Autor Thema: Mathematik & Naturwissenschaften: Wie fit sollte ein Rollenspieler sein?  (Gelesen 20959 mal)

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Ein

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@Felix
Also ich finde deine Deseskalationsversuche hier total doof und ungebracht. Geh weg, wir wollen uns streiten. ;)

(Wobei man in dieser Hinsicht wohl sagen muss, es kommt auf die Liebe an: Haben sich alle lieb, macht keiner Piep.)

@Unsere NWler
Ihr versteht einfach nur keinen Spaß, oder? ;)

Offline Felixino

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@ Sven: Okay tut mir leid:

[ot]Ihr geisteswissenschaftler könnt nix! ein hoch auf das 110% realistische Rollenspiel, bei dem für jede fliegende Kugel die Wahrscheinlichkeit einer Tunnelung durch den getroffenen errechnet wird und die das gewicht der reisenden immer exakt angibt(also sich verändernd bei wechselnder geschwindigkeit).[/ot]
"In meiner Peter-Pan Welt ist alles möglich!"

Plansch-Ente

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Ganz ehrlich? Es ist mir sowas von VOLLKOMMEN egal ob ein Spieler weiß, was die Wurzel aus 342675 ist oder ob er die Fläche von Aventurien innerhalb von wenigen Augenblicken ausrechnen kann oder bei dem Wort "Mathematik" das kotzen bekommt (man entschuldige den Ausdruck). Alles was ich je zum Spielen brauchte war Fantasie. Und wenn dann plötzlich doch Mathematik irgendwie nötig war, war immer ein Taschenrechner in der Nähe oder jemand, der eben doch viel mit Mathe anfangen konnte. Ich selbst habe nämlich nie viel für Mathematik übrig gehabt und finde auch heute noch vieles, was man da "gelehrt" bekommt ziemlich sinnlos. Klar, Sachen wie Dreisatz oder Prozentrechnung sollte man schon drauf haben...und selbst davon habe ich bisher lediglich die Prozentrechnung wirklich gebraucht. Im Rollenspiel brauchte ich sowas kaum bis absolut gar nicht...also: Mir ists wurscht ob jemand Naturwissenschaftlich gut drauf ist. Dazu ist es schliesslich Rollenspiel...das was man sich ausdenkt ist einfach da...und wenn laut einem Spieler die Blätter eines Ahornbaumes blau sind...bitte sehr: Sind sie es halt...in meiner Vorstellung müssen sie es deswegen noch lange nicht sein ;) Ihr versteht schon was ich meine.

Gut, wenn ich in einem historisch korrekten Setting spiele, ist sicherlich ein gewisses Maß an Allgemeinwissen nicht schlecht...aber ob es hinderlich ist, wenn jemand sowas doch nicht drauf hat...halte ich persönlich jedenfalls für ziemlich fragwürdig...

Offline Roland

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In meinen Runden muss man weder besonders beschlagen in Geisteswissenschaften noch in Naturwissenschaften sein. Für das Beherrschen des Regelsystems reicht meist simples addieren, über die Grundrechenarten gehen die Anforderungen selten hinaus.

Ich habe noch nicht erlebt, dass spezielle naturwissenschaftliche Kenntnisse im Spiel von besonderem Nutzen waren. Typisch sind 2 Sitiationen. 1. Die NWs der Runde fachsimpeln - die meisten anderen langweilen sich. 2. Ein NW entwirft einen auf Spezialkenntnissen basierenden Plan oder beschreibt eine Szene mit Hilfe von Spezialkenntnissen. - die Validität kann nicht effizient nachgeprüft werden, man hätte sich genau so gut irgendwas plausibel klingendes aus den Fingern saugen können.

« Letzte Änderung: 20.12.2006 | 15:42 von Roland das rotnasige Raubtier »
Who knows what evil lurks in the hearts of men? The Shadow knows!

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sackgesicht

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Ich habe den Eindruck, das hier verschiedene Begriffskategorien durcheinander geworfen werden.

Meiner Erfahrung nach hat z.B. Allgemeinbildung nur bedingt etwas mit dem erreichten Bildungsabschluss zu tun. Ich kenne einen promovierten Physiker, der sich zwar in seinem Fachgebiet gut auskennt, aber schon bei anderen Naturwissenschaften eine schwache Figur macht. Unsere arbeitsteilige Gesellschaft fördert eben das Spezialistentum; da vergessen viele die Basics aus der Schule irgendwann – sie benutzen sie ja im beruflichen Alltag kaum.

Weiterhin hat der erreichte Bildungsabschluss auch nur bedingt etwas mit Intelligenz zu tun. Jemand der intelligenter ist, dem wird es leichter fallen, einen bestimmten Bildungsabschluss zu erreichen, weil er Dinge schneller begreift. Das ist aber auch schon alles. Ich kenne einen promovierten Betriebswirt, den ich per se nicht für intelligenter halte als eine Kollegin, die gelernte Fleischereifachverkäuferin ist und irgendwann auf Schreibkraft umgeschult hat. Bildungsabschlüsse wirken auch immer als soziale Abgrenzungskriterien, dessen sollte man sich bewusst sein. Es ist daher falsch, jemandem (jenseits seines Spezialgebietes) weniger zuzutrauen, nur weil er einen geringeren Bildungsabschluss erreicht hat.

Und zu guter Letzt hat das alles nichts mit dem so genannten „gesunden Menschenverstand“ zu tun. Das ist nämlich die Fähigkeit, unvoreingenommen über Dinge nachzudenken und sie anhand der bisherigen Erfahrungen zu bewerten. Das schließt auch die Fähigkeit ein, dazu zu lernen. Leider ist diese Art von gesundem Menschenverstand mit dem erreichten Bildungsabschluss häufig sogar negativ korreliert: Weil jemand sich bildungsmäßig im Vorteil wähnt, bügelt er die Argumente von jemand anderem ab, obwohl der andere vielleicht Recht hat und sich nur nicht so geschliffen ausdrücken kann.

