1) Die korrekte Aussage wäre:
"Kein Bonus. - Sage nächstes Mal überhaupt irgendetwas."
Wenn er gesagt hat, was er erreichen will,
hat er schon etwas gesagt. Du urteilst also über die Quantität (im Grunde auch, wenn er nur "ja, ich würfle" zu Deiner Anweisung gesagt hätte") - aber das ist immer noch ein Urteil, das Du Dir anmaßt.
2) Ein Bonus ist in erster Linie ein Feedback.
Das möchstest Du gerne - aber es ist leider trotzdem falsch. Eine Aussage darüber, wie es angekommen ist, wäre ein Feedback. Da der Bonus sich aber im Ergebnis niederschlägt (immerhin ist es ein wertemäßiger Bonus), ist er eine Belohnung und sein Ausbleiben eine (relative, aber damit nicht weniger hart empfundene) Strafe. Es geht ja nicht darum, nur abqualifiziert worden zu sein - sondern eher darum, wegen eines verlorenen Schachspiels nun auch das monatliche Gehalt nicht zu bekommen.
Daß bei Euch mit solchen Drohungen von Lohn und Strafe hochwertigere Marionetten herauskommen, mag sein, trotzdem bleibt es ein Marionettentheater: "Als SL habe ich es am liebsten, wenn mich die Spieler überraschen." heißt doch nur, daß die Fäden eben über die Leiste "überrascht mich" gespannt sind und nicht über eine "niedrigere". "Du hast mich nicht überrascht" - das ist "verboten" und wird bestraft.
Ich habe doch selber keine Ahnung von Taktik.
Der Spielleiter hat als Spielleiter das Recht, im Rahmen der gemeinsam geschaffenen und (soweit eben vorgegebenen) festgelegten Fiktion Dinge zu entscheiden. Und Würfel helfen mir aus solchen Situationen blitzschnell heraus: Ich lege fest, daß bei bestimmten Würfelkonstellationen die Situation so ist, daß es eine gute Idee ist, und bei anderen ist es eine schlechte - und bei (i.a.R. seltenen) Ergebnissen ist es "unklar", d.h. der Charakter kann es auch nicht so genau entscheiden und braucht zusätzliche Informationen. Dann wird die Situation entsprechend gefüllt mit etwas, was uns gerade so einfällt (da dürfen die Spieler gern Ideen einbringen, warum es nun grad so ist). Geht schnell, braucht keine lange Recherche oder profunde Sachkenntnisse, und es bleibt konsistent: Denn Würfeln ist laut Regeln eine Methode, um Entscheidungen bezüglich der fiktiven Welt und der Geschehnisse darin zu treffen.
Informationen sind kein Problem.
In der Regel sind sie das Problem - weil dem Spieler nicht klar ist,
welche Informationen er erfragen muß, weil sie sich später als relevant erweisen werden. Da er aber die Zukunft nicht kennt und nicht einmal einen Bruchteil der Informationen bekommt, die sein Charakter haben würde (schon aus Zeitgründen), kann er die richtigen Fragen allenfalls erraten - und meist nichtmal das. Von ihm zu erwarten, "dir richtigen Fragen zu stellen", ist im Grunde die Anforderung, hellsehen zu können - und damit eine systematische Überforderung. Oder darf man (ungestraft!) bei jeder sich bietenden Gelgenheit fragen: "Wonach muß ich denn fragen?" Denn das ist ja die erste aller Fragen...
Und durch diesen 10% Bonus wird ja auch nicht deine 75% Fertigkeit entwertet.
Doch - wenn auch nicht vollständig. Aber wenn der andere aus seinem Beruf einen Bonus von 10% herausschlagen kann, muß er, um gleichgut zu sein, nur einen Wert von 65 kaufen und nicht einen von 75 - die Punkte hat er also geschenkt bekommen, weil er zufällig etwas weiß, das die anderen nicht wissen. Die Kosten für den Anstieg von 65 auf 75 sind "rausgeschmissen" - hätte man mal den richtigen Beruf, könnte man sich für
die andere Fähigkeiten holen. Oder soll da gelten: Zu blöd, wenn man mal aus seiner Haut herausschlüpfen und nicht immer nur sich selber spielen will, kein Wunder also auch, daß man dafür bestraft gehört...
Es dürfte gar nicht heißen SpF vs. ChF, sondern SpF und ChF. Es handelt sich hier nicht um zwei Lösungen, die sich entgegen stehen, sondern um zwei Spielarten, die gemeinsam das Rollenspiel entstehen lassen wie wir es kennen.
