimmen gegeneinander antreten lassen würde.

Dazu fallen mir zwei Sachen ein:
Erstens: Was wenn man den eigenständigen Charakter komplett weg lässt? Das hieße den Charakter in dem Sinne gibt es gar nicht, sondern es gibt nur Stimmen im Konflikt. Dieser Konflikt ergibt erst den Charakter. Die Stimmen kämpfen untereinander um Kontrolle. Die Handlungen des Charakters ergibt sich durch Kompromisse, Siege und Niederlagen der Stimmen.
Der SL würde ganz normal die Umwelt spielen, den Charakter selbst spielt niemand exklusiv, sondern alle Spieler zusammen durch ihre Stimmen. Das ist dann schon ein Unterschied zu Spieler->Charaktere SL->Umwelt. Die Spieler wären quasi durch einen Charakter zu einer natürlichen Gruppe geformt und hätten was die Umwelt angeht sogar nur eine Identität (und einen Körper). Sie sind also egal wie stark die Konflikte sind auch voneinander abhängig. Man könnte das Spiel auch mit 2-4 oder gar 5 Spielern spielen, und wäre etwas variabler.

Ich sehe durchaus die Vorteile dieser Lösung. Aber ich möchte gerne versuchen, so gut es geht die eingeschlagene Richtung zu verfolgen. Denn ich habe wie gesagt den Eindruck, dass das Dramatische und Mitreißende der Konflikte stärker ist, wenn ein Spieler tatsächlich dafür kämpft, dass sein Charakter, mit dem er sich identifizieren kann, unter Druck gerät.

Zweitens: Man könnte auch eine Variante mit mehreren Charakteren machen, aber hier hat man das Problem der Interaktion von Charakteren. Für diese Variante würde ich dann die Stimmen zu einem Spieler zusammen fassen der gegen den Charakter steht, also eine "böse" Stimme gegen den "guten" Charakter selbst. Das wäre soweit ich das kenne sehr nahe am Konzept von Ron Edwards Sorcerer, wo jeder Charakter einen Dämon hat.
Man könnte das auch so machen dass die Stimmen wechselnd gespielt werden und eventuell gar keine eigene Persönlichkeiten sind, sondern grundsätzlich gegen den "guten" Willen des Charakters stehen. Also würden z.b. alle Spieler die keinen Charakter in der Szene haben spontan Stimmen übernehmen.

Bei der derzeitigen Variante, die eine feste Zurordnung von Charakter und Stimmen zu den Spielern vorsieht, ist ein Spannungselement vorhanden, das verloren geht, wenn alle Spieler beliebig Stimmen einbringen können: man hat dann nämlich nicht mehr den klaren Kampf um Kontrolle. Derzeit wird ja jeder Konflikt am Ende so oder so entschieden - und jeder Spieler kann dann schauen, ob er als Charakter und/oder Stimme gewonnen hat. Wenn die Stimmen nicht mehr eindeutig zugeordnet sind, geht diese klare Opposition verloren - und damit eine gute Quelle von Spannung.


Eine dritte Variante wäre noch dass die Stimmen gar nicht zu einzelnen Charakteren gehören, sondern eigene Persönlichkeiten sind, die verschiedene Charaktere beeinflussen. Aber ich glaube das geht zu weit weg vom Konzept. ;)

Tatsächlich klingt das für meinen Geschmack zu sehr nach bösen Dämonen oder Geistern (was nicht heißt, dass ich es nicht cool fände, ein solches Spiel zu spielen).
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Offline Dr.Boomslang

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Das Wichtige beim Spielen ist, dass alle Spieler etwas zu tun haben, und nicht, dass Charaktere aufeinander treffen.
Das stimmt, aber die Frage ist dann worum sich die Geschichte dreht. Wenn mehrere ganz unabhängige Charaktere da sind, dann ist die Antwort auf diese Frage durchaus komplexer. Bei Polaris ist da die Frage: Was haben all diese Charaktere und ihre unterschiedlichen (unabhängigen) Geschichten mit dem Weltuntergang zu tun? Ich habe leider auch noch nie Polaris bis zu diesem Ende gespielt und habe da keine Erfahrung ob sich das später im Spiel irgendwie stärker auswirkt. Aber da der Weltuntergang eben ein weltbewegendes Ereignis ist, dass auch Schatten voraus wirft, findet die Interaktion potentiell bereits indirekt über die sich verändernde Welt statt.
All das hättest du hier nicht. Stimmen haben nichts miteinander zu tun, Charaktere brauchen sich erst gar nicht begegnen (und sollen es ja auch gar nicht, da es sonst viel zu verwirrend wird), und die Welt hat keine wirklich zwingend vermittelnde Rolle.