Hinzu kommt, dass viele Diskussionen, die in Rollenspielrunden auftauchen, sich ohnehin im luftleeren Raum bewegen: Wenn ich über die physikalischen Auswirkungen von Zaubern debattiere, die Verwundbarkeit von Monstern oder die technischen Eigenschaften eines Hyperraumantriebs, dann sollte mir immer bewusst sein, dass ich versuche, realistisch über etwas zu diskutieren, dessen Grundlage schon nicht real ist. Meistens geht es in solchen Diskussionen daher auch weniger um naturwissenschaftliche Realität als um Konsistenz und Glaubwürdigkeit. Und dafür ist das Design des Spielsystems IMHO wesentlich wichtiger als irgendwelche Vorkenntnisse der Spieler.

Wenn ich leite, dann halte ich es so, dass ich in Zweifelsfällen den Spieler am Tisch frage, dem ich in dieser Angelegenheit die größte Kompetenz zutraue. Wenn es um Gewichte, Ladungen und Unwuchten geht, dann frage ich unseren Speditionskaufmann. Der hat nebenbei noch ein Faible für Kryptozoologie, Reptilien und Meeresgetier und ist daher für alle monstertechnischen Belange die richtige Quelle. Für Fragen rund um Nachrichtentechnik und Computer stehen mir drei Experten aus dem Netzwerkbereich zur Verfügung, von denen einer früher mal Flugzeuge gewartet hat. Reisebedingung in heißen Klimaten? Das richtige für unseren Projektkaufmann: Der muss öfter mal nach Israel und Dubai. Schmutzige Bilanztricks? Die Frage geht an unseren Buchhalter (nebenbei Spezialist für asiatische Küche). Energetische Effekte? Da muss unser anderer Speditionskaufmann ran, der über ein abgebrochenes Physikstudium verfügt. Wenn abweichende Meinungen da sind, muss ich eben als Spielleiter eine Interims-Entscheidung treffen (dabei folge ich meistens der Expertenmeinung). Man kann aber bei Gelegenheit nachschlagen bzw. andere Bekannte fragen und das ganze in der folgenden Runde klarstellen. Da ich in meinem Bekanntenkreis auch einen Pharmazeuten, einen Juristen, einen Arzt, einen Biochemiker, einen weiteren Physiker und einen Elektroingenieur habe, lassen sich die meisten Fragen abseits der Runde schnell klären.

Da jeder der Spieler über Kenntnisse verfügt, die die anderen nicht haben, fühlt sich auch keiner auf den Schlips getreten, da alle mal etwas beizutragen haben. Und natürlich verlange ich als SL; dass jemand eine Diskussion bis zur nächsten Runde zurückstellen kann, damit das Spiel weitergeht. Sinnlose Nörgler oder Besserwisser kann ich gar nicht ab, die haben in meinen Runden nix zu suchen.

Ich finde es nicht schlimm, wenn jemand die Wahrscheinlichkeitsverteilung eines 2W6-Wurfs nicht wiedergeben kann – ich sollte mir aber als SL bewusst sein, dass ich mit 2W6 eine andere Verteilung erhalte als mit 1W12. Ich finde es auch nicht schlimm, wenn jemand eine Kreisfläche nicht berechnen kann, den Satz des Pythagoras nicht beherrscht oder sich hinsichtlich der Fallgeschwindigkeit im Vakuum irrt – aber er sollte in der Lage sein, die Erklärung von jemandem zu akzeptieren, der es besser weiß. Ich finde es nicht schlimm, wenn man mal eine Frage nicht sofort klären kann und daher „als ob“ weiterspielt – aber man sollte die Frage dann beim nächsten Mal klären.

Zusammengefasst: ich erwarte von meinen Spielern vor allem grundsätzliche soziale Kompetenzen, ohne die ein gemeinsames Spiel nicht möglich ist. Wenn jemand über Spezialkenntnisse verfügt, dann werde ich sie bei Gelegenheit gerne im Spiel nutzen, das nützt der Runde und er kriegt seine fünf Minuten Ruhm an diesem Tag. Aber mir ist als Mitspieler ein aufgeschlossener Geschichtswissenschaftler oder TÜV-Mitarbeiter lieber, als ein Mathematiker, der Pi auf 100 Stellen auswendig kann (alles schon gehabt!).

Offline Tarin

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Da gibts jetzt wirklich so viele Antworten wie Spielleiter... Also pick ich mir eine raus und nehm meine eigene  ~;D

Zuallererst unterschreib ich den Teil mit dem gemeinsamen Bildungstand. Will sagen: "Professor" und "9. Klasse abgebrochen" passt vermutlich nicht zusammen, Ausnahmen bestätigen die Regel.

Zu der eigentlichen Frage:
Für meine Runden reicht eigentlich immer das Wissen aus, das man aus den einschlägigen Filmen, Büchern usw. lernt  ;) Feuerbälle können bei dem kurzen Kontakt niemanden zum Brennen bringen, Autos explodieren eigentlich eher selten in riesigen Explosionen und diverse Waffen sind garantiert schädlicher oder harmloser als ich sie darstelle. Blah. Für mich nicht sonderlich wichtig. Hauptsache ist, dass die Runde Spaß gemacht hat und den würden zumindest mir Stochastik, Chemie usw echt versauen. Plus,Minus, Mal, Geteilt und Dreisatz sollte man können, klar, Aber das ist jetzt mehr OT meine Meinung, für das Spiel bringt mir das eigentlich wenig.

Beispiele (keinesfalls vollständig oder allgemeingültig):
Neuzeitliche Action: Guckt Die Hard. Abgehobener: Guckt Triple X
Fantasy: Lest Tolkien, guckt euch Conan an, dazu 13th Warrior und ruhig auch Braveheart,
SF: Aliens, Star Wars, Dune, evtl. 80er Trickserien
usw usw usw

Tarins Wort zum Mittwoch :)
Es verstößt gegen die Hausordnung, aus dem Necronomicon zu zitieren.

