Jaja, also erst mal dem Jasper: Egal, wozu es gut sein soll, ging es mir doch um den Punkt, dass man Theater, Einkaufszettel, Witze etc. nicht einfach aus der Literatur ausklammern kann, nur weil Leute "finden", Literatur sei etwas in drei schönen Hardcoverbänden, wo J.R.R. Tolkien draufsteht. Sondern dass Literatur Zeichensysteme sind, die mit den Hilfsmitteln der Literaturwissenschaft betrachtet werden können.
Und die Frage, ob sich das "Ergebnis" einer Rollenspielseitzung neben einem Roman von Salvatore sehen lassen kann oder nicht, ist natürlich kaum zu beantworten und je nach Geschmack auch müßig.
Was mich dabei aber tatsächlich fasziniert, ist ein anderer Punkt, der mit der Threadfrage zwar sehr wohl zu tun hat, ansonsten aber vielleicht niemanden hier interessiert: Dass wir beim Rollenspiel eine ganz eigene Redeform haben, die von sehr vielen Elementen in unterschiedlicher Gewichtung durchorganisiert wird. Schon allein das Vokabular (wo sonst wird der Begriff "Patzer" noch mit einer ähnlichen Selbstverständlichkeit gebraucht?) ist besonders, wobei man das natürlich auch beim Juristenstammtisch oder in der Theatergarderobe hat. Doch im Gegensatz zu den meisten anderen Arten des Gesprächs hat das Rollenspiel eine ganz eigene Dynamik und Regelhaftigkeit entwickelt. So wie ein Witz einen bestimmten sprachlichen Gestus und Rhythmus hat, so hat auch die Rollenspielsitzung ihren eigenen Modus, wird rhythmisiert durch den recht lockeren Wechsel aus ingame- und outgame- Kommentaren, aus Erzählpassagen, technischen Passagen (wenn's um Regeln geht), Nachfragen, fiktiven Dialogen und Nebenbeikommentaren oder Witzen. Gibt es überhaupt eine andere Art des mündlichen Erzählens, in der so penetrant das Präsens und die zweite Person genutzt wird?
Dazu kommt, dass die Inhalte fast ausschließlich von literarischen Topoi gespeißt sind.
Insofern weist eine Rollenspielsitzung doch eine ähnliche Reghelhaftigkeit auf wie der Witz, das Märchen, die urban legend oder andere orale Literaturgattungen. Auf jeden Fall ist es eine künstliche Redeform (bitte, bitte nicht verwechseln mit kunstvoll oder künstlerisch!!!). Und damit will ich hier eigentlich nur noch mal sagen, dass mich dieser Umstand total fasziniert, dass ich ihn sehr wohl beachtenswert finde, auch wenn es keine Forschungsgelder dafür gibt, dass ich mir ansonsten aber durchaus bewusst bin, dass darauf wahrscheinlich keiner hier hinaus wollte und dass ich es auch hätte sein lassen können. Und das mit dem Sein-lassen-können trifft ja auf viele Dinge im Leben zu ....