Heute habe ich mir mal wieder die Homepage vom Norbert angesehen, weil ich voller Freude die Kunde von einer zweiten Folge des Impro Königs vernahm.
Begierig darauf wieder etwas schönes zu hören, öffnete ich den Stream und dachte mir nur:
Ja was?
Es war ein längerer Vortrag, bei dem es hauptsächlich um Hadmar von Wieser ging der wegen seiner spirituellen Neigungen wohl von vielen nicht ernst genommen wird. Nun ja, die spirituelle Einstellung eines Menschen ist eine absolut persönliche Sache und jeder soll mit seinem Glauben glücklich werden, wenn er denn niemand anderen in seinen Grundrechten einschränkt oder stört. Aber während ich das Thema so weiter verfolgte kam es zu einem Punkt, an dem sich in mir ein ungewöhnlicher Widerstand gegen Norberts Thesen regte.
Er findet, das die Gründe die gegen einen Autor sprechen, der das System für das er schreibt nicht spielt (und damit in meinen Augen nicht ausreichend kennt) rollenspieltechnisch schwach argumentiert sind. Da spricht der Freiformer aus Norbert, dem die Geschichte und das Drama wichtig sind, aber nicht die Mechaniken. Er führt an, das er PP&P auch nur zweimal gespielt hat und trotzdem noch regelmäßig gutes Feedback bekommt. Tja, wie soll ich es sagen, die Regeln des Systems sind nicht sehr komplex und sie funktionieren. Das ist es was Regeln sollen, wenn man ein Rollenspiel schreibt.
Im Gegensatz zur Freiform oder dem Theater wo die Handlung im Vordergrund steht, geht es bei den profanen Regelwerken um eine Bedienungsanleitung zum Spiel, wie MSch mal sehr schön zu mir gesagt hat. Das Rollenspiel als Abkömmling von Brettspielen mag in der einen oder anderen Gruppe fast schauspielerische Leistungen hervorbringen, doch es ist immer noch ein Spiel und wenn ich ein Spiel spiele, dann möchte ich, das seine Regeln funktionieren. Im Idealfall sollen mir die Regeln die Möglichkeit verschaffen ein lang anhaltendes und von Spaß erfülltes Gemeinschaftserlebnis zu erleben. Funktionieren die Regeln nicht, kommt es eventuell zu Ungleichgewichten im Spielspaß oder Logikbrüchen in der Geschichte und der Welt, welche mir missfallen. Damit komme ich zu einem der Hauptargumente für gute Regeln. Der gemeinsame Vorstellungsraum wird nach meiner Meinung neben einem guten Hintergrund auch durch die Regeln geschaffen, genau wie die Akzeptanz der Logik einer Spielwelt.
Viele Spieler, ich wage es sogar zu behaupten der Großteil aller Spieler spielen ein Spiel nach Regeln. Sie genießen die Interaktivität des Spieles und die Möglichkeiten die ein SL mit seiner Kreativität dem Spiel einhauchen kann. Diese Spieler wollen aber für gewöhnlich Regeln, die funktionieren und für Gerechtigkeit sorgen. Fast niemand will, das bei einem gemeinsamen Spiel betrogen wird. Das ist auch der Grund, warum so viele Spieler allergisch auf Würfeldreher und gezinkte Würfel reagieren. Aber das ist ein anderes Thema.
Wenn ich ein Abenteuer oder Zusatzregelwerk lese und dieses nicht mit den Regeln der Welt funktioniert, oder ich gar aufgefordert werde diese Regeln zu brechen, ist das für mich eine Bedienungsanleitung die nicht funktioniert. Der Autor kann eine schöne Geschichte geschrieben haben die toll zu lesen ist, aber er hat die große Stärken des Rollenspiels, die Interaktivität und das gemeinsame Erleben des Abenteuers aus den Augen verloren. Die Spieler spielen oder simulieren zusammen das Abenteuer und es funktioniert nicht oder nur schlecht, weil der Hersteller gegen die Regeln verstößt, welche die meisten Spieler als Grundlage für ein faires und für sie nachvollziehbares Ergebnis benötigen.
Wenn ich mir ein Spiel kaufe, von dem ich annehme, das es auf meinem Windows PC läuft und ich lese in der Bedienungsanleitung, das es nur mit einem Zusatzprogramm läuft, was dem PC vorgaukelt ich hätte einen Appel, dann würde ich das Spiel wieder zurückgeben und dem Verkäufer sagen, er kann versuchen mit das Spiel noch einmal zu verkaufen, wenn das Spiel unter vom mir voraus gesetzten Bedingungen läuft. Alles andere ist für mich Betrug am Kunden.
Ein Autor der für ein Spiel schreibt, das Regeln hat, muss sich an diese Regeln halten. In jedem anderen Fall betrügt er den Käufer der sein Regelwerk für echtes Geld erwirbt.
Kennt der Autor die Regeln nicht, kann er seinen Job ebenso schlecht nachkommen wie ein Programmierer der die Programmiersprache nicht kennt, in der ein Programm geschrieben werden soll. Das Ergebnis mag funktionieren, aber es funktioniert nicht innerhalb der vorgegebenen Parameter und ist deshalb nutzlos. Es ist eine Frage der Professionalität und auch der Kreativität die vom Regelwerk vorgegebenen Parameter in ein vernünftiges Produkt umzusetzen. Wer dabei versagt, der hat zwar seine eigene Kreativität umgesetzt, aber die Herausforderung die sich ihm bot nicht angenommen. Ganz zu schweigen davon, das er seinen Kunden ein minderwertiges Produkt verkauft. Man verkauft bei Rollenspielen keine interessanten Charaktere und eine schöne Geschichte wie bei einem Buch. Man verkauft etwas für das System XYZ und verbindet das mit interessanten Charaktere und einer schöne Geschichte. Wenn man das kann, ist man gut.
Aus diesen Gründen sollte ein Autor in meinen Augen das Spiel spielen oder sehr gut kennen, für das er Regelwerke schreibt.