Offline Opthalamia

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Kannst Du mir das mal erläutern? :8)

Gerne.

Auftraggeber ( SpL): Die Mafia wäscht Geld, beendet das!
Spieler A: Sollen wir etwa nach einem Mafiosi suchen, der Geldscheine mit Wasser und Seife bearbeitet?
Spieler B, Fachmann für Steuern&Bilanzen: Nein, die Geldwäsche dient nur dazu, das der Mafiaboss die Gewinne auch ausgeben kann, ohne das das Finanzamt fragt woher das Geld stammt. Dazu gehört ihm eine Firma, die verkauft etwas, das der Mafiaboss indirekt selbst bezahlt. Die Firma versteuert den Gewinn, das Finanzamt bekommt sienen Anteil und ist zufrieden.
SpL: Hey, der Plot sieht anders aus, Du hast mein Abenteuer zerstört

unausgesprochen: Es hätte auch gereicht, wenn der Auftraggeber nur erwähnt, das die Mafia Geld von A nach B zu irgendeinem Zweck bewegt. Eine nachträgliche Änderung des Auftrages hätte auch niemanden gestört.

Problemquelle: Diff. im Klischee sorgen für eine Kommunikationsstörung

Grade Railroding im SIFI endet häufig in solchen "falschen" Ergebnissen. Der SpL beschneidet die Möglichkeit eines Spielers, der Spieler regt sich über das benutzte Element, statt über die Beschneidung an sich, auf. Da das Element ja sehr oft improvisiert wurde, ist es eigentlich immer aus NW-Sicht irgendwie fehlerbehaftet.


 
« Letzte Änderung: 20.12.2006 | 17:45 von Opthalamia »

Offline Maarzan

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Zunächst einmal sollte ein Spieler in der Lage sein, das gewählte System in einem Maße zu beherrschen, welches ihn in annehmbarer Zeit störungsfrei partizipieren läßt. Beherrscht er es nicht, ist er fehl am Platz, beherrschen es mehr Leute auf Dauer nicht, so haben sie vermutlich das falsche System gewählt.

Alles darüber hinaus ist dann meist schon eine Betrachtung von - auf Grund ihrer eher geringen Häufigkeit -  Ausnahmesituationen, wobei mir allerdings in einigen Einzelfällen Beispiele "gesunden Menschenverstands" aufgefallen sind, welche auffällig notorisch mit denen der anderen Beteiligten inkompatibel waren.
Wenn ich mir ansonsten die Welt anschaue bezweifel ich, dass es diesen gesunden Menschenverstand gibt - eher ist es eine Sammlung von Volksweisheiten und Vorurteilen, welche eine entsprechende Kontrollgruppe verinnerlicht hat und nun hochhält.

Wofür also weiterreichende Kenntnisse in Natur- aber auch anderen Wissenschaften?
Dabei ist meines Erachtens zwischen Erzähl- und Rollenspielen zu unterscheiden, primär also ob es um das Erzielen eines mehr oder weniger literarischenergebnisses geht oder ob Entscheidung und kausale Auflösung im Zentrum stehen.
Fürs erste sind künstlerische Fähigkeiten primär, wobei ein guter fachlicher Hintergrund förderlich sein kann, bei letzteren ist es eben umgekehrt.
Für eine Entscheidungsbildung im Sinne des zweiten Spielstils ist es aber wichtig, das Umfeld und die Bedingungen - in einem ausreichenden Detail - zu verstehen, welche für diesen Vorgang nötig ist. Je nach Präferenz und Fokus, kann diese Tiefe und das dabei verwendete Wissen wechseln, aber nach den Spielregeln als erstes Gerüst der Spielrealität (inklusive der erklärten Abweichungen zu unserer Realität)bleibt den Spielern dann nur als weiteres nur noch eine Einschätzung auf Grund ihrer Erfahrungen mit dieser unseren Realität.
Ein besseres Verständnis dieser unseren Welt kann also nur förderlich sein, wobei man sicher auch da hineinwachsen kann, wenn man bereit ist, sich damit zu beschäftigen oder von anderen zu lernen.

Wenn man aber ein 6. Klasse Niveau nicht überbieten kann und auch nicht gewillt oder in der Lage ist dahinein zu investieren, erscheinen Situationen, welche dieses Niveau zu überschreiten drohen natürlich spielspaßmindernd, da man dann damit rechnen muss vom Rest abgehängt und ausgeschlossen zu werden. Schön wenn man dann eine Story hat, mit der man das eigene Unvermögen dann verteidigen kann.
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

Chiungalla

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@Sven:
Zitat
Beschäftigt euch lieber mit Literatur, Film, Theater, der Gesellschaft, Geschichte, anderen Ethnien, Religion, Psychologie etc.

Gesellschaft, Geschichte und Ethnien haben schwere Berührungpunkte bzw. Anteile in den Naturwissenschaftlen.
Stichworte hierzu vor allem Soziobiologie und Naturwissenschaftsgeschichte.

Ich habe über Gesellschaft, Geschichte und Ethnien auf jeden Fall schon jede Menge in Bio-Fachbüchern gefunden.

Psychologie, wenn auch durch geschichtliche Prozesse oft an der philosophischen Fakultät ansässig, ist ganz klar eine Naturwissenschaft. Es werden naturwissenschaftliche Prozesse mit naturwissenschaftlichen Methoden (Neurobiologie, Ethologie) erforscht.

Psychologie als Unifach hat aber auch wenig mit Psychoanalytik und Psychotherapie zu tun.

Zitat
Befasst man sich mit menschlichem Verhalten, bewegt man sich doch wohl eher auf dem Boden der Geisteswissenschaft.