Deshalb nochmal ein Vorschlag für eine Variante mit einem Charakter: Der Charakter als Wanderpokal. D.h. es spielt immer einer der Spieler den eigentlichen Charakter. Durch Konflikte kann der Charakter dann an einen anderen Spieler übergehen und der ursprüngliche Spieler übernimmt stattdessen seine Stimme.
Dazu kann man sich dann noch überlegen wie das Verhältnis von Stimme zu Charakter sein soll. Nahe liegend wäre es dass alle Stimmen Charaktermerkmale des Charakters sind die alle mal bestimmend sein können. D.h. jeder Spieler würde seine Variante des selben Charakters spielen die entsprechend der Stimme des Spielers geprägt ist. Man könnte die Rollen der Spieler aufteilen in eine normale, funktionale Variante der Stimme, die der Situation entspricht in der der Spieler den Charakter spielt (Stimme im Einklang mit dem Charakter) und eine dysfunktionale, böse, fremde, die ein Spieler dann verkörpert, wenn eine anderer Spieler gerade den Charakter lenkt (im Konflikt mit dem Charakter).

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Das stimmt, aber die Frage ist dann worum sich die Geschichte dreht. Wenn mehrere ganz unabhängige Charaktere da sind, dann ist die Antwort auf diese Frage durchaus komplexer. Bei Polaris ist da die Frage: Was haben all diese Charaktere und ihre unterschiedlichen (unabhängigen) Geschichten mit dem Weltuntergang zu tun? Ich habe leider auch noch nie Polaris bis zu diesem Ende gespielt und habe da keine Erfahrung ob sich das später im Spiel irgendwie stärker auswirkt. Aber da der Weltuntergang eben ein weltbewegendes Ereignis ist, dass auch Schatten voraus wirft, findet die Interaktion potentiell bereits indirekt über die sich verändernde Welt statt.
All das hättest du hier nicht. Stimmen haben nichts miteinander zu tun, Charaktere brauchen sich erst gar nicht begegnen (und sollen es ja auch gar nicht, da es sonst viel zu verwirrend wird), und die Welt hat keine wirklich zwingend vermittelnde Rolle.

Genau. Jetzt sind wir am Ausgangspunkt meiner Nachfrage zum Zusammenhang von Charakaterfokus/Fokus auf inneren Konflikten und einer Geschichte angelangt. Ich sehe dieselben Probleme, die du aufzählst. Und solche Sachen wie das Schlüsselereignis sollen da gegensteuern. Meine Frage ist nun, ob man da noch mehr bräuchte -also beispielsweise solche Sachen, wie Scrandy sie vorgeschlagen hat. - Dass du jetzt, nachdem ich es endlich geschafft habe, mein Problem verständlich zu machen, dafür plädierst, dass Spiel grundsätzlich anders aufzuziehen, ist natürlich sehr schade  ;)

Deshalb nochmal ein Vorschlag für eine Variante mit einem Charakter: Der Charakter als Wanderpokal. D.h. es spielt immer einer der Spieler den eigentlichen Charakter. Durch Konflikte kann der Charakter dann an einen anderen Spieler übergehen und der ursprüngliche Spieler übernimmt stattdessen seine Stimme.
Dazu kann man sich dann noch überlegen wie das Verhältnis von Stimme zu Charakter sein soll. Nahe liegend wäre es dass alle Stimmen Charaktermerkmale des Charakters sind die alle mal bestimmend sein können. D.h. jeder Spieler würde seine Variante des selben Charakters spielen die entsprechend der Stimme des Spielers geprägt ist. Man könnte die Rollen der Spieler aufteilen in eine normale, funktionale Variante der Stimme, die der Situation entspricht in der der Spieler den Charakter spielt (Stimme im Einklang mit dem Charakter) und eine dysfunktionale, böse, fremde, die ein Spieler dann verkörpert, wenn eine anderer Spieler gerade den Charakter lenkt (im Konflikt mit dem Charakter).