Da stimme ich völlig zu und habe ja selbst auch schon
betont, daß es nicht nur um ein 'entweder - oder' gehen kann. Die sich anschließende Frage ist dann allerdings, wie man sie zueinander ins Verhältnis setzt. Soll das eine unbedingten Vorrang vor dem anderen haben - wie in Maarzans Beispiel? Für mich sind da Dinge aus dem Lot geraten. Ich empfehle, jedem seinen Platz zuzuweisen: Das Ausspielen hat seinen Zweck, nämlich das Festlegen, welche Aktion innerhalb der Fiktion stattfinden soll, und das gemeinsame Genießen von Überraschendem, und das Würfeln hat seinen Zweck, nämlich das Ermitteln, welchen Erfolg eine Handlung innerhalb der Fiktion hatte. Aber ich würde die beiden nicht mischen: Der gemeinschaftliche Applaus und ein spannender Fortgang der Geschichte sind Belohnung für die Kreativität, die Würfelwerte sind Festlegungen, die den Charakter konsistent halten und die dann auch mit über den Ausgang eines Versuchs entscheiden.
Was ich aber möchte ist, dass die Leute ihren Charakter konsistent spielen.
Das ist auch für mich ein wesentlicher Punkt. Aber auch damit kann man wieder in zwei Weisen umgehen: Man kann sagen, daß sie nur Charaktere wählen dürfen, die sie auch "überzeugend" (
wen denn überzeugend?) spielen können, oder man kann ihnen Mittel und Wege geben, eine "überzeugende" Darstellung zu bieten, obwohl sie es
nicht können. Für mich sind Würfel einer dieser Wege und damit ein wunderbares Mittel, nicht nur darzustellen, was ich kann, oder weniger, als ich kann, sondern eben gerne auch mehr, als ich kann.
Boni wirken mE konistenzbrechend - der Spieler des Soldaten hat ja offenbar einen so hohen Bonus erhalten, daß es zu einer krassen Inkonsistenz in seiner Rolle gekommen ist. Bei kleineren Boni mag das nicht so augenfällig sein, aber die Konsistenz seiner Rolle in der Fiktion wird auch da gebrochen: Weil sich sein Erfolg nicht aus seiner Rolle in der Fiktion (inklusive der durch die Würfel festgelegten Zufallsspielräume) ergibt, sondern durch einen Faktor, der ausschließlich aus der Runde am Tisch herrührt, nämlich dem Zufall, wie gut der Spieler grad drauf ist und ob der Spielleiter mag, was er gesagt hat.
Kreativität
Ein Punkt, der in der ganzen Diskussion recht zentral ist.
Ja, aber in meinen Augen als
gemeinsame Kreativität, zu der jeder nicht mehr beitragen muß, als er einbringen kann (und will). Wenn jemand nur einen einzelnen Begriff einwirft (und noch dazu dann, wenn jemand anders mit würfeln dran ist), der bei anderen ganze Wasserfälle von neuen Ideen auslöst - dann hat er seinen Teil beitragen, und ich sehe keinen Grund, ihn zu bestrafen, wenn er solche Stichworte nicht selbst zu Wasserfällen ausbaut, wenn denn er dann dranwäre, seine Bonuswürdigkeit unter Beweis zu stellen. Rollenspiel erschöpft sich meines Erachtens nicht in (Zahl der Spieler) Beziehungen zum Spielleiter, in denen dann im Einzelfall des Würfelwurfs "abgeprüft" werden könnte, ob eine bonuswürdige Kreativitätsleistung vorliegt - sondern in einer weit mächtigeren Vielzahl von Beziehungen, zuweilen sogar mehr als (Zahl der Mitspieler) hoch (Zahl der Mitspieler). Wer will da erfassen, welchen "Beitrag zur Kreativität" ein einzelnes Wort gegeben hat? Was soll es "wert" sein, wenn es vielleicht bei einem zweiten Spieler eine Reaktion ausgelöst hat, die dann bei einem dritten zu einem Feuerwerk an guten Einfällen geführt hat - und dann noch vielleicht erst später, als er sich daran erinnert hat? Wer nur einen einzelnen Wortschwall belohnt - und sei er noch so toll -, kann sich doch nie sicher sein, ob er damit nicht den übergeht, der überhaupt erst den Grundstein für all diese tollen Ideen gelegt hat. Vielleicht könnte man Gruppenboni einführen, um diese inhärente Ungerechtigkeit zu umgehen: Dann bekommen alle (und unter ihnen dann wohl auch mit Sicherheit der, der die Ideen gab, denn der Spielleiter belohnt sich mit dem Erfolg der Gruppe ja auch immer selbst) die Belohnung.