Anthropologische Verhaltensforschung, Soziobiologie, Vergleichende Verhaltensforschung, Evolutionsökologie, und naturwissenschaftliche Psychologie können Dir sehr viel aussagekräftige und abgesicherterte Aussagen über das menschliche Verhalten vermitteln, als jede Geisteswissenschaft.

In einem Buch über Soziobiologie das ich erst gerade gelesen habe, war z.B. mindestens jedes zweite Beispiel eines am Menschen.
Und sehr wohl mit Studien und Fakten reicht unterfüttert.

@ Topic:
Ich spiele gerne mit vielen Spielern die über ein gewisses naturwissenschaftliches Know How verfügen. Dann driftet allerdings das Spiel oft in ein fachsimpeln über naturwissenschaftliche Fragestellungen ab, was wir dann meistens genießen.
Die nicht naturwissenschaftlich interessierten dann wohl eher nicht.

Aber das müssen sie dann wohl bis zu einem gewissen Grad ertragen, und wir versuchen es nicht zu sehr ausufern zu lassen.
So wie sie es auch ertragen müssten, wenn in einer normalen Unterhaltung das Thema darauf kommt. Und so wie wir es dann auch einschränken würden.

Allerdings hat das so wirklich wenig Einfluss aufs Rollenspiel ansich.

Was ich allerdings sehr interessant finde, ist wenn Spielleiter und sein Spieler einen sehr guten Plan vom Fachgebiet des Charakters haben.
So hatten wir eine SR-Gruppe die aus einem Chemiker (dem SL), einem Biochemiker und einem Biologen (mir) bestand. Wir hatten alle (ich notgedrungen) ein bischen Plan von Chemie, und unsere Charaktere auch. Das hat das ganze wunderbar bereichert, weil wir halt viel mehr ausschmücken konnten, und nicht das Gefühl hatten viel improvisieren zu müssen.

Daher:
Notwendig: definitiv nein, aber manchmal angenehm.
« Letzte Änderung: 20.12.2006 | 19:08 von Chiungalla »

Offline Mäx

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Wofür also weiterreichende Kenntnisse in Natur- aber auch anderen Wissenschaften?
Dabei ist meines Erachtens zwischen Erzähl- und Rollenspielen zu unterscheiden, primär also ob es um das Erzielen eines mehr oder weniger literarischenergebnisses geht oder ob Entscheidung und kausale Auflösung im Zentrum stehen.
[...]
Für eine Entscheidungsbildung im Sinne des zweiten Spielstils ist es aber wichtig, das Umfeld und die Bedingungen - in einem ausreichenden Detail - zu verstehen, welche für diesen Vorgang nötig ist. Je nach Präferenz und Fokus, kann diese Tiefe und das dabei verwendete Wissen wechseln, aber nach den Spielregeln als erstes Gerüst der Spielrealität (inklusive der erklärten Abweichungen zu unserer Realität)bleibt den Spielern dann nur als weiteres nur noch eine Einschätzung auf Grund ihrer Erfahrungen mit dieser unseren Realität.

Oft kommt es mir nicht zu diesen Ausnahmesituationen, in denen kein Regelgerüst mehr herhält und wenn doch, ist meist sehr schnell eine alle befriedigende Lösung bereit, da ich mit den meisten meiner Mitspieler einen ähnlichen Bildungshintergrund teile.
Wenn es da größere Diskrepanzen zwischen den Spielern gibt (also einer vielleicht aus seinem "gesunden Menschenverstand" heraus irgendwelche haarsträubenden Annahmen trifft), wird sich wohlmöglich jemand zurückgesetzt fühlen, je nachdem, auf welche Seite man sich einigt. Ich denke allerdings, dass die NWler eher Probleme haben, "ihre Version" nicht durchgesetzt zu sehen, denn sie sind oft sehr gut darin, Inkonsistenten (die sich aus solchen spontanen "unrealistischen" Regelungen ergeben) bis zum Ende durchzudenken. Resultat kann dann evtl. sein, dass man zwar in ein realistisches Spiel spielen möchte, aber durch diese Aussetzer der Naturgesetze doch wie im Wie-Wa-Wunderland fühlt. Mit der Konsistenz der Spielwelt geht eben auch ein gewisser Kontrollverlust einher... logische kausale Zusammenhänge rulen!

Noch was, weil es gelegentlich erwähnt wurde: Natürlich muss mir niemand die Wahrscheinlichkeiten für verschiedene Würfelkombinationen angeben... Aber wenn jemand mit mir über Regeln diskutieren oder z.B. unterschiedliche Regelwerke vergleichen möchte, dann erwarte ich wenigstens einen Hauch Ahnung von Wahrscheinlichkeiten. Die oft genannten Grundrechenarten sitzen leider viel zu häufig weniger sicher, als man annehmen mag. Ich steh' total auf Naturwissenschaften, studiere aber selbst Soziologie und habe da mit Kommilitonen zu tun......... denen ich leider nicht immer ohne weiteres den Dreisatz zutraue. Potenzen und Wurzeln sorgen schon für schwere Verunsicherung und wenn erst Brüche auftauchen...  |:((
Ja, gut, dafür gibt es bei den Naturwissenschaftlern leider mehr Beispiele von Leuten, die zwar Astrophysik kapieren, dafür aber keinen normalen Satz formulieren können. Über solche und ähnliche Ausnahmen brauchen wir uns aber hier nicht auszulassen, oder?

@ Chiungalla (hab parallel geschrieben): Ich spiele auch gern mit "meinen" Naturwissenschaftlern, es ist, wie du sagtest, irgendwie angenehm. Ich selbst (Sozialwissenschaftler) fungiere bei entsprechenden Fachsimpeleien gerne als Moderator. Verstehe zwar von dem meisten auch einiges, versuche sie aber ganz sanft wieder zum Spiel zurückzubringen....
« Letzte Änderung: 20.12.2006 | 18:22 von Mäx »

Offline Boba Fett

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Zitat
unausgesprochen: Es hätte auch gereicht, wenn der Auftraggeber nur erwähnt, das die Mafia Geld von A nach B zu irgendeinem Zweck bewegt. Eine nachträgliche Änderung des Auftrages hätte auch niemanden gestört.