Ich werde die Option im Auge behalten. Das ist übrigens nah an meiner ursprünglichen Idee dran, die einfach lautete, dass die Spieler gemeinsam einen Charakter spielen. Aber ich habe den Eindruck, dass ein Charakter pro Spieler viel mitreißender ist, als ein Charakter, der allen zusammen gehört - und damit keinem so richtig. Doch du bist nicht der erste, der spontan vorschlägt, sich auf einen Charakter zu konzentrieren - ab einem gewissen Punkt muss ich also aufpassen, dass mein Festhalten an mehreren Charakteren nicht mehr Ausdruck einer starken Intuition, sondern Zeichen stumpfer Dickköpfigkeit ist.

Übrigens könnte man sich auch auf einen Charakter konzentrieren und gleichzeitig eine feste Zuteilung von Funktionen hat. Also ein Charakterspieler, zwei Stimmenspieler und ein SL. Aber wenn man das so aufzieht, müsste man tatsächlich daran arbeiten, dass alle Spieler hinreichend interessante Aufgaben haben.

Ach ja, das ist schon so eine Sache: einerseits will ich gerne umsetzen, was in meinem Kopftheater so wunderbar funktioniert. Andererseits muss ich mich zwangsläufig von liebgewonnen Ideen trennen, damit ein spielbares Spiel dabei herauskommt. Es ist gar nicht einfach, hier frühzeitig zu sehen, wo es sich lohnt, hartnäckig zu bleiben, und wo man lieber rasch die Alternativen ausarbeitet.
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Offline Dr.Boomslang

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Das Problem mit mehreren Charakteren das ich außer der Komplexität bei der Interaktion sehe, ist dass mir kein vernünftiger zum Thema passender Plot dazu einfällt. Jede Gemeinsamkeit der Charaktere wäre irgendwie erzwungen, oder würde das Spiel in eine bestimmte Richtung erweitern, und damit eventuell vom Stimmen-Konzept entfernen.

Sollen die Stimmen überhaupt echte Stimmen sein, oder was stellen die eigentlich dar? Ist das was ganz normales was jeder Mensch hat, oder sind die Charaktere irgendwie was besonderes?
Über eine gemeinsame Besonderheit könnte man ja eine thematische Verbindung zwischen unabhängig agierenden Charakteren herstellen. Das wäre auch der Fall bei meiner Idee mit einer festen Gruppe von Stimmen für alle Charaktere. Die Gemeinsamkeit der Charaktere würde dann hergestellt darüber das sie alle die gleichen Stimmen hören...

Edit: Ok, ich habe jetzt mal das Diary gelesen. Hätte das mal vorher machen sollen... ;)
Die Stimmen sind also definitiv sowas wie Charaktermerkmale und auf jeden Fall schlechte. Ich denke mal dieses zentrale Konzept soll bleiben, oder? Es wäre natürlich immer noch denkbar dass die Stimmen nicht Teil einer einzigen Persönlichkeit sind, sondern eher allgemeine Eigenschaften wie Hass, Furcht etc. und für alle gespielten Charaktere gelten. Ich glaube aber auch das ist zu weit entfernt von Konzept.

Ich komme leider immer wieder zum Schluss dass ein einzelner Charakter das beste ist, da hätte ich einfach die besten Ideen. Ihr habt ja auch nur für jeden Charakter eine Szene gespielt. Die Geschichte wäre wahrscheinlich sehr unübersichtlich geworden, hättet ihr weiter gespielt.

Was mir gerade zur Variante mit mehreren Charakteren einfällt: Ich weiß nicht wie zentral Traumata sein sollen. Könnte es z.B. sein dass ein entscheidendes Trauma alle Charaktere betrifft und die Stimmen unterschiedliche Folgen dieses gemeinsamen Ereignisses sind? Ziel könnte es sein das aufzudecken. Aber wie gesagt das würde dem Spiel einen starken Twist in eine Richtung geben.
« Letzte Änderung: 2.09.2009 | 01:48 von Dr.Boomslang »

