Ich wollte noch mal hierzu was sagen:
Behauptung: Es gibt also nur zwei echte Unterschiedliche Spielstile: Lineare ABs und Ergebnisoffene. Der ganze Rest (nach Joseph Young) ist Apologetik, Augenwischerei. Bei einer Untersuchung über Railroading interessiert es niemanden, inwiefern sich die Spieler und der SL darüber informiert haben, inwiefern sie railroaden oder den Plot verfolgen. Das interessiert natürlich die Teilnehmer der Runde untereinander die eine Funktionale Gruppe haben wollen.
Deswegen mag ich die Forge-Definition von Railroading nicht. Sie impliziert dass Railroading automatisch dysfunktionales Spiel ist. Aber wenn laut meiner definition Railroading notwendiger Teil eines Linearen ABs ist, und empirische Beobachtung zeigt dass lineare ABs durchaus befriedigend und funktionierende Gruppen produzieren können, dann ist Railroading (nach meiner Definition) per se nicht dysfunktional. Natürlich würden die meisten Spieler Ergebnisoffenheit bevorzugen - aber es kann deutlich schwerer sein, in Ergebnisoffenheit die spannenden Situationen zu erzeugen die für lineare ABs so typisch sind.
Das ist zweifellos ein möglicher Blickwinkel. Ich halte ihn aber für nur bedingt hilfreich. Lineare Abenteuer sind für Autoren bequem, deswegen sind sie so verbreitet, das ist m.E. der Hauptgrund. Die Adventure Paths von Pathfinder sind dem Vernehmen nach
teilweise linear, nämlich immer da, wo, grob gesagt, die Charaktere von einem Dungeon zum nächsten bewegt werden müssen. Die Dungeons sind hingegen nicht linear. Dungeons könnte man ja ebenfalls linear designen, das wird aber selten gemacht, weil es an der Stelle genauso bequem ohne die lineare Anordnung geht. Andere lineare Kampagnen wie etwa die großen DSA-Anthologien unterscheiden sich ganz erheblich von den Adventure Paths und stellen auf eine völlig andere Spielweise ab, das
Ziel der Linearität ist ein anderes.
Lineares Abenteuer-Design führt in der Praxis logischerweise dazu, dass ein SL Techniken anwendet, um ein „Entgleisen“ zu verhindern oder auszubügeln, so weit, so richtig. Die Gesamtheit dieser Techniken als Railraoding definieren zu wollen, ist nicht mehr und nicht weniger legitim als der Ansatz, nur die dysfunktionalen dieser Techniken als Railroading zu definieren. Kommt drauf an, was man mit dem Begriff bezweckt.
Lineare Abenteuer können den Spielern mehr oder weniger sinnvolle und werthaltige Gestaltungsspielräume lassen, können besser oder schlechter auf bestimmte Spielweisen und Spaßquellen eingestellt sein. Es gilt zu hinterfragen, an welcher Stelle ein lineares Abenteuerdesign sinnvoll und notwendig und an welcher Stelle es bloß der Bequemlichkeit des Autors geschuldet ist. Es gilt zu hinterfragen, ob die Gruppe, die ihren Spaß an so einem Abenteuer hat,
wegen oder
trotz der Linearität Spaß hat. Es gilt zu differenzieren zwischen Techniken, durch die Spieler gegängelt, frustriert und hinters Licht geführt werden, und solchen Techniken, bei denen das nicht der Fall ist. Das ist doch keine „Augenwischerei“, weil es „nur“ die Gruppe interessiert. Die Gruppe ist doch das Studienobjekt, um die geht es doch, oder nicht?