Problemquelle: Diff. im Klischee sorgen für eine Kommunikationsstörung

Grade Railroding im SIFI endet häufig in solchen "falschen" Ergebnissen. Der SpL beschneidet die Möglichkeit eines Spielers, der Spieler regt sich über das benutzte Element, statt über die Beschneidung an sich, auf. Da das Element ja sehr oft improvisiert wurde, ist es eigentlich immer aus NW-Sicht irgendwie fehlerbehaftet.

Ja, da kann man nur Zustimmen. Das ist oft ein Problem, nicht nur im SciFi...

(Mir fällt da pauschal eine Situation im Fantasy ein, wo es ums Segeln geht, wo der Spielleiter, der keine Ahnung von "gegen den Wind kreuzen hatte" meinte, eine Galeere könnte gegen ein Segelschiff flüchten wenn sie nur gegen den Wind währt..." auch da war die idee "Galeere entkommt" plötzlich gestorben, bzw. der Spezialist musste die "Klappe" halten.)

Aber wie sieht die Lösung dieses Problems aus?

Diese Klischees zu vermeiden, das kann es ja wohl nicht sein.
Die Dinge nur noch allgemein zu benennen auch nicht.
Der Spielleiter kann ja nicht wissen, wann er mit irgendwelchen Annahmen falsch liegt und es jemand in der Runde besser weiß.

Ich seh die Lösung einfach darin, dass die vermeintlichen Experten einfach mit ihren Fachwissen teilweise einstecken müssen.
Ansonsten kann man jedes Rollenspiel zerpflücken. Und auch die meisten Spielsitzungen...

Gleiches passiert übrigens auch, wenn ein Spieler mehr Kenntnis vom Setting hat, als der Spielleiter, weil er eben alle Quellen studiert.
Da kann der Spielleiter ja auch nur sagen "bei mir ist das aber eben anders, was im Buch steht, ist erstmal egal...".
Typisches DSA Problem...
« Letzte Änderung: 20.12.2006 | 19:03 von Boba Fett »
Kopfgeldjäger? Diesen Abschaum brauchen wir hier nicht!

Fatman

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Ich würde im Gegenzug nie etwas spielleitern, von dem ich weiß, dass ein anderer Spieler in meiner Runde es besser weiß... völlig egal, ob das nun Teil des Settings ist oder nicht. Und falls dopch mal jemand mehr weiß als ich, und er etwas einwirft, dann höre ich ihm zu und richte mich meist danach.- Im Zweifelsfall ist die Realtität der persönlichen Vorstellung eines einzelnen (z.B. mir) immer überlegen, weil es der Kompromis ist, auf den sich alle einigen müssen.
Ein Spieleiter, der zu wenig Ahnung hat, von dem was er da tut ist ein Ärgernis für die Spieler (vor allem wenn sie mehr wissen als er).
« Letzte Änderung: 20.12.2006 | 19:34 von Heckenritter »

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@Chiungalla
Andersherum ist Mathematik eine Geisteswissenschaften (und eine sehr esoterische obendrein noch, wenn man ehrlich ist), aber darum geht es hier glaub ich nicht. Ach ja, und auch Geisteswissenschaftler arbeiten mit Fakten und Zahlen. ;)

@Mäx
Ich muss ehrlich sagen, dass mir diese einfachen kausalen Ketten zuwider sind. Es gibt zu viele Wechselbeziehungen, wenn man die wirklich alle betrachten will, kommt man ganz sicher nicht mehr zum Spielen. Mal ganz davon abgesehen, dass Rollenspiel nicht real ist. Nein, wirklich nicht.

Offline Mäx

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@ Sven: Ja, das war quasi ein kleiner Theorieentwurf aus der Hüfte geschossen... die Wechselbeziehungen sind sicherlich komplizierter, aber unsere Möglichkeiten hier sind begrenzt und doch möchte ich versuchen ein paar etwas allgemeingültigere Aussagen zu formulieren. Und natürlich etwas über Einsatz und Notwendigkeit am Spieltisch herauszufinden.

Offline Vanis

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Anthropologische Verhaltensforschung, Soziobiologie, Vergleichende Verhaltensforschung, Evolutionsökologie, und naturwissenschaftliche Psychologie können Dir sehr viel aussagekräftige und abgesicherterte Aussagen über das menschliche Verhalten vermitteln, als jede Geisteswissenschaft.

Ich glaube, du schmeißt da grad was durcheinander. Geistes- und Sozialwissenschaften bedienen sich sehr wohl auch empirischer Methoden, die objektiv nachvollziehbar sind und dementsprechend auf Ergebnisse hin interpretiert werden können. Der Unterschied von Naturwissenschaften und Geistes- bzw. Sozialwissenschaften:

"Die Sozialwissenschaften unterscheiden sich in der Generierung ihrer Aussagen
von den Naturwissenschaften. Die Naturwissenschaft postuliert in der
Regel nomothetisehe Gesetzmäßgigkeiten, sie stellt also Gesetze auf, die immer
zutreffen. Ein Stein wird überall auf der Erde zu Boden fallen, vor 500
Jahren genauso wie heute. Die Beziehung zwischen dem Gewicht des Steines
und der Erdanziehungskraft ist eine Gesetzmäßigkeit, die für alle Objekte zu
allen Zeiten universell gilt. ln den Sozialwissenschaften, auch der Kommunikationswissenschaft,
sind nomothetische Aussagen oder nomothetische Zusammenhlänge
nicht denkbar, vielmehr spricht man von probabilistisehen
Aussagen." (Brosius/Koschel: Methoden der empirischen Kommunikationsforschung.)