Offline Gaukelmeister

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@ Sind Charaktere besonders, weil sie Stimmen haben?
An der Frage beiße ich mir auch noch die Zähne aus. Die Grundidee ist ja, dass Stimmen mehr oder weniger in jeder Person vorhanden sind. Jeder hat widerstrebende Neigungen, Wünsche etc. Fürs Rollenspiel muss das natürlich dramatisiert werden. Aber die Frage ist, ob man jetzt zusätzlich noch eine Story liefern soll, warum die Konflikte bei den Charakteren so ausgeprägt sind. Nahe liegende Ideen sind: es handelt sich um psychisch Kranke, Erwachte, von Engeln geküsste, durch Drogen Veränderte, durch Aliens Manipulierte, magische Begabte - usw. Das Problem hierbei ist, dass sich der Fokus von den inneren Konflikten auf das Setting verschiebt. Außerdem verliert man die derzeitige Offenheit bei der Settingwahl, die ja erst einmal plausibel erscheint, da das Thema "innere Konflikte" überall virulent ist, wo Menschen (oder Elfen etc.) vorkommen. (Aber hier ist das letzte Wort noch lange nicht gesprochen. Sollte ich eine zündende Idee für ein Setting und die Besonderheit der Charaktere haben - also eine Idee, die das Spiel unterstützt, das Einfühlen erleichtert etc. -, dann würde ich die wohl aufnehmen.)

@ Verknüpfende Storyelemente
Durch das Schlüsselereignis wird ja gerade eine erste Gemeinsamkeit erzeugt. Dein Vorschlag mit dem gemeinsamen Traumata finde ich auch sexy. (Hat nicht der Dolge auch vorgeschlagen, ein vergangenes Ereignis zu bestimmen, um das sich dann alles kreist? Ich muss mal nachschauen ...) Genau solche Dinge sind es, die man nutzen könnte, um mehr Kohärenz in die umfassende Geschichte zu bekommen. - Die Idee, dass die Charaktere alle aus dem gleichen Grund besonders sensibel auf ihre Stimmen reagieren, hilft natürlich auch in dieser Richtung (wie du ja auch herausstellst).

@ Ein Charakter
Um es noch einmal auf den Punkt zu bringen: wenn man nur einen Charakter hat, den dann alle spielen, geht ein zentrales Spannungselement verloren - nämlich der Konflikt zwischen den Spielern, die ja im derzeitigen Modell um Sieg oder Niederlage konkurrieren. Mit nur einem Charakter hätte man viel stärker ein reines Erzählspiel ohne durch Konkurrenz erzeugte Spannungselemente. Dies ist der Hauptgrund, warum ich es richtig gut finde, wenn jeder Spieler seinen eigenen Charakter hat. - Dies gesagt, wiederhole ich noch einmal, was ich weiter oben schon festgestellt habe: sollte es letztlich nicht umsetzbar sein, jedem Spieler einen Charakter und zwei Stimmen zu verpassen, dann muss ich das Ganze halt anders aufziehen. Ich bitte dich darum, meinen Versuch, an dieser Idee festzuhalten, nicht so zu verstehen, dass deine Bedenken bei mir kein Gehör finden.

@ Story entwickelt sich vielleicht von ganz alleine
Übrigens ist sich Megan ziemlich sicher gewesen, dass wir bei weiteren Durchgängen auch bei der Testrunde eine Geschichte entwickelt hätten, in die alle Charaktere eingebunden sind. Vielleicht sollte ich also einfach auf die kreative Kraft der Spieler vertrauen. (Aber das darf natürlich keine Ausrede für schlampiges Design sein.)
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ChristophDolge

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Hat nicht der Dolge auch vorgeschlagen, ein vergangenes Ereignis zu bestimmen, um das sich dann alles kreist? Ich muss mal nachschauen ...

Musst du nicht. Er hat.

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@Charakterentdeckung

Ich habe mir gerade das Diary druchgelesen und versuche nun meinen Eindruck irgendwie festzuhalten. (Der aktuelle XKCD passt sehr gut hierzu..;D)

Es gibt eine wichtige Situation/Trauma, in dessen Welle der Charakter wichtige Änderungen erfährt, die durch seine bisherigen Erfahrungen bestimmt werden, die die Spieler erst nach und nach erfahren.

Im Endeffekt passiert halt nicht so viel und "nur" die Einstellungen ändern sich.
Ich fände es schöner, wenn es richtig rund gehen würde und der Char versucht sein Gesicht zu wahren, während er eine Schicksalswendeltreppe, von seinen eigenen Schwächen getreten, hinabstürzt.
Das Fingerbrechen Jähzorn und die Trennung aus Selbstzweifel finde ich reizvoller, als "er verlässt das Zimmer und man ist grummelig".
Aber das ist ja nur eine Frage des Maßstabs und der Konfliktgrößen.

Hier könnte man für diese Szenen einfach längere Zeiträume veranschlagen, die dann entsprechend der repräsentativen Szene verlaufen.

@Assoziationen
Beim Lesen stieg in mir als Reaktion der Gedanke auf, dass die Charaktere im Hochsicherheitstrakt eines Gefängnisses sitzen (keine INteraktion untereinander) und verhört werden.
Dabei versuchen die Spieler jeweils dem anderen Char die Schuld zuzuschieben und das ist nur möglich, wenn sie selbst nicht schuldig gehandelt haben (Stimmen und Erinnerungen...).
Wer so indirekt angegriffen wird muss sich dann als nächstes verteidigen und wer selten dran war ist viel einfacher zu schädigen (vom System her) als der andere (z.B. Chips).

So wird aus dem unschuldig im Knast sitzenden so langsam ein Monster, das die SPieler erst nach und nach entdecken.
Aber das wäre ja auch wieder ein anderes Spiel.

Allerdings fände ich persönlich eine enge thematische Vorgabe nicht so schlimm, denn das Spiel lebt ja vom Kampf zwischen den inneren Stimmen und da  spielt die Coloeur der Außenwelt nicht so die große Rolle (finde ich). So kann man es den Spielenden leichter machen, wenn man ihnen eine Welt vorschlägt, die viele Anreize bietet. (Western City machts vor, aber man auch V.tM mit WC zocken. Wester dient als Klischeegeber und Vorstellungsvertrag.)
Was wäre denn gewesen, wenn die Selbstzweifelstimme auf einmal Erinnerungen an einen Mord aus Minderwertigkeitskomplexen heraus herbeierzählt hätte? Oder den Char einen Gefängnisaufenthalt mit entsprechenden Duschszenen?
Da ist es wichtig, zu klären, in welchem Rahmen man sich bewegen darf.

Da ich mich persönlich auch in etwas fieseren Szenarien wohl fühle, fände ich eine etwas pathologischere Deutung des Themas interessanter.


@Verknüpfen
Ich finde die Idee irgendwie schön, dass ein gemeinsames Ereignis so von verschiedenen Seiten beleuchtet wird. Soviel Interaktion auch CHarakterebene braucht es bei einem introvertierten Spiel eigentlich nicht....


sers,
Alex

Offline Dr.Boomslang

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Um es noch einmal auf den Punkt zu bringen: wenn man nur einen Charakter hat, den dann alle spielen, geht ein zentrales Spannungselement verloren - nämlich der Konflikt zwischen den Spielern, die ja im derzeitigen Modell um Sieg oder Niederlage konkurrieren. Mit nur einem Charakter hätte man viel stärker ein reines Erzählspiel ohne durch Konkurrenz erzeugte Spannungselemente.
Ich verstehe nur noch nicht ganz wie es Konflikte zwischen Charakteren geben soll, wenn die praktisch gar nicht so einfach interagieren können (was in Polaris z.B.auch nur am Rande vorgesehen ist und nicht gut funktioniert). Das kam ja im Testspiel z.B. gar nicht vor. Ich würde mal gezielt Interaktion ausprobieren so wie du es dir vorstellst, dann kann man da mehr sagen.
Sieg und Niederlage hätte man auch mit Charakter gegen SL. Druck von außen wäre also da. Der SL und der Charakterspieler könnten auch noch wechseln, dann würde jeder sich mal in den Charakter einfühlen können oder müssen.

Dass Story sich auch "von allein" entwickelt mag sein, wenn man darunter versteht dass sich erfahrene Spieler das schon selber irgendwie intuitiv versuchen werden zu basteln. Das ist aber ein schlechter Ersatz, wenn man wirklich Story will. Es könnte sich herausstellen dass der Spielablauf später z.B. gar keine Konklusion der Geschichte zulässt, oder durch Einzelbstrebungen der Spieler nichts kohärentes zusammen kommt. Aber das müsste man ausprobieren. Häufig braucht es nur ganz bestimmte einfache Elemente an denen sich Spieler ausrichten können.
Im Testspiel haben deine Spieler eine gemeinsame Firma und Beteiligung an einer kriminellen Intrige als Gemeinsamkeit eingeführt. Ich weiß nicht ob so was reicht. Aber vielleicht könnte man das auch formalisieren und so eine Gemeinsamkeit gleich verlangen. Ein traumatisches Ereignis wäre eine Variante, gemeinsame Schuld, wie hier, wahrscheinlich auch. Allgemein könnte man sagen es muss ein problematisches Geheimnis geben, das die Charaktere teilen, das würde allgemein zum Stimmen Thema passen. Man könnte sich noch überlegen ob das Geheimnis erst im Spiel entsteht (quasi als Höhepunkt und Enthüllung), oder vorher schon festgelegt werden soll um klaren Fokus zu bieten.