Gerade wenn es um Psychologie geht, kann man nicht davon ausgehen, dass Forschungsergebnisse wirklich auf alle Menschen zutreffen, wie bei Gesetzmäßigkeiten der Naturwissenschaften. Forschungsergebnisse treffen nur mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit auf Menschen zu, man kann sie nicht auf alle denkbaren Situationen übertragen. Von daher würde ich schon sagen, dass Sozialwissenschaften, die sich empirischer Mehtoden bedienen, genau so zuverlässige Ergebnisse erbringen können wie andere Wissenschaften, wenn es um den Menschen geht.
“The board is set, and the pieces are moving.”

“Home is behind, the world ahead,
And there are many paths to tread“

Spiele gerade: Der Eine Ring - Abenteuer am Rande der Wildnis

Chiungalla

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@ Also darüber ob und was Mathe jetzt eigentlich ist, gibts sicher nen eigenes Kapitel in der Philosophie.
Okay, für mich ist es klar: 'ne Hilfswissenschaft.  >;D

Und das Geisteswissenschaftler mit Zahlen und Fakten arbeiten habe ich ja nie abgestritten.
Das macht ja auch gerade immer wieder die Abgrenzung schwierig.

Psychologie ist allerdings in seiner wissenschaftlichen Ausprägung ein stark spezialisierter Zweig der Biologie. Sprich Teil der Verhaltensforschung.

Sozialwissenschaften z.B. kann man hingegen naturwissenschaftlich oder geisteswissenschaftlich betreiben, oder beides miteinander verknüpfen...

@ Topic:
Aber es ging dem Threadersteller ja auch nicht um das Thema "Naturwissenschaften braucht ihr, Geisteswissenschaften könnt ihr links liegen lassen".

Daher mein Fazit:
Ein möglichst reicher Schatz an Wissen im allgemeinen, und Erfahrungen im besonderen kann das Spiel sehr bereichern.
Während Unwissenheit (gerade wenn es ums Setting oder Bereiche geht, von denen der Charakter auch keinen Plan hat), auch einen großen Reiz haben kann.

Aber ganz wichtig:
Zitat von: Dieter Nuhr
Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal die Fresse halten!

Paradebeispiel dafür war auf dem Unicon ein (zufällig) Sozial- und Geschichtswissenschaftler, der mit verhaltensbiologischem Pseudowissen und Laienpsychologie dem Spielleiter ständig süffisant "realistische" Verhaltensweisen seiner NSCs und Tiere vorgeben wollte.

Da hab nicht nur ich als Biologe eine Krise gekriegt, weil er damit den SL in seinen Entscheidungen massiv beeinflussen wollte und fachlich sowas von daneben lag.

Und übrigens noch zum Thema:
Vieles was man in der gymnasialen Oberstufe von teilweise schlecht motivierten und ausgebildeten Lehrern beigebracht kriegt ist entweder mittlerweile veraltet oder war noch nie richtig.
Oft stehen sogar Dinge in Lehrplänen die seit vielen Jahren obsolet sind.

Man versuche z.B. einem Mathematiker den Sinn der PQ-Formel zu erklären (nur vorher die letzte Rate der Lebensversicherung überweisen, nur zur Sicherheit).

@Vanis:
Zitat
Die Naturwissenschaft postuliert in der
Regel nomothetisehe Gesetzmäßgigkeiten

Die haben sich mit der Formulierung "in der Regel" ein Schlupfloch gelassen.
Weil ihre Aussage sonst sehr wacklig wäre.

Und die Psychologie sucht sehr wohl nach glasklaren Gesetzmäßigkeiten.
Das tut sie vorwiegend in der Neuro- und Molekularbiologie.
Und ihr Endziel ist es sehr wohl von genetischen auffälligkeiten oder ontogenetischen Problemen auf Verhaltensauffälligkeiten des Menschen zu schließen.

Sprich eine Kette aus naturwissenschaftlichen Gesetzmäßigkeiten, begründet auf der Biologie des Verhaltens, bis zum zeigen des Verhaltens aufzuzeigen.

Nicht umsonst arbeiten Neurobiologen und Molekularbiologen zu Hauf in der psychologischen Forschung.

Und selbst die Kultur kann man sehr gut, wie in der Soziobiologie, anhand von überall gültigen Gesetzmäßigkeiten analysieren, und erreicht z.B. durch Evolutionsbiologische Betrachtungen (Fitnessvergleiche, Gesamtfitnessvergleiche, u.s.w.) durchaus anschauliche Modelle für z.B. die kulturelle Entwicklung von Vielehen in bestimmten Gebieten der Welt, und auch gute auf den gleichen Gesetzmäßigkeiten beruhende Gegenbeispiele wo so etwas nicht eintritt, und man weis auch ziemlich genau warum das so ist.
« Letzte Änderung: 20.12.2006 | 20:13 von Chiungalla »

Offline Boba Fett

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@ Also darüber ob und was Mathe jetzt eigentlich ist, gibts sicher nen eigenes Kapitel in der Philosophie.
Okay, für mich ist es klar: 'ne Hilfswissenschaft.  >;D
Quatsch!
Mathematik ist eine universelle Sprache,
bei der jeder, der sie versteht,
seltsamerweise nicht kapiert,
warum niemand mehr mit ihm reden will....

-scnr- >;D
« Letzte Änderung: 20.12.2006 | 20:17 von Boba Fett »
Kopfgeldjäger? Diesen Abschaum brauchen wir hier nicht!