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Ich komme leider gerade nicht dazu, noch einmal ausführlicher auf eure Anmerkungen und Ideen einzugehen - erst morgen Abend oder am Freitag.
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Es gibt eine wichtige Situation/Trauma, in dessen Welle der Charakter wichtige Änderungen erfährt, die durch seine bisherigen Erfahrungen bestimmt werden, die die Spieler erst nach und nach erfahren.

Im Endeffekt passiert halt nicht so viel und "nur" die Einstellungen ändern sich.
Ich fände es schöner, wenn es richtig rund gehen würde und der Char versucht sein Gesicht zu wahren, während er eine Schicksalswendeltreppe, von seinen eigenen Schwächen getreten, hinabstürzt.

Verstehe ich dich richtig: du beschreibst gerade, wie du das Spiel deiner Meinung nach funktioniert? Oder willst auf etwas anderes hinaus? Ich gehe zunächst mal einfach von ersterem aus - und ergänze das.

Zurzeit gibt es keinerlei Vorgaben dazu, in was für einer Lebenssituation sich die Charaktere befinden (bspw. "Krise", "Verlust"
oder "radikaler Wechsel" ...). Das Schlüsselereignis dient in der gespielten Form einzig dazu, die drei Charaktere in einen gemeinsamen narrativen Zusammenhang zu bringen. Welche Bedeutung das Ereignis für die Charaktere hat, ist völlig offen. Es ist deswegen auch nicht so, dass der Charakter aufgrund dieses Ereignisses vor wichtigen Änderungen steht. (Der Kampf gegen die Stimmen wird nicht durch das Ereignis verschärft oder zugespitzt. Natürlich könnte man das zukünftig ausdrücklich als Anforderung aufnehmen: Wählt ein Ereignis, von dem ihr alle betroffen seid und durch das eure Stimmen stärker werden ... .)

Ich verstehe nicht, was du damit meinst, dass nicht viel passiert. Natürlich sind wir beim Testspiel nicht weit vorangekommen mit der Story. Aber selbstverständlich läuft das Ganze auf dramatische Situationen zu. Die Veränderungen finden nicht nur im Charakter statt, sondern parallel immer auch in der Charakter-Welt-Interaktion.

Das Fingerbrechen Jähzorn und die Trennung aus Selbstzweifel finde ich reizvoller, als "er verlässt das Zimmer und man ist grummelig".
Aber das ist ja nur eine Frage des Maßstabs und der Konfliktgrößen.

Ist alles jetzt schon möglich. Ich muss mir halt überlegen, wie ich das so skaliere, dass nicht in der ersten Szene der Charakterselbstmord vorkommt. Aber nach und nach führt der Kontrollverlust dazu, dass die Fingerbrecher- und Trennungsszenen kommen. (Durch die drei Eskalationsstufen steigert sich das allmählich. Ob das in der derzeitigen Form drinnen bleibt, wage ich zu bezweifeln. Aber irgendetwas in der Art brauche ich.)

[...]
Aber das wäre ja auch wieder ein anderes Spiel.

Ich glaube auch  :)

Da ist es wichtig, zu klären, in welchem Rahmen man sich bewegen darf.

Da bin ich ganz auf deiner Linie.

Ich verstehe nur noch nicht ganz wie es Konflikte zwischen Charakteren geben soll, wenn die praktisch gar nicht so einfach interagieren können (was in Polaris z.B.auch nur am Rande vorgesehen ist und nicht gut funktioniert). Das kam ja im Testspiel z.B. gar nicht vor. Ich würde mal gezielt Interaktion ausprobieren so wie du es dir vorstellst, dann kann man da mehr sagen.