Chiungalla

  • Gast
Boba:
Das trifft es sehr schön, danke.  :d

Offline Spicy McHaggis

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Naturwissenschaftliches Wissen verlange ich nicht wirklich... ich finde ein gutes Vorstellungsvermögen, Phantasie, Kontaktfähigkeit, Teamfähigkeit, die Bereitschaft neue Dinge kennen zu lernen und Humor(!) wesentlich wichtiger als sämtliche naturwissenschaftlichen Dinge. Allgemeinbildung ist hilfreich, ein gesunder Menschenverstand auch aber wo es hapert helfen ich oder andere Spieler gerne aus. Was ich überhaupt nicht leiden kann, sind diese abschätzigen Blicke ala "Wie? Das kannst du nicht? Gott, bist du blöde...!". Solange jemand auch bereit ist zu lernen erkläre ich der Person gerne alles auch 3x... ala "Du kennst das nicht? Kein Problem! XYZ mußt du jetzt fürs Spiel wissen und den Rest erklär ich dir bei Interesse später."
« Letzte Änderung: 20.12.2006 | 21:25 von Spicy McHaggis »
"Neugier ist die Mutter der Weisheit"

Offline Wodisch

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Wenn ich Euch jetzt richtig verstehe, dann redet/schreibt Ihr eigentlich von "Höflichkeit" und "Diskussionsdisziplin", oder?

Die Begriffe "GMV" und "NW" sind hier im Thread ja noch gar nicht definiert worden und diese (noch ausstehenden) Definitionen müssten dann auch erst noch von der (wie auch immer gearteten) Mehrheit akzeptiert werden...

Zum Ausgangsposting:
ich habe mal eine Runde "Schwarzes Auge" mitgemacht, bei dem uns (vier > 30 jährigen Schwarzes-Auge-Neulingen) der "Meister" am Ende der Runde nicht nur die EPs so zugeteilt hat, daß es zum Einen berechtigt wirkte und zum Anderen jeder was steigern konnte. Dazu hat unser "Meister" dann gleich noch Tipps gegeben, was wir am Besten mit diesen Punkten steigern. Individuell und sinnvoll.
Ohne vorher Notizen und Berechnungen durchgeführt zu haben.
Daß es seine erste Runde als "Meister" war, wurde dann noch davon übertroffen, daß er zum Zeitpunkt der Runde erst 5 Jahre alt und noch gar nicht eingeschult war!
Trotzdem waren seine Begründungen, warum er was erlaubte oder ablehnte, verständlich und nicht gegen irgendwelche Naturgesetze (obwohl wir immer mal wieder versucht haben, Unsinn zu verzapfen).
Aber alle waren und blieben höflich und so war es eine wirklich gelungene Runde.
Die Runde selber habe ich hier im Forum schon damals beschrieben.

Alter und Ausbildung sind also nicht im Geringsten formalisierbar.

Und Vorurteile ("Das weisst Du doch sowieso nicht") bringen in meiner Erfahrung nur Streit, aber keine Runde weiter. Zum Bespiel habe ich neulich auf einer Party mit einem hübschen "Gothgirl" lange über "Carbon-Nanotubes in mittelalterlichem Damaszenerstahl" gesprochen - entgegen allen Vorurteilen gegen "Gothgirls" oder "Computerfuzzis" ;D

Wenn jetzt jemand fragt: "Was soll Dein Posting hier?", dann ist meine Antwort eben, daß die "Fitness" im kommunikativen liegen sollte, der Rest kommt (fast) von alleine.
Fachwissen kann man (bei Bedarf) meist nachschlagen!
Oder eben dem, der es anbringt, erstmal zugestehen, daß er/sie sich informiert hat (Höflichkeit).
Und keiner "Unbelegbares"/Unrichtiges anbringt (Selbstdisziplin und auch wieder Höflichkeit)!

Preacher

  • Gast
Danke Wodisch, Du sprichst mir aus der Seele.

Es gibt keine Grundvoraussetzungen, kein Mindestmaß an natur- oder geisteswissenschaftlichen Kenntnissen zum Rollenspiel. Im Gegenteil wäre ein weniger an Wissen (real oder eingebildet), insbesondere Halbwissen und vor allem dem unwiderstehlichen Drang, dieses Halbwissen bei jeder Gelegenheit an den Mann zu bringen sehr zu begrüßen.

Chiungalla hat ein schönes Beispiel für solche Auswüchse gebracht:
Paradebeispiel dafür war auf dem Unicon ein (zufällig) Sozial- und Geschichtswissenschaftler, der mit verhaltensbiologischem Pseudowissen und Laienpsychologie dem Spielleiter ständig süffisant "realistische" Verhaltensweisen seiner NSCs und Tiere vorgeben wollte.

Da hab nicht nur ich als Biologe eine Krise gekriegt, weil er damit den SL in seinen Entscheidungen massiv beeinflussen wollte und fachlich sowas von daneben lag.

So weit muss man aber gar nicht gehen, um eigentlich gebildete Menschen mit Inbrunst über Themen diskutieren zu sehen, von denen sie nichts verstehen — aktuell sind zur Zeit dieser und dieser Thread.

Hier diskutieren Menschen über Themen, von denen sie nicht die geringste Ahnung haben (wer war denn schonmal mit Kettenhemd in der Wüste oder mit einer Pistole im Nahkampf?), und werfen sich gegenseitig Ahnungslosigkeit an den Kopf. Im Pistolenthread gibt es eine einzige Aussage (die von Norbert Matausch), der ich eine gewisse Credibility zugestehe - weil er sowas trainiert. Wobei ich das im Ernstfall sicher wieder aussieht. Aber diese Aussage wird vom Rest der Diskutanden munter ignoriert.

Das geschieht nur, weil Rollenspieler oft der irrigen Ansicht sind, von allem Ahnung zu haben oder ihre Kenntnisse us anderen Bereichen beliebig übertragen zu können. Können sie nicht. Naturwissenschaftliche Kenntnisse sind dem Spielspaß oft sogar hinderlich, weil sie überal angebracht werden müssen und dann wieder Diskussionen losgetreten werden.

Insofern sollte man es lieber öfter mal mit Nuhr halten, ja ihn vielleicht sogar erweitern und auch mal die Klappe halten, wenn man doch Ahnung hat.

Wenn überhaupt, dann ist ein gewisses an gesundem Menschenverstand (GMV) erforderlich, und im Gegensatz zu anderen Aussagen in diesem Post habe ich die Beobachtung gemacht, daß gesunder Menschenverstand mit zunehmndem Fachwissen oft abnimmt - bzw. der GMV durch das Fachwissen ersetzt wird. Grober Fehler.

Spicy McHaggis bringt es hier astrein auf den Punkt.

So. Das ist ja nun doch ein kleiner Rant geworden.

Denkt trotzdem mal drüber nach.

Frohe Weihnachten.
« Letzte Änderung: 20.12.2006 | 23:27 von Heiliges Wildpferd »

Offline Greifenklaue

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Zitat
Also darüber ob und was Mathe jetzt eigentlich ist, gibts sicher nen eigenes Kapitel in der Philosophie.
Okay, für mich ist es klar: 'ne Hilfswissenschaft.
Eine Hilfswissenschaft für die Rollenspieltheorie... Eindeutig :D
"In den letzten zehn Jahren hat sich unser Territorium halbiert, mehr als zwanzig Siedlungen sind der Verderbnis anheim gefallen, doch nun steht eine neue Generation Grenzer vor mir. Diesmal schlagen wir zurück und holen uns wieder, was unseres ist.
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Offline Mäx

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@ Preacher und davor: Ah ja... ich spiele fast ausschließlich mit anderen Studenten: Sprachlich ganz sicher nicht inkompetent und durchaus lernwillige Typen (ich kann mit meinen Freunden halt gut reden). Klar besteht bei der Übertragung von Fachwissen auf andere Sachbereiche die Gefahr, falsch zu liegen... aber soll ich auf Jahre des Studiums verzichten? Massig Wissen brachliegen lassen, weil man nicht recht haben könnte? Tut mir Leid, seh ich nicht ein. Bei manchen Runden wär ich doch bekloppt, das nicht zu nutzen!

Randbemerkung: Den ganzen anderen Kram ("Vorstellungsvermögen, Phantasie, Kontaktfähigkeit, Teamfähigkeit, die Bereitschaft neue Dinge kennen zu lernen und Humor") nicke ich mal ab, klar, der Kram ist wichtig.

Thema Mathe:
Eine Hilfswissenschaft für die Rollenspieltheorie... Eindeutig :D
Und was für eine! Mensch, ich wär doch doof, wenn ich mich zum Thema Regeln (vorzugsweise vor oder nach der Session, bevor wieder jemand schreit) nicht mal ausgiebig mit "meinen" Mathematikern und Physikern auslassen würde. Pflegt die Sozialkontakte, unterhält mich und ich finde es angenehm, wenn meine Mitspieler da nicht gänzlich unbewandert sind. Soft Skills sind auch nicht alles...
« Letzte Änderung: 21.12.2006 | 00:59 von Mäx »

Eulenspiegel

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Hier diskutieren Menschen über Themen, von denen sie nicht die geringste Ahnung haben (wer war denn schonmal mit Kettenhemd in der Wüste oder mit einer Pistole im Nahkampf?),
Es geht nicht um Wissen, sondern um Vorstellungsvermögen.

Und es trägt nunmal nicht zur Immersion bei, wenn etwas dem eigenen GMV widerspricht.
Und wenn zwei Leute nunmal unterschiedliche GMVs zu einem Thema haben, dann erklären sie sich gegenseitig, wieso der eigene GMV einem dies und der andere GMV einem das sagt.

Dabei fängt man bei Axiomen (also Sachen, die beide Diskussionspartner als wahr erachten) an und arbeitet sich dann logisch weiter.
Wenn man daraus dann ein logisches Gerüst erarbeitet hat, dass keinem widersprüchlich vorkommt, dann hat man den GMV der beiden Leute abgeglichen.
Das sorgt dann dafür, dass beide leichter ihre Immersion ausleben können.

Zitat
Das geschieht nur, weil Rollenspieler oft der irrigen Ansicht sind, von allem Ahnung zu haben oder ihre Kenntnisse us anderen Bereichen beliebig übertragen zu können.
Das ist falsch. Niemand ist der Meinung, von allem Recht zu haben. Er hat bloß von jedem eine Vorstellung.
Und wenn eine Vorstellung falsch ist, dann wüsste ich gerne, wieso diese Vorstellung falsch ist. (Das alleinige wissen, dass sie falsch ist, bringt mich nicht weiter.)

Zitat
Wenn überhaupt, dann ist ein gewisses an gesundem Menschenverstand (GMV) erforderlich, und im Gegensatz zu anderen Aussagen in diesem Post habe ich die Beobachtung gemacht, daß gesunder Menschenverstand mit zunehmndem Fachwissen oft abnimmt - bzw. der GMV durch das Fachwissen ersetzt wird.
Das ist falsch.
Der GMV beruht auf Erfahrungen, die man gemacht hat.
Wenn man in einem Gebiet Wissen erlangt, dann verändert dieses Wissen den GMV natürlich.

Aber abnehmen? Du hörst doch nicht plötzlich auf, logisch zu denken, nur weil du Wissen gesammelt hast. Allerhöchstens wird dieses Wissen beim logischen Denken berücksichtigt. (Was auch der Grund ist, dass der GMV sich verändert.)

Offline Opthalamia

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@Eulenspiegel

Das klingt interessant, nur fürchte ich, das bei allen Diskussionen der Vulkanier fehlt. Nichtmal Personen mit ähnlichen fachlichen Qualifikationen kommen bei Ihren Diskussionen stets zu einem Ergebnis. Sogar Einstein lehnte die Quantentheorie ab.

Ich denke ehr, das die angebliche Logik immer benutzt wird um das persöhnliche Ziel zu erreichen. Abgesehen davon, ich will doch gar nicht die perfekte Realität in einem RPG. Ich will nur Konsens. D.h. jeder andere Weg, Konsens zu erreichen, ist besser als eine logische Herangehensweise. Dazu ist feilschen z.B. stressfreier als Diskutieren.