Die Konflikte, die man gewinnen kann, laufen nicht zwischen den Charakteren, sondern zwischen einem Charakter und seinen Stimmen. Und die interagieren in jeder Szene.

Sieg und Niederlage hätte man auch mit Charakter gegen SL. Druck von außen wäre also da. Der SL und der Charakterspieler könnten auch noch wechseln, dann würde jeder sich mal in den Charakter einfühlen können oder müssen.

Klar könnte man da auch irgendwie Sieg und Niederlage reinbringen. Doch wenn ich einen eigenen Charakter habe, für den ich kämpfe, dann ist der Einsatz bedeutsamer.

Dass Story sich auch "von allein" entwickelt mag sein, wenn man darunter versteht dass sich erfahrene Spieler das schon selber irgendwie intuitiv versuchen werden zu basteln. Das ist aber ein schlechter Ersatz, wenn man wirklich Story will.

[...] Aber vielleicht könnte man das auch formalisieren und so eine Gemeinsamkeit gleich verlangen. Ein traumatisches Ereignis wäre eine Variante, gemeinsame Schuld, wie hier, wahrscheinlich auch. Allgemein könnte man sagen es muss ein problematisches Geheimnis geben, das die Charaktere teilen, das würde allgemein zum Stimmen Thema passen. Man könnte sich noch überlegen ob das Geheimnis erst im Spiel entsteht (quasi als Höhepunkt und Enthüllung), oder vorher schon festgelegt werden soll um klaren Fokus zu bieten.

Beim ersten Teil stimme ich dir zu.

Zum anderen. Ganz allgemein ist ja jetzt schon mehrfach angeregt worden, die Charaktere viel enger zu verbinden, als dies durch das Schlüsselereignis (in der gespielten Version) geschieht. Nun weiß ich nicht, ob es wichtig ist, dass es ein Geheimnis oder traumatisches Ereignis sein muss, über das man die engere Verknüpfung herstellt. Die allgemeinste Anforderung scheint zu sein, dass die Entwicklung jedes einzelnen Charakters relevant sein muss für das, was bei den anderen Charakteren passiert. Das könnte man aber auch durch divergierende Interessen (scrandys Vorschlag) hinbekommen. Und jenseits divergierender Interessen gibt es weitere Möglichkeiten, dafür zu sorgen, dass die individuelle Charakterentwicklung einen Impact auf die anderen Charaktere hat.

Arbeitsaufträge an mich selbst:
- Fällt mir ein Setting oder eine konkrete Situation ein, die es den Spielern erleichtert, sich in das Spiel einzufühlen?
- Wie sorgt man für Vernetzung der Storylines? (Hierzu habe ich jetzt jede Menge Anregungen, die ich erst einmal in Ruhe durchdenken muss.)
(- Wie kann ich Boomslang davon überzeugen, dass ein Charakter pro Spieler eine geniale Idee ist?  ;D )

Die bisherige Diskussion hat mich auf jeden Fall davon überzeugt, dass es wichtig ist, sich mehr Gedanken über mögliche Settings und den wechselseitigen Einfluss der Charaktere aufeinander zu machen.

EDIT: Zitatzuordnung gefixt.
« Letzte Änderung: 4.09.2009 | 12:47 von Gaukelmeister »
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Richtig, ich wollte nur kurz nochmal das Prinzip zusammenfasssen, wie ich es verstandeb habe.
Aber selbstverständlich läuft das Ganze auf dramatische Situationen zu. Die Veränderungen finden nicht nur im Charakter statt, sondern parallel immer auch in der Charakter-Welt-Interaktion.
Das sah, jetzt beim Diary halt mehr nach inneren Veränderungen aus.
Wenn dazu noch im In-time-rl "einiges passiert" ist es wieder das, was ich von unserer Dreierdiskussion noch im Kopf hatte. ;)

@Rahmenvorgaben
Eine Verknüpfung von Settingideen und Eskalationsstufen wäre hier schon hilfreich, wie du selbst sagst.

@Knastspiel
War nur deshalb meine Assoziation, da das eine Möglichkeit wäre, keine aktuelle Handlungen vornehmen zu müssen, sondern das Gewicht rein auf die innere Entdeckung zu legen...


btw:
Du schiebst mir da aber eine Reihe von Zitatenzu, die gar nicht von mir stammen. unverschämtheit! ;)

sers,
Alex